5. RespekTiere-Kastrationsprojekt Breznik – der Bericht,Teil 1!

Wieder waren wir also unterwegs nach Bulgarien, wo ein neuerliches, das mittlerweile 5., Kastrationsprojekt im kleinen Städchen Breznik auf uns wartete. Die vier vorangegangenen endeten ja mit mehr als erfreulichem Erfolg, dass wir uns längst entschlossen haben die Einsätze so lange fortzuführen, bis unser hoch gestecktes Ziel erreicht ist – nämlich in jenem Ort des Geschehens die fortschreitende Tragödie bezüglich der Straßentiere vollends in den Griff zu bekommen.
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Wie viele von Ihnen vielleicht wissen, die Stadtverwaltung von Breznik steht unseren Bemühungen sehr wohlwollend gegenüber – so dürfen wir völlig kostenfrei ein – wenn auch altes, langsam verfallendes, aber dennoch für unsere Zwecke sehr geeignetes – Gebäude der Kommune nutzen, und als große Ehre hatte uns der Bürgermeister 2014 einen Besuch abgestattet und im Zuge dessen das Kastrationsprojekt mit der feierlichen Überreichung des Stadtwappens ausgezeichnet!
Die Anstrengung hin zur Beendigung des Straßentier-Elends ist ein ehrgeiziges Unterfangen, multipliziert sich doch die Aufgabe mit jedem neuerlichen Einsatz: längst nämlich wissen die Menschen der Umgebung wann wir kommen, kündigen wir dies doch immer lange im Voraus in den lokalen Medien an (was unvermeidbar, ja fast existentiell ist, möchten wir doch möglichst viele TierhalterInnen dazu bewegen, uns die privaten Lieblinge vorbeizubringen), und sie handeln dementsprechend – indem sie zum Beispiel, oft auch aus weit entfernten Ortschaften ‚ihre‘ Tiere, in erster Linie Welpen, einfangen und dann in Breznik aussetzen; ein derartiges Gebaren zu verurteilen liegt uns dennoch fern, passiert es doch aus gutem Grunde: es sind tatsächlich viel eher Menschen mit Herz, welche solches Verhalten zu Tage legen, Menschen, die wissen, jene Hunde hätten in der angestammten Umgebung kaum Chancen! Warum das so ist? Zum einen reagieren die verantwortlichen Stellen, leider auch viele zivile Ortsgemeinschaften (JägerInnen zum Beispiel, die es hier zuhauf gibt), auf Überpopulationen in Eigenregie (das Tierschutzgesetz, leider nur ein Blatt Papier, würde die Hunde eigentlich schützen, ist aber in vielen, vielen Fällen völlig zahnlos)… und dann nur zu oft mit der gnadenlosen Entfernung all jener Straßentiere, welcher sie auf jede erdenkliche Art und Weise habhaft werden können; was diese Behauptung bedeutet, müssen wir hier wohl nicht näher ausführen! Zum anderen verstärkt jeder Welpe die ohnehin meist angespannte Situation, Epidemien werden zum Problem, Hunger sowieso, und der Kreislauf beginnt von Neuem, gipfelt immer in sozialen Problematiken – etwa der Beschwerde wegen aggressiven Verhaltens, Lärmstörung, Angst um die Kinder, Angst vor Krankheiten, etc. – mit regelmäßig tödlichem Ausgang für die Tiere!
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Fotos: Hunde haben oft ein schweres Leben in Bulgarien, die sozialen Umstände oft dementsprechend…

Was uns besonders freut: immer mehr HalterInnen von Hunden oder Katzen bringen ihre Liebling selbst zu dem von uns adaptierten Gebäude, wissen sie doch dass wir jedes Haustier zum Nulltarif behandeln – müssen wir auch, es gibt keine Alternative! Den Eingriff bezahlen können sich die meisten nicht leisten, die Dringlichkeit wäre eine dementsprechend höchst untergeordnete. Die unweigerliche Folge einer solchen Ausgangslage: die Geburtenrate würde wieder in die Höhe schnellen, die Welpenschwemme wäre eine unaufhörliche mit bekannten Folgen – siehe oben!


