Erlass des Bundesministeriums zu Tiertransporten – eine Farce?! plus: Protest im Supermarkt!

Die aktuelle Krise sollte Anlass sein, das ‚System Tiertransport‘ zu hinterfragen und Maßnahmen in die richtige Richtung zu setzen. Ganz in diesem Sinne schrieben wir schon im März dem ‚Tierschutzministerium‘ folgende Zeilen:
 Sehr geehrter Herr Minister,
sehr geehrte Damen und Herren!
Einen schöne guten Tag!
Wir hoffen es geht Ihnen allen so gut als möglich!
Wir, der Verein RespekTiere aus Salzburg (www.respektiere.at), müssen uns heute in einer überaus dringlichen Angelegenheit an Sie wenden! Am Wochenbeginn mussten wir nämlich einen riesigen Tiertransporter mit polnischen Kennzeichen am Schlachthof in Bergheim sehen. Der Anblick ist in Zeiten wie diesen, wo Grenzsperren zu endlosen Wartezeiten führen, ein umso schockierender!
Deshalb bitten wir Sie mit aller Vehemenz um ein sofortiges Verbot der Ex- und Importe lebender Tiere während der Krisenzeiten! Das Wort ‚SOFORT‘ hat hier eine übergeordnete Bedeutung, denn wenn man über Nacht das ganze soziale Leben unterbinden, die Wirtschaft fast zum Stillstand bringen und massivste Einschränkungen durchsetzen kann, dann darf doch ein derartiges Gebot der Menschlichkeit keinerlei Diskussion benötigen!
Herr Tierschutzminister, handeln Sie JETZT!!!
mit hoffnungsvollen Grüßen
bleiben Sie gesund
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Die im Februar 2020 veröffentlichte Recherche des Verein gegen Tierfabriken (www.vgt.at) führte zu einem medialem Aufschrei sondergleichen. Kälber aus der österreichischen Milchwirtschaft, die bis in den Libanon transportiert und dort grausamst getötet werden, wurden anhand ihrer Ohrmarken identifiziert. Aufgrund der Corona- Krise hat Gesundheitsminister Rudolf Anschober, den daraufhin geplanten Tierschutzgipfel verschoben. Derzeitige Tiertransporte von Rindern, Schweinen und Hühnern, die trotz der unkalkulierbaren Sicherheitsrisiken sowie dem veränderten Verkehrsaufkommen aufgrund von Gesetzeslockerungen seitens der EU die Grenzen passieren dürfen, repräsentieren wohl einen neuen Skandal in sich! Nun sollte ein Erlass des Gesundheitsministers (der auch für Tierschutzangelegenheiten zuständig ist) zumindest für den österreichischen ‚Beitrag‘ zur unfassbaren Situatiion Erleichterung bringen.
So müssen demnach nun Lebendtiertransporte vor Fahrtantritt hinsichtlich folgender Punkte überprüft werden:
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 Generell ist bei innerunions-grenzüberschreitenden Lebendtiertransporten von Behördenseite dafür Sorge zu tragen, dass eine prioritäre Abfertigung an den Grenzen erfolgt und ein rascher Transport gewährleistet werden kann.Langstreckentransporte von Lebendtieren in Drittstaaten sind bis auf weiteres nur gestattet, wenn Grenzübergänge angegeben und hinsichtlich der bestehenden Pandemie-Situation auch passierbar sind. Anzufahrende Kontrollstellen müssen ausgewiesen, eine Bestätigung, dass die Unterbringung der Tiere möglich ist, im Vorfeld vorgelegt werden. Temperaturvorhersagen sollen für die geplante Zeit des Transports entlang der gesamten Route eingeholt werden.
