Zurück aus Bulgarien – der große Einsatzbericht, Teil 1!

 

Ganz so, als ob in einem immerwährenden, sich ständig wiederholenden Traum gefangen, finden wir uns wieder auf der Ostautobahn; ist es doch erst wenige Wochen her, seit wir in Bulgarien gewesen waren, und nur so knapp später schon treten wir die weite Reise ein weiteres Mal an. Es muss so sein, gilt es doch jene Hunde aus dem Kastrationsprojekt in ein neues Leben zu holen, welche damals – Sie erinnern sich bestimmt – nach der OP die Gesellschaft von uns Menschen vorzogen und nicht mehr auf ihre angestammten Plätze zurückkehren wollten!
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Foto: Vorbereitungsarbeiten für die große Reise!

Auch eine Hundemutter mit ihren fünf süßen Kindern dürfen wir mitbringen; die Familie wurde vor Wochen von bulgarischen TierschützerInnen auf der Straße entdeckt und in eine Hundeherberge gebracht. An jenem Ort aber befinden sich bereits mehr als 80 ihrer ArtgenossInnen, sodass die Betreiberin, die wunderbare Toni, einfach nicht die Zeit hat, sich um jedes einzelne Individuum vollends zu kümmern. So drohte langsam aber sicher eine gewisse Menschenscheue, was für Jungtiere selbstredend fatale Folgen haben kann – denn auf diese Art und Weise werden sie dann wohl niemals ein echtes zu Hause finden! Deshalb gilt es in solchen Fällen sie schnellstmöglich auf sensible Pflegeplätze zu bringen, wo sie später lernen, dass der Umgang mit unserer Rasse auch viele wunderbare Vorteile bringen kann: nämlich dann, wenn sie als geliebte Familienmitglieder irgendwo in naher Zukunft unterkommen und nie mehr wieder zumindest mit den elementarsten Problemen zu kämpfen haben werden; wenn der Überlebenskampf durchbrochen wird, wenn Hunger und Kälte, Einsamkeit und Verstoßen sein endlich, endlich der Vergangenheit angehört…

Während sich in Österreich der Himmel noch wolkenverhangen zeigt, erkämpft sich die Sonne weiter im Osten mit dem fortlaufenden Tag zwar langsam, aber dennoch zielstrebig ihre Vorherrschaft am Himmel; sie durchbricht um die Mittagszeit die Wolkenwand und bald, sie, die unumschränkte Königin, strahlt der Feuerplanet ungehindert vom Firmament. Spätestens nach der ungarischen Grenze beherrscht sie den weiten Horizont vollends, und alsbald steigen die Temperaturen von gedämpften Werten auf die 30-Grad-Marke.
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Foto: der erste Straßenhund…

Unfassbar viel Verkehr bewegt sich Richtung Osten; einer Schlange aus fließendem Metall gleich drängt sich Fahrzeug an Fahrzeug, mittendrinnen unser immer treue Mercedes Sprinter. Das orange Ungetüm scheint die Fahrt richtig zu genießen, zufrieden schnurrt der kräftige Motor vor sich hin. Das Land rechts und links von uns präsentiert sich sonnengegerbt, nichts vom in unseren Gefilden eher lauen Sommer scheint hier übrig. Die Früchte und Getreide der weiten Felder zeigen sich erntereif, die Erde ist spröde und ausgetrocknet. Dennoch ist in diesem Jahr auch im Magyarenland ‚Grün‘ die beherrschende Farbe, ein Umstand, der dann auf ungewöhnlich gehäuften Regen in den winddurchfurchten Ebenen Pannoniens schließen lässt.

Neben den Straßen breiten sich Armeen von stählernen Riesen aus, überdimensionierte Windräder, die wie anklagende Zeugen einer sich im ständigen Abwehrkampf befindlichen Natur auf den/die BetrachterIn wirken. Tatsächlich gleichen sie enormen Denkmälern einer beherrschenden Art – und sie scheinen ständig mehr zu werden, sich im rasenden Tempo fortpflanzende Streitmächte einer Gattung, die nicht und nicht zur Ruhe kommt; solange wohl, bis der gesamte Planet einer Wüste aus Stahl und Beton gleicht… Ja, sie sind Technologiesoldaten, als Öko-Krieger getarnt, nichtsdestotrotz das Land einnehmend, verwandelnd in einen riesigen Industriepark. Auch wenn wir die ‚neue‘ Energie in Lobreden preisen, beweisen die auf alle Zeiten als Schandflecken gebrandmarkten, lieblos in einst freier Landschaft gesetzten, uns doch immer nur, wir haben aus der Vergangenheit nichts gelernt; denn wir bezeichnen sie zwar als sanfte, als grüne Zukunft, dennoch verunstalten sie das Umgebung, machen aus den Reste der Unberührtheit einen endlosen Spielpark der Wissenschaft…
Die Uhr kündet bereits vom späten Nachmittag, als wir die rumänische Grenze überschreiten. Dort, obwohl verhältnismäßig wenige Fahrzeuge die imaginäre Linie zwischen den Staaten zu überschreiten gedenken, dauert die Grenzabwicklung erneut ziemlich lange. Eine Frage drängt sich auf: was ist von den Versprechungen einer Union geblieben, die da grenzenlose (Reise-)Freiheit versprach, Einheit und Brüder- bzw. Schwesterlichkeit; jetzt, in einer Periode, wo die Dinge, welche uns als Völker, als Nationen, verbinden, wieder völlig in Rückstand und Vergessenheit geraten, und jene, die uns vielleicht trennen, zum neuen Dogma vor allem rechtsgerichteter Interessen erhoben werden?!
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Langsam kriecht die Finsternis über das Land, umhüllt es mit vorsichtig gestreckten Fingern; wir bleiben am Rande einer der in diesem Gebiet so unfassbar häufig anzutreffenden Tierfabriken stehen; Kühe und Lämmer werden an jenem Ort in großer Zahl gehalten, wir betrachten die wohl nur für den Abend aus den Ställen Entlassenen, nun friedlich vor sich hin grasenden Tiere mit traurigen Augen. Ein erster Straßenhund kreuzt nun unseren Weg, er soll einer von Millionen sein…. Der Arme ist ausgehungert, fleht nach Essen; übervorsichtig, vor allem dem Männlichen gegenüber – wohl nicht aus nichtigem Grunde – nähert er sich dennoch bis auf Armlänge. Wir bereiten ihm ein ausgiebiges Mahl, doch dann müssen wir weiter – sind wir doch sowieso längst zu spät, um bei unserer ersten Gastgeberin, der so wunderbaren Frau Doinar, termingerecht anzukommen Langjährige RespekTiere-Newsletter-LeserInnen kennen diesen Engel der Menschheit bestimmt noch, sie, die rechte Hand des Übervaters Pater Berno, der seinerseits die zum Mensch gewordene Lichtgestalt des christlichen Glaubens verkörpert. Von Frau Doinar haben wir auch erfahren, Pater Berno ist im Krankenhaus, in Deutschland, und vielleicht wird er nie mehr wieder ins Karpatenland zurückkehren können. Eine schwere Herzkrankheit fesselt ihn ans Spitalsbett und es gibt ein Ärzteverbot für künftig geplante Reisen in sein über alles geliebtes Kloster in Temesuar, welches er einst im Schweiße des Angesichts vor dem Verfall gerettet hat. Ein Waisenhaus, ein Hospiz, eine Obdachlosenverköstigungsstelle, ein Mutter-Kind-Haus, einen Hort, wo Obdachlose eine neue Chance erhalten, Arbeit und Wohnraum, das sind nur wenige der Errungenschaften, welche in den letzten Jahrzehnten aus seinen persönlichen Initiativen entsprungen sind…
Frau Doinar hat uns übrigens auch gebeten, für drei vom Pater aufgenommene Hunde ein neues zu Hause zu finden – eine Aufgabe, der wir in Bälde gerne nachzukommen versuchen!
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Foto: endlich bei Frau Doinar zu Hause!

