Ukraine, wir kommen!!! RespekTIERE IN NOT-Einsatz im Kriegsgebiet!

Ukraine-Hilfseinsatz - Teil 1 (über Österreich, Ungarn in die Slowakei bis zur ukrainischen Grenze)!

Jetzt ist es also tatsächlich soweit – wir sitzen im RespekTiere-Mobil und genießen eine schnelle Tasse Kaffee, in aufgeregter Unterhaltung verstrickt. Noch wollen wir die direkten Gedanken an das unmittelbar Bevorstehende nicht wirklich zulassen, sind wir doch auf der Reise in ein Kriegsgebiet. In ein Land, welches vom östlichen Nachbar auf brutalste Art und Weise angegriffen worden ist. Manche sagen, erst anhaltende Provokation habe den russischen Bären geweckt, ihn zur Handlung gezwungen. Es tut in der Seele weh, über solche Sätze überhaupt nur nachzudenken, denn sie sind Geschwätz, widerwärtiges noch dazu. Mag sein, dass ein anfängliches Geplänkel solcherart eskaliert ist, aber könnte ‚Provokation‘ tatsächlich eine Rechtfertigung für einen Angriffskrieg sein, noch dazu einen, welcher die gesamte Bevölkerung in brutalste Geiselhaft nimmt? Ein ganzes Land in Schutt und Asche legt?

Ukraine Hilfsfahrt

Foto: Cosma vom Grünen Tierschutzforum (www.tierschutzforum.at) und Tom, die letzten Säcke und Schachteln werden frühmorgens in Wien zugeladen!

Ist es das alles, was dem ‚großen Bruder‘ im Osten einfällt? Auf das Recht des Stärkeren zu pochen? Auf gut österreichisch: ‚Aufmucken – Blut spucken‘? Wenn ja, wie weit sind wir dann dem Barbarentum enteilt? Keinen Meter! Nebenbei, was auch immer passiert ist, JETZT laufen Menschen um ihr Leben, JETZT leiden Tiere furchtbar an der Auseinandersetzung. Völlig nebensächlich, ob das nun solche ukrainischer Abstammung sind, oder russischer wären, mit syrischer oder afrikanischer Herkunft oder mit westeuropäischen Wurzeln; völlig egal, was davor passiert ist, noch dazu in den Köpfen anderer! Was glaubt ihr, was können diese Menschen dafür, welche an den Grenzen Schlange stehen, frierend, trauernd, entsetzt, entmutigt?! Jeder Illusion brutalst beraubt? All ihr Hab und Gut verloren. Ihre Häuser niedergebrannt, niedergebombt. Was glaubt Ihr, was können die Tiere dafür, manche mutterseelenalleine zurückgelassen in einer Welt, wo nichts mehr ist wie es war. Wo jeden Tag auf ein neues Feuer vom Himmel fällt, ohrenbetäubender Lärm der Explosionen, wo das gesamte Umfeld in Schutt und Asche versinkt. Todesangst pur. Jeden verdammten Tag.

Ja, es zählt nur ganz am Rande, was davor war. Und nicht einmal das. Was nämlich wirklich zählt, ist einzig und alleine – sie alle brauchen Hilfe. Unsere Hilfe! Jetzt! 

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Fotos, oben: Der Regen wird schon in Wien wieder heftiger!

Ob wir es wahrnehmen möchten oder nicht, wir alle sind genaugenommen mehr oder weniger uninformiert über aktuelles Geschehen, die Politik ist eine des ständigen Täuschens und Tarnens geworden. Wer mag wissen, was in den Köpfen der Mächtigen vorgeht, wer mag deren nächste Schritte voraussehen? Niemand. Zumindest niemand von uns. Deshalb, einmal mehr, sollten wir uns auf das besinnen, was wir können – zu helfen, wo Hilfe gebraucht wird!

