RespekTiere wie jedes Jahr mit spektakulärem Protest am Abfisch’fest‘!

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Jetzt, mitten im Herbst, wenn sich fast täglich zäher Nebel über die Wiesen und Wälder legt und die Landschaften in stille Orte voller Einsamkeit verwandelt, ist wieder die Zeit der sogenannten Abfischfeste an den lokalen Teichen angebrochen. Die so beschauliche Umgebung, wir befinden uns heute im Hügelland des oberösterreichischen Traunviertels, wird beherrscht von der überwältigenden Präsenz des Benediktinerstifts Kremsmünster, welches, 777 erbaut, auf stolze 1250 Jahre Tradition und Kultur zurückblickt. 1000de Eindrücke, die man an im wunderschönen, tiefst sakralen Bau – in einer in sich abgeschlossenen Stadt in der Stadt – förmlich in sich aufsaugen kann.

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Das Stift Kremsmünster ist Tierschützenden aber leider kein unbekanntes; bereits 1995 gab es massive Proteste gegen eine zum Kloster gehörende Schweinefabrik, wo aus herzzerreißender Intensivhaltung schreckliche Bilder aufgetaucht waren. Die Verantwortlichen verpachteten den Skandalbetrieb schließlich, womit die Probleme aber nicht endeten; ganz im Gegenteil, sie gipfelten in einem Inferno, als an den Osterfeiertagen des Jahres 2007 rund 400 Schweine in den Anlagen qualvoll erstickten. Das Amt reagierte erst nach den Feiertagen, und so hüllte unfassbarer Verwesungsgeruch den Ort in eine Wolke der Schande.

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Fotos: die Karpfen werden aus dem ‚Zwischenbecken‘ weiterbefördert, dann völlig auf dem ‚Trockenen‘; was für die armen Tiere ganz sicher Todesangst pur bedeuten muss… eine Menschenkette reicht sie dann die Stiegen hinauf zum wartenden Fahrzeug, wo sie erneut in Tanks verfrachtet werden.

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Die vier Schacherteiche, einige Kilometer vom Stift entfernt, gehören ebenfalls den Benediktinern. Vor 600 Jahren per Hand gegraben – wir nehmen mal an, nicht von den Mönchen persönlich – sollten sie das Kloster ‚in den Notzeiten‘ mit Fisch versorgen. Abt Ambros Ebhart erklärte dazu in der Kronen-Zeitung: „Der heilige Benedikt hat an Fasttagen den Genuss des Fleisches vierfüßiger Tiere verboten. Da behalf man sich im Kloster mit Fisch“. Scheinheilig? Anderswo war man jedenfalls noch erfinderischer; manche kirchliche Gemeinschaften erweiterten das Feld nämlich sogar um Tiere wie den Biber; da der die meiste Zeit seines Lebens im Wasser verbringt, zählte man ihn einfach zu den Wassertieren, für welche dann ein Fastengebot nicht griff – wohl mit ein Grund dafür, dass man sich bis heute Mönche als durchaus korpulente Gottesdiener vorstellt…

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Foto: der Fisch im Zentrum hat bei nach Luft schnappen einen kleinen Fisch förmlich in sich gesaugt und beiden drohen nun zu ersticken… gerade rechtzeitig konnten wir noch eingreifen!

Zurück zu den Teichen; inzwischen werden diese von Oberösterreichischen Landesfischereiverband ‚betreut‘, an welchen sie das Stift verpachtet. Von jährlich etwa 15 bis 18 Tonnen ‚Ernte‘ gehen dafür rund 20 % an das Kloster selbst, werden dort dann zum Beispiel am alljährlichen Weihnachtsmarkt angeboten.

