Rumänien-Hilfsfahrt – der Bericht!

Der Tag hatte wolkenverhangen begonnen. Nach und nach jedoch blinzelte die Sonne, zuerst nur zögerlich, dann forscher, zwischen den aufgestauten Wattebauschen hindurch und kräftiger Wind begann die düsteren Formationen durcheinanderzuwirbeln und schließlich aufzulösen. Es sollte letztendlich also doch noch ein schöner Morgen werden, und nichts trübte bald ein tiefblaues Firmament; tatsächlich verbreitete sich mit zunehmendem Sonnenschein gar der unnachahmlichen Duft nach dem erwachenden Frühling und gemeinsam verwandelten die Elemente sowohl die Umgebung als auch unsere Laune in eine Bastion der Freunde.
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Leider blieb einmal mehr keine Zeit solche Genüsse durch alle Sinnessysteme des müden Körpers zu filtern; bald fanden wir uns nämlich wieder auf der Ostautobahn, die Fahrzeugnasen immer in Richtung Rumänien gestreckt, ganz so als ob sie Witterung aufgenommen hätten von einer fremden Welt, deren Vorzüge es nun zu entdecken galt. Trotz des Oster-Nachreiseverkehrs geriet unsere Fahrt nicht ins Stocken, flüssig wie erhitztes Metall wand sich die endlose Blechschlange unbeirrbar der aufgehenden Sonne entgegen.

Der uns dankenswerter Weise von der Firma A. Steindl, ihres Zeichens eine seit Jahrzehnten bewährte und dementsprechend beliebte Ofen- und Fliesensetz-Firma aus Salzburg, zur Verfügung gestellte Klein-LKW, ein Iveco-Lastenschlepper, ist prall gefüllt mit Waren, angefangen vom Hundefutter bis hin zum Geschirr und den Dingen des täglichen Lebens, welche wir dann für bedürftige Menschen zugeladen hatten. Die Verleihung eines Fahrzeuges ist wirklich eine Großtat – wie könnten wir solche Fahrten ohne so großartige Menschen bewerkstelligen? Unmöglich wohl, keine Frage, ohne Ihre Hilfe wären wir völlig hilflos, wären uns die Hände gebunden…

Arme Menschen gibt es unfassbar viele, überall im Osten, ganz speziell aber im Karpatenland! So freut es uns ganz besonders, dass wir so viel mitgebracht haben- tatsächlich präsentieren sich die Laderäume bis zum letzten freien Zentimeter genutzt. Sicher eine Tonne an Gütern, von Ihnen gesammelt und uns zur Verfügung gestellt, erhellt unsere Stimmung und beweist einmal mehr Ihr so großes Herz! Und längst ist Genanntes nicht alles was wir dieses Mal bringen dürfen – schon einige Stunden vor uns waren nämlich Gitti und Gerald aufgebrochen, jenes wunderbare Ehepaar aus Eugendorf bei Salzburg, welches die Reise wie so viele andere auch begleitet, mindestens 1 mal jährlich mitkommt. Und nicht nur das, wie es die Beiden im Vorfeld immer wieder bewerkstelligen, unfassbar viele unfassbar wichtige Güter zu ergattern – dieses Mal zum Beispiel Krücken, Gehhilfen, medizinisches Material, Kindersachen, Kleidung, Fußballdressen für 2 Dutzende jugendliche SportlerInnen – ist mehr als bloß bemerkenswert! So sind wir also mit 2 Fahrzeugen unterwegs, dazu noch zieht der Nissan-Bus von Gerald einen schweren Anhänger hinter sich her, ebenso voll beladen wie die beiden Vans…
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Oft haben wir es bereits erwähnt, doch immer wieder auf ein Neues schockt uns die mehr und mehr zum Industriepark verkommende Landschaft im flachen niederösterreichischen Becken; Windkrafträder beherrschen die Umgebung soweit das Auge reicht, und ihre riesigen Rotorblätter durchpflügen die Luft wie Schaufelräder den träge dahinfließenden Fluss; die Freiheit ist eine verlorene, eine Illusion ihrer selbst, sogar der Wind gezwungen zur Arbeit; es gibt keinen Stillstand mehr, und die Stille ist längst nicht mehr unser Freund; im Gegenteil, sie ist uns zwiespältig geworden, suspekt, fast angstvoll durchbrechen wir sie, tritt sie dennoch einmal auf.
Dem gegenüber erscheint wenigstens die geplagte Landschaft der ungarisch-panonischen Ebenen heute sanfter als sonst; nun, da der Frühling unaufhaltbar das Leben zu beherrschen beginnt, ein einziges Blühen und Wachsen, wirkt tatsächlich jenes sonst so triste Land, in sich erstarrt ob der vielen Gräueltaten begangen an ihm und seinem Geschöpfen, behutsam getaucht ins pastellfarbene Töne, fast gütig und friedlich. Wir lassen den Eindruck so stehen, geben uns nicht der Gefahr des Nachdenkens hin, und freuen uns einfach dass dem – wenn auch nur für die relativ kurze Zeitspanne dieser so wunderschönen Jahreszeit – einfach mal so ist…
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Fotos: Industriepark Natur…  rechts: riesige Tierfabriken in Ungarn und Rumänien…