Wir hatten mit der so herzensguten Frau ausgemacht, ungefähr gegen 7 Abends ihr altes, aber so wundervoll gemütlichen Haus zu erreichen, um dort ein erstes Nachtquartier aufzuschlagen; allerdings findet TomTom die Adresse nicht, und so irren wir stundelang in der wunderschönen Nordrumänien-Metropole Temesuara umher; einige nette Menschen weisen uns immer wieder den Weg zur nur wenige Kilometer außerhalb der Hauptstadt liegenden Ortschaft, aber all die so gut gemeinten Beschreibungen führen letztendlich ins Leere.  So dauert es, bis Frau Doinars Domizil plötzlich zur großen Freude doch noch vor uns auftaucht, und obwohl nun schon Mitternacht, zeigt sich die gute Frau keine Sekunde verärgert über das späte Erscheinen – ganz im Gegenteil… sie, die Wunderbare, empfängt voller Freude, und noch lange sitzen wir am Küchentisch, tauschen alte Geschichten aus, erzählen von Familie, über dies und jenes, erfahren Neues über Pater Bernos Gesundheitszustand, usw., bis wir gegen halb 2 Uhr todmüde in die weichen, bereitgestellten Betten fallen….  

 
Die Sonne beginnt bereits ihren täglichen Siegeszug am Horizont, noch ganz im Osten, als uns der Wecker des Mobiltelefons unsanft aus den wirren Träumen der Nacht reißt. Frau Doinar ist nichtsdestotrotz längst auf, ihr Tag beginnt jeden Morgen auf ein Neues weit vor 5 Uhr. Draußen im vom schweren Hagel wenige Tagen zuvor zerfetzten Garten – tatsächlich säumt ein Meer von abgerissenen Blättern und Zweigen die wuchernde Zauberwelt – spielen ihre beiden Hunde (die herzallerliebste Ami, ein etwas zu dicklich geratener Terrier, und der quitschvergnügte Familienzuwachs, die erst 8 Monate alte Boxerhündin Lisa) auf erbaulichste Art und Weise; auch die vier Katzen des Hauses beteiligen sich am Gerangel und bieten den verschlafenen Augen einen wundersamen Anblick.
Die kleine Ana, Frau Doinars 10-jährige Enkelin, ist auch vorbei gekommen; das zuckersüße Mädchen möchte uns heute in ein Hundeasyl begleiten, von welchem wir erst kurz vor der Abreise erfahren hatten.

Besagtes Tierheim wird geleitet von einer 82-jährigen Frau, die ihrerseits mit der gesamten Tierschutzszene von Temesuara – auch unseren MitstreiterInnen hier, welchen wir schon so viel Hundefutter und andere Güter bringen konnten – leider in erbittertem Krieg liegt; ob berechtigt oder nicht, das ist es, was wir gerne rausfinden möchten.

