wieder ein Skandal – RespekTiere besetzt in diesen Augenblicken Hof


Dieser Vorfall raubt uns den Atem und jede Zeile fällt schwer zu schreiben – es ist ein unglaublicher Skandal, der wirklich an die Seele geht … und dem dennoch einmal mehr das Schicksal bestimmt ist einfach zu den Akten gelegt zu werden; stillschweigend eingereiht in die unendliche Fülle von vergessenen Schicksalen, unbeweinten Opfern – und vielleicht nicht mal das… Niemand wird dafür zur Verantwortung gezogen werden, viel wichtiger ist ja die Krümmung der Gurke zu bestimmen oder den alt-österreichischen Ausdruck ‚Germ‘ in Hefe umzubenennen; ja, so Vieles scheint so viel wichtiger als das Leben eines von allen vergessenen Berberaffens.
diesen Wahnsinn in völliger Abgeschiedenheit im Inneren eines verfallenden Bauernhofes nennen die Berberaffen ihr zu Hause…


Manchmal fragen uns die Menschen ‚Wie schafft man es mit all dem Leid, mit welchem ihr tagtäglich konfrontiert seid, umzugehen; wie macht Ihr das, wie verdaut Ihr es?‘ Gerne geben wir darauf eine Antwort, die Raum für wenigstens ein kleines bisschen Hoffnung lässt. ‚Man muss sich auf Dinge konzentrieren, die man schaffen kann, die kleinen Erfolge schätzen lernen, auf diesen aufbauen‘, oder ähnliche Formulierungen. Die Wahrheit ist jedoch eine andere, viel einfachere; man schafft es in Wahrheit nicht, man verdrängt es für eine gewisse Zeit vielleicht, aber wenn Ruhe einkehrt, wenn man des Abends im Bette liegt, spätestens dann holt jeden von uns der Wahnsinn ein – früher oder später, unweigerlich. Man kann ihm nich tdie Türen schließen und tut man es doch, findet er irgend wo im Verborgenen ein offenes Fesnter. Manchmal wacht man des Nachts auf und glaubt, man kann der Opfer Stimmen vernehmen, kann hören, wie zerschnittene Kehlen nach Luft schnappen; tatsächlich, ich kann von mir selbst behaupten, ich kann die Geräusche hören die entstehen wenn Prügel auf Fleisch treffen; wenn mauretanische Henker ohne Unterlass, jeden Tag so viele Dutzende Male, auf die Kamele am Schlachthof eindreschen, bis diese gebrochen zu Boden gehen; unablässig; wenn sie zum Sterben in Reih und Glied an kurzen Stricken in die Hölle entführt werden, die wir Menschen, wir, die Krone der Schöpfung, für sie bereit stellen; kann ihre Schatten fühlen, wie sie sich aufbäumen, ihre Hälse gegen den Himmel strecken, weil sie vor Sekunden direkt vor sich gesehen haben, wie ihre Artgenossen zu Boden gedrückt und kalter Stahl deren Kehlen aufschneidet; wie sie im eigenen Blut ertrinken, während im Hintergrund das nächste Opfer mit weit aufgerissenen Augen und halb wahnsinnig vor Angst versucht dem wartenden Tod doch noch irgend wie zu entrinnen; in Momenten wie diesen, schweißgebadet und verwirrt, stellt man sich nur zu gern die Frage: soll ich damit aufhören, jetzt, wo noch ein klein wenig Zeit übrig bleiben würde, um das letzte Stückchen Herz, welches die Zeichen der Zeit noch nicht völlig erhärtet haben, zu retten (und wird es doch nicht tun…)?
Es sind Tage wie der jetzige, der diese Überlegungen unwillkürlich zurückbringt, sie schmerzhaft in eine Erinnerung treibt, die man so gerne aus sich selbst löschen würde…

Und während wir so dahinsinnieren, denken sesselklebende Bürokraten bestimmt schon darüber nach, wie sie ihre blutbefleckten Hände einmal mehr in Unschuld waschen, wie sie von ihrem eigenen Versagen ablenken kennen…
Und dann denkt man unwillkürlich an jene Worte eines hochgeschätzten tschechischen Aktivisten, der da sagte: ‚Wenn das Gesetz gegen das Leben geht, was ist wichtiger – das Leben oder das Gesetz?…‘