An der rumänischen Grenze gibt es wieder einmal kurz Aufregung; die Zollbeamten überschätzen dort regelmäßig ihren Einfluss, ihre Wichtigkeit, und sie scheinen immer eine Freude daran zu haben, können sie fremden BesucherInnen verdeutlichen dass sie, zumindest für jene Momente des Grenzübertritts, auf dem längeren Ast sitzen; bald jedoch dürfen wir weiter fahren, und der Ärger ist im nächsten Moment gereiht in die lange Liste der Geschichte unserer Hilfsfahrten, nicht mehr als eine bloße Anekdote. Nun, die Sonne beginnt sich hinter den Horizont zurückzuziehen, liegt unser Ziel für den heutigen Tag zumindest in begreifbarer Nähe – nur mehr eine Autofahrt von ca. 4 Stunden trennt uns von einem weichen Bett und wohligen Träumen!

Die schmalen kleinen Straßen des Karpatenlandes schlängeln sich durch wunderschöne, viel zu oft jedoch von achtlos weggeworfenem Abfall verunstaltete, ansonsten aber ziemlich naturbelassene Gebiete. Rumänien scheint über weite Strecken fast menschenleer, doch dutzende tote Tiere auf der Fahrbahn oder am Straßenrand bezeugen eine andere Situation; tatsächlich finden sich unfassbar viele tierliche Opfer entlang des Verkehrsweges – verhältnismäßig mehr als sonst – warum dem so ist, lässt sich nur raten, der Grund dürfte aber in den Osterfeiertagen zu finden sein. Wahrscheinlich laufen während der Festtage auch – oder gerade – die Staatsdienste auf Sparflamme, und die Tierkörper-Entsorgung könnten vielleicht erst nach den Feiertagen wieder unterwegs sein?!
Es ist knapp nach 10 als wir die Bezirkshauptstadt Temesuara erreichen; kaum haben wir die Metropole hinter uns gebracht, verliert sich das Land urplötzlich im Dunkel der Nacht. Die Umgebung wird einsamer, glänzt durch die Abwesenheit von künstlichem Licht. Bald sind die nur mehr gelegentlich auf uns zu kommenden Kegel einsamer Autoscheinwerfer die einzige Quelle der Gewissheit, diese Gegend ist doch auch von Menschen bewohnt. Wir durchqueren mehrere kleine Dörfer, aber spätestens nach der Abzweigung bei Lugoj, nun direkt hinein ins Hinterland, werden auch die zur Ausnahme. Der Wald erobert sich nach und nach Terrain zurück, und höchste Vorsicht ist geboten, denn der die Wärme des Tages abstrahlende Verkehrsweg wird zunehmend zum Spielplatz von Kleinlebewesen wie Mäusen, Kröten und Fröschen. Gelegentlich blicken uns auch ob unseres Eindringens in diese wundersame Welt erschrockene Fuchsaugenpaare entgegen. Aber auch hier, trotz der Isolation und des nur intervallmäßigen Auftauchens von Fahrzeugen, hat der Tod großen Tribut gefordert, an einer Stelle liegen sogar gleich drei Wiesel mit starren Augen und leblosen, grotesk verformten Körpern nebeneinander; der Sensenmann war wohl überraschend gekommen, und gänzlich unerwartet hatte Gevatter Tod die Übermütigen an den Pfoten gepackt und in sein Reich entführt. Aus dem Leben gerissen, inmitten ebendiesem…
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Es ist bereits Mitternacht als wir Nadrac erreichen. Zielsicher steuern wir das Caritas-Zentrum an, jenen Platz, wo sich Rudi und seine Familie seit vielen Jahren der schier überwältigenden Aufgabe entgegenstemmen und ihr Bollwerk gegen die ausufernde Armut verteidigen. Straßenhunde bellen uns entgegen, viele davon; selbst aus den nahen Bergen kann man sie hören, was sie dort, in beinah unberührter Wildnis, wohl tun, das wissen wir nicht. Jedenfalls haben sich ganze Rudel der ihren dorthin zurück gezogen, vielleicht, weil die kleine Gemeinde selbst für ihre menschlichen BewohnerInnen kaum mehr die Mittel zum Überleben bereit zu stellen vermag; tierliche gehen unter solchen Voraussetzungen wohl sehr schnell völlig unter, Futterkonkurrenten, zudem als Krankheitsbringer verdächtigt…
Rudi und sein Sohn Marius erwarten uns bereits; wie die beiden die so schwere Aufgabe – mit einer zusätzlichen schicksalshaften Steigerung besonders in den letzten Monaten, nach dem plötzlichen Tod von Rudi’s so wunderbarer Frau, meistern, ist und bleibt ein Rätsel – versorgt ihr Heim doch 40 Kinder täglich mit warmen Mittagessen, dazu 80 Erwachsene, allesamt Menschen zu alt, zu krank, um selbst auch nur die Grundbedürfnisse abdecken zu können…
Rudi ist ein wunderbarer Mensch; die späte Stunde ist so gar kein Grund für ihn noch mit dem Kochen zu beginnen, und obwohl wir nur müde und keinesfalls hungrig sind, lässt er sich nicht davon abbringen, uns eine zwar einfache, aber unfassbar wohlschmeckende Mahlzeit zu zaubern.
Der alte Mann hat sich verändert; selbst seine so lebensbejahende Art schafft es nicht den Vorhang der Traurigkeit, der Bedrücktheit – der schlimmen Vorahnung – gänzlich zu lüften. Das Leben ist schlecht geworden, meint er in einer Tonlage, die aber dennoch kein großes Bedauern verrät; es habe sich einfach alles verändert, und darüber zu viel nachzudenken ist müssig. Ein müdes Zucken in seinen Bewegungen lässt dennoch ein Beklagen erkennen, nur scheint die Kraft in seinem Sein langsam mehr und mehr zu versiegen, und die Sehnsucht nach der Frau gewinnt die Oberhand. Diese Erkenntnis macht mir Angst, und ich hoffe vom Herzen mich in diesem Punkt sehr getäuscht zu haben.
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Fotos, Reihe 1: Günther beim Füttern von Straßenhunden; rechts: Pferdefuhrwerk: für die nächste Hilfsfahrt sollten wir auf das Zuladen von Warnwesten nicht vergessen!!!
Fotos unten: Straßenhunde finden sich überall, links mit kaputtem Auge…