Als ich dann endlich im Auto meines Bruders sitze – er wird mich zum Flughafen nach Wien fahren – sind die Gedanken längst zielgerichtet; ja, der Einsatz wird erneut eine großartige Sache werden, nun, da sich auch noch, schon zum 2. Male, ‚Besuch‘ aus Deutschland angekündigt hatte: Anja, Gnadenhofbetreiberin und Tierrechtsaktivistin, sollte schon sicher in Sofia gelandet sein, mit ihr drei weitere deutsche TierschützerInnen. Sie alle würden wieder mit großer Begeisterung mithelfen – wie gut, denn Arbeit gibt es im Zuge des Projektes ohnehin mehr als genug!!
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Foto: angekommen am Flughafen in sofia, die Witterung gedämpft; die nahen Berge sind noch immer scheebedeckt!


Das 5. Kastrationsprojekt, wie immer unfassbar großartig vorbereitet von unserer rechten Hand vor Ort, der Frau Rumi Tadorova, beginnt aber mit unvorhergesehenen, nervenaufreibenden Schwierigkeiten – durch eine massive Baustelle in der Wiener Innenstadt schafften wir es nicht rechtzeitig das Zubringerflugzeug nach Sofia zu erreichen, und so sitze ich dann bis zum späten Nachmittag am Flughafen fest – im großen Ärger über die verlorene Zeit und die zusätzlichen Kosten kurzfristig gefangen, transferiere ich allerdings meine Enttäuschung über sowieso unabänderbare Dinge alsbald wieder in pure Energie: es hilft ja alles nichts – jetzt gilt es das Unbehagen zur Seite zu schieben und sich vollends auf die wartende Aufgabe zu konzentrieren, ganz nach dem Motto: Augen zu und durch, jetzt erst recht!
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Der späte Flug sollte ein angenehmer sein, und gegen 17 Uhr landet der Airbus 320 der Austrian Airlines sicher in Sofia. Dort hatte es tagsüber geregnet, die Temperatur gedämpft, aber am Horizont beginnen sich bereits erste Aufhellungen am ansonsten düsteren Firmament abzuzeichnen. Hier und da schon schafft es ein wärmender Strahl die wuchtigen, fast episch wirkenden Wolken zur Seite zu schieben, damit ein Tor in die Unendlichkeit zu öffnen. Tatsächlich hatte die Wettervorhersage warme, ja sogar sommerliche Tage während der Projektdauer vorhergesagt und mit jenem gewaltigen Panorama vor uns lebt die Hoffnung dass sie wohl recht behält!
Am Flughafen erwartet mich bereits Emo. Er und seine Frau Petra sind wieder mit dabei, doppelt gut, wo doch deren Hilfe eine wahrlich unentbehrliche ist! Überhaupt, erneut sollten wir ein sehr schlagkräftiges, hoch motiviertes Team sein, war doch wie bereits erwähnt auch noch Anja mit ihrem Verein ‚Animals e.v.‘ angekündigt, die ja beim vorletzten Projekt schon mitgeholfen hatte; sie ist gestern in Bulgarien angekommen, erneut in Begleitung von Jana, einer weiteren deutschen Tierschützerin. Jana war ebenfalls im besagten September schon dabei gewesen, nun also trotz ihrer jungen Jahre für die wartende Aufgabe bereits im Status eines ‚alten Hasen‘! 🙂
Doch das sollte noch nicht der gesamte deutsche Beitrag sein – eine Namensfetterin Anja’s sowie Martin, zwei wunderbare TierschützerInnen aus der Dortmunder Ecke, verstärkten unser Team dieses Mal noch! Ich würde die so engagierte Gruppe sehr bald kennen lernen, nur noch die etwa einstündige Autofahrt lag nun zwischen unserem Zusammentreffen! Es sei vorweg genommen – der Einsatz und die Mithilfe vor Ort dieser so wunderbaren Menschen, er ist von immenser Wichtigkeit! So sind sie dann von der ersten Minute weg für den erhofften Erfolg mit ausschlaggebend  gewesen, und mit großer Dankbarkeit blicken wir heute auf Tage der Unvergesslichkeit zurück…
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Fotos: unterstützt wurde das 5. Kastrationsprojekt durch den Einsatz unserer deutschen Freunde von ‚Animal.ev‘! Reihe 1: Martin, daneben Anja; Reihe 2: Jana bei den aufgefundenen Welpen, rechts: Anja2 (Foto: Martin Kirchner)!

