Hilfsfahrt Rumänien/Serbien – der Bericht!

Das war ein Jahr der Superlativen – so viel und so lange waren wir wahrscheinlich noch nie unterwegs gewesen, respekTIERE IN NOT im Dauereinsatz! Von Albanien, Bosnien, Bulgarien, Deutschland, Kroatien, dem Kosovo, Montenegro, Rumänien über Serbien, der Slowakei, Ungarn und Tschechien bis nach Mauretanien, in all diese Länder hat es uns die Aufgabe geführt, in vielen davon konnten wir hoffentlich Spuren hinterlassen oder zumindest wichtige Unterstützung bringen!
Zum darüber nachdenken ist aber jetzt noch nicht Zeit, gilt es doch nun diese letzte Hilfsfahrt des Jahres gut zu bewältigen. Und weit wird sie uns einmal mehr führen, liegen die Zielorte doch in Rumänien und in Serbien!
Ja, wieder werden wir wieder mehr als 700 kg an dringendst benötigten Futtermitteln zum Beispiel zu Frau Oprea in ihr Asyl am Rande Temeswars bringen, wo bis zu 150 Hunde schon mit Magenknurren auf uns warten; dann geht es wie immer nach Nadrac, jenem Ort, wo buchstäblich die Straße endet, in die ‚Sackgasse des Lebens‘. Und zu guter Letzt, Inshalla – so Gott will – sollten wir die wunderbare Frau Brukner wiedersehen, im vielleicht schönsten Gnadenort der Welt, ihrem Paradies bei Djurdjevo, einem serbischen Dort unweit von Novi Sad!
 
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Foto: ganz wichtig, eigentlich der Hauptgrund der Fahrt zu diesem Zeitpunkt, ist natürlich die Unterstützung von Frau Oprea und ihren Hunden!
So viele Sachen haben wir gesammelt, derart viele, dass wir sie unmöglich alle in unserem Van unterbringen konnten, obwohl dessen Laderaum eine wahrlich riesige Menge zu schlucken imstande ist! Aber, für jedes Problem gibt es auch eine Lösung, und so nutzten wir vor kurzem die Gunst der Stunde: ein Fahrer Frau Brukners brachte das im Sommer von uns in einem Blumenbeet ausgesetzt aufgefundene Hundemädchen ‚Tally‘ zu ihrer neuen Pflegemama nach Österreich, am Weg zurück durften wir seinem Fahrzeug ein Dutzend Bananenschachteln voll Kleidung und einige Säcke mit anderen Gütern zuladen: allesamt, die ganze Menge, bestimmt für ein vom Tierschutz Djudjevo (www.tierschutz-djurdjevo.ch) alljährlich veranstaltetes Weihnachtsfest im Jänner, wo besonders arme und alte Menschen beschenkt werden (Serbien ist ein christlich orthodoxes Land, wo das große Fest 13 Tage später gefeiert wird als bei anderen Christen-Konfessionen üblich; Grund dafür ist das Festhalten am julianischen Kalender, gleich übrigens der russisch-orthodoxen Kirche, während der Rest der Christenheit, auch die griechisch-orthodoxe oder die rumänisch-orthodoxe Kirche, den ‚neuen‘ gregorianischen Kalender 1582 übernahm, Anm.)!
Da die Grenze nach Serbien mit größeren Mengen an Waren nur schwer zu überschreiten ist, werden wir den Großteil unseres Wageninhaltes, nachdem wir also schon im Voraus in den Balkanstaat senden durften, wohl in Rumänien lassen; aber zumindest einige zusätzliche Säcke Kleidung, verschiedene Dinge des täglichen Bedarfs, sowie 5 Rollatoren, eine unverzichtbare Hilfe für gehbehinderte Menschen, sind für Frau Brukner’s Hilfswerk reserviert!

So finden wir uns wieder im wirklich aus allen Nähten platzenden RespekTiere-Mobil. Den ganzen gestrigen Tag hat es gedauert, das orange Ungetüm derart zu beladen, dass wir zumindest den Großteil der gesammelten Waren unterbringen hatten gekonnt – der Rest ist beiseite gelegt für die nächste Hilfsfahrt; denn Sie wissen ja: jedes Ende eines Einsatzes ist bereits der Beginn des nächsten! Neben mir sitzt wieder einmal Günther, der die letzten Stunden vor der Fahrt noch damit verbracht hat, kleine Päckchen mit Süßigkeiten für die Caritas-Kinder von Nadrac herzurichten. Das Wetter, zumindest anfangs, passt hervorragend für solche Unternehmungen. Die Temperatur knapp über dem Gefrierpunkt, leicht bewölkt, die Straße trocken – was will man mehr?
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Foto: das Beladen des Sprinters – jedes Mal wieder eine echte Herausforderung!
Schon im Burgenland – wie so oft – hart an der ungarischen Grenze legen wir den ersten Zwischenstopp ein. Die unvergleichliche Doris erwartet uns bereits, erneut hat sie viele, viele Sachen zusammengetragen, welche wir nur mehr mit viel Not und Mühe im Van unterbringen. Nach einer herzlichsten Umarmung – es ist soooo schön zu sehen, wie einzelne Menschen immer und immer wieder ihre Zeit und ihr Geld einsetzen, um anderen, weniger Begüterten sowie den Tieren zu helfen – überqueren wir auch schon die Grenzstation, vorbei am etwas rassistisch klingenden ‚Hotel Paprika‘ (auf ungarischer Seite wohlgemerkt) und stoßen alsbald tief hinein ins pannonische Hinterland.
Ab nun ändert sich die Witterung dramatisch. Man kann dem Quecksilber des Thermometers beim Sinken zusehen, im selben Maße steigen die Schneemengen am Straßenrand. Und urplötzlich, wie aus dem Nichts, sitzen wir einmal mehr fest: der fast übliche Stau um Bukarest. Doch dieser, so verrät uns Google Maps bald, dehnt sich über bestimmt 2 Dutzend Kilometer aus. Eine Baustelle ist der Grund, und die verursacht doch zumindest ein gewisses Nasenrümpfen; denn ist es wirklich notwendig in einer der Hauptreisezeiten des Jahres ein Projekt an der Autobahn zu beginnen, welches ein bestimmt vorauszusehendes derartiges Chaos verursacht? Noch dazu, wo erneut die Gebühren für den Highway angehoben worden sind, nun auf stolze 31 Euro für 7 Tage Autobahn-Benützung? Da bleibt bloß ein ‚Grrrr‘ auf den Lippen zurück.
Und viel Ärger im Kopf, denn Google Maps weiß auch noch, dass wir zweieinhalb Stunden im Kollaps verbringen werden, ohne Hoffnung auf eine Ausfahrt oder gar eine Abkürzung.
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Fotos: Impression beim ungarischen Tatabanya; eine wirklich nicht allzu schöne Wohnwüste…
drunter: ab nun ändert sich die Wetterlage, das Land erfriert in Schnee und Eis!
Schließlich lotst es uns aber doch eine Abfahrt hinunter, und als wir den Knoten endlich hinter uns lassen, haben wir ganze 10 Kilometer in 2 Stunden Fahrtzeit zurückgelegt! Nun ist die Straße zwar mehr oder weniger frei, allerdings kommt dichter Nebel auf. Gespenstisch wirkt die Umwelt, die Bäume im Weiß erstarrt, die Sichtweite beschränkt sich bald auf wenige Meter.
Irgendwann erreichen wir dann endlich die Grenze nach Rumänien; einen kilometerlangen Stau der LKW’s gilt es zu überholen, dann aber werden wir jäh gebremst; die Grenzkontrollen nötigen uns trotz nur weniger Fahrzeuge vor uns eine gute halbe Stunde ab; macht nichts, denn nun sind wir endlich im Karpatenland. Es ist jetzt bereits stockdunkel; die angestellte Menschenmenge vor der Vignettenstelle – das (empfehlenswerte) Papier schlägt sich seit Jahren unverändert mit moderaten 6 Euro nieder (es ist in Rumänien eine ‚Straßenbenützungsgebühr‘ zu entrichten) – wirkt wie die Umgebung selbst, nämlich in klirrender Kälte gefangen. Zwischenzeitlich hat es bis zu minus 10 Grad, ein kurzer Rastaufenhalt im Freien bringt deshalb die Lebensgeister trotz der nun schon rund 1000 Kilometer Entfernung zum Ausgangsort Salzburg schnell wieder zurück…
Ab Temeswar wird der Nebel gar noch dichter, am Wegesrand türmen sich die Schneeberge. Dazu sind die Autobahnen über weite Strecken völlig unbeleuchtet, was Konzentration und Aufmerksamkeit auf ein Höchstes fordert.
An der Tankstelle (der Sprit drohte uns auszugehen, gerade jetzt, wo wir die letzten 30 Kilometer großteils durch menschenleere Wälder anzutreten haben) sind die Zapfsäulen – es ist die einzige Versorgungsstation weit und breit – ausgefallen. Warum, wir wissen es nicht; jedenfalls deutet der Tankwart eine Entschuldigung, welche wir mit rund 10 Minuten Wartezeit übersetzen.
Danach aber geht es in den Endspurt; unfassbare Schönheit tut sich vor uns auf, als wir den Waldesrand erreichen. Die Bäume unter der Schneelast weit in die Fahrbahn hinein geneigt, starr gefroren in glitzerndes Weiß, das Land begraben unter einer dichten Schicht bauschiger Watte.
Paradoxerweise ist die Straße in die Berge hinein weitgehend frei, perfekt geräumt; als wir dann aber endlich Nadrag, die vermeintlich wiedergewonnene Zivilisation und unser heutiges Ziel, erreichen, ändert sich die Situation. Dicke Eisbrocken sind an der Fahrbahn festgeklebt, tiefe Schrunden, Schneeverwehungen; eigentlich seltsam, dass die Landstriche wesentlich besser zu befahren sind als das Ortgebiet selbst. Aber, wir sind in Rumänien, nahe am Ankunftsort, und diesbezügliche Fragen, die stellen wir uns frühestens morgen!
 
