Tierversuchsgespräche Teil 3

Tierversuchsgespräche mit den Ausführenden, Teil Drei:


Heute möchten wir in einfachen Worten darüber sprechen wie der Tierversuch überhaupt zu Stande kommt. Für weiterführende Information und eine tiefere Auseinandersetzung mit diesem so hässlichen Gesicht unseres Fortschrittwahns bitten wir Sie, die Seiten der so großartigen Tierversuchsgegner-Organisationen anzuklicken (hier eine kurze Auswahl der allerwichtigsten Adressen: www.tierversuchsgegner.at; www.tierversuchsgegner.org; www.tierrechte.de; www.agstg.ch; www.aerzte-gegen-tierversuche.de;…)!

Wie kommt es zum Tierversuch?

Bis es zum Tierversuch kommt, werden sämtliche zur Verfügung stehenden Möglichkeiten ausgeschöpft. WissenschaftlerInnen sprechen dabei von der 3 R-Regel:
Reduction (Reduzierung der Anzahl der Versuchstiere)
Refinement (Verfeinerung, Verbesserung, um mit einer erforschten Methode Tierleid zu vermindern)
Replacement (Tierversuche werden durch tierversuchsfreie Methoden gänzlich ersetzt)

Zu Alternativmethoden zählen zb In Vitro Verfahren (im Reagenzglas durchgeführte Tests) oder auch die aus Zellkulturen gewonnenen Informationen. Wobei letzteres Tierleid nicht zwangsläufig ausschließt.
Dann gibt es Bereiche (zb. Krebsforschung), wo die Wissenschaft gerne behauptet, man könne mit diesen Methoden keine neuen Erkenntnisse gewinnen. Hier greift man zum Versuch am „Modell", dass heißt zur Maus, Ratte oder anderen Tieren.
Vor jedem Versuch müssen Genehmigungen eingeholt werden. Ob nun ein Versuch „sinnvoll" ist und auch durchgeführt werden kann, darüber entscheidet die Ethikkommission. Diese setzt sich aus zumindest 9
Personen zusammen, wobei verschiedene Berufsgruppen vertreten sind (angeblich ist dabei auch der Tierschutz vertreten, mit einbezogen; wir konnten allerdings keinen diese Behauptung unterstüzenden Beweis finden).
Auch wenn ein Versuch genehmigt wurde, muss das nicht automatisch heißen, dass die daraus gewonnene Erkenntnisse brauchbar oder für die Menschheit sinnvoll sind. Schließlich ist es oft das Gesetz, das verlangt, dass Produkte zuerst auf ihre Verträglichkeit für den Menschen getestet werden müssen (an Tieren…) – dabei zählt eben nicht Hausverstand, sondern schriftlich dargelegte Daten.