Für Tierschützende lag die ‚Gewinnung‘ des traditionell begehrten Schlachtkörpers ‚Fisch‘ aus dem einen oder anderen Grunde lange Zeit nicht so sehr im Fokus. RespekTiere weißt nun allerdings schon seit 15 Jahren auf das Schicksal der Fische, auf den Hintergrund der Abfisch’feste‘ hin; Jahr für Jahr sind wir deshalb besonders im Waldviertel unterwegs, wo man extra hierfür das Wort ‚Genuss-Region‘ erfand. Allerdings, dieser ‚Genuss‘ beschränkt sich alleine auf den Menschen, die Tiere, wie überall anders auch in ‚Nutz’tierhaltung, würden das freilich ganz anders sehen… Selbst im Bezirk Tulln, dann in Siezenberg-Reidling, hat ‚unser‘ Gevatter Tod‘ schon die Versammlung besucht, und überall, wo er auftaucht, macht er sich selbstredend nicht nur Freunde…

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Fotos: wohin man auch immer blickt – es ist ein einziges Schnappen nach Luft…

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Aus der Sicht des Karpfens ist der Anlass also alles andere als ein festlicher, und von Genuss zu sprechen ist für den Fisch tatsächlich bloßer Hohn – vielmehr verkörpern die Veranstaltungen nur den Beginn eines Martyriums, welches letztendlich für jedes einzelne Wesen mit dem Tod enden wird! Nichts desto trotz ist das Ereignis ‚Teichabfischfest‘ ein alljährlich groß angepriesenes und zieht landauf-landab, warum auch immer, Massen von Menschen in seinen Bann.

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RespekTiere  versuchte auch heuer wieder auf das mit jenen Events verbundene stille Tierleid hinzuweisen. Als leider einzige Organisation protestieren wir fortlaufend gegen das lebensverachtende und für die betroffenen Tiere mehr als entwürdigende Schauspiel. Die TierschutzaktivistInnen wählten 2022 erstmals einen Teich außerhalb von Niederösterreich als Ziel ihrer Kundgebungen aus, eben jenen im oberösterreichischen Bezirk Kirchdorf. Dort war dann allerdings der Andrang ein beschaulicher, der Ansturm von Schaulustigen hielt sich in doch engeren Grenzen. Gegenüber dem Teich hatte man aber auch hier eine kleine ‚Gastronomie‘ errichtet, wo Bier und Würstel wohl der Renner waren. Allerdings, selbst dort sollte nur vorübergehend mehr ‚los‘ sein. Im Prinzip, so der Verdacht, ist das Event dann vielleicht eher den Fischenden und ihren Familien vorbehalten.

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Insgesamt werden übrigens jedes Jahr wie bereits erwähnt rund 15 bis 17 oder 18 Tonnen Karpfen aus den Klosterteichen gefischt, bei einem durchschnittlichen Gewicht von 2-3 kg sind das gut 6- bis 7000 Lebewesen. Bei heutiger Augenauswischerei, wo der Tod von Lebewesen nur mehr in Gewichten angegeben wird, vergisst man derartige Wahrheiten des Öfteren…

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Das Abfischen selbst ist Team-Arbeit; da wird an Netzen gezogen, gezerrt, die Fische zuerst in Bottichen zwischengelagert; dort versuchen sie ihrem Inferno durch wildes Um-sich-Schlagen zu entkommen, andere, die am Bottichboden, sind wahrscheinlich längst vom Ringen nach Luft beherrscht, von Artgenossen nahezu erdrückt, in purer Todesangst aussichtslos gefangen. Nun, als nächsten Schritt, werden sie umgeladen in kleinere Metallbehälter, völlig ohne Wasser, und von dort per Menschenkette die Stiegen hinauf zu einem wartenden Transportfahrzeug gebracht. Jetzt kippt man die lebende Fracht einmal mehr in Behälter, in Plastiktanks. Später werden diese verfrachtet, jene für das Kloster direkt dorthin gebracht und schließlich in die ‚Fischkalter‘ gekippt; in der Endstation, im barocken Ambiente, tummeln sie sich zu hunderten. Warten nun im klaren Wasser – um das sogenannte ‚Letteln‘, also den Geschmack von Teicherde im Fleisch, zu verlieren – auf Weihnachten, das Fest der Liebe. Unsere Liebe geht aber sprichwörtlich durch den Magen, und so ist das, was für die einen Barmherzigkeit, Innigkeit, ja, Passion, bedeutet, für die anderen der zum Leben erwachte Albtraum… Übrigens: die Karpfen werden in den Becken bis zu ihrem Tod alles andere als gemästet, sie verlieren in nur 6 Wochen rund 20 % ihres Gewichtes. ‚Mensch‘ mag sie eben gerne mager…

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Foto: übereinandergestapelt im großen Bottich; heute weiß man doch längst, Fische sind leidensfähig so wie alle anderen Tiere auch – wie kann man da fortwährend so blind gegenüber des Leides sein?