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Fotos: Reihe 1, der Verkehr an der Grenze zu Rumänien nötigt uns wieder einmal mehr als eine halbe Stunde Wartezeit ab; Reihe 2: vor der Vignettenstelle in Rumänien, eine Atmosphäre, welche eine ‚Am Schauplatz‘-Sendung durchaus rechtfertigen würde! Reihe 3: tief verschneit und gefährlich glatt ist der Weg durch die Berge hindurch! rechts: Nadrac, hoch winterlich!
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Impressionen von der Rückfahrt aus Nadrac; inzwischen setzt leichtes Tauwetter ein, aber immer noch wirkt das Land erstarrt! Oben: Ein Pferd wartet auf den Halter, der irgendwo im Wald nach abgebrochenen Ästen zum Verheizen sucht.
Nadrac ist unter einer dicken Schneelast zur Ruhe gebettet; wir finden kaum einen Platz das Auto zu parken, direkt vor der kleinen Caritas-Insel ist es tatsächlich unmöglich. Einen Meter hoch türmt sich die Pracht an manchen Stellen, und Abstellplätze sind zur absoluten Mangelware geworden. Letztendlich schicken wir das so zuverlässige Fahrzeug am schmalen Weg entlang in die verdiente Nachtruhe, in der Hoffnung, es bleibt genug von der eingeengten Fahrspur übrig, sodass morgen früh andere VerkehrsteilnehmerInnen ungehindert passieren können; sagte ich morgen früh? Es ist ja nun bereits sowieso schon halb 2 Uhr….
 
Rudi, hat uns die Türen offengelassen; der Gute wacht – zum ersten Mal seit wir hierherfahren – nicht auf, als wir die warmen Räumlichkeiten betreten!
Er hat sich die Erholung verdient – und für uns ist der Ist-Zustand gar nicht mal so schlecht, denn so können wir ohne lange Gespräche nach ein bisschen Reisebericht verfassen direkt ins wartende Bett!
Danke, lieber Gott, dass wir sicher angekommen sind!!!
 
Der nächste Morgen beginnt viel zu früh; so viele Dinge gilt es zu erledigen, deshalb ist vom Aufstehen an höchste Eile geboten! Rudi, die gute Seele von Nadrac, sowie sein Sohn Marius, beide führen das kleine von den Elementen längst schwer in Mitleidenschaft gezogene Cartias-Zentrum, erwarten uns schon mit einem duftenden Frühstück: der Kaffee verbreitet einen gar lieblichen Duft, dazu gibt es herrliches Brot und wundervolle Marmeladen. Zuerst aber fallen wir uns – so wie es sich für ‚Familie‘ gehört (und zur Familie sind uns diese herzensguten Menschen längst geworden) – in die Arme; einfach schön!
Dann aber beginnen wir auch schon den Sprinter zu entladen; wegen des vielen Schnees, weit mehr als ein halber Meter war gefallen, können wir nicht vor das Haus vorfahren, sondern müssen von der Straßenseite aus, wo wir mit Müh und Not zwischen den Schneewehen einen Platz zum Parken gefunden hatten, mit dem Entladen beginnen. Die HelferInnen bilden eine Schlange und mühevoll werden die teils wirklich schweren Kisten bald über eine Mauer nach unten weitergereicht; von einer Hand zur anderen wandern die Pakete und Säcke, bis sie ihr vorgesehenes Ziel erreichen. Einige Kinder, solche, die im Zentrum tagtäglich zu essen bekommen, helfen dabei ebenfalls; nicht zuletzt für ihre Unterstützung haben wir schon im Vorfeld auf jedes im Speiseraum des Caritas-Zentrums wartende Teller ein kleines Geschenk gelegt, Süßes und etwas zum Spielen! 🙂
Es ist jedes Mal wieder einfach unfassbar, wie viele Dinge in unserem so liebgewonnen Transporter Platz finden; bald stapeln sich die Kisten mit Kleidung und diversesten anderen Sachen im dafür auserwählten Zimmer. Natürlich bleibt auch Hundefutter in Nadrac; Rudi, der Herzensgute, füttert doch die Straßenhunde der Stadt, und einigen davon gibt er sogar Quartier. Jedenfalls stehen immer volle Futterschüsseln gleich draußen vor der Küche, und ständig herrscht ein Kommen und Gehen hungriger Vierbeiner!
 