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Jedenfalls, wie dem dann auch sein sollte, die Hunde dort können nichts für die Streitigkeiten der Menschen untereinander, und Tamara ( Sie erinnern sich bestimmt, die Leiterin von Animal Act Timisuara, jener Organisation, mit welcher wir in der Vergangenheit schon so viele gemeinsame Rettungsaktion durchführen hatten gekonnt) berichtete uns bereits im Vorfeld von schlimmen Zuständen, wo es dem Anschein nach vor allem an Geld fehlt, um diese zu beheben. Die Hunde würden ganz besonders unter Parasiten leiden, Flöhe und Zecken, aber auch an den Milben, jene, die die schreckliche Räude hervorrufen, zudem gäbe es untragbare hygienische Bedingungen…
Ohne Frau Doinars Hilfe wäre der Besuch wohl ein für uns unmöglicher gewesen, denn alleine die Sprachbarriere hätte uns sehr bald an alle Grenzen geführt; zudem würde die alte Dame kaum Fremde auf ihrem Gelände zulassen, zu schlechte Erfahrungen hätte sie in der Vergangenheit mit fremden Besuch gemacht. Alles in allem erwarteten wir also eine äußerst schwierige Person und waren somit auf alles gefasst – nur auf das nicht, was folgen sollte…
Selbst das Auffinden des Ortes hätte ortsunkundigen Personen vor unüberwindbare Barrieren gestellt, denn nur über unwegsame, völlig verwachsene und vom Regen der vergangenen Tage ausgeschwemmte Furten sollte das Asyl letztendlich zu erreichen sein.
Ein Mitarbeiter der alten Dame, ein Mann mittlernen Alters, kettenrauchend und in ob seiner Aufgabe zwangsbedingt schmutzigen Kleidern, erwartet uns schließlich an einer Brückenunterführung; trotz den dutzenden telefonischen Anweisungen zuvor waren die eifrigen Bestrebungen, das Asyl selbstständig ausfindig zu machen, bisher nicht von Erfolg gekrönt gewesen! Nun aber, dank seiner Hilfe, sollten wir es bald doch geschafft haben das Hundeheim zu erreichen! Fast schon, nach den vielen, vielen missglückten Versuchen, hätten wir nicht mehr daran geglaubt es jemals ausfindig zu machen…
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Vor den Toren aus notdürftig zusammengeflickten, verrosteten Eisenteilen steht ein alter Dacia Logan, weit entfernt seiner besten Jahre und offensichtlich das ‚Firmenfahrzeug‘ der kleinen, von besagter Frau gegründeten Organisation; ein halbes Dutzend Hunde erwartet uns sogleich außerhalb der Absperrung, allesamt in schlechtem gesundheitlichen Zustand, sich unaufhörlich kratzend. Nun erscheint auch Frau Opera selbst; die 82 Lebensjahre kennt man ihr nicht wirklich an, drängt sich der erste Gedanke auf. Ihr wettergegerbtes Gesicht verrät zwar viel Leid und noch mehr Entbehrung; und trotzdem, ihre wachen Augen erwecken sofort den Eindruck, hier steht eine Frau, die zu kämpfen gelernt hat. Die oft unverstanden ihren Weg geht, derselbe gepflastert mit viele Steine, welche ihr in sämtliche Bemühungen gelegt worden sind; auch wenn sie diese dann, zwar gewiss immer mühevoll, entfernen konnte, haben sie jedoch auch immer wieder neue Narben hinterlassen. Tatsache ist, eine Frau steht vor uns, die aus tiefstem Herzen nur Gutes für die von ihr Beschützten möchte, aber vielleicht nicht immer auf oft auch gute Ratschläge gehört hat. Etwas vorsichtig, misstrauisch, begutachtet sie uns für Augenblicke, aber dann ist das Eis auch schon gebrochen. Ein zweiter Mann, wie beim Erstgenannten verrät seine Erscheinung soziale Problematiken, gesellte sich zu uns, und später erfahren wir, die Beiden sind die einzigen Helfer der alten Dame, wohl von ihrem Privatgeld bezahlt.
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Beim Betreten der wirklich ärmlichen Anlage sollten wir dann sofort umringt sein von einer bellenden Hundemeute; Ana streckt im selben Atemzug hilfesuchend ihre Hände nach mir und der Oma aus, doch zur Angst besteht kein Grund. Die beiden Männer bewachten unsere Schritte, die erste halbe Stunde hinweg, jeder gefährlich anmutenden Situation zuvorkommen. Bald beruhigten sich die Hunde – nur der Granddame, so lernen wir schnell, darf man nicht zu nahekommen. Schon eine leichte Umarmung erweckt in einigen HeimbewohnerInnen eine offene Eifersucht, und mit knurrenden Lauten geben sie ihren Unmut über die, wenn auch freundliche, Annäherung bekannt…
Immer wieder hätschelt die alte Dame ihre Schützlinge, liebkoste sie, und die HeimbewohnerInnen genießen sichtlich ihre Aufmerksamkeit. All das aber kann nicht darüber hinwegtäuschen, wir befinden uns auf desolatem Grund und Boden, wo ein völlig überforderter Mensch den Gesetzen der harschen Umwelt zu trotzen versucht. Wirklich allesamt leiden die Hunde nämlich schwer an Parasiten, manche mit kaum mehr Haaren am Körper, allesamt sich ständig kratzend; auch Wunden an den Ohren, die Vierbeiner von beißenden Fliegen heimgesucht, müssen heftige Schmerzen verursachen. Hier hinkt uns ein Hund entgegen, dort liegt ein weiterer zusammengerollt im offensichtlichen Unwohlsein. Verständnis mit der Situation ist das Zauberwort, soviel erkennen wir sofort, nicht Anklage!
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Wir erfahren, die Frau hatte einst ein schönes Haus, verkaufte dieses jedoch und erwarb jenen Platz am Rande der Gesellschaft, weit mehr als einen Hektar groß. Sie umgab die Anlage mit Zäunen, großteils sogar Ziegelmauern – musste so sein, meint sie, sonst tragen die vielen von Armut geplagten Menschen aus der Gegend wohl jeden einzelnen Stein weg vom Asyl. Dann, weil das Land ursprünglich eigentlich ein Sumpf war, bestellte sie Erde und Gestein, tonnenweise, dutzende LKW-Ladungen voll, und ließ das Grundstück aufschütten. Sie tauschte, wenn denn die Geschichte dann auch so stimmt, woran wir aber wenig Zweifel hegen – warum auch sollte sie uns falsche Tatsachen erläutern – ihr ehemals behagliches Leben gegen ein niemals endendes Inferno – den verzweifelten Versuch der Rettung aller armen Hunde! 142 beherbergt sie zurzeit, 142 Individuen, die auf der Straße keine Chance gehabt hätten… sie wären früher oder später wohl allesamt im städtischen Tierheim gelandet, ein Ort, der dann über keine gute Reputation verfügt…
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Ja, dies Frau mag wie wir alle auch ihre dunklen Seiten haben, wir wissen es nicht, aber eine Tatsache bleibt: sie hätte ein einfaches und gutes Leben führen könnten, stattdessen wählte sie den schweren Gang hin in die Isolation, einen Weg, der ihr ganzes Dasein wohl für immer an diesen gottverlassenen Ort bindet. Für jeden einzelne der 142 wurde eine Hütte gebaut, nun zwar schon wie alles hier schwer in die Jahre gekommen, von den Elementen zernagt, aber immer noch funktionstüchtig. Alle Hunde ohne Ausnahme leben frei am Gelände, es gibt keine Ketten; ein großer Teil dessen ist von Pflanzen überwuchert, von Büschen und Gräsern durchzogen – absichtlich, um den Tieren Schattenplätze zu garantieren. Und tatsächlich, wie Geister kommen sie langsam aus der Wildnis zum Vorschein, begutachten uns und verschwinden wieder in ihre für Menschen undurchdringliche Welt.
Antiparasitenmittel und solche gegen die grassierende Räude, das wären die im Moment wichtigsten Hilfsmittel; und Kastrationsbeihilfen – 90 der Tiere wären der OP unterzogen, aber mehr als 50 noch nicht! Ob es denn Streit gäbe unter so vielen Hunden auf einem Platz, möchten wir wissen; nein, meint die gute Frau, denn die Männer wären 24 Stunden am Tag am Gelände und würden bei jedem Ansatz von Aggression sofort dazwischen gehen.
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Ein weiteres Problem dürften die Ratten sein, deren Existenz man nicht übersehen kann; selbst zwischen den Hütten und den Hunden huschen sie umher, immer auf der Suche nach Essbarem.
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Ganze 2,5 Stunden bleiben wir, ein Besuch, der uns an die psychische Grenze bringt, der aber so unendlich wichtig war! Das wird ein neues Projekt für RespekTiere, für unsere Initiative respekTIERE IN NOT, so viel steht fest. Kaum irgendwo auf all unseren Reisen hatten wir je einen Ort entdecken können, wo Hilfe so dringend benötigt wird wie eben hier!
Gleich an dieser Stelle möchten wir Sie bitten: Helfen Sie uns helfen! Neben den so offensichtlich gebrauchten Medikamenten wäre ein dringender Wunsch einen asphaltierten Weg durch die Anlage zu errichten; Frau Opera meint, jetzt bei Hitze ginge es ja, aber bei Regen und Schnee würde sich das Areal schnell in einen Morast verwandeln, wo dann selbst einfachste Arbeiten wie das Entfernen des Hundekots oder auch die Fütterung zur Tortur werden würden – nur zu gut können wir den Wunsch nachvollziehen… Noch wissen wir nicht was derartige Arbeiten kosten würden, aber wir sollten es alsbald erfahren und dann entsprechende Schritte setzen; so viel ist sicher, Wegschauen, das gibt es nach diesem Aufenthalt nicht mehr…
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Viel ruhiger als zuvor, in Fakt fast schweigend, finden wir uns dann im Auto wieder; wie viele Schicksale es doch gibt, wie viele Menschen in fast überwältigenden Aufgaben gefangen, wie viele Tiere in ärgster Not…
Später sitzen wir noch mit Frau Doinars Familie, mit Anas Eltern zusammen, und versuchen uns mittels angeregter Gespräche abzulenken…
Es ist nun früher Nachmittag, der Abschied steht bevor; wir umarmen Frau Doinar, den Engel in Menschengestalt, die so viel Gutes für so viele Lebewesen, Mensch und Tier gleichermaßen, gebracht hat, innig. Ganz sicher wird es ein Wiedersehen geben, bald schon…
Die Fahrt ist erstmal eine kurze; wir parken den Sprinter im Stadtzentrum von Temesuar, besuchen die wunderschöne, von unschätzbaren EU-Geldern sanierte Innenstadt.
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Dort möchten wir einen Protest für die Straßenhunde abhalten und schon bald stehen wir an einem Hauptplatz, in Todes- bzw. Hundekostümen, und strecken der Menschenmenge das Transparent ‚Stop Killing Stray Dogs – Now‘ entgegen. Der Protest, wie immer in Ostländer, erfreut sich schnell großer Aufmerksamkeit, aber wie aus dem Nichts tauchen plötzlich zwei PolizistInnen auf; die lassen sich zwar vorerst kurz beschwichtigen, als wir sie dann aus den Augenwinkeln beobachten, telefonieren sie bereits aufgeregt. Aus der Erfahrung von mehreren Festnahmen in Rumänien wissen wir, es wird Zeit unsere Zelte abzubrechen. Hastig packen wir zusammen, nutzen eine unaufmerksame Minute, und entschwinden in der Menschenmenge.
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Beim Vorübereilen an einer Mc Donalds-Filiale können wir der sich bietenden Situation nicht widerstehen; bald strecken abwechselnd Gevatter Tod und ein/e AktivistIn im kunstblut-übergossenen Schweine-Kostüm den PassantInnen ein Transparent mit der Aufschrift ‚Meat-Eating Kills!‘ entgegen!
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Dann sitzen wir endlich im wartenden Fahrzeug; weiter geht die Fahrt, nun in Richtung Nadrac, wo Rudi und Marius, Vater und Sohn, die beiden Betreuer des hiesigen Caritas-Zentrums, uns schon sehnlichst erwarten!
Vorbei an menschenleerer Wildnis, oft auf 10 und mehr Kilometer kein einziges Haus passierend, biegen wir in die Zufahrt zur Stadt ein; so viel haben wir über den Ort schon geschrieben, die schmale Straße dorthin als ‚Sackgasse des Lebens‘ bezeichnet, und nie war die Formulierung treffender als in diesen Tagen; denn erneut hat eine weitere Fabrik geschlossen, die vorletzte nun, und einmal mehr sind damit Menschen an den Rand der Existenz gedrängt. Die Ansiedlung am Fuße der Karpaten, wo sich nach den letzten Häusern die Straße ins Nirgendwo verläuft, wird aussterben; vielleicht nicht heute, vielleicht auch nicht morgen, aber bis hin zum ‚Judgement Day‘ ist es wohl nur noch eine Frage der Zeit (die tragische Situation ist nachzulesen in so vielen Newslettern zu unseren Rumänienfahrten)…
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Rudi, der 70-jährige Heilsbringer einer ganzen Region, erwartet uns freudestrahlend; schon bei der Begrüßung werden Tränen der Freude und Rührung vergossen, wir, sein Tor zur Außenwelt…
Viele Hunde streunen durch Nadrac, mehr als zuletzt. Eine Feststellung, die letztendlich auf die ganze Strecke durch das Karpatenland zutreffen sollte, doch dazu später… Die Probleme, sowohl im Tierschutz als auch sozialer Natur, multiplizieren sich, und der Indikator bewegt sich in rasendem Tempo. Der Sensenmann scheint bereits, seine Sichel längst ausgepackt und vor sich schwenkend, über den Horizont zu schweben; wartend auf die Apokalypse. Sein Freund ist die Zeit, nur davon hat er genug. Ohne Eile beobachtet er die Szenerie unter sich, ohne Hast und ohne Regung. Das Schicksal, so scheint er zu wissen, ist ein unaufhaltbares, nicht abzuwenden.
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Foto: überall finden sich Straßenhunde…