Jeder genehmigte Versuch unterliegt unzweifelhaft strengen Auflagen, ob diese dann aber auch tatsächlich so eingehalten werden – oder ob der Versuch überhaupt dazu geeignet ist wissenschaftlche Erkenntnisse in Bezug auf menschliche Erkrankungen zu erbringen – dass ist natürlcih eine ganz andere Frage. Und am Ende bedeutet es fast immer den Tod des Tieres, welcher in einer CO² Box herbeigeführt wird Dieser Tod soll angeblich schmerzlos sein – ob und welche Empfindungen das Tier tatsächlich hat, darüber kann man nur Vermutungen anstellen (da Tiere aber im allgemeinen mit viel besseren Sinnen als wir Menschen ausgestattet sind, besonders mit dem so genannten 6., kann man sehr wohl davon ausgehen, sie werden wohl wissen, dass sie zumindest nichts Gutes erwartet…) .
Anzumerken ist ebenfalls, dass ’schmerzfrei‘ in diesem Zusammenhang weit entfernt von ‚ethisch korrekt‘ ist; Menschen sind in der so grausamen und brutalen neuzeitlichen Geschichte des ‚Homo Sapiens‘ überall in der Welt zu Millionen ’schmerzfrei‘ vergast worden, was wir heute natürlich völlig richtig als eines der größten Verbrechen der Menschheit überhaupt ansehen – aber mit großer Bestimmtheit werden wir den Tierversuch einst mit ähnlichen Attributen ausstatten, in ein selbiges ‚Schwarzbuch‘ einreihen!
Auch wenn von allen Seiten versichert wird, dass der Tierversuch im Dienste der Menschheit geschieht, bleibt doch die Frage, wie weit der Mensch gehen darf. Wenig tröstlich ist es, dass die Erkenntnis aus einem „daneben gegangenen Versuch" jene ist, es beim nächsten Mal eben anders zu machen.
Eine genaue Anzahl der an Tierversuchen verendeten Tieren zu eruieren sind nicht möglich. Zwar gibt es eine jährliche Tierversuchsstatistik, allerdings werden darin nur jene Tiere erfasst, welche in Tierversuchen starben, also jene Tötungen, die lt. Gesetz unter Tierversuche fallen. Und diese umfassen bei weitem nicht das ganze Ausmaß der Tragödie, denn viele, viele Versuche an Tieren werden von Gesetzes wegen gar nicht als solche betrachtet!
Fakt ist, dass weltweit jährlich hunderte Millionen Tiere im Tierversuch ihr Leben lassen!
Der Tierschutz Aktiv Tirol (www.tierschutzaktiv.at) schreibt dazu:

 

Sie sterben zu Ausbildungszwecken, für die Forschung, zur Erreichung eines Doktortitels. Sie sterben zur Erforschung von Pflanzenschutzmitteln und Haushaltsprodukten, und für die Pharma-Industrie. Jeden Tag (!) sterben zwischen 40.000 und 100.000 Tiere allein in deutschen, ca. 6.000 Tiere allein in österreichischen Versuchslabors. Sie werden erdrosselt, lebendig verbrannt, erstickt, mit Chemikalien vollgepumpt, verbrüht, verstümmelt, aufgeschlitzt Der Tod selbst ist für die Versuchstiere eine Erlösung! Während Sie dies lesen, sterben in jeder Sekunde weltweit 10 Tiere (!) durch Folter im Tierversuch…

 


Die Zahlen aus der Tierversuchstatistik erhält man dadurch, dass für jedes Versuchstier, eine Art elektronisches Tagebuch geführt werden muss. Eine Art „Lebenslauf", wenn man so will.

Obwohl es sicher verantwortungsbewusste ÄrztInnen und WissenschaftlerInnen gibt, welche nicht leichtfertig ein Tier „opfern", spielt dennoch wie so oft Geld, Geltungsdrang, die Erlangung eines Titels oder schlichtweg Neugier eine große Rolle warum es überhaupt zu einem Tierversuch kommt. Dabei wird es auch sehr davon abhängen, von wem diese Forschung finanziert bzw. in Auftrag gegeben wird.
Ob nun Sinn oder Unsinn, für das „Versuchstier" macht es keinen Unterschied. Dieses bezahlt mit dem Leben. Und ob die im Versuch gewonnenen Erkenntnisse nun für den Menschen nutzbar sind oder nicht, dürfte dem betroffenen Tier ziemlich egal sein. Solcherarts gewonnene Erkenntnisse können dann nach allem Ermessen auch für ‚Mensch‘ selbst keinen Beweggrund darstellen, einen Tierversuch als ‚gut‘ oder ‚erforderlich‘ anzunehmen, im Gegenteil; wir, als denkende Individuen, welche wir doch allesamt mit einem gewissen Maße an Intelligenz ausgestattet sind, müssten uns mit Grauen abwenden von den gängigen Praktiken – Herz und Seele sagen uns doch, dass wir keine andere Lebewesen derat leiden lassen dürfen, nur um unsere Spezies mit Erkenntnissen auszustatten, welche für uns von Vorteil sind (oder auch nur sein könnten…).
Hier sind wir wieder bei den bereits erwähnten Aspekten angelangt – bei einem der größten Verbrechen der Menschheit, begangen an völlig Wehr- und Schutzlosen…