Neben mir im orangen Ungetüm hat jetzt Cosma Stöger aus Wien Platz genommen. Sie, die Vorsitzende des ‚Grünen Tierschutzforums‘ (www.tierschutzforum.at), war schon oft Begleiterin bei solchen Hilfsfahrten. Eine derart emotional behaftete, so eine hatten wir allerdings glaub ich noch nie vor uns gehabt. Nicht zuletzt deshalb wird es auch bald stiller in der Fahrerkabine. Wir beide hängen den Gedanken nach, langsam konzentriert, fokussiert, auf das, was nun folgen soll.

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Foto: endlich geht es wirklich los! Ukraine, wir kommen!!!

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Foto: Regengüsse auf der Ostautobahn!

Die Hilfsfahrt ist eine wahrhaft internationale. RespekTiere, das ‚Grüne Tierschutzforum‘ (www.tierschutzforum.at), gemeinsam mit ‚Sloboda Szvierat‘ (www.sloboda.szvierat.sk, Freiheit für Tiere) führen wir sie durch; Paula und Kristina, die Frontfrauen der großartigen slowakischen Tierschutzorganisation, haben die richtigen Papiere besorgt, und schon im Vorfeld waren wir in Bratislava gewesen, um dringendst benötigte medizinische Hilfsgüter zur Ladung zuzupacken, allen voran einen großen Vorrat an Antibiotika! So segeln wir heute tatsächlich unter slowakischer Flagge in Richtung Osten, es soll uns eine Ehre sein!

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Foto oben: kurzer Stopp zum Vignettenkauf an der österreichisch/ungarischen Grenze! unten: Tierfabriken, oft in elendem baulichen Zustand, gibt es viele im Osten!

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Derart viel hatten wir im Vorfeld gesammelt; so viele Menschen und Organisationen haben uns dabei geholfen, einfach nur großartig. Gut 800 kg an Hundefutter sind es geworden, der Van am Rande seiner Belastbarkeit. Sloboda Svierat hat zudem noch mehrere Kartons mit richtig vielen Medikamenten und Antibiotika zugegeben, auch vom Tierschutzforum sind jede Menge Säcke mit Hundefutter und andere Tierheimbedarfsartikel im Laderaum gelandet. Ganz wichtig: ein voluminöser Vorrat an Schmerzmittel und anderen dringenst benötigten Medikamenten, gedacht für eine Flüchtlingsaufnahmestelle in der Ukraine. Dort dringenst benötigt. Und sehnsüchtig erwartet!  Dazu Taschen und Boxen voller Verbandsmaterial, Desinfektionsmittel, Spritzen und Kanülen. Es war also ziemlich aufwändig bis zur Abfahrt, ein ständiges, stetes und tagelanges Abholen und Ein- bzw. Umräumen. Gerade dann natürlich, wenn auch nebenbei an allen Fronten gerade so viel zu tun ist. Was dabei zu kurz kommt, ist letztendlich die innere Gesundheit, so viel steht fest. Derartiger Dauerstress nagt an der Seele, wir alle wissen es!

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Foto: die Störche sind längst zurück – so wunderschön!!!

Seit Dienstagabend sind wir unterwegs, zuvor mit Zwischenstopp in Krems, wo noch einmal die meiste Zeit des folgenden Tages darin investiert wurde, zuerst der Ordnung wegen ab- und dann endgültig zu- und aufzuladen! So lange, bis das maximale Ladegewicht laut Zulassungsschein auf das Kilogramm genau ausgereizt war. Was folgte, sollte medizinisch als ‚unruhige Nacht‘ einzuordnen sein, ausgerechnet dann, wenn man für das Morgen ausgeschlafen und der Stress der vergangenen Tage langsam ablassen sollte.