Nadrac als Beispiel, hier in der Sackgasse des Lebens, wo alle Straßen enden, direkt in die geheimnisvolle Bergwelt der mächtigen Karpaten münden. Einst stolze Schwerindustriestadt, unter Ceausescu fast hochmütige Herberge der modernsten und größten Kettenfabrik Europas, doch der Fall des Eisernen Vorhanges sollte sich auch als der ihre herausstellen. Von einstiger Größe ist nichts geblieben, nur mehr Sehnsüchte und leere Versprechungen erinnern an die alten Tage. Stumme Zeugen vom verstaubten Glanz gibt es viele, beinahe jede 2. Wohnung steht leer, ein Dutzend Fabriksgebäude von den Elementen zernagt, von Wind und Wetter zur Kapitulation vor derso unsicheren Zukunft gezwungen. Tatsächlich sind von mehr als 4 500 BewohnerInnen keine 1700 mehr übrig, die mittlere Generation völlig verloren – sie ist zu fast 100 % weggezogen, es gibt in Nadrac keine Arbeit mehr, keine Möglichkeiten ein Auskommen zu bestreiten. Nur die Alten sind geblieben, doch ihre Zeit ist eine verwelkende, so wie die Blumen am Berghang zum beginnenden Winter. Ja, und die Kinder, zurückgelassen von Söhnen und Töchtern, nicht aus Hartherzigkeit, nur aus absoluten Mangel an Alternativen. Während sie also irgendwo in den Städten oder in Europa ein Auskommen suchen, Geld verdienen um den Zurückgebliebenen wenigstens ein finanzielles Überleben zu sichern, versuchen diese einem so gar nicht normalen Alltag wenigstens ein bisschen Normalität abzuringen; ein Unterfangen welches für außenstehende BetrachterInnen todtraurig, ja schicksalshaft wirkt… So fehlen in den Straßen oft sogar die Kanaldeckel, von Bedürftigen selbst entwendet, um das eingegossene Eisen zu subtrahieren, dann zu vermarkten. Oder die Spielplätze, beherrscht von rostigem Metall, von Wind und Wetter heimgesucht; alte Männer sitzen einsam auf groben Bänken, stumm und nachdenklich, ihr Geist geflohen in andere Welten, in früheren Tagen verhangen; über all dem weht wie zum Trotz die dreifarbige Fahne Rumäniens, in diesen Tagen viel zu oft nur mehr ein Schatten ihrer selbst, ein zerschlissenes Tuch, von Motten befallen.

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Die Menschen wissen gar nicht was vorgeht, die Politik so versteckt wie einst in stalinistischer Manier; weder wohin die EU-Gelder fließen, noch wovon sie morgen essen sollen, ist Gewissheit – schon gar nicht das Schicksal der Hunde, die in unregelmäßigen Zeitabständen heimgesucht werden von staatstreuen Gesellen, eingefangen und weg geschleppt ins Nirgendwo. Selbst in den Bergen sind sie nicht sicher, erst vor wenigen Tagen konnte man aus dieser Richtung todesängstliches Bellen vernehmen, eine erstickende Aufruhr, und dann plötzlich Stille. Wer und warum am Werk war, was genau passierte, das wissen die Menschen nicht, nur, dass danach die Anzahl der Tiere eine geringere war; Gerüchte gibt es, natürlich, aber Gewissheit? Nein, Tatsachen, dafür ist die Zeit eine reife nicht…  
Müde fallen wir schließlich in die frisch überzogenen Betten, Gitti und Gerald längst im Reich der Träume…

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Fotos: Ausladen der Hilfsgüter – RespekTiere-AktivistInnen Günter, Tom, Gerald und Gitti bei der Arbeit!

Am nächsten Morgen scheint die Sonne; die Schleier des Vortages, als spät abends abermals Regen aufgezogen war, aufgelöst; sanfte Strahlen des Feuerplaneten wärmen von früher Stunde an sich nach deren Berührung sehnende Haut.
Ein ausgiebiges Frühstück, ein allgemeines ‚sich in die Arme fallen‘, dann beginnen wir auszuladen. Die mitgebrachten Sachen müssen gerecht und vor allem zielführend aufgeteilt werden, vieles bleibt in Nadrac, einiges soll ins Kloster nach Temesuara, das meiste für Hund und Katz zu unseren FreundInnen von Act Timisuara (einiges wird wie immer auch bei Rudi bleiben, füttert er doch ein Dutzend der Straßenhunde täglich)! Dazu hatten wir ja als zusätzlichem Schwerpunkt der Reise nochmals extra für den Kindergarten in Nadrac gesammelt, auch diese Güter wollen fürs erste getrennt gelagert wsein J
Nachdem also in Rudi’s Haus ein ganzer Raum vollgeräumt mit Hilfsartikel ist, beginnt die ‚Lieferung‘ in den benachbarten Kindergarten. Dort empfängt uns die Leiterin, eine herzhaft nette junge Frau, mit einem freundlichen Lächeln in ihrem hübschen Gesicht. Bald tragen wir Kistenweise neue Spielsachen, Stofftiere, Bausteine, Puzzles, Musikinstrumente und Allerlei in die Kinderwelt, verfolgt von dutzenden strahlenden Augenpaaren. Später dürfen die Kleinen bereits aussuchen, und der Tag wird für sie bestimmt ein unvergesslicher bleiben – soooo schön!
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Fotos: Kindergarten in Nadrac – es ist so wunderschön, Freude bringen zu dürfen!