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Daher sind Amtstierärzte angewiesen, im Rahmen der sogenannten Plausibilitätsprüfung, Tiertransporte nur abzufertigen, wenn sichergestellt ist, dass keinerlei zusätzliche Komplikationen welcher Art auch immer eintreten werden (beispielsweise will das zu erwartende Wetter während der Fahrt an die verschiedenen Orte im Vorfeld ein kontrolliertes sein …). Die Amtsorgane dürfen die Fahrtenbücher nur dann stempeln, wenn sich die Transporteure verpflichten, diese nach dem Transport der abfertigenden Behörde vollständig ausgefüllt rückzuübermitteln –  und eine Video-/Fotodokumentation im Bereich des Grenzübertritts sowie von Entladungen an Kontrollstellen und am Bestimmungsort ist von Seiten der Tierhändler ebenfalls vorzulegen. Dabei muss das Fahrzeug identifizierbar und der Zustand der Tiere beurteilbar sein. Weil das für Transporte nach Polen nicht garantiert werden kann, führt die Vorarlberger Veterinärbehörde derzeit keine Abfertigung von Kälbern nach Polen durch. Transporte nach Italien und Spanien finden aber weiterhin statt.
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Apropos Foto/Videodukumentation – die Frage ist, sind die nun geforderten Videoaufnahmen überhaupt auch nur im Ansatz praxistauglich?
Im Angesicht dessen, dass Länder wie die Niederlande beispielhaft vorangehen und Tiertransporte ins Ausland aufgrund der Corona- Krise komplett aussetzen, sollte man trotzdem diesen ersten (und vermutlichen einzigen, Anm.) Schritt Österreichs zur Verschärfung der Bestimmungen als ‚fortschrittlich‘ ansehen? Bei genauerer Betrachtung des Erlasses drängen sich nämlich einige sehr dringende und zwingende Fragen bzw. Feststellungen auf:
Tatsächlich das einzig neue an dem Erlass ist die Kontrolle per Videobeweis. Alles andere ist sowieso wie gehabt Teil der Plausibilitätskontrolle und damit Teil der EU- Tierschutz-Transportverordnung Nr. 1/2005. Gründliche Kontrollen und Plausibilitätsprüfungen geplanter Tiertransporte sind aber schon in krisenfreien Zeiten eine Herausforderung. Langstreckentransporte zum Beispiel können, so viel steht felsenfest, aufgrund der fehlenden Nachvollziehbarkeit ab den Außengrenzen der EU, fehlender Verlade- und Versorgungsstationen, fehlender Fahrerwechsel, fehlender Notfallpläne und der fehlenden, gesetzlich vorgeschriebenen Ruhe-, Tränk- und Fütterungspausen im Prinzip ja gar nicht legal durchgeführt werden. Sobald die Tiere die EU-Außengrenze überqueren, sind sie deshalb in Wahrheit schutzlos dem Kommenden ausgeliefert. In den Zielländern Asiens, Nordafrikas oder dem Nahen Osten gibt es meist überhaupt keine Tierschutzgesetze. Die EU-Tierschutz-Transportverordnung Nr. 1/2005 müsste laut Papier trotz all dieser unüberwindlichen Hürden bis zum endgültigen Zielort der Tiere eingehalten werden, selbstverständlich auch wenn dieser außerhalb der EU liegt (siehe Urteil in der Rechtssache C-424/13). Wie, so fragt man sich, sollte sie aber in der Realität im Angesicht dessen auch nur ansatzweise umsetzbar sein – in den Häfen Libanons beispielsweise???