Gestern war ein Tag wie jeder andere; die herbstliche Sonne, von Tag zu Tag schwächer werdend, sendet ihre letzten sterbenden Strahlen zur Erde, Strahlen, die längst nicht mehr die Kraft besitzen frierenden Körpern auch nur ein klein bisschen Behaglichkeit zu schenken. Wieder waren wir nach Ried aufgebrochen um nach den vier Berberaffen zu sehen, von welchen wir in den letzten Monaten mehrmals berichteten. Sie erinnern sich bestimmt – eine Frau, psychisch krank, hält dort die Primaten in einer Käfiganlage, versteckt in einem alten Bauernhof, der zunehmend den Elementen zum Opfer fällt. Sofort bei bekannt werden der Tatschen, ausgestattet mit Bildern und einem Video, erstatteten wir damals eine Anzeige beim zuständigen Amtstierarzt und meldeten den Vorfall der Tierschutz-Ombudsfrau von Oberösterreich. Den zuständigen Stellen war diese Käfighalt nicht neu; ganz im Gegenteil, tatsächlich sind die Berberaffen seit einigen Jahren an diesem Ort, ausgesetzt Wind und Wetter, einer direkten, unerbittlichen Sonnenbestrahlung genau so wie Regengüssen und Schneestürmen. Zuvor sind sie Augenzeugenberichten zufolge in kleinen Käfigen gesperrt gewesen, unter fatalen Umständen. Dort hatten sie sich eines Tages befreit und konnten für kurze Zeit leben, wirklich leben – bevor sie wieder eingefangen wurden… Nun, unter der plötzlichen Aufmerksamkeit der Bevölkerung und unter medialer Dauerberichterstattung – es hätte ja jemanden was passieren können, wobei diese/r Jemand immer in menschlicher Form gemeint ist – wurde das jetzige Gefängnis geschaffen, weit draußen am Land – und die Affen entschwanden dem öffentlichen Interesse genau so schnell wie sie umgesiedelt waren. Einsam und verlassen, abgeschoben an den Rand der Gesellschaft, zum Vegetieren in totaler Abgeschiedenheit verdammt..
Als wir dann die Behörden mit dem Fall erneut konfrontierten, wurde uns gesagt, man kümmere sich sofort darum, es wurde ein ‚Runder Tisch‘ einberufen und uns das Versprechen gegeben, die Tiere alsbald umzusiedeln, an einem Platz, der ihren natürlichem Bedürfnissen entsprechen würde. Weil wir wissen, wie geduldig Papier ist und wie lange so etwas dann tatsächlich dauern kann – die zuständigen Stellen hatten ja fast 20 Jahre verrinnen lassen, Zeit, welche den Eingekerkerten niemals zurück erstattet werden kann – suchten wir selbst nach Möglichkeiten und konnten tatsächlich sogar mehrere Gnadenplätze finden. SOS Animali in Italien, eine jener Organisationen, die immer bereit sind wenn deren Hilfe gebraucht wird, hätte sofort mit dem Bau einer Anlage begonnen, welche ganz auf die Bedürfnisse der Tiere zugeschnittenen worden wäre. Allein die Behörde meinte nun, man hätte endlich Gespräche mit der Frau geführt, und schon sehr bald können mit der Umsiedlung begonnen werden. Wohin? ‚Die Frau favorisiert eine große österreichische Tierschutz-Organisation, welche die Affen aufnehmen könnte.‘ Wer anders als die Vier Pfoten hätte damit gemeint sein können? Wer sonst besitzt einen unendlichen Erfahrungsschatz im Umgang mit Wildtieren? Was uns aber stutzig machte, war, dass wir inzischen längst Kontakt dorthin aufgenommen hatten, und zwar zur Stiftungseigenen Primaten-Expertin. Diese gab uns wertvolle Tipps, stand in allen Überlegungen äußerst hilfreich zur Seite, aber ein neues zu Hause anzubieten, dass wäre zur Zeit nicht möglich, hörten wir. Nicht zuletzt auf Grund dieser Tatsache stieg das Misstrauen…
Wir waren nun gespannt, von welcher österr. Organisation ansonst die Rede sein könnte; nähere Auskunft wollte man uns nicht geben, es handle sich ja inzwischen durch unsere Anzeige einmal mehr um ein Verfahren, wo uns keine Parteistellung zustand.
Aber wie auch immer, alles sei im Laufen und würde nun ein gutes Ende nehmen.

er/sie ist noch am Leben…umgeben vom beißenden Verwesungsgeruch des Gemüses und dem zerfallenden Körper des ArtgenossIn..