Nun, bereits Mittag, wird es für uns aber auch schon wieder Zeit die Reise fortzusetzen; dieses Mal bliebt aber noch eine Stunde, und heute soll gelingen was uns bei den letzten Besuchen so oft verwehrt geblieben ist – das Auffinden des nahen Wasserfalles, angeblich direkt an jener Straße im Dorf, welche ohne Umschweife in die natürliche Einsamkeit mündet; sagte ich Einsamkeit? Wohl nur menschlichem Empfinden nach, denn in Wahrheit bedeutet ebendiese wohl erst den Beginn des unverstellten Lebens…
Rudi begleitet uns, zeigt den Weg; und der führt vorbei an den letzten Häusern, dann endet der Asphalt, geht über in eine Art Feldweg, wird langsam zur nur mehr sehr bedingt befahrbaren Piste; dann erreichen wir den mystischen Ort, wunderschön und kraftvoll. Ein überzeugender Beweis einer unfassbaren Schöpfungslebendigkeit, beherrscht von saftigem Grün in allen Nuancen, kristallklarem Wasser und unfassbar hohen Bäumen; Laubwälder soweit das Auge reicht breiten sich vor uns aus, durchsetzt von nur wenigen Tannen und Fichten. Dazwischen moosiger Waldboden, vollgesogen mit dem Regen der vergangenen Tage, vermittelt er einen fast märchenhaften Charakter. Tatsächlich fühlt man sich gar ertappt nach Feen und Elfen Ausschau zu halten, im selben Augenblick verschämt zu Boden starrend, ob denn hoffentlich niemand diesen Ausbruch der kindlich wohltuenden Fantasie bemerkt hatte…  
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Zurück beim Caritas-Zentrum; nach einer duftenden Tasse heißem Kaffee folgt eine herzliche Verabschiedung – wir kommen wieder, so unser Versprechen; ein Versprechen, welches die Trennung doch um Vieles einfacher macht!
Am Weg nach Temesuara besuchen wir die ‚Außenstelle‘ des Klosters in Bakova; dort, vielleicht erinnern sie sich noch an vergangene Berichte, wo Pater Berno eine Farm für obdachlose und bedürftige Menschen gegründet hat, wo auf 160 Hektar Land (!!!) ein Sägebetrieb, eine Tischlerei, eine Werkstatt, eine Stallanlage, eine Gärtnerei, etc. etc. entstanden sind! Ca. 30 ehemals auf der Straße lebenden Menschen wird hier tagtäglich eine Chance auf ein neues Dasein geboten, inklusive des Wohnens in wunderbaren Holzhäusern, von Sonnenenergie betrieben.
Wir werden äußerst freundlich empfangen, trotz des schnellen Entschlusse zur Anreise, der dann keine Vorankündigung möglich gemacht hat. Es gibt in Bakova inzwischen auch gut 20 Hunde, allesamt lobenswerterweise kastriert. Warum, nachdem bei den letzten Besuchen doch sehr viel weniger anwesend waren, es so viele geworden sind? Weil die Armen langsam aus dem umgebenden Dorf abzuwandern beginnen, im Wissen, hier Aufnahme, volle Futterschalen und einigermaßen Sicherheit zu finden!
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Wir treffen Rico und Anna, beide StudentInnen aus Deutschland, hier für ein Praktikum. Sie führen uns durch den Betrieb, wo wir dann ein altbekanntes Problem erneut auf den Tisch bringen müssen – warum die Kühe wohl an Ketten leben, gerade da, wo so viel Grund zur Verfügung steht, werden wir nämlich nie begreifen und die Tatsache ist ein ständiger Dorn in unseren Augen!