Trotz all dem hat der gute Rudi seinen Humor nicht verloren, und selbst der bittersten Wahrheit kann er noch ein letztes Lächeln abgewinnen – ich bin unfassbar stolz darauf das Vorrecht genießen zu dürfen, Menschen wie ihn und Frau Doinar, sowie die vielen, vielen anderen Lichtgestalten ob nun in Mauretanien, Rumänien, Bulgarien oder sonst wo, in meinem bescheidenen Dasein kennengelernt zu haben…

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Foto: schnell für ein Bild zusammenrücken – Christine, Tom und Rudi beim regen Diskutieren auf der berühmten Gartenbank!
Am Abend besuchen wir noch Rudis Bruder Peter; er, der im laufenden Jahr so viele Schicksalsschläge hatte wegstecken müssen – die Erkrankung seiner Frau, das unfassbar tragische Ableben seine Sohnes – hat sich bei einem Arbeitsunfall beide Beine gebrochen; im vierten Stock wohnend, deshalb in einem der uncharmanten Plattenbau-Blöcke der sterbenden Ansiedlung ob der Verletzung seit 7 Wochen festsitzend, weil ohne Lift, ohne Licht am Gang…
Es ist eine bewegende, rührende und ergreifende Stunde, welche wir im Kreise seiner Familie verbringen dürfen…
Letztendlich hören wir dann auch noch Rudi zu, der sich viel Frust, vor allem über die Politik und die Versäumnisse deren, den menschenunwürdigen Umgang Vater Staates mit seinen BürgerInnen, von der Seele redet; und so ist es bereits wieder fast 2 Uhr morgens, als wir nach einem unglaublich anstrengenden und ermüdenden Tag den Weg ins Bett finden…
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Foto: Christine und Marius mit den mitgebrachten Sachen!
Die Nacht ist eine besonders kurze; schwere Gewitter machen das Einschlafen zur Herausforderung, aber mehr noch die Schwärme von Moskitos, sowie der unaufhörliche Juckreiz, hervorgerufen wahrscheinlich auch durch den engen Kontakt mit Frau Operas Hunden…
So reiben wir uns am frühen Morgen schlaftrunken die Augen, aber es hilft alles nichts – wir müssen weiter, sollten wir doch noch am frühen Nachmittag Sofia erreichen, um das Hundefutter in Tonis Hundeasyl abzuladen! Rudi, der Gute, hat schon ein Frühstück vorbereitet; leider vergisst er dabei immer unsere Ernährungsgewohnheiten, Käse und Eier sind nichts für uns – wir nehmen lieber mit frischem Brot und Marmelade vorlieb. 🙂
Dann gilt es sich zu verabschieden; wieder hat der alte Mann Tränen in den Augen, die er dann auch nicht zurückhalten kann. Auch wir sind erfasst von Rührung, und deshalb ganz froh, als die winkende Gestalt jenes Mannes, der zur Vaterfigur einer ganzen Ansiedlung geworden ist, langsam aus dem Rückspiegel entschwindet. Irgendwann werden wir uns einmal die Zeit nehmen, ihn ohne Termindruck besuchen, und dann über einige Tage hinweg seinen Geschichten lauschen!
Wir fahren eine letzte Runde durch Nadrag; der Ort ist wirklich ein sterbender, sein Gesicht ein zerfallendes; überall Ruinen, selbst jene Häuser, welche noch als gut bezeichnet werden, längst von den Elementen zernagt. Wir erreichen das Ende der Ansiedlung, hier, nach den letzten Häusern, geht der gebrochene Asphalt in einen Waldweg über; nur aus purer Neugierde folgen wir diesem einige Kilometer, hinein in die Wildnis. Die breitet sich vor uns aus wie ein grüner Teppich, wunderschöne Urwälder, durchzogen von Farnen, durchwässert von kleinen Bächen; an manchen Stellen haben die Gewitter der vergangenen Tage Spuren hinterlassen, Bäume liegen entwurzelt an den Hängen. Wie lange könnten wir das wunderbare Naturschauspiel beobachten, aber leider drängt die Zeit.
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So kehren wir schließlich um, ein letztes Mal auf dieser langen Reise führt die Fahrt quer durch den gesamten Ort. Es ist ein friedlicher, Menschen sitzen auf Bänken vor den Häusern, oft in Gruppen, manche alleine. Sie strahlen Ruhe aus, aber ob ihnen nicht doch wenigstens ein bisschen Trubel, zumindest von Zeit zu Zeit, lieber wäre?
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Foto: Nadrac wie es lebt und langsam stirbt…

Dann geht es zurück durch den Wald, gut 15 Kilometer bis zur nächsten kleinen Ortschaft, später nochmals dieselbe Strecke zur Weggabelung. Auch hier zeigt sich die Landschaft unbeeindruckt vom übermächtigen Tyrannen in Menschengestalt. Weiter geht die Fahrt, Natur pur, durchzogen von weitläufigen Feldern, wuchernden Grassteppen; in der Ferne lachen die Berge dem/der ob der Naturschönheit staunenden BetrachterIn entgegen, sie verkünden bereits den nahenden Herbst. Wie um diese Feststellung zu unterstreichen, ist es ein kühler Tag heute, kühler als zuletzt, in manchen Passagen kommt das Thermometer nicht über die 13 Grad Marke hinaus.

