Schande! An jedem verdammten Tag…

Straßenhunde leiden bittere Not. Überall in der Welt. An allen Orten wo sie vorkommen, sterben sie zu Millionen. Erschossen, vergiftet, von Autos angefahren. Verfolgt und Erschlagen. Sie verhungern, besonders im Winter. Erfrieren, verdursten, vegetieren. Wie Gespenster wandeln sie auf Erden, unbeachtet und unbeweint. Schattengleich. Sie kommen und sie gehen, in unfassbarer Anzahl. ‚Mensch‘ entblößt an ihnen seine ‚Menschlichkeit‘, führt den Begriff ins Absurde. Was wir ihnen angetan, es steht bis in alle Ewigkeit unverrückbar mit dicksten Lettern ins Schwarzbuch des Homo Sapiens geschrieben. Unauslöschlich. Ein dunkler Fleck auf unseren Seelen, der von schlimmsten Verrat und von mit nichts zu vergleichender Erbarmungslosigkeit kündet. Der ‚beste Freund des Menschen‘? Schizophrenie eines kranken Geistes, der längst das Band zwischen den Lebend-Reichen zerschnitten hat. Und deshalb ein ruheloser Wanderer geworden ist.
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Ihre Babys sterben, oft bevor sie überhaupt noch gelebt haben. Von den Menschen nicht anders als Müll behandelt, weggeworfen, am Straßenrand entsorgt. Von der Politik verraten, von den Stadtverwaltungen bestenfalls ignoriert. Von der Barmherzigkeit ausgenommen, selbst von der Kirche vergessen. Von Krankheiten gezeichnet, ihre Widerstandskräfte ob ihres schweren Daseins bei null. Parvovirose hält schreckliche Ernte, Staupe noch dazu. Und der Straßenverkehr, er fordert zusätzliche Opfer. Hunderte. Tausende. Gevatter Tod in seinem Element.
Wie schrecklich die Situation tatsächlich ist, wird uns bei jedem Serbien-, Rumänien- und noch viel mehr Bulgarienbesuch tragisch bewusst. Warum besonders Bulgarien? Weil wir dort die langfristigsten und intensivsten Projekte durchführen, deshalb die tiefste Verbundenheit verspüren. Den meisten Schmerz indirekt oder direkt erfahren. Uns am Puls bewegen, weil das Blut, dass durch die Adern des dortigen Tierschutzes pumpt, längst auch mit unserem vermischt ist…
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Im Zuge des diesjährigen Kastrationsprojektes in Breznik, wo wir nun schon an die 1000 Hunde und Katzen operieren konnten (!!!), fanden sich selbstredend auch wieder viele Hundebabys. Es ist wahrlich herzzerreißend zu wissen, wie viele der kleinen Wesen da draußen um ein Überleben kämpfen; und wie wenigen es davon gelingen wird, auch nur den morgigen Tag zu erleben…
 
Wir haben es in unseren Berichten öfters angesprochen, es ist fast unmöglich, auch nur einen Teil der verlassenen Tierkinder aufzunehmen. Die unsägliche Tragödie gänzlich zu unterbinden, das ist bloße Utopie. Zumindest im Moment. Da wird der berühmte Tropfen auf den heißen Stein ganz schnell zum einzigen Motivationsfaktor, jener Wert, der nicht zulässt, dass man an einer gewissen Situation gänzlich verzweifelt. Ja, es ist ein Leichtes von zu Hause aus zu urteilen – denn natürlich, es sagt der Verstand, für jedes einzelne Baby muss vorgesorgt, ein Platz gefunden werden. Vor Ort allerdings, da stößt man hart und brutal an die Grenzen des Machbaren – denn Hundebabys gibt es überall, zu dutzenden, zu hunderten. Man könnte – müsste – jeden Tag ein paar zu sich mitnehmen, nur um morgen wieder vor gleicher Situation zu stehen. Ein Fass ohne Boden. Belastung pur für emphatische Menschen. Kein Ende in Sicht. Keine rettende Leine, die man ziehen kann. Kein Silberstreifen am Horizont. Wissen Sie, was eine solche Ausgangslage mit der Psyche anzurichten imstande ist?
