Das RespekTiere-Team in Nouakchott, Mauretanien, leistet stets Großartiges. Eigentlich müsste jeden Tag von den Ereignissen berichtet werden, so aufwühlend sind die Eindrücke; leider aber reicht dafür weder die Zeit noch der Platz. Deshalb müssen wir uns auf gelegentliche „Frontberichte“ beschränken, im Wissen, dass die Mannschaft vor Ort sowieso stets ihr Bestes tut!
Fotos: Team Mauretanien im täglichen Einsatz, v.l.n.r., Dr. Dieng, Zappa, Mohamed, Moussa!
Seit einigen Monaten ist RespekTiere Mauretanien aber um einen hoch engagierten Aktivisten bereichert – Markus, aus Deutschland kommend und für die GIZ („Deutsche Gesellschaft für die internationale Zusammenarbeit“, www.giz.de) im Broterwerb arbeitend, wird zumindest einige Jahre im Wüstenland verweilen. Und diese Zeit möchte der Gute für den Schutz der Mitgeschöpfe vor Ort nutzen, weil eben sehr tierschutzaffin. In der Recherche ist Markus dann unweigerlich auf RespekTiere gestoßen – jetzt haben wir gemeinsam Großes vor! Aber dazu später!
Für den Augenblick möchten wir Euch eine herzerwärmende Geschichte nicht vorenthalten. Markus hat nämlich vor einigen Wochen eine Hündin entdeckt, welcher er zu versorgen begann. Schließlich brachte die Süße acht zuckersüße Welpen auf die Welt. Mitten auf der Straße. Zwar gehörte das Oktett im weitesten Sinne zu jemanden, aber die Menschen hier haben eben in vielen Belangen eine andere Beziehung zu den Tieren. So lebte die Mama mit ihren Nachwuchs stets außerhalb des Hauses, umgeben von mannigfaltigen Gefahren. Markus konnte nicht wegsehen, brachte mehr Futter, brachte Streicheleinheiten. Allerdings, schnell merkte er zunehmend auch, was immer unternommen werden würde, an jenem Platz würden die Chancen für die Hunde dennoch denkbar schlecht stehen. Nicht nur wegen des Verkehrs, wegen Krankheiten, Rudelkämpfe, letztendlich dann „todsicher“ wegen der staatlichen Tötungskampagnen…
Fotos: Markus begann Hündin Bella zu füttern; schließlich gebar sie 7 Welpen, welche sie unter einem geparkten Auto mehr oder weniger gut versteckte!
Schließlich fasste Markus eine Entscheidung. Er nahm die Hundefamilie mit zu sich, baute eine entsprechende Unterkunft und versorgt die Süßen seither. Hier ist seine Geschichte, erzählt mit eigenen Worten:
Bella und ihre Kinderschar
Meine erste Begegnung mit Bella ist nun gute 3 Monate her und das Ausmaß der darauf folgenden Achterbahnfahrt der Gefühle habe ich nicht erahnen können.
Aber fangen wir vorne an: Normalerweise sind die Straßenhunde hier in Nouakchott entweder eher scheu und laufen vor Menschen weg oder verhalten sich in seltenen Fällen sogar feindlich aggressiv gegenüber Menschen. Umso erstaunlicher war es für mich, als ich eines Abends durch die Straßen schlenderte und ein Straßenhund mit wenig Abstand an mir vorbeilief. Ich hockte mich direkt hin und versuchte den Hund zu mir zu locken, was mir auch unerwartet gelang und Bella, wie ich sie später taufen sollte, legte sich direkt vor mir ab und schmiegte sich an mich. Nachdem ich sie rund 10 Minuten einfach nur gestreichelt habe, folgte sie mir bis zu meinem Zuhause – ein Apartment-Gebäude mit 12 Wohneinheiten. Es brach mir das Herz, sie vor der Tür sitzen zu sehen und sie nicht reinzulassen, aber Hunde sind innerhalb des Gebäudes nicht erlaubt.
Fotos: Eines Tages jedoch startete jemand den Wagen und fuhr damit davon. Bella suchte nun verzweifelt nach einem neuen Versteck für ihre Kinder – eine zeitlang waren sie unter einem großen Baum halbwegs gut geschützt!