Aber einmal mehr sitzen wir nun hier, und kein Gedanken gilt mehr den Mühen – das Gestern ausgeblendet, so unbedeutend und aktuell wie die Tageszeitung von letzter Woche. Jetzt ist der Blick nach vorne gerichtet. Leider hat das Wetter umgeschlagen, der alte Mann aus dem Norden, der Todgesagte, ist zurückgekehrt. Mit Pauken und Trompeten sogar. Es bläst ein starker Wind, dazu öffnet der Himmel immer wieder seine Pforten. Gott selbst weint wohl bittere Tränen, im Angesicht dessen, was wir – Mensch – diesem Planeten immerfort zumuten…

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Foto: immer wieder laufen wir auf einen Verkehrsstillstand auf!

Durch Österreich verläuft die Fahrt noch ruhig, problemlos. Allerdings, der Regen wird häufiger, und bald nachdem wir die Grenze zu Ungarn überquert haben, stoppt er gar nicht mehr. Im Gegenteil, es schüttet nun wie aus Kübeln. Vorbei geht es am grauen Ungarnalltag, an den weiten, leblos wirkenden Feldern, an den Baum-Monokulturen, an den trostlos vielen Tierfabriken des Landes. Die Temperatur sackt nun langsam in den Keller, außerhalb das Fahrzeugraumes wird es zunehmen ungemütlich.

In Budapest legen wir eine Tankpause ein; hier, im Orban-Imperium ist der Dieselpreis allerdings doch etwas überraschend gedeckelt, und so bildet die Rechnung einen angenehmen Gegensatz zu den unwirtlichen Bedingungen. Ganze 1,30 bezahlen wir für den Liter Sprit, selbiger kostet in Österreich nahezu 2 Euro! Eine kurze Rast, ein Brot, etwas warmer Tee für die Seele, und weiter geht’s, die Motorhaube immer in richtung Osten zeigend. Mit guter Geschwindigkeit tauchen wir jetzt in die Magyarenmetropole ein, zu dem Augenblick noch in fester Überzeugung, das Fahrtziel in absehbarer Zeit zu erreichen… stellt sich die Vorfreude schließlich als eine trügerische heraus – denn schon im nächsten Moment landen wir in einen ausgeprägten Verkehrsstau.

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Fotos: Budapest, die Schöne. Die Metropole erinnert streckenweise – im besten Sinne – ganz stark an längst vergangene Zeiten!

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Warum uns das Navi auch noch von der Autobahn runter in die Innenstadt gelotst hat, bleibt ein Geheimnis der künstlichen Intelligenz. Es wird seine Gründe haben, die jemand, der kaum Orientierungssinn mitbringt, nicht in Frage stellen soll und kann. Jedenfalls, die mehr oder weniger engen Landstraßen bringen das RespekTiere-Mobil in Folge nur mehr langsam voran. So verlieren wir Stunde um Stunden, das Fehlen jeder landschaftlichen Abwechslung links und rechts der Fahrbahn macht die Sache auch nicht besser. Allerdings, auf den weitläufigen Feldern sehen wir jetzt immer mehr Störche, im Regen auf den nassen Wiesen nach Insekten und Fröschen suchend, ein Versprechen auf den nahenden Frühling. Jenem Frühling, der in den letzten Wochen im Heimatland ein so freundliches Gesicht gezeigt hatte, sich aber ausgerechnet gestern Abend völlig verabschiedet hatte.

Eine Kuhfarm erregt unser Interesse. Es ist eine große, wo die Tiere wenigstens frei laufen können; dennoch ist der Eindruck ein trister, so viele der Wunderschönen auf engem Raum zu sehen, im Wissen, sie werden hier wohl nur großgemästet und dann weiterverkauft. An den näcshten Schlächter… Wir machen ein paar Bilder, aber schon erscheint ein Mann, scihtlich erbost, ichtlich irritiert. Die Zeiten, wo man Farmbesitzer relativ leicht beschwichtigen konnte, sind leider endgültig vorbei. Jedenfalls, so auch hier, erkennt man Tierschützende meist schon, bevor diese auch nur ein einziges Wort gesagt haben.

