Kreuzzug für Tierrechte

Heute war es wieder soweit – der mittlerweile vierte ‚Kreuzzug für Tierrechte‘ fand am Karsamstag statt. Austragungsort hierfür sollte einmal mehr Innsbruck sein, im ‚Heiligen Land‘ Tirol. Nachdem es dort im letzen Jahr, nach ordnungsgemäßer Anmeldung und einer Vorbesprechung mit der Polizei, trotzdem zum Eklat gekommen ist, weil übereifrige Kräfte plötzlich den Zug inmitten des Protestes stoppten und völlig überraschend die Kreuze beschlagnahmten, sollte so etwas diesmal nicht mehr passieren. Wiederum hatte es im Vorfeld Gespräche mit den Behörden gegeben, die in recht fruchtbarer Weise erfolgt waren eine durchwegs störungsfreie Kundgebung erhoffen ließen.
Mehr als 30 hoch motivierte Tierrechts-AktivistInnen hatten sich bei strahlendem Sonnenschein am Treffpunkt eingefunden und pünktlich um 14 Uhr startete der spektakuläre Zug von der Triumphpforte ausgehend.

http://picasaweb.google.at/RespekTiere/KreuzzugInnsbruck

Eins sei vorweg genommen, und wir wiederholen uns in diesem Punkt – es liegt uns mehr als fern, mit solchigen Protesten irgend jemandes religiöse Gefühle verletzen zu wollen. Unser einziges Begehren ist es die Menschen zum Nachdenken zu bewegen. Und das erreicht man leider nicht immer durch gebetsmühlenartiges Abstottern von Informationen, dazu gehört manchmal auch ein visueller Ansporn. AktivistInnen verteilten vorsorglich ein Flugblatt, welches den PassantInnen die Intention der Kundgebung nahe legen sollte:
Sehr geehrte Gläubige !
 
Die Kreuze und die symbolische Kreuzigung von Nutztieren soll keineswegs den Glauben herabsetzen oder die Gläubigen verletzen. Vielmehr soll Kritik am kirchlichen Ethikbegriff geübt werden, der sich nur auf Menschen bezieht.
  Dieses konstante, über die Jahrhunderte hinweg praktizierte Verdrängen und Wegschauen der ‚Heiligen Katholischen Kirche‘ ist aber zweifellos eine der Hauptursachen für die grausamen Methoden der Nutztierhaltung, die zwar sorgfältig geheim zu halten versucht, im Versteckten praktiziert werden, welche dennoch fallweise von ambitionierten TierschützerInnen dokumentiert und einer breiten Öffentlichkeit erkenntlich gemacht werden können. Leider gilt die Quälerei von Nutztieren der Kirche nicht als Sünde, sodass sich jene Personen hinter diesen wahrlich unmenschlichen Ausbeutungsindustrie oft auch noch höchster kirchlicher und weltlicher Wertschätzung erfreuen dürfen. Demgegenüber werden engagierte TierschützerInnen von Politik und Justiz verfolgt und vernichtet, wie der laufende Prozess gegen die führenden Mitglieder verschiedener Tierrechtsvereine belegt.
  Tiere sind für uns keine Sachen, als die sie heute noch für die weltlichen und kirchlichen Machthaber gelten, sondern beseelte Geschöpfe Gottes, die genauso wie wir Menschen körperliche und seelische Schmerzen empfinden. Daher ist der Vergleich der den Nutztieren zugefügten Qualen mit der Kreuzigung Christi durchaus angebracht, weil ähnlich Furchtbares, was Jesus Christus vor 2.000 Jahren angetan wurde, den Nutztieren heute milliardenfach angetan wird.
  Wir verlangen von der katholischen Kirche, dass sie das Quälen von Tieren, auch wenn es aus kommerziellen Gründen erfolgt, eindeutig und ausdrücklich verurteilt und als Sünde qualifiziert, statt das lustvolle Töten, das unvermeidlich mit Tierquälerei verbunden ist, durch z. B. Hubertusgottesdienste auch noch religiös zu überhöhen und dadurch zu fördern.