Was uns besonders auffällt – es gibt deutlich mehr Hunde als bei den vergangenen Fahrten auf den Straßen, überall kann man sie erblicken, heimatlosen Geistern gleich. Das Land ist menschenleer, doch an jeder Parkplatznische kämpfen mehrere der Ihre um einen Bissen Brot, um ein trostloses Überleben. Auch Tote finden sich in hoher Zahl entlang der Asphaltbänder, ebenfalls viel mehr als wir in den vergangenen Monaten bezeugen mussten. Dieser Eindruck belastet uns tief, hatten wir doch fast schon geglaubt, die Dinge würden sich zum Besseren wenden…
Die Fahrt sollte eine lange werden, letztendlich sind wir über 12 Stunden unterwegs; ob wir dabei immer die richtigen Wege gegangen sind, ich weiß es nicht. Wie dem auch sei, wir haben viel gesehen von einem Land, auch abseits der Verkehrsströme; das wunderschöne Donaudelta, wo Serbien einen Steinwurf von der rumänischen Grenze entfernt liegt; Wasservögel zu hunderten, leider auch Müllkippen an allen erdenklichen und undenklichen Stellen. Berge, herrlich erfrischend, Klöster entlang der Route (ein in den Felsen gehauenes besuchen wir auf allen Reisen, diese Mal hinterlassen wir eine mitgebrachte Kerze samt Bittgebet für die Straßentiere); dann wird das Land sanfter, weite Grassteppen wechseln mit agrargenutzen Flächen ab. Überall finden sich Tierherden, von Hirten geführt, und je weiter man südlich kommt, desto mehr Pferdefuhrwerke, gelenkt zuallermeist von Menschen aus der starken Roma-Minderheit, kreuzen den Weg. Kühe blockieren öfters die Straße, einmal trabt sogar ein herrenloses Pferd einfach von links nach rechts, veranlasst mehrere Fahrzeuge zur Notbremsung…
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Wir nutzen einen Halt, um auf eine unumstößliche Tatsache aufmerksam zu machen; entlang der stark befahrenen Route, von Gastarbeiterströmen und LKW-Verkehr gleichermaßen ausgelastet, kann man bald abwechselnd Gevatter Tod und kunstblutübergossene AktivistInnen in Schweinemasken sehen, die da ‚Eat-Meating kills!‘ verkünden, quittiert immer wieder von Huptönen aus den vorbeibrausenden Fahrzeugen (ob diese aber dann den hochgestreckten Daumen oder eher den berühmten Mittelfinger repräsentieren sollen, wir wissen es nicht)!
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Ein Polizist hält uns; wir sind zu schnell gefahren, meint er; beweisen kann der Uniformierte den Tatbestand nicht, aber wir  lenken dennoch ein, denn Stress mit der Ordnungsmacht können wir in Augenblick so ganz und gar nicht gebrauchen. Bezahlen können wir die Strafe von rund 30 Euro aber leider nicht, wir haben kein rumänisches Geld mit uns. So hagelt es eine Verfügung, welche wir an der Grenze bezahlen sollen…
Die erreichen wir dann auch, einige Stunden später; wieder traben mehrere Kühe unbeachtet von den Beamten über die vielbefahrene Straße, schließlich gesellen sich auch einige Hunde dazu. Trotz nur weniger Fahrzeuge dauert es bis wir den Grenzbalken hinter uns bringen. Den Strafbescheid können wir nicht begleichen, dafür gibt es leider keine Annahmestelle, so erfahren wir. Zurückfahren zu einem Amt wo es denn möglich wäre, geht auch nicht, denn es ist nun bereits nach 16 Uhr – sämtliche Ämter sind geschlossen. Dennoch will der Wisch binnen 48 Stunden beglichen werden, ansonsten würde sich die Summe glatt verdoppeln…grrr….
Dem Himmel sei Dank gibt es nun die Donaubrücke, erst vor wenigen Jahren fertiggestellt, die eine schnelle Überfahrt über das Gewässer erlaubt. Früher musste man die Fähre nehmen, für 50 Euro in eine Richtung, heute kostet das Überqueren vergleichsweise bescheidene 6 Euro.
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Bulgarien, das Land der Ruinen, erstrahlt in seiner Wildheit wie eh und je. Die Straßen in denkbar schlechtem Zustand, und oft geht ein Hauptverkehrsweg ansatzlos in eine enge Schotterstraße über, an manchen Stellen passiert das über mehrere Kilometer hinweg alle hundert Meter. Auch hier haben Schlechtwetterfronten Schäden hinterlassen, am Asphalt sowie an der Natur. Wir beobachten Hirten, wie sie in unendlicher Gelassenheit die ihnen Anvertrauten bewachen. So viele Tiere im Freien sieht man sonst kaum wo in Europa.
Langsam aber wird es dämmrig und noch immer haben wir einen weiten Weg vor uns; der soll uns letztendlich über Bergpässe führen, an engsten Straßen entlang, die diesen Namen so überhaupt nicht verdienen. Das Benzin wird knapp, mit Müh und Not erreichen wir eine Tankstelle – gestrandet in dieser Wildnis, wo es keine Fahrbahnbeleuchtung gibt, keine Reflektoren, oft nicht einmal weiße Linien, es wäre eine Katastrophe gewesen!
Endlich, es ist nun fast 9 Uhr abends, wird der Weg wieder befahrbarer, wird er der Bezeichnung ‚Straße‘ eher wieder gerecht, und schließlich geht das Asphaltband, herbeigesehnt wie noch nie, in eine Schnellstraße über. Durch Sofia hindurch, immer in Richtung Pernik, wo uns Toni mit ihren HelferInnen bereits sehnsüchtig erwartet, rasen wir beinahe, zumindest kommt uns nach all den Bergpässen das Fortbewegungstempo so vor (in Wahrheit, als Tribut an die Müdigkeit, dürften wir die Geschwindigkeitsbeschränkungen aber kaum ausgereizt haben…). Auch Reni ist da, sie, die beim letzten Kastrationsprojekt so unendlich wertvolle Hilfe geleistet hat! Wir entladen den Bus, gut 500 kg an Hundefutter, dann unterhalten wir uns noch lange. Toni, eine Backstube ihr eigen nennend, beschenkt uns mit herrlichem Brot – wie wenn sie es gewusst hätte, haben wir doch heute keinen Halt geschafft, um uns Nahrhaftes zu besorgen – es wäre ohne ihre Zutun wohl ein Abend der knurrenden Mägen geworden!
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Foto: Ausladezeit! Insgesamt hatten wir einmal mehr gut 1 000 kg an Nahrungsmittel und anderen Gütern auf der Reise für die verschiedenen Plätze mit uns!

Wir lernen Aleko kennen, ein junger Mann, der perfektes Deutsch spricht. Er ist ebenfalls ein großer Tierfreund, und so schließen wir schnell Freundschaft. Aleko gibt uns schließlich wertvolle Tipps – zum Beispiel den, sofort eine Bulgarien-Vignette zu kaufen, was wir bisher noch nie getan hatten!

Tatsächlich lädt er uns auch ein, nach getaner Arbeit – wohl  übermorgen – bei ihm zu übernachten; ein großartiges Angebot, welches wir nur allzu gerne annehmen werden!
Erst gegen Mitternacht erreichen wir unser Motel für diesen Tag; es ist eine nette Herberge in Sofia, auf einer Strecke zurück, die uns nochmals gut eine halbe Stunde Fahrtzeit abgenötigt!
 