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Unser Zeitplan ist bald nicht mehr zu halten; heute noch in die Ukraine einzureisen, das werden wir beim besten Willen nicht schaffen – und selbst wenn, dann würde es bereits so dunkel sein, dass das Ausladen und anschließende Besprechen mit Irina, der Leiterin des Tierheimes vor Ort, nur mehr zum reinen Wunschgedanken degradiert übrigbleibt. So entscheiden wir kurzfristig – ein schneller Anruf bei der Slowakian Allianz, unter deren Flagge wir dem Osten entgegensegeln, und die Planänderung ist Realität – was man im Tierschutz schnell lernt, ist Improvisation! So urplötzlich verformen sich Voraussetzungen, und Reaktionsfähigkeit wird zum um und auf: ab nun gilt es also Kapusany zu erreichen, eine slowakische Stadt in Grenznähe zur Ukraine, wo es ebenfalls ein großes Tierasyl gibt. Dort sind wir von Sloboda Szvierat zum Besuch eingeladen, eine Partnerorganisation der größten Tierschutzorganisation des Landes betreibt den Ort!

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Fotos, oben: Baustellen überall – langsam aber sicher verschwindet unsere Umwelt selbst in den entlegensten Winkeln unter einer dicken Schicht Asphalt… unten: Ungarn-Impressionen!

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Foto unten: eine ebensolche aus der Slowakei!

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Es wird bereits leicht dämmrig, als wir die ungarische Grenze erneut überschreiten und nun in den slowakischen Osten eintauchen. Am Zustand der Straßen ändert sich kaum etwas, kleine Verkehrswege, wo höchste Vorsicht geboten ist, prägen das Bild. Zum einen sind es die vielen, oft erst im letzten Moment erkennbaren Schlaglöcher, zum anderen überholen andere VerkehrsteilnehmerInnen in oft wirklich aussichtloser Position… brandgefährlich (und es ist leider – hundertfache Erfahrungen bestätigen dies – kein Klischee, dass Autofahrende in Osteuropa überdurchschnittlich öfters Überholmanöver an Stellen tätigen, wo bedachte Menschen das nicht einmal im Entferntesten überlegen würden)! Die Dörfer präsentieren sich grau in grau, wenig idyllisch, bei guten Willen kann man ihnen aber wenigstens ein bisschen Ostblock-Charme bescheinigen. Dennoch, als ’schön‘ sind sie wahrscheinlich nicht zu bezeichnen, eher der sterbende Abglanz einer postkommunistischen Vergangenheit.

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Foto: unscheinbarer Grenzübergang Slowakei-Ungarn!

Janka, die Leiterin des Tierheimes in der 10 000 EinwohnerInnen-Stadt hart an der Grenze zum von Putin’s Militärmacht überrollten Nachbarland, wartet bereits auf uns. Wir stellen den Orangen bei einer kleinen Pension – unserer Übernachtungsstelle – ab und steigen zu der Tierschützerin ins Auto. Eine angeregte Unterhaltung folgt, und schon bald stehen wir vor den Toren des Hundeheimes. Rund 200 Vierbeiner in allen Größen und Farben leben hier, ohrenbetäubendes Gebelle begrüßt uns. Der Ort liegt am Rande der Ansiedlung, auf den ersten Blick ein Sammelsurium von Metall, zu rostenden Zwingern umfunktioniertes Alteisen. Allesamt sind die Asyl-Hunde gerettete Seelen, aus verschiedensten Gemeinden der Umgebung hierhergebracht. Verlorenen Geschöpfe, die niemand mehr haben mochte; Ausgestoßene einer Gesellschaft, welche zunehmend an der eigenen Identität erstickt.