Dazu sei noch Folgendes vermerkt: es gibt Menschen, die alles aufregt, über alles, was nicht ‚in der Norm‘ passiert, schlechte Worte verlieren. Diese Gattung tangiert uns allein schon aus selbstredenden Gründen überhaupt gar nicht, weil deren Ansichtssache keine objektiv gewählte ist. Dann gibt es aber jene, die aus wirklich religiösen Hintergründen Kundgebungen wie den Kreuzzug in Frage stellen – und genau hier öffnet sich die Schere, reagiert die eine oder die andere Seite mit Unverständnis, manches mal auch mit Vorurteil. Unser Ansatzpunkt beschreibt sich folgendermaßen: von erwähnter Personengruppe kann mit Sicherheit angenommen werden, dass sich deren VertreterInnen ‚bibelfest‘ präsentieren. Doch genau hier beginnt eigentlich die, auf den ersten Blick etwas versteckte, Annäherung, ‚beginnt‘ im wahrsten Sinne des Wortes. Die Schöpfungsgeschichte verrät mehr als deutlich, dass Gott, Jehova, Allah, Buddha, das große Geheimnis, die gütige Macht über uns oder wie wir ihn/sie auch immer zu nennen pflegen, ALLES Leben erschaffen hat, also auch jenes der Tiere. Wenn Gott demnach der Schöpfer unserer tierlichen Mitbewohner auf diesem Planeten ist, warum bitte sollte er sich daran stoßen, wenn man mit allen Mitteln versucht, auf das himmelschreiende Unrecht hinzuweisen, welches tagtäglich in Zucht, Mast, Transport, Schlachthof und nicht zuletzt am Essteller statt findet? Warum sollte er sich daran stoßen, wenn engagierte Menschen hierfür bildlich den Leidensweg seines Sohnes, Jesus Christi, für die Mitgeschöpfe nachzustellen? ‚Wir sterben täglich für Deine Ernährungssünden‘ prangt in dicken Lettern auf den Transparenten. ‚Wir sterben täglich zu Myriaden‘, lässt sich dem hinzufügen. Warum? Für den so genannten ‚Genuss‘ toten Fleisches! Wo es doch unzählige wohlschmeckende und gesunde Alternativen dazu gibt, Alternativen, welche nicht in Leid und Schmerz und Klagen ertrinken! Schauen Sie einem Tier tief in die Augen, gleich morgen, wenn Sie vielleicht mit Ihren Kindern an Wanderwegen entlang spazieren und dabei auf weidende Kühe treffen (oder, hier liegt die Wahrscheinlichkeit noch viel höher: wenn Sie vorbei an Bauernhäuser ziehen, deren Stallungen offen stehen; dort wo sich die allermeisten Kühe Österreichs befinden – angekettet auf purem Beton, eingepfercht, einsam in der Masse der ArtgenossInnen, hilflose Gefangene eines profitorientierten und dadurch völlig unmenschlichen Systems) – blicken Sie in deren Augen, und dann denken Sie an das unabwendbare Schicksal, dass diese Wesen in absehbarer Zeit erwartet. Denken Sie an die Angst in genau jenen Augen, wenn sie vom Landwirten geholt, in lärmende LKW’s gepfercht, von brutalen Handlangern mit Stöcken über den Schlachthof auf die Schlachtbank getrieben werden. Denken Sie an den Metzger, der mit blutigen Händen nach deren Leben greift, abgestumpft, gefühlstot – denken Sie an all diese Szenarien, wenn Sie nach den Feiertagen wieder in einem Geschäft stehen und zu einer sterilen weißen Styroporverpackung greifen möchten, in welcher Teile vielleicht genau jener Kuh eingeschweißt sind…

Stellen Sie sich die himmelschreiende Ironie vor – jede Sekunde stirbt irgend wo auf diesem Planeten ein Mensch an Hunger, 30 Millionen im Jahr, während wir in Milchseenertrinken, in Fleisch- und Butterbergen ersticken – ‚die Tiere der Reichen essen das Brot der Armen‘ ist eine geläufige Floskel, und sie ist so was von richtig, dass es zutiefst schmerzt! Alle drei Sekunden stirbt ein Kind an den Folgen von Hunger, während 50 % der Welternte von Getreide und 90 % des Soja an ‚Nutz’tiere verfüttert werden! Ein anderer Vergleich: würde allein die USA seinen Fleischverbrauch um nur 10 % senken, könnten 100 Millionen Menschen mehr auf dieser Welt (vegetarisch) ernährt werden. Oder: an die Schlachttiere Amerikas wird jährlich mehr Getreide verfüttert, als die Bevölkerung Chinas und Indiens zusammen zur Ernährung braucht!!! Noch ein Beispiel? Deutschland verbraucht für die Schweinemast so viel an pflanzlichen Lebensmittel wie ganz Afrika benötigen würde, um die Hungersnot zu stoppen. Glauben Sie tatsächlich, ein Schöpfer billig unser Vorgehen gegen seine Schöpfung? Wir maßen uns an sein Ebenbild zu sein – können Sie sich Gott vorstellen, wie er im Blut der Schlachthöfe watet? Und Jesus, der einen Tiertransporter lenkt und die Rinder anschließend zur Schlachtbank treibt? Oder eine andere Frage: könnten Sie sich vorstellen, Gott, der Besitzer einer Tierfabrik? Unmöglich, werden Sie rufen! Fazit: wer also die christlichen Lehren verinnerlicht, der/die kann die Kreuzzüge für Tierrechte gar nicht in Frage stellen – müsste eigentlich sofort aus der Lethargie erwachen, aufspringen und sich den AktivistInnen anschließen!
Zahlreich waren diese gekommen an jenem heutigen strahlend schönen Karsamstag; TierschützerInnen von RespekTiere, der TAT (Tierschutz Aktiv Tirol, www.tierschutzaktiv.at), dem VGT (www.vgt.at), von MegA (Menschen gegen Ausbeutung), den Tiroler Tierengeln (www.tirolertierengel.com), von den vier Pfoten (www.vier-pfoten.at), der Bürgerinitiative vom §278 (www.278.at) und sogar ein Aktivist aus Augsburg war extra zur Kundgebung angereist!
Wir möchten uns an dieser Stelle nochmals allerherzlichst bei allen AktivistInnen bedanken, die diesen Tag zum Allerbesten genutzt hatten – für ein Eintreten jener, denen in unserer Gesellschaft noch immer jegliche Stimme verweigert wird!
Ein ganz besonderer Dank gilt dann auch der Caro (feste Umarmung!), die ihr (wirklich schweres) Kreuz mit Ausdauer und Bravour trug, niemals strauchelte und unbeirrt ihren Weg ging – super!!