Ich beschloss Hundefutter zu kaufen, um für ein potenziell nächstes Aufeinandertreffen vorbereitet zu sein, auch wenn ich die Chancen sie wiederzusehen als eher gering einstufte. Doch das Schicksal hatte andere Pläne und als ich am Folgetag die Nachbarstraßen nach ihr absuchte, fand ich sie alleine mitten auf einem Parkplatz liegen. Sie erkannte mich wieder und kam direkt angelaufen und ließ sich erneut intensiv mit Streicheleinheiten verwöhnen. Sie folgte mir abermals und so konnte ich ihr dieses mal auch die Dose Hundefutter geben. Ein wahrlich emotionaler Moment für mich, der mich mit einem Gefühl des inneren Friedens erfüllt hat. Doch meine Mission sollte gerade erst beginnen.
Die Treffen mit Bella wurden regelmäßiger und inzwischen stellte sich heraus, dass sie auf dem Parkplatz einem Rudel angehörte. Sie lag jedoch immer getrennt vom Rest des Rudels, weshalb ich annahm, dass sie etwas ausgestoßen sei. Außerdem schienen sich Ihre Milchleisten etwas zu verändern, weshalb ich die Vermutung hatte, dass sie trächtig sei. Ich lernte außerdem einen Mann kennen, der Bella als „seine Hündin“ bezeichnete und dass sie regelmäßig in seinem Eingang schläft. Ich wies ihn daraufhin, dass sie wahrscheinlich bald Babys bekommen würde, was ihm jedoch relativ egal war. Seine emotionale Befangenheit zu Bella schien gering. Ich stellte jedoch schnell fest, dass an besagtem Eingang immer ein Topf mit Wasser und oftmals auch Essensreste lagen. Sicherlich kein Premium-Hundefutter, aber besser als nichts und immerhin schön zu sehen, dass ein gewisses Bewusstsein für das „Kümmern“ um die Straßenhunde besteht. Für mich stand inzwischen jedoch ein Heimaturlaub an und ich würde Bella 3 Wochen nicht sehen. Ich versuchte mir auch vorher immer wieder bewusst zu machen, dass die regelmäßigen Tötungsaktionen des Militärs jederzeit stattfinden könnten und ich Bella von heute auf morgen nie wieder sehen würde. Aber dennoch war es komisch, sie nun 3 Wochen gänzlich allein zu lassen.
Als ich Mitte Juni zurück nach Mauretanien kam, war mein erster Weg zu Bella um zu sehen, wie es ihr geht. Sie kam direkt freudig schwanzwedelnd angelaufen und war sehr dick, weshalb ich davon ausging, dass sie noch trächtig war.
Nur wenige Wochen später fand ich sie dann unter einem parkenden Auto liegend und direkt bei ihr 7 gesunde Welpen. Vor Freude brach ich erst mal in Tränen aus und umgehend begann das Gedankenkarussel: Was mache ich nun mit den 7 Welpen? Wer wird sich um sie kümmern? Wo sollen sie leben? Meine Kollegen warnten mich bereits vor, dass Welpen oftmals an einer „Welpenkrankheit“ leiden und dann relativ früh sterben. Ich wollte jedoch auch nicht zu sehr in die Natur eingreifen und habe die Welpen erst mal unter dem Auto liegen lassen, in der Hoffnung, dass das parkende Auto dem „Besitzer“ von Bella gehört und er es nicht benutzen wird. Meine Besuche wurden regelmäßiger und Bella ließ mich inzwischen auch mit den Welpen interagieren, sie streicheln oder sogar hochheben. Diesen Vertrauensbeweis wollte ich nicht missbrauchen und so versuchte ich die Welpen immer wieder in kurzen Abständen von a nach b zu tragen, um ihr zu signalisieren, dass ich den Welpen nichts antue. Ganz geheuer war ihr das jedoch nicht.
Foto: Bella fasste schnell Vertrauen zu Markus und bald konnte der Tierschützer Zeit mit den Welpen verbringen!