Rundherum ein einziges Schnappen nach Luft...

Was uns besonders aufstößt: während des Abfischens, im Eifer des Gefechtes, wird der Umgang mit der ‚Ware Tier‘ schnell zum völlig respektlosen; da fallen kleinere der Wassertiere zu Dutzenden zu Boden, nach Sauerstoff schnappend, andere werden über Meter hinweg von einem Becken zum anderen geworfen. Wie viele einfach nur achtlos im Matsch und auf nassem Beton ihrem Schicksal überlassen zurückbleiben? Man mag sie nicht zählen…

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Foto unten: der Junge erwischt den am Boden zappelnden Karpfen erst beim x-ten Versuch; überall am Boden erkennt man die kleine Fische, welche ersticken oder zu Tode getrampelt werden…

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Foto unten: überall am Boden liegen Fische; während man die größeren aufzuheben versucht, kümmert sich so ganz und gar niemand um die kleineren…

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Foto unten: wir möchten so gerne glauben, dass dieser Junge die vielen toten Fischlein betrauert… es könnte aber auch vielmehr sein, dass ihm einfach nur etwas in das Becken gefallen ist… Jedenfalls, echte Empathie konnten wir vor Ort kaum ausmachen.

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Gevatter Tod im Einsatz!

Inmitten der ‚Festes‘ bahnt sich plötzlich ‚Gevatter Tod‘ seinen Weg durch die Menge. Er trägt ein Schild mit dem Abbild Seiner selbst, inklusive der Aufschrift ‚Fisherman’s Friend’, welches direkt auf ihn deuten. ‚Welcome to my paradise‘, kann man auf der Rückseite lesen. Und siehe da, der Versammlung verschlägt es für kurze Augenblicke den Atem. Alle Gespräche, selbst die hitzigen, scheinen für einen Wimpernschlag zu verstummen, man kann die berühmte Stecknadel fallen hören; erst nach spürbar heftigem Durchatmen geht das hektische Treiben von neuem los. Gevatter Tod spaziert später auch noch über das Festtagsgelände, präsentiert seine Botschaft; einmal quer durch die Veranstaltung, bis hin zu den Rändern des Teiches, wo beschäftigte Fischer innehalten. PassantInnen bleiben stehen, fotografieren, manche betroffen, andere verschmilzt lächelnd, wieder andere verärgert. Dann ist der Spuk vorbei, der Aktivist verschluckt von der schimmernden Schattenwelt des Auwaldes, aufgenommen vom schützenden Geäst, entschwunden den Blicken des Publikums. Was zurück bleibt, ist hoffentlich eine lebhafte Diskussion; ob diese für die Sache nun positiven oder negativen Inhaltes ist, muss dabei so ziemlich nebensächlich sein; wichtig bleibt alleine, dass der unvermutete Auftritt zum Nachdenken anregt – mehr können wir bei solchen Anlässen nicht erwarten, nicht erreichen!

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Wir möchten in diesen Nachrichten gar nicht näher auf das Martyrium der gefangenen Karpfen eingehen, jedermann/frau kann sich deren Schicksal selbst ausmalen. Wir können das Los der Fische (noch) nicht wirklich ändern, aber was wir können, ist Aufmerksamkeit dafür erregen – und eines Tages dadurch vielleicht den Lauf der Dinge entscheidend beeinflussen. Mit diesen kurzen Worten und der positiven Einsicht, dass der Kampf für die Tiere sich in jeder Sekunde auszahlt, möchten wir den Newsletter beenden, nicht aber ohne Sie davor noch vom Herzen zu bitten: überlegen Sie das Geschriebene kurz, wenn Sie Ihr heuriges Weihnachtsmenü planen… ein tierleidfreies Fest, wie mehr und wie eindringlicher könnten wir unsere christliche Werte sonst unter Beweis stellen und vorleben?

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