Anzumerken wäre folgende überstrapazierte Aussage: die Frau liebe ihre Tiere, sie ist halt aufgrund ihrer psychischen Verfassung total überfordert und somit nicht in der Verfassung die damit verbunden Arbeit richtig auszuführen; es sei auch ein ‚menschliches Problem’… man könnte den ganzen Tag kotzen, so oft hat man diese Ausrede schon benutzt! Wird auf Grund dieser Beurteilung Tierqual plötzlich zu weniger Tierqual, Leid zu weniger Leid? Das ‚menschliche Problem‘ verlangt eine menschliche Lösung, aber darf damit untragbaren Zuständen in der Tierhaltung Tür und Tor geöffnet, diese stillschweigend toleriert werden? Die ‚Besitzerin‘ der Berberaffen wird von einem Sachverwalter unterstützt, was ist wohl dessen ‚menschliches Problem‘???? Dieser Mann fährt mit ihr zur Fütterung der Tiere, er muss deren Zustand kennen, muss auch im Interesse der Tiere handeln; er hat Schuld auf sich geladen und sollte sich der Verantwortung stellen, die diese Schuld in sich birgt. Er ist seiner Aufgabe nicht zufrieden stellend nachgekommen; leugnet er seine Verantwortung, widerlegt er seine Berechtigung und dürfte nicht länger als vollwertige Fachkraft auf seinem Gebiet anerkannt zu werden, bräuchte dann wohl selbst einen Berufskollegen, der ihm in seinen Entscheidungen zur Seite steht.

Wir ließen dem Verwaltungsapparat einige Wochen Zeit; dann fragten wir erneut nach, ob denn nun schon etwas passiert wäre, der Winter stünde vor der Tür und man dürfe den armen Affen nicht noch eine Saison in bitterer Kälte zumuten. Keine Antwort vom Amtstierarzt.
Die Ombudsstelle beruhigte uns allerdings: alles in Ordnung, das Verfahren läuft…

Gestern Nachmittag holte uns die Realität zurück auf den Boden der Tatsache.
Einer der Käfiginsassen liegt tot im Dreck des Gehegebodens, sein Körper zerfällt im Schmutz der Ausscheidungen (das Gehege war seit langer, langer Zeit nicht mehr gereinigt worden, niemand konnte offensichtlich zu den Tieren in die Zwinger oder machte sich die Mühe es zu versuchen – ebenfalls im Wissen der Behörde, wohlgemerkt und schriftlich bestätigt!) und verfaulenden Gemüseberge, welche man mehrmals die Woche achtlos in das Gefängnis kippt.
Einer seiner Kameraden, der wie seine Leidensgenossen wohl schon seit Tagen neben dem toten Freund vegetiert, dürfte nun ebenfalls schwer krank sein, jedenfalls gibt er/sie Geräusche von sich, die auf schweren Durchfall schließen lassen. Ängstlich läuft der Arme im Käfig ziellos auf und ab, vorbei am leblosen Körper des Mitgefangenen, hin zum Abfallhaufen Gemüse, zurück in die Zelle.

während der tote Berberaffe wie Müll in einer schmutzigen Ecke zerfällt, rast ein Überlebender ziellos hin und her…


Gestern war ein schrecklicher Tag. Ein Tag, an dem eine weitere Illusion zerstört wurde; eine Illusion, die Behörden hätten aus den Fehlern der Vergangenheit gelernt und würden nun durch (für was sie der/die SteuerzahlerIn doch auch bezahlt) beherztes Eingreifen Tragödien wie diese im Vornherein im Keim ersticken…

Nun ist Freitag Mittag und im Moment sind wir erneut vor Ort, besetzen den Hof. Wir warten auf das Eintreffen der Polizei und werden diesen Ort erst dann wieder verlassen, wenn sicher gestellt wird, dass eine Bestandsaufnahme und Einschätzung eines Experten erfolgt und eine Befreiung der drei verbleibenden Affen sicher gestellt ist…
 

 

 

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