Bevor ich jedoch die MitstreiterInnen begrüßen darf, fahren wir gleich direkt in ‚unsere‘ Klinik‘, in die für die Dauer des Projektes von der Stadt Breznik zur Verfügung gestellten Behandlungsräume. Für die 5. Kastrationswoche gibt es eine ganz wichtige Neuerung: nach den begnadeten TierärztInnen Dr. Marietta Georgieva und Dr. Nikolay Mehandjiiski hatte Rumi es geschafft, Dr. Jordan aus Pernik für uns zu gewinnen – und der, so viel sei jetzt schon verraten – sollte einmal mehr den Beweis für Rumis magische Hände personifizieren, stellte er sich doch als echter Glücksgriff heraus!!!! Ein äußerst sympathischer junger Arzt, ungemein nett, und dann noch hoch begabt: was sollte unter solchen Voraussetzungen noch schief gehen können?

Schon ist der Raum gut gefüllt mit PatientInnen, tatsächlich nahm Dr. Jordan gleich am ersten Tag unglaubliche 25 Eingriffe vor. Wir versorgen nun noch schnell die auf die morgigen OP’s wartenden Hunde und dann geht es zum Hotel, wo unsere deutschen MithelferInnen schon auf uns warten – natürlich gibt es zum Wiedersehen jede Menge zu erzählen, und so fallen wir erst knapp vor Mitternacht müde, aber von unbändigem Tatendrang erfüllt, in die bereits auf uns wartenden Betten!
Die Nacht war nach all der Aufregung des Vortages sowie einer Tanzveranstaltung bis drei Uhr morgens im Hotel eine viel zu kurze, aber das in solchen Momenten, zu solch früher Stunde, so gemein penetrante Läuten des Weckers lässt keine Wahl – auf geht es, mitten hinein in den wartenden Berg Arbeit!

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Fotos: Impressionen aus dem Projekt! Reihe eins, Jana und Anja; Reihe 2: die Hündin links leidet an einer wohl angeborenen Verkrümmung des Vorderbeines; rechts: im Zuge der Kastration bemerkte der Arzt Projektile im Körper dieser Armen – sie erhielt zusätzliche Infusionen; Reihe 3: auf der Müllkippe aufgefundene Welpen; rechts: das Team im OP-Saal; Reihe 4: manches in Bulgarien erinnert an ein Dritte-Welt-Land…

Der Eindruck der letzten Rumänienreise bestätigt sich nun auch in Bulgarien, zumindest zum Teil; schon die Hauptstadt präsentiert sich auffällig ‚aufgeräumt‘, viele neue moderne Bauten überall, dazu einladende Plätze und schöne, blühende Alleen. Zugegeben, wie auch schon bei der Reise zuvor, der plötzlich und dann noch so intensiv erwachte Frühling tut sein Übriges, kaschiert so manche Narben und fügt langsam Verfallendem gerne eine fast melancholische Note bei. Aber dennoch, auch in Bulgarien hat die Modernisierung ganz offensichtlich eingesetzt; nur, ob davon die breite, arme Masse irgendeinen Profit lukrieren kann, das ist eine Frage, deren Antwort der Erfahrung geschuldet ist…

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Foto: oft sind die sozialen Umstände herzzerreißend; im Vordergund können sie bei genauer Betrachtung zwei Katzen entdecken, dahinter ein Hund!

Selbst in Breznik, jener kleinen mit den Randgebieten und dazugehörigen Nachbarorten nicht mehr als 4500 EinwohnerInnen umfassenden Stadt, ist seit unserem letzten Einsatz im Herbst viel geschehen: überall sind zum Beispiel brandneue Straßennamensschilder montiert – in cyrillischer und lateinischer Schrift – welche die verrosteten, alten Blechteile ersetzten; leider ist mit diesen aber auch die Gegenwart der ‚guten alten Zeit‘ mitverschwunden, vom nostalgischen Osthauch ist nur noch wenig zu spüren. Ob ihn wohl jemand vermisst?
Von der EU gefördert, die uns alle ja in sämtlichen Bereichen in einen Einheitsbrei der Gleichförmigkeit mischen möchte, entsteht ein Schilderwald, ganz nach dem ‚Vorbild‘ des Westen, mit teils skurrilen Ausschweifungen – wenn zum Beispiel in einer Straßenkurve – siehe Bild – seitlich weg wegen einer parkplatzgroßen Betonausbuchtung ein ‚Sackgasse‘-Zeichen montiert wird, dazu vor der Biegung ohne jegliche Kreuzungs- oder Abbiegemöglichkeit auch noch eine Stopptafel, dann kann man vielleicht tatsächlich die Sinnhaftigkeit der Anordnung hinterfragen! Aber gut sehen sie aus, zumindest verkörpern sie einen Anflug von Modernität, versuchen die Kleinstadt westlicher zu färben – ein glorifizierter Westen allerdings, dessen einstig ‚goldener‘ Beigeschmack immer mehr zum großen Irrtum unserer Zeit mutiert!