Am nächsten Morgen erwartet uns bereits die so fantastische Vanja, welche bei all unseren Reisen nach Bulgarien immer eine unentbehrliche Begleiterin gewesen war; und nicht nur das, ohne sie wären all die Kastrationsprojekte gar nicht möglich gewesen, sie, die immer die Ruhe in Person verkörpert, mit all ihrer Erfahrung selbst die schwierigsten Situationen meistert. Wir werden heute mit ihr zusammen zu ‚unserer‘ Katzenfrau Tzenka fahren, jene Lehrerin, die bei sich zu Hause immer um die 70 Katzen beherbergt und zusätzlich noch viele andere in ihrem Umfeld mitversorgt. Frau Tzenka, vor einigen Jahren als Lehrerin in Pension geschickt und seither mit rund 80 Euro monatlicher Zuwendung abgespeist, könnte ohne die RespekTiere-Hilfe ihr Asyl längst nicht mehr aufrecht erhalten. Sie, liebe UnterstützerInnen, sind hier in der äußersten Not eingesprungen, und haben Patenschaften für die Stubentiger übernommen, womit es erst ermöglicht wurde, Monat für Monat rund 200 Euro auf Tzenkas Konto zu überweisen. Da wir auch immer wieder für andere Zwecke aufkommen, zum Beispiel für den Tierarzt, für dringend notwendige Renovierungsprojekte oder in der Vergangenheit auch den Ankauf von Heizmaterial übernommen haben, gelingt es ihr nun über die Runden zu kommen; selbst mit all dieser Unterstützung ist das in einem Land wie Bulgarien immer noch alles andere als leicht, sind doch die Lebenskosten mit jenen in Mitteleuropa nahezu gleichzusetzen.
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Foto: die wunderbare Frau Tzenka mit ihren Katzen!

Der Morgen zeigt sich wolkenverhangen, ab und zu regnet es auch. Bald aber bricht die Sonne durch, sie kann sich zwar nicht überall und vollständig behaupten, aber dennoch klettern die Temperaturen schnell wieder an die 30-Grad-Marke.

Heute geht die Fahrt schneller; mühten wir uns gestern noch mit den letzten 300 Kilometern bis Sofia durch die ursprüngliche Bergwelt gut 6 Stunden ab, schaffen wir auf Grund der Schnellverbindung in Richtung Schwarzes Meer dieselbe Distanz in weniger als 3 Stunden! Der Weg führt wieder durch fast menschenleeres Land, obwohl dann doch deutlich mehr bevölkert als die gestern durchquerten Gebiete – im Vergleich zu Westeuropa sehen wir hier aber immer noch natürliche, weite Ebenen. Nun ist die Landwirtschaft stärker ausgeprägt, aufgrund der relativen Flachheit, aber immer wieder durchzieht herrliche Wildnis die riesigen Felder. Auch die Flure sind anders als bei uns bestellt, viel freier, kaum eingegrenzt, und vor allem umgeben von Baum- oder Strauchhainen. Erneut passieren wir große, von Hirten bewachte Tierherden.
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Foto: während die Menschen in den Fahrtpausen völlen, bleibt für die armen Hunde meist nichts übrig…

Dann biegen wir von der Autobahn ab, die Straßen werden zunehmend nahezu unpassierbar; durchzogen von tiefen Schlaglöchern, dass ein Autoreifen darin verschwinden könnte, abgebrochene Banketten und teilweise überwuchert von Gräsern und sogar kleinen Büschen.

Endlich erreichen wir Tzenkas Haus, die gute Frau erwartet uns bereits sehnsüchtig, fällt uns in die Arme. Sofort beginnen wir den Wageninhalt zu entladen, unfassbar viel Tiernahrung haben wir gebracht!
Tzenka zeigt uns ein Katzenbabys, vor kurzem wurde der Süße bei ihr ‚entsorgt‘, einfach über den Zaun geworfen. Seine beiden Hinterfüße sind gebrochen gewesen und ein Leben lang wird er unter dieser Verletzung leiden. Sein Gehen ist vielmehr ein Schleifen, die Füße weit ab gestreckt und in seltsamen Winkel verbogen. Dennoch hat er nichts von der katzentypischen Lebensfreude verloren, ganz im Gegenteil, zeigt er sich doch extrem verspielt und aufgeweckt. Nicht einmal gegenüber fremde Menschen – wie wir es für ihn sind – scheint er scheu oder verschreckt: welch ein Wunder, haben ihm doch höchstwahrscheinlich Mitglieder unserer Gattung seine Verstümmelungen zugefügt…
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Foto: beide Hinterbeine des armen Tigers sind gebrochen gewesen, werden ihn ein Leben lang zeichnen – dennoch hat er nichts von der katzentypischen Lebensfreude verloren!

Viele Katzen sieht man, der Hitze des Tages geschuldet, nicht in Tzenkas weitläufigem Garten; sie hat sie alle vor unserem Besuch gefüttert, wollte zwar damit auf uns warten, aber die Stubentiger haben dann doch zu heftig gegen die Verzögerung protestiert. Doch sieht man ein bisschen genauer hin, entdeckt man die wunderschönen Tiere immer noch haufenweise hinter Pflanzen versteckt oder im Schatten der zahlreichen Bäume, ein Mittagsschläfchen haltend 🙂

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Überall finden sich welche, das Leben genießend. Sie dürfen bei Frau Tzenka ständig ins Freie, bevölkern den Garten, gehen auf Streifzüge, oft weit über die Grenzen des Grundstückes hinaus; aber immer sind sie unter Tags zurück, um nur ja keine Mahlzeit zu verpassen.
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Frau Tzenka erzählt uns bei einer Tasse duftendem Kaffee von ihren so zahlreichen Problemen; manche der Nachbar empfinden eine derartige Ansammlung von Tieren als Bedrohung, sprechen von der Verbreitung von Krankheiten und anderen Hirngespinsten. Ja, Frau Tzenka hat zwar fast ihr ganzes Leben hier verbracht, aber sie ist auf Grund ihrer Tierliebe immer eine Außenseiterin gewesen, wird immer eine bleiben. In einem Land, wo das Überleben an erster Stelle steht, hat man für Tierschutz dann oft nicht viel über… Aber die soziale Ausgrenzung macht ihr nichts aus, ganz im Gegenteil – mit dem Strom mit zu schwimmen, das wäre für sie wohl eine schlimme Strafe! Natürlich aber wünscht sie sich freie Tage herbei, war sie doch nach ihren Erzählungen seit Jahrzehnten nicht im Urlaub; das Meer, obwohl nur 80 Kilometer entfernt, hat sie es seit 1999 nicht gesehen, es einfach nicht geschafft dort auch nur eine Stunde auszuspannen. Auch mehrere Arztbesuche würden anstehen, besonders einen Dentisten braucht sie, aber wer kümmert sich in der Zwischenzeit um ihre Lieblinge? Mit von Arthritis geplagten Fingern zeigt sie auf den Küchentisch, wo sich alte Befunde zu ihrem Gesundheitszustand stapeln. Bis jetzt, wo sie nun doch auch schon weit über 60 ist, wird sich das alles nicht gebessert haben, meint sie nachdenklich…
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Foto: wohlverdiente kurze Pause; Christine, Tom, Vanja und Frau Tzenka beim Zusammensitzen!