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Es hilft nichts; für Niedergeschlagenheit oder Depression ist keine Zeit. Nicht einmal dafür, um überhaupt nur darüber nachzudenken. Das wird später kommen. Immer und und unausweichlich. Aber an einem hoffentlich fernen Tag, der uns dann sowieso bereits aller Möglichkeiten beraubt hat, noch aktiv zu sein. Bis dahin gilt nur eines: Augen zu und weitermachen. Bis zum Tag X durchzuhalten. Und dabei so viele Wesen wie irgend möglich vor dem Abgrund zu retten! Selbst wenn es nur Symptombehandlung ist (das Übel an der Wurzel zu packen, dafür sind die Kastrationsprojekte zuständig); Symptome, nennen wir diese kleinen unschuldigen Wesen vielleicht, aber jedes einzelne von ihnen ist genau wie wir ein heiliges Geschöpf, mit selbigem Recht auf Leben, genauso wertvoll, genauso einzigartig. Genauso unwiederbringlich. Heros, just for one day. David Bowie hat sie besungen, und ohne Ausnahme, alle können wir solche sein. In unseren besten Momenten. Und einer davon ist ein jener, wenn wir es tatsächlich schaffen, Wunderbares zu vollbringen. Ein Menschenleben zu retten etwa, oder eine nicht geahnte körperliche Leistung zu erbringen; eine Erfindung zu machen, welche das Leben Anderer erleichtern wird – oder eines dieser pelzigen Fellbündel in den Händen zu halten, im Wissen, ohne unsere Anstrengung hätte es für dieses kein Morgen mehr gegeben. Im letzten Moment den Klauen des Todes entrissen.  
Vielleicht erst an unserem Totenbett werden wir einen derartigen Augenblick als besagten ‚besten Moment‘ unserer Vergänglichkeit, als echten Sinn des Lebens begreifen. Als ‚zu den wichtigsten Ereignisse‘ im verblühenden Sein gehörend einreihen. Und Gott danken, dafür, dass wir an jenem Tag an jener Stelle stehen durften. Und gehandelt haben. Diese Aussicht, sie ist allemal alle Mühen der Welt wert. Und selbst jede späte Depression.
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2 Hundewelpen haben wir in einem Gestrüpp unweit der hässlichen Blocks gefunden. Keine Mutter in Sicht. Was mit ihr passierte, wir werden es nie erfahren. Jedenfalls ist sie nicht zurückgekommen zu ihren Kindern. Seit Tagen, so verrät es der Zustand der beiden. Die sind dem Kollaps nahe, müde, zu müde, um sich zu verstecken. Einen halbherzigen Versuch, dann Aufgabe. Sie ergeben sich dem Schicksal, bedingungslos. Welches es an diesem Tag – anders als bei so vielen der ihren – aber endlich, endlich einmal gut mit ihnen meint.

Und dann jene beim Friedhof. Fünf an der Zahl. Ihre Mutter grenzenlos scheu. Doch sie sind neugierig. Wollen das Leben erfahren. Und kommen mit uns mit, fast ohne Gegenwehr. Nichtwissend, dass der tödliche Keim bereits in ihnen steckt. Und später ausbrechen wird. Eines der Kinder ist tot, die anderen kämpfen noch um ihr Leben. Parvovirose, der tierliche Pedant zur Pest. ein Virus, gnadenlos und unbarmherzig, wie der Mensch selbst.
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Foto: wären wir nicht zufällig des Weges gekommen, die beiden Süßen wären heute längst nicht mehr unter uns; so wie tausende andere überall auf den Straßen der Welt hatte Gevatter Tod sie längst fest im Griff.
unten: ‚Friedhofshunde‘, unfassbar schutzbedürftig!
