Hundehändler Slowakei – wir waren vor Ort!

50 Kilometer Luftlinie zur österreichischen Grenze. Wieder sind wir zusammen mit Robin Hood (www.robinhood-tierschutz.at) unterwegs und fahren gerade durch eine slowakische Landschaft, deren Häuser an die siebziger Jahre Österreichs erinnern. Unweit der Donau liegt ein kleines Dorf in dessen Mitte eine Villa aus den übrigen alten Häusern heraussticht: eine schmiedeeisernes Tor verschließt eine große Einfahrt, hinter der, sobald man sich nähert, Hundegebell laut wird. Jemand hat uns auf eine Webseite aufmerksam gemacht, auf der Hunde zur „Vermittlung“ angeboten werden. Doch wie sieht eine solche Vermittlungsstelle in der Realität aus? Wir machen uns ein Bild.
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Foto: unser Bild von der Web-Seite zeigt eine winzige Auswahl an Hundebabys; tatsächlich gibt es fast jede Rasse zu erstehen. Die Homepage ist extra auf den deutschsprachigen Raum zugeschnitten, ‚Hauszustellung‘ wird gegen einen Aufpreis von 100 Euro geboten!
Der Handel mit Hunden jeder Rasse, groß und klein, alt und jung boomt und bringt viel Geld. Dies wird hier besonders deutlich. Das Anwesen umfasst einige tausend Quadratmeter. Vorne die Villa, hinten die Zwinger. Wir läuten zunächst erfolglos, es ist wohl nicht gewollt, dass Besucher unangemeldet vor der Tür stehen. Man soll sich über das Internet informieren, die professionelle Homepage nutzen, sich dort einen Welpen aussuchen und nach Österreich transportieren lassen. Man tritt als „Vermittler“ auf und schafft es dadurch vielleicht, sich nicht den strengeren EU-Regelungen für gewerblichen Transport zu unterwerfen.
 
Es kommt schließlich doch jemand, der uns öffnet. Ein Geschäft will man schließlich nicht verpassen. Wir werden herein gebeten, weil wir unser Interesse am Kauf eines Welpen zeigen. Sehen dürfen wir weder die Zwinger, noch die – mutmaßliche – Zuchtstätte der Welpen. Ein Blick auf die Anlagen gelingt uns doch: ein Gebäudekomplex von zumindest 100 Metern, mehrere Reihen kleiner Metallzwinger, einer dicht am nächsten. Eine Baumgruppe trennt uns von einer langgezogenen Halle, aus welcher schließlich Welpen gebracht  und vorgeführt werden. Wir fragen nach bestimmten Rassen und bekommen unsere Wünsche erfüllt: ein Welsh Corgi, ein Chihuahua, ein Pekinese – alles ist vorhanden. Behauptet wird ein Alter von ca. 8 bis 9 Wochen, uns kommen die Welpen jünger vor. Angeblich wird nicht gezüchtet, sondern lediglich vermittelt, doch ist dies angesichts des großen Angebotes von Rassetieren mehr als fragwürdig.
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Fotos oben: die Geschäfte dürften gut laufen; jedenfalls ist die Wohnburg sehr auffällig, besonders in einem ansonsten von bäuerlicher Struktur geprägten Dorflandschaft…
unten: lange Zwingerreihen lassen Zweifel an der Glaubwürdigkeit des bloßen ‚Vermittlers‘ aufkommen…
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Wie tickt jemand, der Hunde in Käfigen hält und sie für knapp tausend Euro verkauft? Diese Frage bekommen wir beantwortet, als wir das Haus betreten: dort hängen Trophäen an der Wand, ausgestopfte Tiere, Geweihe und Bärentatzen (!), von selbstgeschossenen Tieren aus der Hohen Tatra. Ein Leben ist da nicht viel Wert, was zählt ist das Geld. Und davon hat man hier genug, der Handel (bzw. die „Vermittlung“) boomt. Auf alten Aufnahmen von Google Earth wird offensichtlich, was man ohnehin vermutet: Die meisten Gebäude des Areals sind neu, vor 8 Jahren gab es lediglich einen Bruchteil der Zwinger.
 
Wir geben vor, noch nicht sicher zu sein, uns nochmals überlegen zu wollen, welcher Hund es für uns letztendlich sein soll. Kein Problem, man hätte uns den Hund zwar auch sofort mitgeben, aber auch ein Transport nach Österreich vor unsere Haustür sei jederzeit möglich. Ein Anruf würde genügen und der Welpe würde seine Reise zu uns antreten.
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Foto: bitte beachte: Bärenklauen ‚zieren‘ die Wände, neben anderen Jagdtrophäen!
Hunde- und Katzenwelpen dürfen innerhalb der EU mit Chip und Heimtierausweis ab der 12. Woche transportiert werden, aber nur dann, wenn sie zuvor eine Tollwutimpfung bekommen haben und diese auch bereits wirksam ist; was in der Praxis bedeutet, dass sie eigentlich erst ab der 15. Woche ‚ausreisefertig‘ sein können. Warum? Weil die Tollwutimpfung nicht vor der 12. Woche verabreicht werden darf und danach 21 Tage Inkubationszeit eingehalten werden müssen! Allerdings, eine Ausnahme bietet die Möglichkeit der sogenannten Selbsterklärung, in der von/m ZüchterIn bestätigt wird, dass das Tier keinen Kontakt mit „Tollwut-empfänglichen Tieren“ hatte. Auf diese Weise kann der Transport dann bereits in der 9 Wochen stattfinden. Die wenigstens Staaten aber geben sich mit so einer eigentlich unfassbaren Alibi-Handhabung zufrieden – Österreich andererseits, das sich rühmt, eines der besten Tierschutzgesetze der Welt zu besitzen, zu seiner Schande leider schon…
Werden mehr als fünf Hunde transportiert geht man davon aus, dass hier der Sachverhalt eines Handels vorliegt und somit eine Eintragung in das Traces-System der EU vorgenommen werden muss. Da sich der vorliegende Betrieb aber selbst als „Vermittler“ bezeichnet, hängt eine Bestrafung innerhalb der Slowakei davon ab, ob dies gegenüber der Behörde glaubwürdig gemacht werden kann. Beziehungsweise, ob die Behörde überhaupt Interesse zeigt. Glauben Sie uns, die Antwort auf Frage 1 lautet: das kann er, und jene auf Frage 2: das tut sie nicht!
Die österreichische Veterinärbehörde ihrerseits könnte einschreiten, wenn vorhin genannte Auflagen verletzt sind. Doch müsste sie dazu erfahren, wann und wo solche Transporte stattfinden.
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Der Handel mit Hunden aus dem Osten ist ein großes Thema, das uns noch lange beschäftigen wird. Unsere – und umso mehr die Tierheime außerhalb Österreichs – sind voll, das Problem der Straßenhunde ist weit weg von einer Lösung. Wie kann es sein, dass die Nachfrage nach Zuchthunden dennoch weiterhin so groß ist, sie sogar stetig steigt? Und warum kauft man über einen slowakischen Vermittler, ohne die Zustände vor Ort zu kennen?
Es herrscht Aufklärungsbedarf und es müssen Gesetze endlich eingehalten und streng kontrolliert werden. Wir sind in regem Austausch mit einem slowakischen Tierschutzverein und hoffen, bald positives berichten zu können.
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