Im Moment steht ein neues Projekt im Projekt an; wir konnten einen gütigen Sponsor finden, der Kastrationen und Impfungen für ihre Lieblinge bezahlen wird, in kleinen Serien. Viele Katzen auf einmal, das geht nämlich aus mehreren Gründen nicht, kein Taxifahrer würde sie dann mitnehmen in die gut 20 Kilometer entfernte Tierarztpraxis. Aber nur dort gibt es einen Veterinär, der seinerseits aber auch schon ein Alter erreicht hat, wo er mehr als 3 solcher Eingriffe hintereinander, an einem Tag, nicht schaffen kann…

Wir verabschieden uns schließlich von Tzenka, nur vorübergehend, denn am Abend wollen wir bei der jetzt versäumten ‚Raubtierfütterung‘ anwesend sein. Vanja hat eine Herberge für die kommende Nacht organisiert, nur unweit vom Katzenasyl entfernt.
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Foto: Schlaraffenland! 🙂

Nun haben wir es aber schon wieder eilig, muss Vanja selbst doch zurück nach Sofia – nie sagt sie zu Hause nämlich Bescheid, wenn sie in Tierschutzarbeit unterwegs ist, ihr Mann würde das nicht verstehen. Wir fahren sie ins nahe Jambol, wo sie nach inniger Umarmung schließlich in einen Bus in Richtung der Hauptstadt zusteigt.

Entgegen den Prognosen ist es wieder heiß geworden; eine drückende Schwere legt sich über das Land, macht selbst das Atmen zur Herausforderung. Wir sind nach dem Einquartieren im Motel trotzdem gleich wieder unterwegs, wollen ein paar Impressionen aus dem ‚Land der Ruinen‘ festhalten; tatsächlich, ich glaube ich habe es oft erwähnt, in kaum einem anderen Land der Welt sind so viele Gebäude dem Verfall preisgegeben. Rost und Vergänglichkeit regieren weite Landstriche, hunderte Fabriken modern vor sich hin. Einfach verlassen, Geisterstätten, und wenn der Wind richtig steht, glaub man fast den Lärm und die Hektik längst vergangener Tage zu vernehmen. Das Gelächter von Menschen, im Schweiße ihres Angesichts und dennoch fröhlich der Arbeit nachgehend, ganz so als ob die Plätze noch immer belegt wären. Aber die Realität zerstört all diese Gedanken im Wimperschlag des Augenblicks; und nicht nur wirtschaftliche Gemäuer, auch aberhunderte Einfamilienhäuser, unbewohnt und von den Elementen zernagt,  geben den Kampf gegen Wind und Wetter langsam auf. So stehen sie sinnbildlich für eine verlorene Generation, die sich ihrerseits im voraussichtlich vergeblichen Hoffen auf eine baldige Wende wiederfindet. Überall hört man Geschichten von den alten, vermeintlich besseren Zeiten, wo unter den kommunistischen Machthabern wenigstens jedermann/frau satt geworden ist; wo die Bevölkerung vereint war, wo man noch mit den Nachbarn am Abend auf einer Bank neben der Straße Platz genommen und Sorgen, Kummer aber auch die täglichen Freuden geteilt hat. Alles hat der Kapitalismus zerstört, so hören wir, und besonders die Seele eines einst stolzen Volkes…
Wir passieren Roma-Siedlungen, welche den afrikanischen Vorstadt-Slums, die wir alle von Fernsehbildern kennen, in nichts nachstehen. Da durchwühlen dutzende Kinder die Müllkübel, Männer sitzen rauchend auf lädierten Stühlen, Frauen hängen die bunte Wäsche in den Wind. Es gibt meist keine Straßen, und selbst die Wege gleichen vielmehr Furten, fast unpassierbar selbst für Geländefahrzeuge. Wie schwierig das Durchkommen für die vielen, vielen Pferdekutschen sein muss, man mag es nur erahnen!
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Hirten treiben ihre Herden direkt vor unser Auto, welches plötzlich umringt von blökenden Tieren zum Stillstand gebracht werden muss. Hier und da sitzt eine alte Frau einsam am Wegesrand, hängt den Gedanken nach. Immer wieder winken uns Menschen zu, es herrscht große Herzlichkeit unter dem Großteil der Bevölkerung. An dieser Stelle sollte auch ein Fakt nicht unerwähnt bleiben: so viele unserer bulgarischen FreundInnen stehen uns tagtäglich mit Rat und Tat zur Seite, ja, es wäre fast undenkbar, eine derart aufwühlende und große Reise ohne die Hilfe all dieser Wunderbaren auf solch souveräne Art und Weise zu schaffen…
Frau Doinar zum Beispiel, obwohl sie Rumänin ist, aber weil es gerade so gut passt, bezahlte heute unsere Strafe bei der Polizei – ein kurzer Anruf genügte, die Übermittlung des Papiers via Internet, und schon eine Stunde später war sie beim zuständigen Stadtamt gewesen. Wie wir sonst der Verfügung nachkommen hätten gekonnt, ich weiß es nicht. Nur drei Stunden nach dem Anruf hätte sich die Strafe bereits verdoppelt.
Am Abend sind wir wieder bei Tzenka. Erneut empfängt sie uns mit einem Sack voller Gemüse und Obst aus dem eigenen Garten. Diese Grünflächen sind für die meisten Menschen ein Muss, ansonsten würde sich ihr Alltag noch viel bitterer gestalten. Müssten sie diese Grundnahrungsmittel zukaufen, sie würden mit ihren schrecklich geringen Einkommen keine Chance haben, würden jeden Tag mit knurrenden Mägen zu Bett gehen.
Auch die so nette alte Dame, die am Vormittag schon hier war, ist wieder zugegen; sie hilft Tzenka nun schon fast täglich, und mit ihrer Hilfe wird die Katzenfrau eines Tages dann doch guten Gewissens die 80 Kilometer zu ihrem Bruder, zum Dentist oder zum geliebten Meer zurücklegen können, ohne in Sorge für die Schützlinge zu verfallen!
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Frau Tzenka ruft ihre Lieblinge, und Minuten später tauchen sie auf, von überall her; springen über den Zaun, klettern von den Bäumen, kriechen unter den Büschen hervor. Kurz darauf belagern sie ihre Mama auch schon, umschmiegen ihre Beine, wohl in der Hoffnung, so einen besonders leckeren Bissen zu ergattern. Frau Tzenka füttert wie immer eine selbstgemachte Brühe, mit Fleisch versetzt; später gibt es noch kleine Köstlichkeiten, und es erscheint wie ein Wunder: tatsächlich ruft sie alle Namen auf, Dutzende, und die jeweils genannte Katze erscheint mit freudigem Schnurren. So wunderbar anzusehen!
Wir könnten noch Stunden bleiben, aber es hilft alles nichts; die Sonne zieht sich bereits in ihre Schlafstelle tief im Westen zurück und auch wir müssen aufbrechen.
Erneut erst weit nach Mitternacht fallen wir in die (viel zu) weichen Betten der Herberge, die ihre besten Tage auch schon lange hinter sich gebracht hat. Sie ist zwar von außen hübsch, aber der Zahn der Zeit nagt schwer an ihr, überschattet den postkommunistischen Charme ein bisschen, der ansonsten von ihr ausgeht.
Heute geht die Fahrt nach Stara Zagora, einer nicht sehr hübschen Stadt in Mittelbulgarien. Die Ansiedlung besteht zum größten Teil aus Wohnblöcken, die uninspiriert in die Landschaft gesetzt wurden. Der überall achtlos weggeworfene Müll sticht auch hier schwer ins Auge, unvorstellbar, wie ‚Mensch‘ selbst seine unmittelbare Umwelt behandelt!
Auch in Stara Zagora durchziehen Roma-Siedlungen die Stadt, pure 3. Welt inmitten der hochgepriesenen Europäischen Union. Immer wieder müssen wir Pferdegespannen ausweichen, die trotz Verbot auch die Hauptverkehrsverbindungen nützen. Wie gefährlich das ist, offenbart jedes Mal auf ein Neues das Vorüberbrausen der schweren Lastkraftwagen, wo die Fuhrwerke dann buchstäblich zum Graben hin versetzt werden.
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Nur mit viel Mühe, das Navigationssystem mit den Gegebenheiten hoffnungslos überfordert, finden wir das erste ausgesuchte Ziel für den Tag – den Tierpark der Stadt. Nur durch die völlig uneigennützige Hilfe eines Taxisfahrers landen wir letztendlich am gewünschten Ort. Ein langer Spazierweg hinauf auf eine Anhöhe bringt uns schließlich zum Eingangstor der Tierqualanstalt. Wie immer gelingt es uns auch heute durch das Vorzeigen des Presseausweises die Anlage kostenlos zu betreten; der Eintritt wäre zwar minimal, 50 Cent für Kinder und 1 Euro für Erwachsene, aber selbst mit so einer kleinen Summe wollen wir die Tierausbeuterei nicht fördern…
Der Park ist relativ klein, doch sofort fällt ins Auge – die Situation ist schlimm wie erwartet! Viel zu kleine Käfiganlagen, ohne jede Möglichkeit zur Abwechslung für die Tiere, fast zu 100 % nur aus Beton und Eisen lieblos gestaltet, an welchen dann auch noch der Zahn der Zeit bedrohlich nagt – darüber täuscht selbstredend die einen freundlicheren Eindruck vermittelnd möchtende grelle Wandfarbe nicht hinweg –  Gefängnis pur!
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Ich möchte heute gar nicht auf all den Wahnsinn solcher ‚Bildungsstätten‘ eingehen, zu viel habe ich schon darüber geschrieben. Nur so viel – wer ist Mensch, dass er Bären, Tiger, Löwen, Füchse, Luchse und so viele andere Tiere in Löcher sperrt, ihnen ihr Leben und ihre Psyche nimmt, allein zu seinem Vergnügen?
Was treibt dieses Geschöpf, welchen Wert verkörpert es für die Lebensgemeinschaft Erde?
Die Antwort ist eine einfache, aber umso deprimierender – ‚Mensch‘ ist ein seelenloser Wanderer, ohne Wurzeln, der die Zukunft aller Geschöpfe stiehlt, und ohne Abstriche selbst die seiner Kinder. Ohne nachzudenken, ohne Gnade, ohne Reue – und das ist das besonders Furchtbare daran, ist er sich doch der Schwere seines Vergehens nicht einmal bewusst; vielleicht tut sich im hintersten Winkel des Gehirns zwar eine Regung auf, ein Hinweis auf die eigene Abscheulichkeit, aber umso geschickter versteht er diese Erinnerung, dieses schreckliche Eingeständnis, einfach auszulöschen, so als ob es nicht passiert. Er, der sogar geschützte Tierarten ohne jede Regung vernichtet, wenn sie ihm zu nahe kommen; der den Planeten zergräbt, ausbeutet, als ob es kein Morgen gäbe, der für seine Erfindung ‚Geld‘ einfach alles tut! Devisen ist seine einzige Liebe, sie verschaffen ihm zeitweilig Ruhe, wenn auch nur kurzlebig; denn egal wie hoch sein Kontostand ist, er möchte ihn weiter mehren. Er erkennt nicht seine Wut, seine Unberechenbarkeit, seine Tyrannei und sein Zerstörertum. Er glaubt sich als Herr des Leben, bringt aber immer nur den Tod. Wo er die Natur und die Mitgeschöpfe berührt, werden diese krank; eine Lebensform, welche nur verbrannte Erde hinterlässt. Er redet in salbungsvollen Reden von einem Gott, aber während seine Worte noch nicht einmal seinen Mund verlassen haben, vernichtet er auch noch den letzten Teil dessen Schöpfung. Er warnt vor dem Satan, und findet sich doch in dessen Kleid wieder…
 