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Fotos: Tierärztin Marietta, eine der beste ihrer Zunft; unten: am Weg zu Rumi’s Asyl – rechts mit Tierschützerin Eli in der Herberge. Wo schließlich das Virus ausbrechen wird… da hilft im Moment nur beten…
Daniela, eine herzensgute Tierschützerin, konnte 14 Welpen im letzten Moment von der Straße retten. Mehrere Hunde im Umfeld sind bereits von Nachbarn getötet worden. Oft ohne jeden Grund. Einfach so. Aleko, Danielas Sohn, erzählt, bis heute tief erschüttert, jene Episode: als er einen alten Hund fütterte, schoss jemand aus dem Fenster gegenüber. Tötete den vierbeinigen Freund. Direkt neben dem Menschen, ohne Rücksicht selbst auf dessen Leben. Denn wäre er im Moment des Abdrückens nur einige Zentimeter nach links gerückt, er wäre das Opfer gewesen. Auch das hätte wahrscheinlich kaum Konsequenz; ein bedauerlicher Unfall, mehr nicht. HundefreundInnen sind äußerst unbeliebt in jenem Umfeld. Unbeliebt? Nein, es ist viel mehr als das, es ist purer Hass, der ihnen entgegenschlägt.
Danielas 14 Welpen sind in einem notdürftigen Gehege untergebracht. Das Grundstück gehört einem Mann, der die Kleinen duldet, aber wie lange noch? Daniela selbst darf den Ort nur eine halbe Stunde pro Tag betreten, und dann immer nur genau nach seinen Anweisungen. Heute am Nachmittag, morgen am Vormittag, übermorgen vielleicht gar nicht. Sie erfährt es immer knapp davor, und wenn sie dann keine Gelegenheit findet, bis zum vereinbarten Zeitpunkt die 30 Kilometer weite Strecke zurückzulegen, dann bleiben die Babys für diesen Tag hungrig.
Oft ist es so, es liegt wohl in der menschlichen DNA begraben – bekommt der kleinste Geist auch nur ein bisschen Macht, wird er schnell zum grausamsten Despoten.
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Fotos oben: immer wieder bringt Daniela besonders arme Straßenhunde mit zu sich; beschützt sie vor den Gefahren da draußen. Obwohl sie selbst kaum genug zum Leben hat, verzichtet sie lieber auf die eigene Mahlzeit, um nur ja ihre Schützlinge satt zu kriegen. Menschen wie sie, sie wohnen oft unter Umstände, wo viele von uns keine 2 Tage damit zurechtkommen könnten, in bitterster Armut, und teilen dennoch jegliche Habe mit denen, die Hilfe so dringend benötigen.
Fotos unten: diese Welpen brauchen ein zu Hause; besser heute als morgen…
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Einen der Welpen hat sie bereits zu sich in ihre zerberstende Wohnung genommen. Im vierten Stock, ohne Lift. In einem verlassenen Haus, abbruchreif wirkend. Wo die Steinstiegen von Jahrezehnten des Gebrauches spiegelglatt abgetreten, Briefkästen aufgebrochen, und die wenigen Haustüren, wo dahinter noch Menschen wohnen, dreifach versperrt sind. Wo Graffiti die bestimmende Kunstrichtung ist, und wo die Menschen gegenüber das Überqueren der öffentlichen Straße zwischen den Blöcken verbieten, wenn man einen Hund mit sich führt. Nicht davor zurückschrecken, diese selbsternannten Regeln sogar mit Waffengewalt aufrecht zu erhalten.
Der Welpe wohnt mit Daniela, weil irgendjemand ihm im Gehege eine furchtbare Verletzung zugefügt hatte. Das Bein geschält, bis zum Knochen. Fein säuberlich, bestimmt kein Amateur. Ein Metzger vielleicht, oder ein Jäger. Jedenfalls einer, der von Berufes wegen tötet.
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Und es gibt nun ein zweites Opfer. Vor wenigen Tagen lag ein Brüder- oder Schwesterchen im Gehege, regungslos. Ein Körper ohne Bewegung, starr – und ohne Kopf! Der lag einen Meter weiter, abgetrennt. Jetzt herrscht große Angst – die Kleinen müssen weg, sie sind wohl allesamt in Lebensgefahr.
