Tag der offenen Stalltuer

‚Salzburger Bäuerinnen und Bauern laden Sie auf ihren Hof ein, führen Sie durch den Stall, geben eine Übersicht über die betriebliche Situation und informieren über Haltung und Fütterung der Tiere. Machen Sie sich selbst ein Bild von der bäuerlichen Arbeit‘, so bewirbt die Landwirtschaftskammer den ‚Tag der offenen Stalltür‘. Jedes Jahr im Frühling öffnen dabei einige auserwählte Bauernhöfe im Salzburger Land ihre Pforten für BesucherInnen, meist solche, die neben der Landwirtschaft auch noch über andere Einkommensquellen wie etwa einen Direktvertrieb von Nahrungsmitteln, ein Gasthaus oder eine Jausenstation verfügen. So wird aus diesem Tag meist neben dem bestimmt beträchtlichen Aufwand aber dann auch ein lohnendes Geschäft für die Landwirte.
Heute fand man in einen Flachgauer Betrieb Einlass, der Bauer hält dort Schweine und Rinder. Nebenbei führt er auch einen Gasthof am Gelände und verkauft über einen Ausstellerwagen Produkte seines Hofes direkt an den Bauernmärkten.
Der Ansturm am Hof war dann ein großer, die Durchfahrtsstraße war gesperrt worden und selbst die Suche nach einem geeigneten Parkplatz im Ort gestaltete sich zwecks Auslastung ziemlich schwierig. Die Gastfamilie hatte sich einiges einfallen lassen, es wurden verschiedene, oft leider schon vergessene, handwerkliche Künste gezeigt, man wurde in die Geheimnisse der Schnapsbrennerei eingeweiht, es wurde gedrechselt, mit der Motorsäge Holz zu Kunstformen bearbeitet, es gab mehr auf Gäste wartende Tische als in einem Münchner Oktoberfest-Bierzelt, eine Jausenstation, Oldtimer-Fahrzeuge wurden ausgestellt, usw.
2 herausgeputzte Pferde zogen Kutschen mit einem Dutzend Menschen hinter sich her, gebrochenen Geistes den Anweisungen des Kutschenfahrers folgend. Niemand in der umstehenden Menge schien ihre Misere zu bemerken, stumm stemmten sie sich gegen die Herausforderung des imensen Gewichtes
Das Plakat zum ‚Tag der offenen Stalltür‘ warb in diesem Falle hier im Flachgau übrigens mit ‚biologischer Wirtschaftsweise (was da auch immer dahinter stecken mag) und mit einem ‚modernen Laufstall zur Milchwirtschaft‘.
Der Schweinstall präsentierte sich frisch herausgewaschen, noch lagen überall die tropfenden Schläuche. Die Tiere selbst leben dort in Buchten, ohne Spaltenboden, jedoch auch ohne jegliches Einstreu, auf nacktem, kalten Beton. Die Tür zum Stall war weit geöffnet, was sie im normalen Betrieb natürlich nicht ist – so kam etwas Licht hinein in die ansonste Triste; alte Eisenstangen beherrschen die Welt der Tiere, keine Abwechslungsmöglichkeiten, einige hoffentlich nicht mehr in Verwendung befindliche ‚Eiserne Jungfrauen‘, jene Folterkäfige für gebährende Schweinmütter, erfasst das geprüfte Auge im Hintergrund. Einige wenige Menschen wagen sich in den Stall, ob sie der doch starke Geruch oder die Einsicht, dass jede/r FleischesserIn Mitschuld an diesem Gefängnis trägt, davon abhält, wird ein Geheimnis bleiben. Jedenfalls, die Tiere sind froh über jede Abwechslung, neugierig folgen sie meinen Schritten, drängen sich vor die mitgebrachte Fotokamera.
Als nächstes gehen wir in den Kuhstall; zu unserer Überraschung sind alle Tiere an schweren Eisenketten, zu wohl lebenslanger Kettenhaft verurteilt. Nicht nur das, selbst die Schwänze der Kühe sind an Schnüren hochgebunden. Einige Kälber befinden sich in so genannten Kälberboxen, fein säuberlich voneinander getrennt, jedes dem eigenen, einsamen Schicksal überlassen. Wie gerne würden diese Winzlinge wohl zusammen spielen, Gras unter den Füßen spüren; statt dessen bilden ein bißchen mehr als 1 qm Betonboden, mit Stroh ausgelegt, ihre ganze Welt…

Nebenan gibt es einen weiteren, wesentlich kleineren Kuhstall; dort sind die Tiere in Boxen, meist zu dritt; eine Box dürfte in etwa 10 qm Bodenfläche haben – ist das der ‚moderne Laufstall‘????…
Jedenfalls, wir wollen ehrlich sein, wir wollten Ihnen heute eine Gegenüberstellung präsentieren, wie es in diesem Stall im Alltag aussieht und wie sauber er sich dagegen heute an dem Festtag den BesucherInnen präsentieren wird – hier holt uns die nächste Überraschung ein: es wurde offensichtlich kein besonders Augenmerk darauf gelegt, sich in diesem Punkt im besten Licht zu zeigen! Bitte betrachten Sie die angefügten Foto-Aufnahmen; natürlich wissen wir, dass es wohl fast unmöglich ist, einen so engen Raum mit drei großen darin vegetierenden Lebewesen wirklich sauber zu halten, aber wie können wir mit gutem Gewissen diesen so empfindsamen Wesen so etwas antun? Und dann noch mit jener Selbstverständlichkeit, ohne jegliche Hinterfragung???!!!

Niemand der BesucherInnen verliert auch nur ein Wort über das Schicksal der Angeketteten, der im Schmutz lebenden, der im Finsteren vegetierenden – keine fragenden Augen, keine nach Antworten Suchende… Die Kinder tollten durch den Stall, respektlos lärmend vor den angsterfüllten Augen der Schutzlosen; die Erwachsenen vielmehr schon in Gedanken auf die wartende Jause gefangen; Bratengeruch erfüllt die Frühjahrsluft, im unmittelbaren Angesicht der geknechteten Kreatur ist es umso mehr der Geruch des Todes.
Die Menschheit ist abgebrüht, und geht diesen Weg beständig weiter; letztendlich wird er uns auf jene einsame Pfade führen, dahin, wo Herzen und Seelen zu Stein werden.

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