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Fotos: tief winterliches Nadrac! Der Bus, bis zum letzten Rest vollgestopft, wird endlich zumindest von einem Teil der Last befreit! Reihe 5: Rudi’s Schützlinge warten vor der Küche auf ihre Mahlzeit! 🙂 darunter: Tisch gedeckt für die Kinder; Günther hat noch zusätzlich kleine Pakete mit Süßem gemacht! Reihe 7: Veranstaltung in der Schule; Tom im Gespräch mit der Direktorin, links Rudi! Darunter: Günther posiert für ein Bild mit der Tochter einer herzensguten Frau – das Foto kommt bestimmt ins Familienalbum, im Osten wie im Westen!
Noch ein schneller Kaffee, dann wollen wir jenen Mann besuchen, von welchem wir bereits im Zuge der letzten Hilfsfahrt berichtet hatten. Dieser wohnt in einem völlig heruntergekommenen Haus am Dorfanfang, zusammen mit seinen Kindern und einigen Tieren. Die Mama hat die vielen Grausamkeiten, entstanden wohl durch seine Trinksucht, nicht länger ausgehalten und verließ die Familie schließlich in Richtung Westen. Bitte urteilen Sie nicht über ihr Verhalten, wer mag wissen, welche Hölle sie durchlebt hat – und was vielleicht passiert wäre, hätte sie die Möglichkeit gehabt (hatte sie aber aus durchaus nachvollziehbaren Gründen nicht) die Kinder mitzunehmen. Auch so versuchte ihr Ehegatte sie in Österreich ausfindig zu machen, zur Rückkehr zu bewegen – ein Bestreben, welches aber misslang. Hätte er ihren Aufenthaltsort ausfindig gemacht, wer weiß, vielleicht wäre die todtraurige Geschichte heute durch die Zeitungen weithin bekannt, weil es dann zur endgültigen Tragödie gekommen wäre. Für die Mutter war die Flucht der einzige Weg Geld zu beschaffen, Geld, welches die zurückgebliebenen Kinder soooo nötig brauchen…
Besagter Trinker arbeitet mit einem Pferd im Wald; schwerste Baumstämme müssen aus dem Unterholz geborgen werden; dafür steht das arme Tier nach getanem Einsatz in einem finstern, völlig verdreckten Stall…
Hühner haben wir einst in seinem Hof gefunden, gesperrt in eine alte, verrostete Kühltruhe, der Deckel gerade weit genug geöffnet, um Frischluftzufuhr zu gewährleisten. Fast noch schlimmer hat das Schicksal jedoch den Hofhund gestraft; der lebt an einer schweren Kette, sein Reich besteht aus einem Meter Bewegungsfreiheit sowie einer morschen, undichten und viel zu kleinen Holzhütte. Das Fell ist völlig zersaust, verklebt, schmutzig, die Zähne sind schlecht, sein Geist gebrochen…
Wegnehmen geht nicht, nicht in einer solchen Dorfgemeinschaft. Alle Überlegungen in diese Richtung würde auf Rudi und sein Heim zurückfallen, schreckliche Dinge könnte losgetreten werden. Polizei? Nie im Leben würde die wegen eines Hundes einen unweigerlichen Streit mit einem Bewohner eingehen. Tierschutz? Fehlanzeige, gibt es nicht, nicht einmal als Schlagwort!
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So war unser Vorschlag im September, wir würden zu Essen bringen, bei jeder Fahrt, dafür müsste der Hund aber wenigstens von der Kette gelassen werden. Sich frei im Hof bewegen dürfen. Dafür würden wir die Versorgung sicherstellen, und dazu auch immer etwas für den Mann und die Kinder mitbringen.

Heute ist er wieder nicht zu Hause; dafür soll es so sein, dass wir seiner ehemaligen Frau begegnen; sie wohnt in einem anderen Dorf, geht alle zwei Monate für zwei weitere nach Österreich zum Arbeiten. Jetzt wagt sie sich zu den Kindern, inzwischen im Teenager-Alter, weil der Mann einmal mehr weg ist; wo, weiß niemand; wann er wiederkommt? Am Montag vielleicht. Oder Dienstag. Oder Mittwoch.
Zwei kleine Hunde laufen frei am Hof, sie sehen auch gar nicht schlecht aus. ‚Unseren‘ Kettenhund können wir zuerst nicht finden, die Hütte ist verlassen. Furcht befällt uns; ob der Arme inzwischen gar verstorben ist? Wunder wäre es keines, eher eine Erlösung… Wir wollen im Stall nach dem Pferd sehen, aber die Baracke präsentiert sich bis auf einen Berg Pferdemist, der nun schon die Hälfte der Stallfläche einnimmt und sich an seinen höchsten Stellen gut einen dreiviertel Meter hoch türmt, gähnend leer.
Aber plötzlich, im Halbdunkel nur schemenhaft erkennbar zuerst, da ist ein Fellknäul, ein zusammengekauertes Etwas, bewegungslos. Oh Gott, der Hund, und er ist bestimmt tot!
Plötzlich aber bewegt sich das Undefinierbare – der Arme wurde im Inneren an seiner eisernen Fessel festgehängt, im windschiefen Verschlag, voller Lücken nach außen, kauert er auf gefrorenen Maisstängeln. Nicht einmal Stroh, keine Decke, nur harte, gerupfte Pflanzenstiele, das ist sein zu Hause…
 
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Sofort bringen wir Essen, fragen nach Wasser. Der verrostete Topf neben ihm, leer und verschmutzt, wird nachgefüllt, gierig schlingt der Hungrige das Mitgebrachte hinunter. Dann erhebt er sich erstmals; lieber Himmel, sein Fell ist noch schütterer geworden, an vielen Stellen zeigt sich die nackte Haut. An anderen ist es derart verfilzt, sodass man gar nicht mehr erkennen kann ob es körpereigenes Haar oder einfach nur verklumpter Schmutz ist…
Ja, spätestens jetzt müssen wir direkt handeln; bloße Versprechungen, damit können wir uns nicht mehr zufrieden geben – was zu tun ist, darüber werden wir an anderer Stelle berichten, sobald wir Klarheit haben, was uns möglich ist…
 
Zerknirscht geht es zurück zum Zentrum; dort sind inzwischen die Schulkinder eingelangt und jedes einzelne erhält ein deftiges Mittagessen; plus unsere Geschenke! 🙂
Marius bereitet weite 20 Mahlzeiten vor; die wird er zu besonders Bedürftigen direkt nach Hause bringen, zu Kranken, zu Bettlägerigen, zu Geh-Unfähigen.