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Das Zentrum von Breznik wirkt fast überfüllt mit Kaffeehäusern und Gastgarten-Bars, wo sich zwar immer relativ viele Menschen einfinden, zu jeder Tageszeit dann auch, aber wohl noch keines den weiteren Zutritt wegen Überfüllung verwehren muss. Die allermeisten Menschen sind ohnehin arm, und sie werden oft stundenlang bei einer Tasse oder einem Glas eines Getränkes verweilen. 
Nur mit der Motorisierung, da ist die Anpassung weniger fortgeschritten, anders als in Teilen Rumäniens; noch macht sich nicht eine derartige Markenvielfalt bemerkbar wie sonstwo, noch gibt es einen überwiegenden Anteil von Fahrzeugen, welche in anderen Teilen Europas wohl eher schwer durch die Plakettenkontrolle kommen würden; auch sieht man relativ viele bei uns eher unbekannte Wagen, oft russische Modelle – Bulgarien, das Havanna des Ostens, denn tatsächlich bevölkern hier so manche Fahrzeuge die Straßen, für welche man anderswo auf Grund deren Seltenheit und deren hohen Alters bestimmt gutes Geld bekommen könnte.
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Doch zurück zu unserer Aufgabe: die Situation der Straßenhunde hat sich ganz sicher ein kleines bisschen entspannt, zumindest in Breznik, obwohl von einem wirklichen Durchbruch noch nicht gesprochen werden kann – da erwartet uns weiterhin jede Menge Arbeit! Mit ein Grund: leider unverändert gibt es sie, die so verantwortungslosen HundehalterInnen, welche ihre Tiere niemals kastrieren lassen würden, andererseits sich dann aber auch keinen Deut darum kümmern, ob und wann sie Kinder in die Welt setzen – in eine Welt, welche für Welpen nach wie vor unfassbar gefährlich ist; bei sich zu Hause bieten solche Menschen dem Nachwuchs aber selbstredend keinen Platz an, vielmehr überlassen sie sie einfach ihrem Schicksal oder fahren sie mit dem Auto weit weg – mit dem Aussetzen an unwirklichen Stellen – zum Beispiel dem Müllplatz – denken sie dann jegliche Verantwortung von sich gegeben zu haben… und fühlen sich vielleicht sogar noch gut dabei, bei dem Gedanken, ihnen eine, wenn auch noch so winzige, Chance präsentiert und sie nicht eigenhändig getötet zu haben…
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Fotos: Welpen finden sich überall – ob in Betonrinnen oder am Müllplatz!
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Foto: Wir füttern die Welpen mehrmals am Tag; was wird sein, wenn wir nicht mehr da sin? Für diese geht das Abenteuer Leben jedenfalls weiter – sie werden nach Österreich kommen (Foto: Anja Steinhoff)!

Auch Gräueltaten gegen die Hunde sind Legende, wir brauchen sie hier nicht extra zu erwähnen; andererseits, ganz sicher steht es uns dann auch nicht wirklich zu zu verurteilen, denn die gibt es auch bei uns vor der Haustüre zu genüge: ein Beispiel? Jener jüngster Fall in Niederösterreich, wo ein Jäger eine Jagdhunde-Zucht betrieb, über viele, viele Jahre hinweg, und wo dessen Brutalitäten gegenüber den Hilflos ausgelieferten jedermann/frau in seinem Umkreis wohlbekannt waren, unternommen wurde dagegen jedoch nichts. Ja, er soll dann sogar sämtliche Welpen, welche seinem Zuchtideal nicht zur Gänze entsprachen, lebend in den Ofen geworfen haben… das nun ausgesprochene Tierhalteverbot gegen ihn ist zwar ein Schritt in die richtige Richtung, aber leider kommt es für ganz viele Tierleben um Jahre zu spät; außerdem, wie leicht kann es dann auch umgangen werden, etwa, wenn die Zucht danach die Frau auf deren Namen weiter führt! Gesetzeslücken gibt es viele, und die Unmenschen kennen sie in und auswendig…