Gleich zu Beginn gab es einen Disput mit der Polizei, weil das Demofahrzeug verkehrwidrig abgebogen war. Jedoch war dieser Vorgang kein willkürlicher, hatte doch Dr. Haberditzel, der so wunderbare Tierrechts-Anwalt, dieses Vorgehen zuvor ausgehandelt! Der Streit konnte dann aber schnell beigelegt werden und nun stand einem großartigen Demozug nichts mehr im Wege!
Begleitet von vielen Beamten setzte sich der Tross in Bewegung, ein Fernseh-Team von 3-Sat dokumentierte den Umzug. Zwei Fleischhauer in Totenkopfmasken trieben die KreuzträgerInnen vor sich her, mit Peitschenhieben und dem Henkersbeil bestimmten sie die Richtung, den letzten Weg. ‚Unterstützt die Fleischindustrie, wir übernehmen für Euch das Töten!‘ riefen Sie fortwährend in die staunende, erstarrende Menge der PassantInnen. Es gab fünf Zwischenstopps an besonders gut frequentierten Plätzen, wo die Versammlung inne hielt; die Opfer an den Kreuzen, von wütenden Schlächtern traktiert, welche fortwährend die Menge an ZuseherInnen mit einbezog, über das Megaphon wurden die Menschen über die Zusammenhänge von Umweltproblematiken, Klimakatastrophe und Fleischverzehr aufgeklärt. Sprechchöre waren in der Innsbrucker Innenstadt an diesem Karsamstag nicht zu überhören. ‚Tiere fühlen, Tiere leiden – stoppt stoppt die Tierausbeutung!,‘ ‚Sie haben gefühlt, geatmet, so wie wir, Fleisch ist ein Stück totes Tier‘!

Die Kundgebung führte auch an McDonald’s-Filialen vorbei, wo natürlich ebenfalls gehalten wurde. Währen die KundInnen an den Tischen in der Sonne ihre Mahlzeit einnahmen, sahen sie sich einer entfesselten Menge von TierrechtlerInnen gegenüber, welche wie aus einem Mund minutenlang ‚Das ‚M‘ bei McDonald’s steht für Mord!‘ intonierte. Selbe Prozedur wiederholte sich auch vor der Innsbrucker Kleiderbauer-Filiale, wo ‚KleiderBauer ist schuldig, KleiderBauer macht mit – auf Kosten der Tiere ein Mordsprofit‘ verkündet wurde.





Um nochmals auf den religiösen Aspekt zurück zu kommen: Gott hat es gut gemeint mit den TierschützerInen an diesem Tag, die Sonne strahlte vom Himmel und die von den KundgebungsteilnehmerInnen ausgehende Energie hätte wohl eine mittlere Kleinstadt über Wochen mit Strom versorgen können!
Ein Lob gilt auch der Innsbrucker Polizei, die anwesenden PolizistInnen gingen ruhig und besonnen vor, ‚störten‘ den Ablauf zu keiner Zeit und verhielten sich durchwegs sehr co-operativ und freundlich.



Fazit: eine wunderbare Kundgebung fand pünktlich um 16 Uhr ihren Ausklang und wird allen TeilnehmerInnen und hoffentlich auch vielen, vielen ZuseherInnen und PassantInnen noch lange in Erinnerung bleiben – und: Gott ist doch TierrechtlerIn!!!!!

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