Bitte lesen Sie hier den ganz persönlichen Eindruck einer jungen RespekTiere-Aktivistin im Zuge einer ‚Exkursion‘ in der Zentralen Versuchstieranstalt in Salzburg:

Eine kleine Gruppe von Interessierten wurde freundlich von Herrn Dr. Bernatsky udn Herrn Dr. Hammerl empfangen. Unser Ziel: die Räumlichkeiten, in denen die Versuchstiere gehalten werden.
Man führte uns Treppen hinab Richtung Keller. Ein passender Vergleich wurde von Herrn Dr. Bernatsky selbst getroffen: „Es ist, als ob man Katakomben hinabsteigen würde" Nun, mein Lächeln für diese humoristische Einlage hielt sich in Grenzen.
Als wir durch eine schwere Brandschutztüre gingen, hatten wir unser Ziel erreicht. Zuvor mussten wir allerdings hygienische Vorkehrungen treffen: Vorgesehene Schuhe samt Überzug, ein weißer Kittel, Mundschutz und eine Haube, wie man sie aus dem Krankenhaus kennt.
Der erste Raum wurde betreten. An den Wänden entlang an vorgesehenen Vorrichtungen waren die Käfige der Versuchsmäuse befestigt Die Boxen entsprechen den gesetzlich vorgeschriebenen Normen – sind, wie uns nicht ohne Stolz mitgeteilt wurde, sogar um eine Nummer größer. Darin befinden sich Mäuse sowohl in Gruppen- als auch in Einzelhaltung, je nach Forschungszweck bzw. Verhalten der Tiere. Auch eine „Mäusefamilie" mit neugeborenen Jungen befindet sich darunter. Ein recht trostloser Anblick wenn man sich vergegenwärtigt, dass die Jungen keine Chance auf Leben haben…
Die Käfige sind mit Streu und Nestmaterial ausgestattet. Man ist versucht, den Tieren eine weitgehendste „artgerechte Haltung" zukommen zu lassen. Auch wenn zugegeben wird, dass eine richtig artgerechte Haltung nicht möglich ist.
Sowohl Temperatur als auch Luftfeuchtigkeit werden automatisch geregelt Die Lichter brennen 12 Stunden. Dabei wird darauf geachtet, dass zuerst eine Lichterreihe angeht und nach einiger Zeit die zweite. Um die Mäuse nicht direkt der 100%igen Beleuchtung auszusetzen und somit Stress zu vermeiden.

RespekTiere-AktivistInnen in der Zentralen Versuchstierhaltung in Salzburg


Eine Mäusegruppe, die sich ungewollt vergrößert, muss wieder in ihren ursprünglichen Größengrad zurück. Dh. Der Überschuss wird entsorgt. Sie werden in CO² Boxen eliminiert – die Tiere werden also in Boxen gegeben, der Kohlenstoffdioxid zugeführt wird. Für das Tier ein, wie uns versichert wird, völlig schmerzfreier Tod. Nun, darüber gehen die Meinungen auseinander.
Auch auf die Kennzeichnung der Mäuse zwecks Wiedererkennung wird hingewiesen. Diese erfolgt nun u.a. mit Farben, nicht wie früher mit geritzten Ohren oder gekürzten Schwänzen.
Neben Mäusen (darunter Nacktmäuse) und Ratten werden auch Wachteln für Versuchszwecke benutzt. Den Eiern werden forschungsrelevante Stoffe injiziert. Beobachtet wird danach das geschlüpfte Küken und dessen Verhaltensweise.
Weitere Versuche umfassen die Toxikologie und Leukämieforschung.
Der Trend gehe angeblich weg von Tierversuchen. Auch wenn die letzte Tierversuchsstatistik eine Steigung verzeichnet. Aber man müsse dies in Relation zu den erlangten Erkenntnissen sehen. Sozusagen: begangene Tierversuche dividiert durch die Erkenntnisse = zukünftig weniger Tierversuche.
Allerdings sei hier erwähnt, dass es der Statistik nicht zu entnehmen ist, wie viele Tierversuche tatsächlich durchgeführt werden. Denn nicht alle Versuche fallen auch lt. Gesetz unter „Tierversuch".
Ich verließ die Räumlichkeiten mit gemischten Gefühlen. Aber keines davon lässt sich positiv beschreiben. Fakt ist, dass jedes Versuchstier lebt, um für den Menschen zu sterben. Und dieses Wissen hinterlässt einen äußerst fahlen Beigeschmack.