Ein weiterer, stundenlanger ‚Ausflug‘ steht später an; wir beginnen die Suche nach einer Nerz-Anlage, welche, wie wir von einheimischen TierschützerInnen wissen, vor ca. einem Jahr neu entstanden sein soll. Leider wissen wir nur den entfernten Ort, gefühlt am Ende der Welt, und so suchen wir dessen Umgebung ab; als ob die Aufgabe nicht ohnehin schwer genug wäre, stellen sich auch die Umstände in Form der ‚Straßen‘ gegen uns. Fast unpassierbar zeigen sich die Wege, nicht asphaltiert und durchzogen von gefühlt halbmeter-tiefen Schlaglöchern. Jetzt, wo die Sonne vom Himmel brennt, gelingt es uns irgendwie durch den Irrgarten zu navigieren, aber an Regetagen wird sich die gesamte Landschaft vor unseren Augen in eine Welt aus Schlamm verwandeln. Wie die BewohnerInnen dann selbst einfache Einkäufe erledigen können, es wird uns ein Rätsel bleiben…
Ein großer Hütehund mit unfassbar traurigen Augen kommt uns entgegen; seine Ohren sind beschnitten, so wie man es bei Kampfhunden (solchen, die tatsächlich Kämpfe auszutragen haben, unterschiedslos ihrer Rasse) oft gesehen hat, um den Gegner noch weniger Angriffsfläche zu bieten. Um den Hals trägt er eine eineinhalb Meter lange Kette, offenbar hat er es irgendwie geschafft, die Halterung loszureißen. Der Arme möchte einfach das Weite suchen, aber bereits bei der nächsten Abzweigung kommen ihm zwei Fahrzeuge entgegen. Aus einem entsteigt ein wütender Mann, er packt das verrostete Eisending, zerrt den Hund hinter sich her, steigt wieder in seinen Wagen und fährt mit offener Autotür einfach los. Der hilflos Gefangene sträubt sich, muss aber nachgeben. Wäre es für ihn nicht einfach besser, er könnte auf der Stelle sterben? Jetzt, wo er, wahrscheinlich zusätzlich abgesichert, den Rest seines elendiglichen Daseins auf 2 qm Fläche wird verbringen müssen? Diese todtraurige Frage soll uns noch lange quälen…
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Wir finden die besagte Farm nicht; es ist nun bereits tiefdunkle Nacht, als wir uns auf den Weg zu einem Motel machen. Für 12 Euro die Nacht finden wir einen Raum, wo zwar der Duschschlauch im 1 qm Bad direkt an den Wasserhahn angeschlossen ist, aber dennoch werden wir darin den so dringend benötigten Schlaf finden!
Sagte ich ‚Schlaf finden‘? Die Formulierung sollte sich letztendlich als leicht übertrieben herausstellen… Das kleine Motel ist vielmehr eine Arbeiterabsteige, so ist es dann ziemlich laut bis weit nach Mitternacht, und schon zu Sonnenaufgang geht der Trubel erneut los.


Achtung, Achtung! Am kommenden Montag, 05.09., pünktlich um 18 Uhr, geht das RespekTiere-Radio wieder on-air! Zu empfangen über die Welle der Radiofabrik – 97,3 oder 107,5 – sowie über livestream (www.radiofabrik.at) und cablelink 98,3! Das Thema der Sendung ist der RespekTiere-Schildkrötengnadenhof, Teil 2; für das Interview waren wir erneut zu Gast vor Ort!

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