Die Zeit der Verabschiedung naht langsam aber sicher; wieder ist Rudi zu Tränen gerührt, wir übereichen noch extra mitgebrachte Weihnachtsgeschenke, aber dann sitzen wir auch schon im Van. Und wieder sehen wir den alten Mann, inzwischen fast 75, wie er zutiefst in sich gekehrt und schluchzend hinter uns herwinkt, solange, bis er kleiner und kleiner werdend schließlich aus dem Rückspiegel entschwindet. Bestimmt, wenn es auch nur einen Funken Gerechtigkeit gibt, wird er einst an einem anderen Ort für all seine Herzlichkeit, all sein Tun, den entsprechenden Lohn empfangen…
 
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Foto: Bis bald, Rudi!!!
Die Straße hat uns wieder; noch gilt es aber etwas zu tun – wir bringen dem armen Hund wenigstens eine dicke, warme Decke zum Drauflegen – welche er nur zu gerne annimmt…
Übrigens sind die Straßen erst seit gestern wieder frei; die unfassbaren Schneemengen haben die Räumdienste total überfordert, die Einsatzfahrzeuge mussten den Mächten w/o gegeben. Und damit wurde selbstredend ein riesen Chaos überall in der Region verursacht. Überschattet von schweren Unfällen, von mannigfaltigen Dienstausfällen, sogar die Schulen mussten zwei Tage geschlossen halten; Bäume waren zu hunderten umgeknickt, nur um im Fallen das Stromnetz lahmzulegen. Nadrac hatte für mehrere Tage keine Elektrizität, in den meisten Haushalten funktionierte nun nicht einmal mehr die Heizung. Das volle Programm also, und das bei Nachttemperaturen jenseits der 10 Grad minus…
Jetzt versteht man wohl umso mehr den Unmut der Menschen im Land; die dauernden Proteste gegen die Regierung, welche im Korruptionssumpf nicht zu versinken droht, sondern längst darin untergegangen ist. Wenn der Staat nicht einmal mehr die elementarsten Grundbedürfnisse des Volkes abzudecken vermag, wenn Grundnahrungsmittel immens teuer werden, Sprit sowieso, Heizöl fast unleistbar geworden ist, während die Mächtigen Häuser in Florida erwerben und Luxuskarossen fahren, dann läuft etwas gewaltig schief im ohnehin fragilen Gefüge.
 
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Wussten Sie dass…
Der Name ‚Rumänien‘ stammt von Begriff ‚roman‘ ab, was so viel wie ‚Rumäne‘ bedeutet; der Ursprung liegt im lateinischen Wort ‚romanus‘, also ‚Römer‘ oder ‚römisch‘. Das Land dehnt sich über 240 000 Quadratkilometer aus und ist damit fast dreimal so groß wie Österreich. Es beherbergt 19,9 Millionen Menschen. Die Einwohnerzahl der Hauptstadt Bukarest, 1,84 Millionen Menschen, lässt sich mit jener von Wien, 1,87 Millionen, vergleichen. Das Karpatenland grenzt an fünf Nachbarländer, an Bulgarien, Serbien, Ungarn, an die Ukraine und an die Republik Moldau. Ein interessantes Detail seiner langen und wechselhaften Geschichte ist vielleicht, dass es als einziges Land des Warschauer Paktes, wo es nach dem 2. Weltkrieg eine politische Heimat fand, ununterbrochen diplomatische Beziehungen zu Israel unterhielt. 1989 stürzte das Volk die kommunistische Regierung und leitete den Übergang zur Annäherung an den Westen ein. 2004 wurde Rumänien Mitglied der Nato, 2007 der Europäischen Union.
Der dominierende Gebirgszug des Landes sind die Karpaten; während wir in Österreich zu unserer Schande mit einer Handvoll Wölfe dem Anschein nach nicht umgehen können, leben in diesem rumänischen Gebirgszug weit mehr als 3 000 dieser wunderbaren Tiere, ohne dass es zu nennenswerten Problemen mit der Bevölkerung kommt. Noch beachtenswerter aber ist die Anzahl von Braunbären – rund 6600 deren sollen die Berge bewohnen!!! Was vielleicht auch nicht viele wissen: es gibt in Rumänien sogar Delphine, und zwar in der Dobrudscha-Region am Schwarzen Meer. 23,4 % des Landes sind als Natura 2000-Schutzgebiete ausgewiesen. Hört sich viel an, meinen Sie vielleicht; allerdings ist in der Bevölkerung der Sinn und Zweck von
Schutzgebieten nicht wirklich im Bewusstsein verankert. Ein Fakt, welchen sich Rumänien-Reisende anhand vieler Verbrechen gegen die Natur – durchgeführt vor allem von ausländischen Firmen, geschuldet der ausgeprägten Korruption, wobei die österreichischen Holzbarone einen großen Anteil am ausufernden Wahnsinn haben – schnell bewusst werden.
Nach dem 2. Weltkrieg ist die Einwohnerzahl stetig nach oben gewandert, zum Zeitpunkt der Revolution 1989 erreichte sie ihren Allzeit-Höchststand von rund 23 Millionen. Seither sinkt sie aber wieder, und heute leben weniger als 20 Millionen Menschen in Rumänien. Wenig überraschend kam es zu einem nahezu unglaublichen Schwund von über 8 % nach dem Beitritt zur EU, wo viele mit der Grenzöffnung den Absprung in den Westen wagten. Die starke Abwanderung ist aber nur ein Grund, auch eine ‚Fruchtbarkeitsrate‘ von nur 1,3 Kindern pro Frau schlägt sich in der Statistik nieder. Ein Trend, der sich weiter fortsetzt.
Die Geschichte wollte es, dass Rumänien heute ‚eine romanische Insel in einem slawischen Meer‘ ist. Seine Einwohner sind fast 90 % rumänischer Abstammung, dazu kommen zahlreiche andere Volksgruppen, etwa 6,5 % Ungarn, oder 3,3 % Roma. Heute beträgt der noch Mitte des 20.Jahrhunderts hohe Bevölkerungsanteil an Dreisprachigen nur noch 0,2 %.
 