Mit großer Freude können wir an dieser Stelle ein sehr interessantes Gespräch ankündigen, welches sich im September ereignen wird und über welches wir natürlich sehr umfangreich berichten werden:
Dr. Alexander Egle, sie erinnern sich bestimmt, wir konnten mit ihm das sehr große Emotionen auslösende Interview im zweiten Teil dieser Serien führen (nachzulesen auf unserer Homeopage unter http://www.respektiere.at/news_lang.php?id=693), hat sich dankenswerterweise sofort dazu bereit erklärt, mit der so wunderbaren Frau Heike-Ingeborg Krawatzki, ihrerseits Tierversuchsgegnerin und selbst Opfer der Tierversuchsindustrie (Contergan-Skandal), über die Thematik zu diskutieren!

Apropos Contergan: bitte beachten Sie folgenden Filmhinweis, der uns sehr am Herzen liegt!

      ACHTUNG: ARD Sendetermin – NoBody´s Perfect, Deutscher Filmpreis 2009 – mit der Bitte um Verbreitung
      

 
 

SAVE THE DATE
ARD, Dienstag, den 10. August 2010 um 22:45 Uhr

Liebe Freunde,
Was hat mich – einen kahlköpfigen, dickbäuchigen Contergan geschädigten Mann – nur geritten ein Foto-Aktmodell werden zu wollen? Ich sehe aus wie ein rundlicher, rosa Pinguin mit Brille. Und doch werde ich mich und elf weitere erstmalige Models, die die gleiche Behinderung haben wie ich, überreden, sich auszuziehen und für mich zu posieren.

 


      

 

An dieser Stelle möchte ich mich besonders herzlich bei den zwölf außergewöhnlichen Persönlichkeiten bedanken, die mir diesen Film ermöglicht haben: Stefan Fricke, Sofia Plich, Bianca Vogel, Sigrid Kwella, Doris Pakendorf, Theo Zavelberg, Petra Uttenweiler, Andreas Meyer, Kim Morton, Fred Dove, Mat Fraser und Mandel von Glasow. Mein besonderer Dank gilt nicht zuletzt meinen WDR Redakteuren Jutta Krug, Enno Hungerland und Katja De Bock, die mir herzlich und kämpferisch stets zur Seite gestanden haben – sowie Kiki von Glasow, Anne-Sophie Quancard, Mathias Dombrink und Mechthild Barth.

 

      Seit dem Kinostart und dem Deutschen Filmpreis von NoBody´s Perfect haben sich viele Contergan-Geschädigten in Selbsthilfegruppen und politischen Initiativen zusammengeschlossen, die aktiv um eine gerechte Entschädigung von der Familie Wirtz bzw. der Firma Grünenthal kämpfen. Inzwischen ist NoBody´s Perfect in den amerikanischen Kinos angelaufen und nach Japan, Spanien, Polen, Schweiz, Österreich, Schweden, Norwegen, Niederlande, Finnland verkauft worden. Leider hat sich die Familie Wirtz bis heute nicht entschuldigt, geschweige denn zu einer angemessenen Entschädigung durch gerungen. Wir müssen mit Mut und Geschlossenheit unser Ziel weiter verfolgen. Vor und nach dem Sendetermin von NoBody´s Perfect werden zahlreiche Aktionen zu diesem Zweck stattfinden. Ich hoffe, die Familie Wirtz wird endlich mit uns Kontakt aufnehmen.
Herzlichst
Euer Niko
Weitere Informationen unter:
www.nobodysperfect-film.de

 

 

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