Nachdem das parkende Auto eines Tages nicht mehr da war und die Welpen in der nächstgelegenen Hecke verstreut lagen, wurde mir bewusst, dass ich handeln muss. Ich entschied mich die Welpen zu mir zu holen und sie wenigsten vor meinem Haus zu beherbergen. Dort hätte ich sie unter meinen Fittichen und eher im Blick. Die Frage war nur: Wie transportiere ich 7 Welpen zu mir, ohne dass Bella in Panik ausbricht. Ich schnappte mir eine große Decke, in die ich die Welpen einwickeln wollte, um sie dann gebündelt zu mir zu tragen. Das fand Bella überhaupt nicht schön und ich entschied mich dagegen. Am darauffolgenden Tag fand ich Bella dann ganz aufgeregt vor, als sie gerade dabei war, einen der Welpen in ihrem Maul zu transportieren. Dieser weigerte sich jedoch und schrie wie am Spieß. Ich schnappte mir den Welpen und wartete darauf, dass Bella mir die Richtung vorgibt, wo sie ihn hinbringen möchte. Kurz dachte ich, dass sie ihn vielleicht mit zu mir bringen möchte, doch sie hatte bereits ein neues Versteck für die Welpen gefunden.
Fotos: Die Familie, jetzt nur mehr 4 Welpen, vor dem Appartment von Markus, wo er eine geschützte Stelle für sie errichtete!
2 Welpen lagen bereits gut geschützt unter einem großen Baum. Welpe für Welpe brachte ich alle in ihren neuen Unterschlupf und nun war auch ich etwas beruhigt. Die Welpen wurden jedoch immer neugieriger und machten sich gerne auch mal auf kurze Expeditionen außerhalb des Verstecks. Ganz zu meiner Beunruhigung, denn immer häufiger hörte ich, dass Kinder sich auch gerne mal an Welpen vergreifen und diese als ihre Spielzeuge benutzen. Wie das dann endet, kann sich jeder selbst denken. So war es dann auch an einem Donnerstag, als ich die Welpen durchzählte und 3 fehlten. Ich suchte den gesamten Parkplatz nach ihnen ab, aber sie waren nicht aufzufinden. Ich beschloss also in einem zweiten Anlauf die Welpen zu mir zu holen in der Hoffnung, dass Bella es dieses mal entspannter aufnimmt und selbst wenn nicht: Da muss sie dann halt jetzt durch! Am Wochenende sollte es soweit sein – Morgen hole ich die kleinen Furzer zu mir. Ich bereitete ein kleines Zelt und eine Decke vor meinem Haus unter einem Baum für sie vor. Kuschelig. Ich ging am nächsten Tag relativ spät am Abend hin, um möglichst nicht auf den „Besitzer“ zu treffen, der auch ganz offensichtlich kein aktives Interesse an der Erweiterung des Rudels hatte. Leider waren 2 der Welpen so tief in dem Versteck unter dem Baum, was auch aus Hecken bestand, dass ich keine Chance hatte, sie zu ergreifen. Ich beschloss es auf den nächsten Tag zu verschieben. Der Samstag war gekommen und ich machte mich auf zum Friseur in der Nachbarstraße, bevor ich auf dem Rückweg die Welpen mitnehmen wollte, als ich Bella lauthals schreien hörte. Ich machte mich direkt auf den Weg Richtung Parkplatz, als ich sah wie 2 kleine Kinder mit Stöcken auf Bella einschlugen und versuchten die Welpen aus dem Versteck zu locken. Ich rannte im Vollsprint zu ihnen und machte ihnen direkt klar, dass es sich dabei um meine Hunde handelt und sie die bitte in Ruhe lassen. Ich zählte durch und es waren nur noch 3 Welpen aufzufinden – ich schnappte mir direkt alle 3 Welpen und brachte sie mit einem an Bella gerichteten beruhigenden Ton zu mir ans Haus und legte sie in das vorbereitete Zelt.
Ich verweilte dort noch eine Weile und gab ihnen Wasser. Ich war erst mal beruhigt und hoffte, dass sowohl Bella als auch die Welpen das neue Zuhause akzeptieren werden. Als ich dann am Abend nochmal nach den Welpen schauen wollte, sagte mir mein Sicherheitsmann bereits ganz aufgeregt, dass Bella den vierten Welpen gebracht hat. Sie hat ihn scheinbar gefunden und dann zu mir ans Haus gebracht. Und wieder war ich zu Tränen gerührt. Was für eine Hingabe von Bella! Und schön auch, dass sie den Platz vor meinem Haus offensichtlich als sicher genug eingestuft hat, um es als Zuhause für die Welpen anzuerkennen.
Fortsetzung folgt!
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