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Auch die dritte Mitbewohnerin braucht dringend ein echtes Heim. Was ihr passierte, es treibt Tränen in die Augen. Und lässt Scham aufkommen. Scham gegenüber unseren Mitmenschen. Die haben sie misshandelt, so furchtbar, dass ihr ein Vorderbein abgenommen werden musste. Aber nicht nur das Bein ging verloren, mit ihm ging das Vertrauen. Vertrauen in die Zweibeiner, und so versteckt sich die Arme die allermeiste Zeit hinter den Möbeln. Zittert vor Angst, sobald man sich nähert.
Vielleicht gibt es eine Möglichkeit? Vielleicht gibt es jemanden, der/die die notwendige Geduld aufbringt, welche es ohne Zweifel brauchen wird, um Zuversicht zurückzugewinnen? Wir beten und bitten von ganzem Herzen!!!
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Fotos: oben, die Arme in ihrem ‚Versteck‘; unten links, auch diese beiden suchen ein zu Hause; rechts: nach der schweren OP…
Oder der kleine weiße Welpe. Wir hatten ihn mitten in Breznik geschnappt, bei jenem überwucherten Grundstück, wo er sich mit seinen Geschwisterchen und seiner Mutter versteckte. In der Undurchdringlichkeit. Aber so unfassbar hungrig war er gewesen, dass er den angebotenen Leckereinen nicht widerstehen konnte. Und wir blitzschnell zupackten. Was seiner Familie eine Lehre sein sollte, denn andere konnten wir danach unmöglich erwischen. Jetzt vorgewarnt, erst der Einsatz des Betäubungsgewehres brachte die so erhoffte Wendung; nun ist seine Mutter sterilisiert und zumindest in jenem Garten wird die Tragödie der Straßentiere keine Fortsetzung mehr finden.
Todtraurig saß er daraufhin in seiner Box. Einsam, extrem zurückgezogen, extrem scheu. Die Mutter fehlte ihm, seine Familie, wie sollte es auch anders sein. Im Unwissen aber natürlich, dass sein Leben nun eine wahrhaft glückliche Wendung genommen hat. Ein Lottosechser, sozusagen. Er wird wohl nie mehr Hunger und Leid erfahren wird müssen, im Gegensatz zu seinen Geschwisterchen…
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Foto rechts: Evelyn, Tierschützerin der ersten Stunde, nahm den Süßen bei sich auf; als ‚Fosterhome‘, heißt, er sucht immer noch nach einer endgültigen Familie. Wo er dann für immer bleiben darf!
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So viele andere Geschichten gäbe es zu erzählen. Alle wären sie es wert gehört zu werden. So viele Schicksale, so viele Tragödien. So viele, von welchen nie jemand wird erfahren. So viele, die nicht gut ausgehen.
Doch manche davon, sie ändern die Bestimmung. Müssen neu aufgesetzt werden. Dies sind die Momente, für welche wir leben, Momente, die uns so unvorstellbar viel Kraft geben können. Denn hie und da lässt sich der Vorsehung ein Schnippchen schlagen. Manchmal, selbst wenn Gevatter Tod bereits Platz genommen hat auf der kleinen Bank nebenbei, muss sich der Knöcherne plötzlich unverrichteter Dinge wieder erheben und von Dannen ziehen. Denn wenn immer wir können, werden wir vor ihm die Hand nach den Schutzbedürftigen ausstrecken. Sie an uns drücken, bevor er noch durchatmet, und nie mehr loslassen. Aber dazu brauchen wir Ihre Hilfe. Denn ohne deren sind wir hilflos. Bitte unterstützen Sie unsere Arbeit auf den Straßen des Ostens. Lassen Sie uns gemeinsam dem stummen Leid eine Stimme geben!
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P.S.: für all diese kleinen Wesen suchen wir natürlich ein zu Hause! Bitte helfen sie uns helfen! Die Hunde brauchen uns – und wir brauchen Sie! Jeder Cent Ihrer Unterstützung ist ein Baustein zur Beendigung einer der größten Schanden der Menschheit – der Straßentierproblematik! Kennwort: Straßentierhilfe
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