Schlachthaus in Hollabrunn

An der Ortsausfahrt von Hollabrunn/NÖ gibt es einen großen Schweineschlachthof. Aus der Sicht der Tiere ist dieser Platz wahrscheinlich schlimmer als die menschliche Vorstellungskraft den Begriff ‚Hölle’ erörtern könnte. Aus der Sicht der Menschen ist er einer jener besonders schrecklichen Denkmäler ‚humanen’ Irrsinns…

Es herrscht an diesem Vormittag wie immer reger Verkehr. LKW’sa fahren zum Schlachthof, gespenstisch leere Wagen, stumme Zeugen furchtbarer Ereignisse, verlassen den düsteren Ort. Direkt an der Zufahrt befindet sich ein Kreisverkehr, die Fahrzeugfrequenz ist enorm hoch, weil die Straße weiter an die tschechische Grenze führt – wohin es Menschenmassen ob der günstigen Einkaufsmöglichkeiten treibt.

Plötzlich, wie aus dem Nichts, tauchen RespekTiere-Aktivisten auf, begleitet vom großartigen Aktionskünstler Benjamin Schmidt aus Berlin; an der strategisch günstigsten Stelle, leider aber auch schon auf Schlachthofgrund, positionieren sich die Männer – ein Aktivist schlüpft blitzschnell in ein bluttriefendes Metzgerkostüm, ein weiterer, nur mit einem Lendenschurz und einer dornengekrönten Schweinemaske bekleidet, wird an ein Kreuz gebunden und ebenfalls in (Kunst-)Blut gebadet. Die Männer hissen ein Transparent „Wir sterben jeden Tag für Eure Ernährungssünden!“ und verharren in eindeutiger Pose. Es dauert nun nicht lange, und schon gesellt sich ein Mann zu der Gruppe, der, angetan von der Szenerie, Fotos machen möchte. Die Menschen in den vorbeifahrenden Autos können den Anblick zuerst kaum fassen, immer öfters aber strecken welche den Daumen anerkennend und wohlwissend in die Höhe.

Einige Minuten später ‚beehrt’ der Metzgermeister höchstpersönlich die Runde; zur Vorstellung seiner Person setzt er einen gezielten Schlag auf die Schweinemaske. Die Aktivisten ermahnen den wild gestikulierenden Schweinemörder Gewaltanwendungen bleiben zu lassen. Doch wie im betrunkenen Zustand fährt der Metzgerbube fort, präsentiert sein Hinterteil, stößt im Sekundentakt Beleidigungen aus der untersten Schublade aus. Plötzlich packt er die Kunstblutflasche, befleckt seine Hände, wischt sich im Lendenschurz des Tierschützers die Hände ab. Der RespekTiere-Metzger Benjamin gebietet dem Treiben Einhalt und präsentiert dem Wütenden seine Ansicht – er zeigt ein Schild ‚Ich konnte die Schande nicht mehr ertragen’ und steckt sich den Lauf eines (Spielzeug-)Gewehres in den Mund. Nun entartet das Verhalten des Berufsschlächters vollkommen – er weiß sich schließlich nicht mehr anders zu helfen, ruft die Polizei. Brüllend hält er sein Handy, faselt unwürdig zu wiederholende Schimpfwörter in das Telefon, erklärt den Beamten lang und breit, was hier vor seinem Schlachthof abläuft.

Die Tierschützer, der mitgereiste Fotograf hatten den Bilderapparat bereits sicher versteckt, packten nun seelenruhig ihre Utensilien zusammen, die Mission war erfüllt. Viele Menschen konnten nicht zuletzt auf Grund des völlig aus der Rolle geratenen Metzgers Zeugen der Gewaltbereitschaft des Berufsstandes werden, die Botschaft wurde vermittelt – was hätte mehr erreicht werden können?

Die Aufregungen und die Schimpforgien des Schweineschlächters bewiesen einmal mehr, welch schlechtes Gewissen in diesen Menschen wohnt muss, sie wohl innerlich auffrisst – in seinen Träumen wird er seinen Opfern begegnen…

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