Aus der Praxis ist bekannt, dass Fahrtenbücher von Transportfirmen, die in Drittstaaten exportieren, inhaltlich mangelhaft oder oft auch gar nicht retourniert werden. Wie sollen dieselben Unternehmen, die schon an solch einfachen gesetzlich verpflichteten Aufgaben grandios scheitern, dann aber tierschutzrelevante Videoaufnahmen anfertigen? Weiters, wird den Fahrern entsprechendes Equipment zur Verfügung gestellt und eine Einführung in die Thematik zur Verfügung gewährleistet? Oder sollen sie einfach mit ihren Handys filmen? Wer – auch das ist wohl eine wichtige Frage, welche einer Klärung bedarf – übernimmt die Kosten der Übermittlung? Wir dürfen ja nicht davon ausgehen, dass sämtliche Plätze im Iran, in Usbekistan oder der Mogolei unbedingt über WLAN verfügen. Noch ein wichtiger Punkt: werden die Aufnahmen für die Öffentlichkeit einsehbar sein? Überlegen wir: im Normalen hilft der Fahrer bei der Abladung; jetzt sollte er filmen – was tut er, wenn einmal nicht genügend Personal vorhanden ist, fotografiert er dann mit Selbstauslöser? So wie bei Urlaubsschnappschüssen? Und, was passiert, wenn der Fahrer sein Aufzeichnungsgerät während der Fahrt tragischerweise verliert/es kaputt geht/im gestohlen wird? Die Bandbreite ist ja eine enorme, warum geforderte Aufnahmen nicht oder nur äußerst lückenhaft zustande gekommen sind; aber was sind die Folgen? Darf dann ohne entsprechende Aufzeichnungen nicht abgeladen werden? Muss er zurück ins Ursprungsland? Wer entscheidet, wer bestimmt, wem – so die große Frage – interessiert es überhaupt – außer uns Tierschutzvereine???
Für das reale Leben sind aber all diese Überlegungen sowieso mehr oder weniger hinfällig; denn wer glaubt allen Ernstes, dass ein Fahrer, Angestellter seiner Firma – vorausgesetzt, sollte der tatsächlich überhaupt Sequenzen filmen – dabei auch nur eine tierschutzrechtlich gewichtige Szene ‚abliefert‘; und damit seinen Brötschengeber anprangert? Eine pure Augenauswischerei also, wie anders sollte man eine derartige Vorgabe sonst bezeichnen??? 
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Green Lanes: Vorfahrt für LKWs
Anfang April war die Versorgung der Tiere auf den LKW‘s aufgrund fehlender Rettungsgassen teilweise gänzlich verhindert. Auch für Exporte per Schiff gibt es keine Sicherheit, ob sie in Häfen außerhalb der EU entladen werden dürfen. Dieses Faktum könnte allzu schnell zu ausweglosen Situationen führen, wenn Transporte an Grenzen feststecken, Tiere nicht mehr abgeladen werden dürfen und dann auch nicht mehr zurück in die EU gebracht werden können. Eine Katastrophe per se. Wer kann versichern, dass sich jetzt, wo sich die Ereignisse beinahe stündlich überschlagen, angesichts tage- und wochenlanger Transportwege die Einfuhrregelungen bis zur Ankunft nicht schlagartig ändern? 
Um die Wartezeit an den Autobahn-Grenzen zu verkürzen, werden nun sogenannte Green Lanes eingeführt. Das sind eigene Spuren, auf denen die Tiertransporter an den übrigen Fahrzeugen vorbeifahren können. „Bei kilometerlangen Staus müssen sie aber erst mal so weit nach vorne kommen, bis sie diese Spuren nutzen können“, warnt etwa Tobias Giesinger vom Verein gegen Tierfabriken folgerichtig.
 
Tiertransporte als Gesundheitsrisiko
In der EU- Tierschutz-Transportverordnung Nr. 1/2005 heißt es weiters, dass ein Transport nicht durchgeführt werden darf, wenn den Tieren dabei Verletzungen oder unnötige Leiden zugefügt werden könnten (was ja eigentlich ein Verbot sämtlicher Transporte mit sich ziehen müsste, Anm. Aber soweit denken BürokratInnen dann leider nicht). Die Gefahr, dass Tiere ungerechtfertigt und erheblich leiden, ist gegenwärtig dann noch mehr gegeben als sonst (zusätzliche Wartezeiten auf engstem Raum, fehlende Versorgungssicherheiten, fehlende Kontrollen). Wer aber nun glaubt, die EU reagiert nicht auf soche Entwicklungen, der/die irrt – sie hat in einer kürzlichen Aussendung an die Mitgliedsstaaten mitgeteilt, dass bei grenzüberschreitenden Tiertransporten kein Amtstierarzt mehr bei der Abfertigung vor Ort sein muss…
Weitere Problematiken? Derlei gibt es viele; zum Beispiel: Tiere, die den Transport nicht überleben, verschärfen ganz nebenbei nochmals die ohnehin immer höchst grenzwertige hygienische bzw. gesundheitliche Situation. TierärztInnen und Polizei haben aufgrund der Corona- Krise noch weniger Zeit und Ressourcen den Tierschutz zu gewährleisten. Doch wenn man nun so offensichtlich gedenkt die Tierschutzrelevanz einmal mehr in der hochbürokratischen Politik ganz hinten anzustellen, so sollten die EntscheidungsträgerInnen dann wenigstens an die FahrerInnen, Schiffsbesatzungen, TierbetreuerInnen, BeamtInnen und TierärztInnen, Personal an den Grenzübergängen und das Be-und Entladepersonal denken; diese Leuten setzen sich und andere ohne jede Frage einem erhöhten Risiko der Ansteckung aus.