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Janka, es stellt sich schnell heraus, ist der Engel für all die Straßentiere hier; sie, die ehemalige Polizistin, hat gemeinsam mit ihrem Mann, einen früheren Soldaten, die Rettungsinsel aus dem Boden gestampft, gänzlich mit eigenen Mitteln. Um dies zu bewerkstelligen, verzichtet sie auf alles, auf jeglichen persönlichen Komfort sowieso – denn ohne jede Frage ist die selbstgestellte Lebensaufgabe eine überbordende, eine niemals endende Tortur für das eigene Sein. Wieviel Herzblut in der Umzäunung steckt, wieviel Selbstaufgabe, wieviel Liebe es wohl braucht, um einen fast unmöglichen Wunschtraum in die Realität umzusetzen. Der Wunschtraum heißt: möglichst vielen der Hunde ein sicheres zu Hause zu schaffen, am besten weit entfernt, irgendwo in Österreich, Deutschland, der Schweiz oder wo immer sonst in Europa. Doch etwas überraschend können auch sehr viele der Tiere nach Tschechien gebracht werden. Rund 1000 Gestrandete, an Spitzentagen bis zu 50 binnen 24 Stunden, landen hier innerhalb eines Jahres, und für die allermeisten wird die bloße Illusion einer echten Zukunft tatsächlich Wirklichkeit.

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Fast wöchentlich gibt es nämlich Transporte nach Rest-Europa; wunderschön. Was die meisten Menschen leider nicht sehen, ist das ‚dahinter‘; unfassbar viel Arbeit wartet, bis auch nur ein einziger Hund, der ganz oft krank das Asyl im letzten Moment erreicht und fast immer traumatisiert ist, regeneriert und mit Papieren ausgestattet endlich den Weg in den noch immer ‚Goldenen Westen‘ antreten kann. Und wieviel Geld, eigenes Geld, eine derartige Selbstaufgabe abverlangt, Devisen, welches das Ehepaar mittels eine kleinen familieneigenen Pizzeria irgendwie lukriert.

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Ich habe es schon öfters erwähnt, muss es genau an dieser Stelle aber nochmals loswerden – in Osteuropa, wo die BewohnerInnen des Westen so gerne über die ansässigen Menschen schimpfen, über deren unbestreitbar oft grausamen Umgang mit Tieren, gibt es andererseits aber auch die unfassbarsten TierschützerInnen der Welt. Ja natürlich, wir westlichen TierschützerInnen, wir haben ebenso viel auf uns zu nehmen; aber zu guter Letzt, wenigstens, bei allen Mühen, gibt es dann auch ab und an ein klein bisschen Schulterklopfen, tröstende, aufmunternde Worte, und vor allem einen Raum zum Rückzug, wo bestenfalls ein gemütliches Bett und ein wenig Erholung wartet – was für die geschundene Seele, auch wenn es manche abstreiten werden, dann doch auch hin und wieder wahren Labsal bedeuten kann, oft genug sogar das einzige Hindernis darstellt zwischen Weitermachen und Aufgeben –  während hier der persönliche Einsatz für die Tiere vielmehr ganz schnell in ansatzlose totale soziale Ächtung übergeht! Es gibt allgemein viel zu wenig Verständnis für Tierschutz, und betreibt ihn doch jemand, dann muss dieser oder diese Person – vorsichtig ausgedrückt – mit sehr viel Vorsicht betrachtet werden…  Auch das muss gesagt sein, für eine echte Beurteilung unentbehrlich, um über die Situation überhaupt nur diskutieren zu können. Trotzdem tun sich solche Engel all das an, immerwährende Arbeit, ständig im Schmutz der Gesellschaft, ständig in Sorge um die Schützlinge, immer im Einsatz, immer bemüht, das nötige Geld für deren Versorgung und den Tierarzt aufzubringen – alleine aus solchen Gründen gebührt Menschen wie Janka deshalb nur das allerhöchste Lob! Ihr und all jenen, die weit über die Grenzen des Erträglichen hinausgehen, oft ein ganzes Leben lang, ihr seid die allerletzten Bollwerke echter Menschlichkeit! Glaubt mir, die wenigstens ‚bei uns‘ könnten mit einer derartigen Konstellation überhaupt nur einen einzigen Tag zurechtkommen…