Es gibt auch einen Schweinestall, nun mit gut hundert Ferkeln, aber wenigstens dürfen diese Tiere dann hinaus ins Freie, wo es eine relativ große Außenfläche für sie gibt, wenn gewünscht, 24 Stunden am Tag. Ohne jede Frage, oh welche Schande, den meisten ihrer ArtgenossInnen geht es in Mitteleuropa ganz wesentlich schlechter als hier…
Erst gegen Abend erreichen wir das Kloster; Pater Josef Wilfinger, ein wunderbarer Kirchenmann aus Graz, empfängt uns mit aller Herzlichkeit, zeigt uns nach einem furchtbar netten Gespräch die nun schon so oft für unsere Übernachtungen zur Verfügung gestellten Zimmer. Es ist immer wieder schön hier sein zu dürfen, in den altehrwürdigen Mauern, im wärmenden Gefühl christlicher Geborgenheit wohlig aufgenommen!
Wir treffen Carmen von Act. Sie, die so fantastische junge Frau, gefangen im ewigen Kampf gegen das Hundeelend auf den Straßen der Großstadt. Wieder erzählt die Tierschützerin fast ansatzlos von furchtbaren Dingen, mit welchen wir Sie gar nicht belasten möchten. Doch auch Lichtpunkte gibt es am düsteren Horizont, so zum Beispiel die neu begründete Zusammenarbeit mit einer dänischen NGO, wo nun ein reger Austausch stattfindet. Auch deutsche Organisationen helfen, und so ergibt sich eine internationale Zusammenarbeit die ihresgleichen sucht!
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Straßenhunde sind in Rumänen wirklich überall zu finden; ganz sicher ist die Situation – wie auch von Carmen geschildert – hier im Norden des Landes eindeutigst besser ist als jene östlich und vor allem südlich, doch noch immer eine katastrophale, mit abertausenden Opfern. Die Tierheime sind zum Bersten voll, TierschützerInnen haben in den letzten Monaten, seit Inkrafttreten des barbarischen Tötungsgesetztes (welches sich unter der lächerlichen, für KennerInnen haarsträubenden, Bezeichnung ‚Adoptionsgesetz‘ zu versteckten versucht; Adoption deshalb, weil bekannter Weise ja alle Hunde von der Straße eingefangen werden sollen, dann der Bevölkerung ein paar Tage Zeit gegeben wird diese aus Tierheimen zu holen – in Fakt kann aber dann selbst dieses Mindestmaß an Zugeständnis nie passieren, nicht einmal das, denn die bürokratischen Hürden hierfür sind oft genug unfassbar – nur um die Übriggeblieben – nahezu 100 % – danach als ‚unvermittelbar‘ zu ‚eliminieren‘…), versucht möglichst viele Hunde von der Straße weg und anschließend bei allen möglichen privaten Plätzen unterzubringen. Nun ächzt das ganze System, unleistbare Summen an Geldern sind für solche ‚Fosterhomes‘ zu bezahlen, und nur durch den wahrlich unfassbare Unterstützungswillen der Menschen aus allen möglichen fernen Ländern, in erster Linie wohl aus Mitteleuropa, ist es zu verdanken, dass die Blase nicht längst geplatzt ist – die Gefahr hin zu einer solchen Katastrophe ist allerdings noch längst keine gebannte, und finden wir alle gemeinsam nicht neue Wege zur Lösung des Problems vor Ort, dann steht uns das wahre Inferno, dann im bisher nicht gekannten Ausmaß, noch bevor…