Jedenfalls, nicht mehr alle der von uns kastrierten Hunde finden sich auf ihren angestammten Plätzen wieder; diese Tatsache trifft uns natürlich besonders schwer! Wohin sie gegangen sind, werden wir wohl nie erfahren, aber dass es sich bei deren rätselhaften Verschwinden nicht um einen natürlichen Vorgang gehandelt haben wird, darüber benötigt es keinerlei Diskussion…. Andererseits, als kleiner Lichtblick, auffällig ist, ist die Tatsache, dass immer mehr Menschen ihre Hunden an Leinen führen – so etwas hat man zu Beginn der Kampagnen kaum gesehen, und die Tatsache stellt vielleicht ein vorsichtiges Indiz dar, das langsam aber sicher ein Umdenken in den Köpfen stattfinden; was wiederum bedeutet, die Rebe der Hoffnung ist mit einer neuen Blüte gesegnet!
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Foto: dieser Hund wurde uns aus einem Privathaushalt zum Kastrieren übergeben; zuerst jedoch säuerten wir eine Wunde am Hinterfuss und entfernten das völlig verschmutzte Haarkleid – eine Schwerarbeit (Foto: Martin Kirchner)!

Rali’s wunderbare Tochter darf natürlich beim Projekt auch nicht fehlen, genau wie die so großartige Vanja, und natürlich Lyubo, welchen ich beim Einsatz im Herbst kennen und schätzen lernen durfte; er, von weit her gereist, inzwischen ein Teil des respekTIERE IN NOT-Programmes (beherbergt der Gute doch selbst über 20 Hunde und genau so viele Katzen bei sich zu Hause) – ist längst ein nicht mehr weg zu denkender Bestandteil des Teams; seine Erfahrung und Ausdauer Legende, seine Tierliebe ausgeprägt, sein Verständnis enorm – alle zusammen also versinnbildlichen wir erneut ein besonders schlagkräftiges Team, welches dieses Mal fast einem Veteranentreffen gleicht! 🙂
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Fotos: Reihe 1, die so unersetzliche Vanja; daneben Dr. Jordan in Arbeit, links im Vodergrund Rali! unten: Lyubo und Tom, bei wohlverdienter Pause (Foto Anja Steinhoff)!

Schon am Vormittag, aufgeteilt in zwei Gruppen, gelingt es uns ein Dutzend Hunde von der Straße weg einzufangen; ab und dann lassen sich die so wunderbaren Geschöpfe einfach auf den Arm und zum OP-Saal hin mit nehmen, öfters jedoch gelingt dies nur durch Strategie. Geschickt positioniert warten die HelferInnen in gewissem Abstand, und ein Schütze mit dem Betäubungsgewehr nähert sich unauffällig. Im geeigneten Moment legt er an, das getroffene Tier wird durch den unerwarteten Treffer mit dem Betäubungspfeil blitzschnell aufspringen und im wahrsten Sinne wie von der Biene gestochen losstürmen. Zu schnell darf man nicht hinterher, denn bemerkt der Hund die VerfolgerInnen, und so wird er noch schneller laufen; vor allem aber pumpt in solchem Falle zusätzliches Adrenalin in großen Mengen durch den gestressten Körper, ein Botenstoff, der das Einschlafen stark behindert! Immer wieder gelingt es den Armen solcherarts ins Unterholz zu schlüpfen oder sich in den hunderten Ruinen zu verkriechen, was ein Auffinden in den wenigen verbleibenden Minuten oft unmöglich macht. Der Hund wird später aus der Betäubung erwachen, kurz benommen sein, aber dann seinen normalen Tagesablauf wieder aufnehmen – allerdings, erneut zu betäuben wird in Zukunft dann nur mehr sehr schwer möglich sein, denn die Erfahrung lässt ihn/sie ab diesem Zeitpunkt noch vorsichtiger sein gegenüber allfälligen verdächtigen Personen…

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Foto: die Bewegungen werden langsamer; der Pfeil mit seiner kleinen Spitze steckt noch im Hinterfuss!