Seine größte Ausdehnung erreichte Rumänien übrigens nach dem 1. Weltkrieg, wo ihm weite Teile der zerfallenen Österreich-Ungarn-Monarchie zugesprochen wurden. Eine unrühmliche Rolle übernahm das Land im 2. Weltkrieg, wo man sich ab 1930 außenpolitisch stark an Nazi-Deutschland orientierte, sich 1941 am katastrophalen Feldzug gegen die Sowjetunion beteiligte. Fast 400 000 Soldaten verlor das Land im Krieg und das Regime war an der Ermordung von rund 270 000 Juden direkt beteiligt.
Nach dem Krieg wurde der Einfluss Russlands immer spürbarer. 1947 musste der letzte König Rumäniens, Mihai I., abdanken, ein Jahr später wurde die Volksrepublik, 1965 die Sozialistische Republik Rumänien ausgerufen. Nicolae Ceaușescu übernahm den Vorsitz der diktatorisch regierenden kommunistischen Partei und führte das Land – er scheute auch den Konflikt mit Russland nicht – bald mit eiserner Hand. Als es zu Versorgungskrisen kam, probte das Volk den Aufstand. Ceausescu setzte dem seine Geheimpolizei, die berüchtigte Securitate, entgegen und behielt derart seine Macht bis zum Mauerfall. Dann ging alles schnell: die jahrelang aufgestaute Wut entlud sich in der Rumänischen Revolution, welche zu Anfangs blutig niedergeschlagen wurde – es kam zu Straßenschlachten mit rund 1000 Toten – aber als sich die Armeeführung schließlich mit dem Volk verbündete, zog sich die buchstäbliche Schlinge um den Hals des ‚Führers‘ zusammen. Kurz nach Weihnachten 1989, am 25. Dezember, wurde er verhaftet, zusammen mit seiner Frau in einem Schnellverfahren zum Tode verurteilt und in Folge standrechtlich erschossen.
Das Land erholte sich daraufhin aber nur langsam von den Versäumnissen der kommunistischen Ära. Es durchwanderte mehrere Staatskrisen, zuletzt gab es 2017 die größten Massenproteste in der Geschichte Rumäniens. Alleine in Bukarest gingen 500 000 auf die Straße und demonstrierten eindrucksvoll ihren Unmut gegen die Regierung, welche immer tiefer in einen Amtsmissbrauchssumpf schlitterte.
Korruption ist noch immer ein tragendes Thema im Karpatenland (aussagekräftig ist der Fakt, dass die rumänische Sprache mindestens 30 Umschreibungen für Schmiergeld kennt) – genau wie die Straßentier-Problematik! Zigtausende, manche Quellen sprechen von weit mehr als 10 Millionen, Straßenhunde wurde vergast, erschlagen, vergiftet, erschossen. Und ein Ende der Schande ist noch gar nicht abzusehen…
Alleine Bukarest beherbergt weit über 60 000 Straßenhunde, die Situation erfährt auch nach vielen Jahren Intervention von Tierschutzgruppen kaum Besserung. Jede/r Rumänienreisende kann ein Lied vom Leid dieser Tiere singen, und der Song hat eine gar traurige Melodie. Sie kündet von unfassbarem Leid, von Kummer und Schmerz!
Mitten hinein in diesen Wahnsinn verschlägt es uns nun schon seit mehr als 10 Jahren regelmäßig.
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Die Fahrbedingungen sind heute aber geradezu ideal; ab und dann lugt sogar die Sonne hervor, erwärmt den ansonsten bitter kalten Tag wenigstens ein bisschen. Bald schon erreichen wir aufgrund der perfekten Bedingungen Temeswar, wo uns nun allerdings der Stadtverkehr zu erdrücken droht – kein Wunder, verfügt das Straßennetz, sowieso ständig überlastet, doch im Moment über nur die halben Fahrspuren – die anderen sind zugeschüttet vom Schnee, aufgewühlt von den Räumfahrzeugen; die wussten, auch in Temeswar selbst waren um die 60 Zentimeter des weichen Weißes gefallen, nicht mehr wohin mit der riesigen Menge. So besann man sich darauf – es gab auch keine andere Wahl – nur die allernotwendigsten Korrekturen vorzunehmen, in Fakt eine Spur auf Kosten der zweiten freizuschaufeln. Alles andere wurde auf ‚später‘ verschoben. Eine echte Notsituation also!
Überall ragen zudem von der Schneelast gebrochene Äste in die Hauptverkehrsadern; eigentlich kaum zu glauben, dass man unter diesen Voraussetzungen dann überhaupt noch, wenn auch nur sehr langsam, vorankommt. Und die Zeit läuft, müssen wir ja vor Einbruch der Dunkelheit ‚Colt Alb‘ erreichen, das Tierheim der Frau Oprea, welche mit ihren 85 Jahren noch immer gut 100 Hunde in ihrem entlegenen Asyl versorgt. In der Dunkelheit wäre die Zufahrt, ohnehin immer eine Herausforderung, unter den gegebenen Verhältnissen wohl kaum zu schaffen.

Tiberus, der Schweigersohn der so hoch verehrten Frau Doina, welche uns seit Gedenken für die Rumänienfahrten Kost und Quartier sowie ihr Herz zur Verfügung stellt, wird uns trotz seiner Erkrankung begleiten – wir benötigen einen Dolmetscher, und der immer Hilfsbereite spricht perfektes Deutsch!
So treffen wir ihn standesgemäß bei einer Kirche; diese wird übrigens gerade saniert, dennoch wirkt sie, eine rumänisch-orthodoxe, einfach Ehrfurchtsgebietend. Später werden wir sie betreten, und gefangen sein von der Wärme und der einfachen Pracht, welche ihr Innerstes ausstrahlt…
 
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Fotos: Einsatz bei Frau Oprea!
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Ja, was wir fast vergessen, besser in die hintersten Winkel der Gedankengänge verdrängt hatten, stürzt nun mit voller Wucht auf uns herein – die Gedanken an die Zufahrt zum Asyl, welche schon bei idealem Wetter schwer zu bewältigen, bei Regen oder Schnee aber dann fast unmöglich zu befahren ist… dem Himmel sein Dank, welch ein Zufall, war jedoch gerade ein Raupenfahrzeug (!!!), dabei gewesen, den Feldweg einigermaßen passierbar zu machen. Sagte ich einigermaßen? Eine glatte Übertreibung, den im normalen wird selbst jetzt niemand den Weg auf sich nehmen! Links und rechts türmt sich der Schnee, es ist furchtbar eng, es ist glatt, matschig, knietiefe, 2 Meter weite Schlaglöcher, nun von Schnee und Eis kaschiert, machen das Ganze zum zusätzlichen Erlebnis. Andere zahlen für eine derartige Action, wir bekommen sie gratis, frei Haus, sozusagen! Eisschollen in den Pfützen stellen für die Reifen eine wahre Tortur dar, dazu immer wieder glitschige Anstiege, und über den Weg hängende, schneestarre Äste tun ihr übriges, um uns beim letztendlichen Erreichen des Asyls ein Kreuzzeichen zu entlocken!

Vali, der Arbeiter und Nachfolger von Frau Oprea, erwartet uns bereits – und mit ihm die so liebgewonnene Hundeschar!!!! Auch Frau Oprea müht sich durch die Eisesglätte, ihre herzliche Umarmung entschädigt für die Strapazen. Auch für sie und für Vali gibt es Geschenke, warme Jacken und Bonbonniere zum Beispiel, dann geht es aber an die Arbeit: gut 700 kg an Hundefutter wollen entladen werden, aus einem Van, wo noch immer viele Schachteln, Rollatoren und andere Güter, für Frau Brukner in Serbien reserviert gelagert sind. Wie geht sich so viel Fracht aus in dem gar nicht so riesig wirkenden Laderaum? Fragen Sie die Mercedes-Ingenieure, die ganz offensichtlich einen wirklich tollen Job verrichtet haben!
Schon stapelt sich die lebensrettende Lieferung vor dem aufgespannten RespekTiere-Transparent. Und dann, nach getaner Arbeit, gehören die Hunde uns, für eine ganze halbe Stunde! Wie sie, die meisten zumindest, die Streicheleinheiten genießen! Sooo unfassbar schön, sie alle gesund und munter wiederzusehen. Ja, einige zeigen Anzeichen von Entbehrungen, vor allem der Wetterlage, der Kälte und der Feuchte geschuldet, besonders die Alten; aber alle sind durchwegs gut genährt – viele nun sogar schon ein bisschen zu gut, was aber ob der Winterkälte bestimmt nicht schadet 🙂 – und sämtliche, sogar der sonst so grantige Arthos, zeigen sich heute aus irgendeinem Grunde von ihrer besten Seite! Ob sie es ahnen, dass wir soeben ihre Ernährung den Winter über sichergestellt haben?

Das Asyl ist natürlich ebenfalls im Schnee versunken; jener Generator, welchen wir vor einem Jahr gekauft haben, verhindert aber eine Misere, er sorgt beispielsweise dafür, dass die Pumpe Wasser vom grundstückseigenen Brunnen nach oben befördert. Was für eine wichtige Investition das Gerät doch war! Lange haben wir über die hohe Ausgabe nachgedacht, doch jetzt sehen wir mit eigenen Augen: ohne den dieselbetriebenen Stromerzeuger, da wäre das Leben für die Hunde und für die Menschen – auch andere Elektrogeräte wie etwa ein Heizkörper können ‚zugeschaltet‘ werden – noch viel schwieriger auf einer Parzelle, die ansonsten weder über Strom, noch Wasserleitung oder Kanal verfügt.
 