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Das Asyl ist nicht schön; kann es auch gar nicht sein. Besonders jetzt im strömenden Regen, die Zwingerböden oft pitschnass, das Metall von Korrosion geprüft, von den Elementen gezeichnet, dazu der Lärm aus hunderten Hundekehlen, die verzweifelten Blicke, die Wasserpfützen am Weg, die Enge zwischen den stählernen Gittern, die flehenden Blicke aus den treuesten Augen der Welt – all das hinterlässt einen bleibenden Eindruck. Aber wie gesagt, Jankas Asyl ist eine Zwischenstation, ein unentbehrliches Muss auf den Weg in ein besseres Leben. Es gibt keine Alternative hierzu. Und verglichen mit dem ‚Vorher‘, das trostlose Dasein auf den Straßen, zwischen den Häuserschluchten, in den Parks und auf den Stadtplätzen, dort, wo die letzte Hoffnung zu sterben verdammt ist, die Chance auf Zukunft gleich Null, ist die sich ab der ‚Internierung‘ bietende Aussicht wohl allemal die Alternative schlechthin…

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Janka zeigt uns später auch Orte, woher die allermeisten ihrer Schützlinge stammen; aus den vielen Roma-Kommunen im Umfeld, zerberstende Bauruinen oftmals, gespickt mit Leben. Unfassbar, hier sind die Gemeindebauten der Minderheit tatsächlich mit einem Eisenwall umgeben, hunderte Menschen konzentriert auf minimalen Raum. Selbst Opfer einer Konsumgesellschaft, selbst purste Außenseiter, selbst Ungewollte. Abgeschoben, Abgestempelte, als Menschen 2., nein, 3. oder sogar 4. Klasse betrachtet. Warum man die gut 2,5 Meter hohen Barrieren also errichtet hat? ‚Weil die ‚normalen‘ Menschen nicht jeden Tag sehen wollen, wie diese MitbürgerInnen hausen‘, hören wir. Na dann…

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Später führt uns die Liebe noch zu einem wundersamen Platz; eine verfallende ehemalige Fabrik ist es wohl, riesige, dutzende Meter langen Hallen, von den Elementen zerfressen. Auf weitläufigem Grund, bestimmt 2 Hektar Fläche. All dieses Ausgediente hat Janka gekauft, und ihr unsterblicher Traum ist es, das jetzige Imperium aus Schutt und Verfall umzugestalten zu einem echten, großen Tierheim. Wie sie erzählt, mit allem Elan, mit Funkeln in den Augen, mit derartiger Begeisterung, wir sind wirklich versucht, ihr die Umsetzung des Unmöglichen zuzutrauen. Wenn so etwas wer schafft, dann wohl sie…

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Der Abend endet schließlich so wie er begonnen hat – mit sintflutartigem Regen. Unsere Herberge ist eine sehr in die Jahre gekommene, und trotz offensichtlicher Renovierungsversuche bleibt der Beigeschmack der Endlichkeit. Meine Matratze in dem Mehrbettzimmer schmerzt beispielsweise bei jeder Bewegung, einfach, weil sie derart durchgelegen ist, dass jede einzelne Metallfeder im Kern deutlich spürbar – sogar sichtbar – aus dem Überziehstoff herausragt und dabei recht unsanft jeweilige Druckpunkte erzeugt. Müde sind wir dann zwar unendlich, aber ein derart unbequemer Schlafplatz gepaart mit einem Kopf voller Gedanken, das sind nicht die Komponenten, welche einen Körper schnell zur Ruhe kommen lassen. Was wird uns da morgen wohl erwarten, das ist die Frage, welche Einschlafen lange unmöglich macht.

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