Wir entladen hunderte Kilos an Hunde- und Katzenfutter, dazu Tierheimzubehör in sämtlichen Variationen, Decken und allerlei andere Güter, welche ein künftiges Überleben für viele, viele Tiere bedeuten werden! Das Lager von Act ist dem Himmel sei Dank im Moment ganz gut gefüllt, auch aus Dänemark sind große Mengen an Futtermittel gekommen, aber die Organisation – ein Fels in der Brandung – braucht diese Unterstützung auch dringenst; werden doch nicht ‚nur‘ die eigenen Hunde auf Pflegeplätzen versorgt, sondern auch noch viele weitere auf der Straße, nebenbei wird dann sogar noch an andere lokale Tierschutzgruppierungenabgegeben, welche nicht auf so gute Verbindungen ins Ausland zurückgreifen können – nicht zuletzt deshalb ist Act zur Drehscheibe geworden, zum unverzichtbaren Motor im Landkreis. Ein Fakt der die ohnehin schwierige Situation aber fast noch anfälliger macht: gerät der nämlich aus welchen Gründen auch immer – bitte bedenken sie alleine die psychische Belastung für die AktivistInnen – ins Stottern, dann bricht eine Welt zusammen; Hauptleidtragende die Tiere…
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Es ist nun bereits wieder spät am Abend, doch der Tag sollte heute noch länger als sonst dauern – tatsächlich nämlich gibt es in Temesuara ein veganes Restaurant, und was für eines! Wunder- wunderschön, angeblich ständig voll besetzt, seit ganzen 3 Jahren fixer Bestandteil der Lokalszenerie der Stadt! Eine Speisekarte wie ein Buch, mindestens 50 unfassbar verlockende Hauptgerichte darin enthalten, was die Auswahl unheimlich schwer macht…und allesamt zu unnachahmlichen Preisen zwischen drei und fünf Euros pro Portion! Ich hätte nie gedacht eines Tages zu der Erkenntnis zu kommen: in Rumänien, genauer Temesuara, ja, da ist das beste, schönste, auswahlreichste und günstigste vegane Restaurant welches wir je besucht hatten, beheimatet!!!
Pater Berno vom Salvatorianerkloster, wo wir wie seit der ersten Hilfsfahrt nach Rumänien die Nächte verbringen dürfen, sitzt mit uns am Morgentisch des Kirchengebäudes. Der Mann, gut 80 Jahre alt, ist nach wie vor eine unerschütterliche Erscheinung, wie aus einem Werbefilm für christliche Einrichtungen entsprungen; ein Gesicht gezeichnet von Würde und Nächstenliebe, ein langer grauer Bart, eine Mütze am Kopf, ein gütiges Lächeln um die Mundwinkel, vor Begeisterung und Lebensfrohsinn sprühende Augen; doch auch die können über die vielen Pillen neben seinem Teller, seit einem schweren Unfall mit Gehirnverletzungen vor ein paar Jahren unverzichtbarer Bestandteil seines Daseins, nicht hinwegtäuschen. Pater Berno, eine lebende Legende, sollte sich viel mehr Ruhe gönnen als er je zugeben wird – die Welt um ihn, sie braucht ihn noch so viele Jahre, darüber besteht nicht der Funke eines Zweifels. Bitte googeln sie seinen Namen, Sie werden es nicht glauben können was alles ein einzelner Mensch mit Visionen schaffen kann! Von der Gründung des Hospizes, des Mutter-Kind-Hauses, Bakova, einer Obdachlosenverköstigungsstelle, eines Waisenhauses werden Sie erfahren, und davon, wie sinnvoll Ihre gespendeten Güter hier eingesetzt werden!
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Foto: die Armut in Rumänien ist eine unübersehbare…