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vorletztes Foto: Vali vor dem so wichtigen Generator, ein Geschenk der RespekTiere-Familie!
Ratten gibt es auch noch zuhauf; zumindest bringt einer der HeimbewohnerInnen stolz eine riesige, totgebissene und legt sie uns fast vor die Füße. Die Arme war zu langsam für den Jäger, der – so sagt es Vali – jeden Tag zwei oder drei erwischt…
Bis zum Frühjahr wird das mitgebrachte Hundefutter reichen, und dann werden wir wieder zur Stelle sein; keine Sorge. Das ist ein Versprechen!
Die Verabschiedung fällt schwer, aber es wird nun langsam richtig dunkel; und schon wieder schlängelt sich das orange Ungetüm durch Schnee, Matsch und Eis und bringt uns sicher auf die befestigte Straße zurück!

Am Abend sitzen wir endlich, endlich, endlich mit Frau Doinar und ihrer wunderbaren Tochter Raluka bei einem fantastischen veganen Essen und genießen die uns gegebenen Zeit zu viert. Hab‘ ich es schon erwähnt? Rumänienreisen, die sind immer auch ein Zurückkommen zur Familie – zur tierlichen wie zur menschlichen.
Noch gibt es jede Menge zu tun, ein Bericht will verfasst sein, außerdem muss trotz der späten Stunde eine Facebook-Meldung raus – vielleicht vermisst uns ja ansonsten jemand in der fernen Heimat schmerzlich! 🙂
Dann aber, das weiche Bett wartet, die Uhr zeigt mittlerweile leider wieder weit nach Mitternacht, kommt der Körper endlich zur Ruhe; Gedanken an den armen Hund bei jenem gnadenlosen Trinker halten dennoch vom Schlaf ab. Die Müdigkeit des Geistes, so weiß es die schmerzvolle Erfahrung, kann in solchen Situationen mit der Müdigkeit des Leibes keineswegs mithalten… Struppi, jene so wunderbare Hündin, welche wir einst aus dem Kastrationsprojekt bei Frau Oprea in Frau Doinas liebende Hände übergeben durften, schläft zudem bei mir im Bett und ihre andauernden Liebkosungen tun das Übrige, um letztendlich deutlich zu wenig Schlaf zu finden!
Das Wetter schlägt langsam um; es ist am beginnenden neuen Tag nicht mehr so beißend kalt, die Temperatur pendelt sich um den Gefrierpunkt ein. Heute gehen wir es, zumindest vermeintlich, etwas ruhiger an. Beim Frühstück in Frau Doinas einladender Küche gesellt sich Peter, ihr Sohn, zu uns. Es ist immer eine Freude ihn wiederzusehen, er, der vor einigen Jahren einen Weg zum Ausstieg aus herkömmlicher Lebensweise gewählt hat. Auf einem nahen Grundstück hält er nun mehrere Schafe, beim verfallenen zugehörigen Haus ist die Hängematte zwischen den zernagten Mauern montiert. Selbst knappe Minusgrade nötigen ihm keinerlei Respekt ab, er schläft dann dennoch im Freien, unter mehreren Decken begraben; an seiner Seite der große Hütehund, der dieses Leben ebenfalls zu genießen weiß.

Dann müssen wir aufbrechen; noch immer hängen dicke Eiszapfen von den Dächern, nun jedoch beginnen die gläsernen Stalagtiten langsam aber sicher, gerade rechtzeitig zum fast schon planmäßigen Weihnachtstauwetter, zu tropfen. Hier wird der warme Wind allerdings viel Arbeit haben, will er das Land bis zum Heiligen Abend von der Schneelast gänzlich befreien – gilt es doch einen halben Meter Schnee wegzuschmelzen!
 
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Foto unten: Struppi aus dem Kastrationsprojekt, bei Frau Doina!
Eine letzte Umarmung, ein Kuss auf die Wange, und dann treibt der kräftige Motor den Van auch schon durch den Schneematsch der Straße. Frau Doina, sie winkt ein letztes Good-Bye – wir sehen uns bald wieder!!!
Das Radio warnt vor Glatteis, dennoch kommen wir gut voran. Dr. Kiss möchten wir gerne besuchen, die Ärztin des Kastrationsprojektes, aber leider ist sie im Einsatz, die Ordination geschlossen. So lenken wir das gutmütige Fahrzeug gleich in Richtung Serbien, auf zu Frau Brukner!
In einer kleinen Stadt vor der Grenze halten wir nochmals; im Park ist ein Rudel Straßenhunde, die bekommen zu essen, und dann muss auch noch ein kleiner Protest vonstattengehen – ein Aktivist im Hundekostüm, eine blutige rumänische Flagge, ein Transparent ‚Deat Penalty for Innocents? Stop Killing Stray Dogs!‘ und das Ganze findet schnell Aufmerksamkeit!

Etwas nach Mittag erreichen wir die zwischenstaatlichen Balken; alles scheint super zu funktionieren, aber letztendlich – die Serben wollen uns nicht reinlassen! Grund sind all die Sachen, welche wir für Frau Brukner’s Tierschutz Djurdjevo gesammelt haben! Die Beamten meinen, der Grenzübergang wäre nur für Touristen, wir sind aber offensichtlich eine Hilfsorganisation und müssen daher einen größeren, eineinhalb Stunden entfernten Übergang nehmen. Obwohl schon bei der Ankunft ein klares ‚Nein‘ ausgesprochen worden war, untersuchen Polizei und Zoll dennoch über eine halbe Stunde lang unser Gepäck; sie empfinden es für ok, eine Einreise gestatten sie trotzdem nicht…grrr… neben dem Ärger stehlen sie uns somit auch noch eine zusätzliche Menge an Zeit!
Es nützt nichts, wir wünschen den Uniformierten entgegen des Verdienens dennoch eine gute Weihnacht; der Umweg soll uns letztendlich erst um 17 Uhr serbischer Zeit zu Frau Brukner bringen, nach inzwischen mehr als 7 Stunden Fahrzeit, bei geplanten zweieinhalb oder drei…
Es geht nun wieder unverändert durch tiefstes rumänisches Hinterland, vorbei an Schafherden und an eingefrorenem Leben; tatsächlich scheint der Schnee alles Tun unter sich erstickt zu haben, die sonst so belebten Ortschaften wirklich ausgestorben und menschenleer. Begraben unter einer dicken Schicht Frieden. Eine nahezu gespenstische Ruhe umgarnt uns.
In jener Region hat es noch mehr geschneit, ganz offensichtlich, und da das Thermometer nun wieder deutlich unter null zeigt, schmilzt die Pracht auch nicht. Die Fahrt führt entlang der serbischen Grenze, überall taucht Grenzpolizei in ihren dicken Jeeps auf. Und hunderte Fasanen, über mehrere Kilometer hinweg gleich neben der Fahrbahn – warum, wir wissen es nicht. Es macht den Anschein, als ob eine große Jagd bevorsteht würde und die armen Vögel extra dafür aus Kisten entlassen worden waren. Jedenfalls wirken sie in dem Umfeld völlig orientierungslos, eingeschüchtert. Unfassbar!!!
 