 
Laut dem „TRACES Bericht“ des Bundesministeriums wurden im Jahr 2019 rund 90.000 Rinder, 40.000 Schweine und 20 Millionen Hühner aus Österreich ins Ausland transportiert und ähnliche viele Tiere importiert. Das Verhältnis zeigt sich also ziemlich ausgeglichen. Alleine deshalb kann einfach nicht von ‘unbedingt notwendigen, systemerhaltenden‘ Transporten gesprochen werden, wie uns die NutznießerInnen gerne vorgaukeln.
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Forderungen der NGOs an die EU
Der Rinderzuchtverband Vöcklabruck schreibt in einer Aussendung im Februar an seine Mitglieder: „Aktuell sind größere Ankäufe für Länder wie Algerien, Aserbaidschan, Usbekistan und Iran geplant.“ Der FIH, Fleckviehzuchtverband Inn- und Hausruckviertel (unter dem fragwürdig kreativen Motto ‚Muhhht zum Handeln‘) seinerseits lässt den KundInnen wissen: ‚Fleckvieh aus Ried in alle Welt! Für Kunden und Landwirte der Region. Kaufen und Verkaufen. Wir kümmern uns und wissen wie.‘ Langstreckentiertransporte werden also trotz des Wissens über die weder tierschutzgerechten noch gesetzeskonformen Transport- und Schlachtzustände in Drittstaaten forciert. Weiterhin finden wöchentlich solche Transporte in Drittstaaten wie Marokko, Algerien, Usbekistan, Aserbaidschan oder den Iran statt.
  
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35 Tierschutzorganisationen verlangten in Folge von der EU einen Stopp der Tierexporte in Zeiten der Corona- Krise.
Die Forderungen der NGOs im Brief an die EU:Aussetzen aller Exporte über Land oder per Schiff in Länder außerhalb der EUAussetzen aller Tiertransporte über 8 Stunden innerhalb der EU, da eine ausreichende Kontrolle von Tiertransporten während der Corona-Krise nicht zu erwarten ist.Bis zur Umsetzung soll eine rasche Kommunikation zwischen den Behörden gewährleistet werden, um es Transporteuren zu ermöglichen, Problemen an Grenzen wie Staus oder erschwerten Einfuhrbedingungen, auszuweichen. 
Zusätzlich fordern wir die österreichische Bundesregierung nochmals inständig dazu auf, Lebendtiertransporte, wenn sie schon stattfinden, auf allein zum nächstgelegenen Schlachthof zu beschränken und sich auf EU-Ebene vehement für ein Verbot der Langstreckentiertransporte innerhalb der EU und in Drittstaaten einzusetzen.
 
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In Zeiten des vorgeschriebenen Maskentragens bietet es sich einfach an – ‚Fleischessen stinkt nach Tierqual‘-Botschaft von RespekTiere-AktivistInnen im Geschäft enthüllt (beachte: unsere supermutige jüngste Tierrechtlerin, übrigens seit Geburt vegan, mit selbstgewähltem Mundschutz ‚Stopp Eating Animals‘)! Reaktion: Rausschmiss! Warum wohl, nur weil man die Wahrheit kundtut? 1f642
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