Der Einkaufspalast, ein riesiges Mall, inmitten von Temesuara ist vom Straßenverkehr gänzlich eingeschlossen; mehrere Hauptverkehrswege treffen hier aufeinander, dementsprechend hoch ist das Aufkommen von Fahrzeugen – genau der richtige Platz für einen Protest, der richtige Ort, um dabei von möglichst vielen Menschen gesehen zu werden! Deshalb findet sich an jener Straßenkreuzung bald Gevatter Tod ein, als Umhang ein blutverschmiertes Lacken, knochige Finger halten einen Hund an der Kette; im Hintergrund ein Fahnenmeer, Transparente schreien den BeobachterInnen Botschaften wie ‚Alege Viata – choose life!‘, ‚Death penalty for innocents? Stop the killing of stray dogs in Europe!‘ oder noch differenzierter ‚Romania – Stop the killing! Now!!!‘ entgegen! Die Polizei fährt vorbei, Beamte erstarren förmlich im Auto, reagieren tun sie aber nicht; ein junger Mann nimmt die Gefährlichkeit des Überquerens des Kreisverkehres auf sich, nur um im Zentrum dessen einen besseren Blick auf das Geschehen zu haben und von hier aus Fotos zu machen. PassantInnen zu Fuß bleiben stehen, verinnerlichen die Szenerie, setzen nachdenklich den Weg fort.