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Dann die Grenze; der Beamte ist sehr freundlich, er ‚borgt‘ sich einen Sack Hundefutter, dann winkt er uns tatsächlich weiter! Wenigstens etwas!

Auch Serbien zeigt sich tief winterlich. Wie schon die letzten hundert Kilometer in Rumänien gibt es dieseits der Grenze ebenfalls kaum Dörfer, nur endlos weites Land. Alaska pur, inklusive Schneeverwehungen und ansatzweiser Schneeblindheit!
Dann sind wir endlich bei Frau Brukner. Gott, wie haben wir die so tolle Frau vermisst! Und wie sie sich freut, als wir die vielen Dinge aus dem Van entladen – es ist kaum zu glauben, dass wir bei der Abfahrt von zu Hause gut die vierfache Menge untergebracht hatten, denn es ist immer noch so viel an Ware da! Besonders die Rollatoren können Menschen immense Hilfestellung leisten, aber natürlich ebenso die viele warme Kleidung, nicht zu vergessen, die Stofftiere, welche bestimmt Kinderherzen vor Freude glühen lassen werden!
Sooo schön, auch hier die liebgewonnene Hundeschar wiederzusehen! Besonders freut mich der Anblick des alten Hofhundes Peppi, welchen ich so fest in mein Herz geschlossen habe! Aber auch die beiden Teenager, die jetzt an mir hochspringen, sie lassen mein Innerstes erbeben – erinnern Sie sich, die waren bei unserem letzten Besuch vor 3 Monaten in Säcken verschnürt von einem Mann im Kofferraum seines Autos gebracht worden; hätte Frau Brukner sie nicht aufgenommen, sie wären im selben Sack, hoffnungslos gefangen, im Straßengraben gelandet…
Frau Brukner bestellt uns vegane Pizzen – derart köstlich – und dann bleibt noch Zeit für eine herzerwärmende Unterhaltung! Möge Gott diese Frau segnen, denken wir, was sie und ihr Verein hier am Balkan an einem Tag leisten müssen, schaffen viele Menschen nicht in ihrem ganzen Leben…

Mühsam kämpft sich der Sprinter schließlich aus dem weltschönsten Gnadenhof zurück auf die Straße. Mit mulmigen Gefühl denken wir an die Begegnung – es ist in der Tat eine riesen Ehre, mit einem Menschen befreundet sein zu dürfen, von welchem man weiß, einst wird dieser als eine unsterbliche Legende für alle Zeiten in den Annalen der Tierschutz-Geschichtsschreibung zurückbleiben…
 
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Fotos: Tiertransport mit dem Traktor bei starken Minusgraden…
darunter: in Frau Brukner’s Paradies…
letztes Bild: einer der beiden geretteten Hunde, welche bei unserem letzten Besuch in einem Plastiksack verschlossen abgegeben worden waren… heute das blühende Leben! 🙂
Gegen 6 Uhr abends erreichen wir endlich ‚unser‘ Motel in Novi Sad; jenes, wo man ein riesiges Zimmer samt WLAN bekommt, für ganze 10 Euro. Selten habe ich mich so auf ein bisschen Ruhe gefreut…
Doch die währt nur kurz; nach einer heißen Dusche, zu meiner Schande der ersten seit der Abreise übrigens, sitzen wir auch schon wieder im Stadtbus und lassen uns mitten rein in die wunderschöne Stadt chauffieren. Um dorthin zu gelangen, ist das öffentliche Verkehrsmittel – wie für die allermeisten Ballungszentren – die bei weitem beste Alternative (besonders bei einem Ticketpreis von gerademal 50 Cent!!!). Denn, wo es kaum Parkplätze gibt, und wenn man doch einen findet, weiß man meist nicht wie, wo und wieviel man dafür bezahlen sollte, kann die Fahrt mit dem eigenen Auto schnell zur Qual werden.  Jede Anstrengung in das Zentrum der Stadt zu gelangen, wie auch immer geartet, zahlt sich aber letztendlich wirklich aus, denn ob Sie es glauben oder nicht, Novi Sad hat eine der schönsten und belebtesten Fußgängerzonen Europas. Der Hauptplatz ist prächtig restauriert, ein großartiger Dom erstrahlt im neuen Glanz. An jeder Ecke suchen MusikantInnen ihr Auskommen, es wird gesungen und getanzt. Manchmal auch ein bisschen gegrölt, zugegeben. Aber das tut dem Ganzen keinen Abbruch. Kleine Stände wechseln mit den Geschäften der großen Modelabels, tausende Lichter erzeugen eine ganz eigene Stimmung. Und überall Sitzplätze im Freien, im Sommer weilen dort tausende Menschen in Gespräche vertieft, während ringsherum Musik aller Art ertönt. Von der Rockmusik bis zur Klassik, von Techno bis zum Country – einfach wunderschön.
Und auch heute, obwohl die Vojvodina-Metropole ebenfalls von dicken Schneebergen geplagt ist, treibt es eine Masse durch die Innenstadt, dass dem Betrachter Hören und Sehen vergeht. Leider auch Fiakerpferde, welche dreist dumme ZeitgenossInnen zweihundert Meter durch die Fußgängerzone kutschieren und wieder zurück. Die armen Tiere, in der Kälte erstarrt und mit angstgeweiteten Augen, sind mit sogenannten Poo-Bags ausgestattet, welche ihnen wohl ein weiteres Unwohlsein bereiten.
Ein Weihnachtsmarkt, so kitschig, dass es schon wieder schön ist, breitet sich aus, die Beleuchtung zwischen den Häuser vermittelt hochweihnachtliches Flair – anders als sonst, wo Glocken und Schneeflocken und dergleichen dominieren, ist es hier die Friedenstaube, die riesengroß über den Köpfen zu schweben scheint.
Für all diese Dinge haben wir jedoch den Weg nicht auf uns genommen; es gilt noch Arbeit zu tun! Und bald, es ist der Zweck unseres Kommens, sieht die Masse wieder das ‚Stop Killing Stray Dogs‘-Transparent. Wie fast immer am Balkan finden sich auch heute schnell junge Menschen, welche spontan mithelfen den Stoffbanner zu präsentieren!
Die Botschaft ist also angekommen, Herz, was willst Du mehr?
 
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Gegen halb 11 sind wir dann wieder im Motel zurück, müde aber durchaus zufrieden!
Die Uhr zeigt dann jedoch erneut halb ein Uhr morgens, bis endlich das Licht ausgeht; von draußen dringt das ständige Plätschern des Schmelzwasser durch die nicht ganz schließenden Fenster, ein ununterbrochenes Rinnsal, welches aus großer Höhe vom Dach des Motels auf das Blech der Veranda darunter tropft; es ist nun auch hier schnell viel wärmer geworden, und trotz der Schneemenge wird es deshalb wohl auch in Novi Sad mit seinem riesigen ‚Vorrat‘ an Schnee, keine weiße Weihnachten geben, nicht bei prognostizierten 12 Grad für die folgenden Tage!