Am Tag zuvor hatte eines der Teams fünf Welpen aufgefunden, einsam und verlassen am Rande der Müllkippe. Dort gibt es einige Menschen, welche tagtäglich in den Resten der Gesellschaft nach Verwertbarem suchen, und sie versicherten uns, die Babys waren von jemanden gebracht worden, einfach ausgesetzt… eines der Kleinen ist zudem schwer krank, hat mit neurologischen Störungen zu kämpfen, kann das Gleichgewicht nicht halten. Auch das Wachstum ist von der Krankheit betroffen, und so ist sie nur halb so groß wie ihre Geschwister. Mitnehmen können wir sie aber trotzdem nicht, nicht sofort, die Gefahr wäre viel zu groß, dass sie mit einer Krankheit – Parvovirose zum Beispiel, der Mutter aller Hunde-Albträume – infiziert sind und den Keim somit in unsere provisorische Klinik bringen würden!
Deshalb bauen wir ihnen vorerst eine kleine Höhle, ein halbwegs sicheres Rückzugsgebiet inklusive Sonnenschutz, und hoffen alsbald eine positive Rückmeldung von einem der Tierasyle der Umgebung zu bekommen; dort möchten wir sie unterbringen, für den Moment, um sie später daheim vermitteln zu können!
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Foto: Welpe, als Behausung ein Autoreifen, fotografiert von Martin Kirchner!

Am späteren Nachmittag aber halten wir es nicht mehr aus – wir müssen zurück, zumindest das kranke Tierkind muss dort weg; schließlich wird es in meinem Zimmer landen und mir eine schlaflose Nacht bereiten; tatsächlich, jede halbe Stunde verlangt die Kleine nach Zuneigung, Streicheleinheiten oder Milch (an dieser Stelle geht erneut ein großer Dank an Fressnapf.at, wo wir wieder eine große Menge an lebensrettenden Hundenahrung sowie Zecken – und Flohschutzmittel, aber auch Welpenmilch – Sie sehen wie wichtig diese nun gleich war! – zur Verfügung gestellt bekommen haben).

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Fotos: Anja Scheinhoff, rechts: Martin Kirchner

Während der nächsten Tage sollten wir mehrere Plätze finden, wo sich viele, viele Welpengeschwisterchen tummelten. Zufällig, im Zuge der Verfolgung eines besonders schlauen Hundes, welchen wir kastrieren wollten, der aber immer wieder wusste wie er sich unseren geprüften Blicken entziehen konnten, entdeckten wir weit weg in den Hügeln mehrere winzige, sich bewegende Punkte: das mussten ebenfalls Tierkinder sein!

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Foto rechts unten: Rumi beim Einpudern mit Flohschutzmittel!

Tatsächlich überschreiten wir dann schon am nächsten Tag den Hügelkamm, folgen der von offensichtlich vielen Hundepfoten bereits etwas ausgetretenen Spur über Stock und Stein – und finden sie schließlich: 8 wunderhübsche kleine Babys, in allen Farben, hineingeboren in eine Welt, welche ihnen praktisch keine Möglichkeiten bietet…. Das Versteck von der Mama zudem so gut gewählt, dass uns kaum Handhaben bliebt sie da rauszuholen! Ein warum auch immer betonierter Übergang, darunter eine nicht viel tiefer als 30 cm durchgehende Öffnung, eingerahmt von dichtem Dornengestrüpp. Letztendlich aber gelingt es uns einen kleinen freien Zugang zu erarbeiten, doch gerade als wir die Welpen packen möchten, stürmt die ganze Horde los und irgendwie entkommen vier der Tierkinder, sind im Freien dann völlig unmöglich einzufangen. Dennoch, wenigstens vier sind nun in unserer Gewahrsam, die anderen werden wir an den ausstehenden Tagen versuchen in Sicherheit zu bringen.

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Der Weg zurück zum Auto, über hunderte Meter Abhang, kantige Steine und ausgewaschenen Regenrinnen, soll sich als eine tückische Herausforderung erweisen, die es, erschwert durch die große Hundebox mit den doch schon relativ gewachsenen Welpen, zu bewältigen gilt!

Die gute Nachricht: Dr. Jordan nimmt das kranke Hundemädchen heute mit zu sich in seine eigene Klinik; dort ist er bestens ausgestattet, es gibt Wärmematten für das Baby, sowie lückenlose Versorgung rundherum – hoffentlich, hoffentlich, hoffentlich schafft sie den Sprung zurück ins Leben, welches für sie so herzzerreißend schwierig begonnen hatte….

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