Wir dürfen wieder mehrere Hunde, vier an der Zahl, dem Tierheim Pürten bei Waldkraiburg mitbringen! Vier gerettete Seelen, dann endgültig in Sicherheit! Hier gilt unser ganzer Dank einmal mehr der Tierheimleitung, sowie insbesondere der so wunderbaren Dr. Felicitas von Roennebeck, welche seit vielen Jahren unermüdlich um jedes Hundeleben kämpft, so viele als mögliche der Straßenhunde zur Rettung nach Deutschland zu bringen versucht!
Noch während wir die Glücklichen in die mitgebrachten Boxen verladen, zeigt sich uns auf drastische Art und Weise die Dringlichkeit der Situation- ein junges Hundemädchen, ein Kleinkind, sitzt plötzlich vor uns am endlosen Parkplatz, offensichtlich verstoßen, ausgesetzt; chancenlos in einer feindlichen Umgebung, wo von den hunderten Autos vielleicht noch die geringste Gefahr ausgeht….
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Fotos: vielbeachtete Kundgebung am stark frequentierten Kreisverkehr!

Wir würden sie gleich mitnehmen, geht natürlich nicht – sie muss zuerst alle erforderlichen Impfungen sowie den ‚Reisepass‘ samt Chip haben…Levinia, die so großartige Mitstreiterin von Carmen, zögert keinen Augenblick, packt die Kleine zu sich ins Auto. Sie wird sie wieder wo unterbringen, wieder für den Unterhalt sorgen, wieder medizinisch versorgen, wieder ein zu Hause finden – der ewige Kreislauf beginnt an dem allerliebsten Tierkind von Neuem… wirklich unfassbare Knochenarbeit, welche die so wunderbaren Frauen hier tagtäglich leisten!

Wir verabschieden uns, als längst zusammengeschweißte Gemeinschaft, mit dem Versprechen alles zu unternehmen um größtmögliche Unterstützung in diesem so wichtigen Kampf gewährleisten zu können; es ist ein immenser Kampf, und bestehen werden wir ihn nur als Gemeinschaft können, so viel steht fest….  
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Bald sitzen wir wieder in unseren Fahrzeugen, die Motorhauben nun in Richtung Westen gerichtet; 12 Stunden Fahrt warten auf uns, und die Gewissheit: unseres sind zwar nicht die Länder wo sprichwörtlich ‚Milch und Honig fließen‘, aber nahe dran im Vergleich zu allen anderen sind sie an dieser Fantasterei ganz gewiss. Wir sollten nie vergessen darüber dankbar zu sein, aber uns im selben Atemzug dann auch erinnern, dass wir die Verantwortung haben, überall sonst, wo so viel Ungerechtigkeit und Übel passiert, niemals wegzuschauen. Die Welt ist eine kleine geworden, eine oft strapaziert vernetzte, und wo immer einem Mitgeschöpf etwas Schlimmes zustößt, tierlichem oder menschlichem, betrifft dies in einem Konsens des unbestreitbarem Karmas doch auch wieder nur uns selbst… Es wird uns zur Pflicht zu helfen, und tun wir es nicht, wird es auch niemand anderer tun. Also, packen wir es an, denn die Zukunft wird uns an unseren Taten messen, nicht an den Worten!!!
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Fotos: wir sind sooo stolz darauf, diese wunderhübschenHunde in ein neues Leben entführen zu durften!
 
Achtung, Achtung, Achtung!!!! Dr. Dr. Martin Balluch ist am Mittwoch, 14.05., abends in Salzburg! Um 18 Uhr findet an der GESWI am Rudolfskai 42 im Hörsaal 380 sein Vortrag zum Thema ‚Aktivismus und Repression‘ statt!!! Unbedingt hingehen!!!

Wir sind am kommenden Samstag, 17.05., am Linzer Pfarrplatz beim diesjährigen ‚Fair Planet‘ mit einem wunderschönen Stand vertreten und freuen uns auf Euren Besuch!!! Beginn 12 Uhr, bis ca. 20 Uhr!!!
Am selben Tag finden dann auch wieder europaweit Veranstaltungen gegen Rumänien’s unfassbare Hundepolitik statt – sei dabei in einer Stadt in Deiner Nähe! RespekTiere wird sich, der Gegebenheit entsprechend, in Linz einer diesbezüglcihen Kundgebung anschließen! Termine findest Du hier: www.facebook.com/events/1427606337486629/?fref=ts

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