Um 7 Uhr läutet der Wecker und beendet die erneut zu kurz ausgefallene Nachtruhe. Günther wartet schon beim Frühstück – für 2 ganze Euro serviert das Motel ein unfassbar großzügiges veganes Buffet, welches keine Wünsche offenlässt!
Dann sitzen wir auch schon im Van, es geht Richtung heimwärts! Davor aber haben wir uns noch eine Aufgabe auferlegt – an den Wochenenden findet in Novi Sad immer der große Markt statt, der dann auch einen Tierverkaufsplatz inkludiert. Wir haben im Zuge der letzten Reise bereits darüber berichtet; unfassbare Zustände machen den Anblick der in Kisten und Käfige gesperrten Tiere – Hunde, Katzen, Vögel, Kaninchen, usw. – zur ultraharten Pein… dennoch, der Wahnsinn soll für die Zukunft aufgezeichnet werden, schon bald soll es auch einen Protest deswegen bei der Botschaft in Wien setzen…
Wir finden schließlich einen Parkplatz, inmitten des sich ausbreiteten Matsches. Tatsächlich hat nun auch noch warmer Wind eingesetzt und der verwandelt das wunderschöne Weiß nur allzu schnell in eine schmutzige Brühe.

Hunderte Menschen versuchen ihre Altwaren an Mann und Frau zu bringen, dazwischen bereiten EssensverkäuferInnen Hot Dogs, Burger und die landestypischen Langos oder Palatschinken zu. Kaufen kann man hier alles, angefangen vom Autozubehör bis hin zur Zahnbürste. Heute aber, anders als sonst, kaum Tiere. Tote Fische für das blutige Weihnachtsmahl, das leider schon, aber keine lebenden, keine Hunde, keine Hasen oder dergleichen. An einem Stand allerdings finden sich dutzende Wellensittiche und andere Papageienartige eingesperrt in viel zu großer Menge in viel zu kleinen Käfigen. Mit den schmelzenden Schneemassen im Hintergrund ein umso traurigeres Bild…

Jetzt, es ist bereits wieder kurz vor Mittag, müssen wir aber wirklich los. Noch passt das Wetter, obwohl der Föhn oder was immer sonst die hohen Temperaturen verursacht – es hat zwischenzeitlich 12 Grad über null – es doch in sich hat, das Wohlbefinden beträchtlich zu beeinträchtigen.

Schnell erreichen wir die rumänische Grenze, wo unsere Vorahnungen der Erfüllung harren – die Fahrspuren in Richtung ‚Good old Austria‘ sind nahezu leergefegt, dafür aber breiten sich endlose Staus in gegensätzlicher Richtung aus: Gastarbeiterfamilien, offensichtlich ‚driving home for Christmas‘! Und es kommt für die in den endlosen Blechschlangen Gefangenen noch schlimmer; im Prinzip steht Auto an Auto letztendlich von Österreich bis nach Serbien, dutzende Staus, manche davon bis zu 50 Kilometer lang, wie der Verkehrsfunk im Radio bald verrät! Da werden wohl einige die Nacht im Auto verbringen müssen…
Wir hingegen kommen gut voran; obwohl uns die serbisch-ungarische Grenze doch einiges an Zeit abverlangt – das allerdings trotz nur weniger Fahrzeuge, geschuldet umso genaueren Kontrollen. Jetzt setzt auch immer wieder Regen ein, ab Budapest sogar strömender. Wir gönnen uns kaum Pausen und so erreichen wir zu Einbruch der Dunkelheit bereits wieder österreichisches Gebiet! Am roten Abendhimmel zeichnen sich die inzwischen hunderten Windräder ab, welche den Übergang der pannonischen Tiefebene hinein ins burgenländisch-niederösterreichische Flachland ankündigen. Dort gibt es nun auch den letzten Zwischenhalt: die so wunderbare Doris und ihre Tochter Anna hatten wieder derart große Mengen an Hilfsgütern gesammelt, dass wir bei der Hinfahrt nicht mehr alles im Sprinter unterbringen konnten; so nehmen wir den Rest heute mit, um unsere Lager zu Hause aufzufüllen. Sie wissen ja, jedes Ende einer Hilfsfahrt ist bereits schon wieder der Anfang der nächsten – aber auch das haben wir bereits erwähnt! :=)
In St. Pölten verabschieden wir uns – Günter fährt weiter mit seinem eigenen, in der blau-gelben Metropole abgestellten Wagen nach Salzburg, während ich den kürzeren Weg zu meinen Eltern ins unweite Kammern bei Krems antrete. Die Verabschiedung ist dieses Mal eine besonders herzliche. Was war das für eine emotionale, alle Reserven abverlangende Fahrt gewesen; und trotz so mancher nicht so guten Vorzeichen hat dann doch alles ganz wunderbar geklappt. Wir haben fantastische Menschen getroffen, so viele uns ans Herz gewachsene Tiere, und leider noch mehr solche, welche so dringend unser aller Hilfe benötigen.
 
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Foto: auchhier will anscheinend niemand mehr die alten Pelze kaufen…
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Fotos: Marktimpressionen
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Fotos: oben, der vorprogrammierte Stau in Richtung Osten, hier an der ungarisch-serbischen Grenze!
Mitte: in Ungarn selbst ist der Schnee dann gänzlich verschwunden, stattdessen zeichnet sich ein wunderschöner Regenbogen am Himmel ab.
unten: die pannonische Tiefebene mit ihren inzwischen hunderten Windrädern.
Was bleibt zurück? Ein paar Tage in sich gehen, nachdenken, aber dann wiederkehren mit noch mehr Kraft, mit noch mehr Mut, mit noch mehr Energie. Wir dürfen nicht nachlassen, nicht einmal ‚bloß genau so weitertun‘, wir müssen uns sogar steigern, deutlich, denn sonst sieht es nicht gut aus für die Erfüllung der Aufgabe, welche wir von uns selbst auferlegt haben. Und diese ist eine um nichts Geringere, als alles zu geben, bis zum letzten Atemzug, um letztendlich einen Unterschied gemacht zu haben. Ein Vermächtnis abzugeben, um in den Herzen wenigstens einiger besonders Liebgewonnenen einen fixen Platz einzunehmen, einen Platz, der so tief sitzt, dass am Ende des Tages vielleicht ein klein wenig davon übrigbleibt, von dem, was man persönlich für die Mitgeschöpfe gefühlt, getan hat. Wir sind an dieser Stelle wieder zurück, beim Mut, der Energie, der Kraft – bitte, bitte, lasst uns diese unsere Attribute zusammenfügen, zusammen erleben, zusammen aushalten, denn dann, wer weiß, wohin uns der Weg zu führen vermag! Bis ins Tal der Hoffnung, dort, wo ein neuer Gedanke geboren werden wird – ein Gedanke, der Veränderungen in sich birgt, Veränderungen, welche dazu beitragen, die Mitgeschöpfe endlich, endlich mit jenen Augen zu sehen, welche sie als gleichwertig betrachten. Wir, ‚Mensch‘, mittendrinnen, als Gleicher unter Gleichen. Denn nicht mehr und nicht weniger schulden wir ihnen, und damit letztendlich auch uns; nur so kann die Bestie im Inneren ausgemerzt werden, die Schöpfung zur Ruhe kommen…
 
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Reise-Impressionen:
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Letztes Foto: die verdiente ‚Dusche‘ nach dem Einsatz – das viele Salz muss vom Auto runter!
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Foto: ein einsamer Straßenhund mitten im nirgendwo – so viele davon gibt es, und sie alle brauchen unsere Hilfe!
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