Was da gestern passierte, ist mit Worten kaum zu beschreiben. Alleine der Gedanke an die Geschehnisse schmerzt zutiefst, lässt die gesamte surreale Szenerie wieder zum Leben erwachen. Mit all ihrer Pein, allem Leid, allen Tränen und all dem Wahnsinn rundherum…
Was hatte sich also ereignet? Wir sollten mit dem RespekTiere-Mobil im Innviertel unterwegs gewesen sein; dort, wo Tierschützende schon so oft schreckliche Dinge bezeugen mussten, vor allem in lokalen Kuhställen. Nicht dieses Mal, der Weg, der Grund der Fahrt ein anderer, ein völlig unschuldiger, wo so überhaupt nicht mit Tierleid zu rechnen war – gerade deswegen wohl umso heftiger traf das Team die folgende Episode. Aber hört zu.
Die liebgewonne Hügellandschaft braust vorbei, in nette Gespräche verstrickt. So ganz und gar zufällig tut sich plötzlich vor uns ein wirklich riesiger Kuhstall auf, direkt neben der kleinen Landesstraße. Der erste Eindruck erfreut das Auge sogar ein wenig – sind es doch Freilaufstallungen, völlig offene noch dazu. Keine Wände, nur Weidepanele verwehren den Kühen die Wiesen ringsum. Was dann ein wenig schade ist, aber dennoch um so vieles besser als die oft finsteren, feuchten Ställe, welche in der Gegend sonst so selten nicht sind. Ok, wir bleiben also stehen, kurz anschauen; denn natürlich interessiert uns der Anblick von hunderten Kühen, welche sich zumindest im Umfang der riesigen Hallen frei bewegen können. Ein gedachtes Positiv-Beispiel; so kann es auch gehen, völlig ohne Ketten.

Fotos: Kühe im Freilaufstall – natürlich um soooo viel besser als an der Kette! Aber der Weisheit letzter Schluss wohl auch nicht ganz – denn zu den vom Milchanbieter propagierten Bildern auf der Alm auch kein Vergleich… aber das ist eine andere Geschichte!

Es ist jetzt, das beweisen die Meta-Daten der eben entstehenden Bilder, 13.29 Uhr. Entgegen den Erwartungen fühlt sich die erste „Live-Betrachtung“ jedoch viel eher wie ein Faustschlag ins Gesicht an; denn entgegen allen vorangegangenem Optimismus liegt da gleich im vordersten Bereich eine Kuh am Boden. In unnatürlicher Haltung; dass etwas nicht stimmt, ist sofort klar. Und tatsächlich, eine Geburt war angestanden. Nur, furchtbare Schicksalsschläge haben sich zugetragen, und so stecken bloß Beine aus dem Leib der Mutter. Blutige, völlig haarlose Glieder, ohne jeder Bewegung. Die Mutter leidet offensichtlich schwerste Schmerzen, Kühe um sie herum, wie um zu Trösten gekommen. Kein Mensch weit und breit, niemand, der da hilft. Kein Landwirt, kein Tierarzt, kein Mitarbeiter. Im ganzen riesen Hof kein Mensch weit und breit. Was tun? Hilfe holen, denn vielleicht ist die Geburt zu früh gekommen oder aus sonst irgendeinem Grunde dem Tierhalter entgangen. Im normalen müsste er doch bei einem solchen Vorgang stets dabei sein, weiß selbst der Laie – ein nicht umsonst „unbedingtes Muss“; so viel kann beim Vorgang passieren…

Wir laufen zum Haupthaus, wollen anklopfen. Bauer kommt raus; „Da ist eine Geburt im Gange, und es gibt offenbar Schwierigkeiten“. Die Antwort verblüfft ein bisschen. Nein, doch sehr. „Ich weiß eh, da stimmt was ganz und gar nicht. Der Tierarzt wird gleich da sein. Inzwischen hab‘ ich die Kuh isoliert, darum liegt sie alleine.“ „Nein“, die Entgegnung, „da stehen etliche andere rund um sie herum. Hoffentlich tritt da nicht auch noch eine auf sie, die Arme kann sich ja keinesfalls mehr erheben.“ „Oh, dann haben die anderen Kühe wieder das Gatter zu ihr geöffnet (?); aber wie gesagt, der Veterinär ist eh gleich da.“
Wir verlassen den Hof. In Gedanken versunken, mitleidend mit der so schmerzgeprüften Mutterkuh. Aber doch auch ein bisschen erleichtert, dass da gleich Hilfe kommen wird. Wird sie das? Kurzes Innehalten. Nein, lieber anhalten und sich vergewissern. Wir warten ab, bis der Tierarzt da ist. Kann sich ja nur um Minuten handeln, in so einem dringenden Fall. Sagen wir vielleicht nur, um uns selbst zu beruhigen.

Foto: Der Anblick tut in der Seele weh. Keine Frage, bei jeder Geburt können Probleme auftreten. Schwere, welche schnelle und oft genug herzzerreißende Entscheidungen benötigen. Wir sind da keineswegs blauäugig, da hilft kein Romantisieren irgendeiner Situation. Aber ob der gegebene Umgang ein richtiger war, von allen Seiten, das ist hier schon eine Frage, die gestellt werden muss. Oder sind wir tatsächlich schon derart abgebrüht, dass wir sagen, ok, so ist nun mal die Realität?! Im Namen des Geschöpfes lehnen wir eine derartige Einstellung von Grund auf ab…
Der Uhrzeiger bewegt sich gnadenlos voran. Es ist jetzt 14 Uhr. Nichts hat sich getan. Kein Fahrzeug ist gekommen, niemand war bei der Leidenden, um sich deren Zustandes zu vergewissern. Oder die anderen Kühe wieder aus der Umgebung zu verdrängen, weil die Patientin doch ganz gewiss eines braucht: Ruhe. Zurück zum Stall. Nochmals nachsehen, wir wollen uns vergewissern – passiert das alles wirklich genau so, wie wir es empfinden?Mutterkuh liegt noch immer am Boden, die Beine des Babys wie Betonklötze. Nach wie vor ohne jede Bewegung. Gewiss, das Kind ist lange tot.
10 Minuten zuwarten, lautet nun die Losung. Der Arzt hat sicher Verspätung aus triftigem Grund, aber jetzt MUSS er wohl gleich erscheinen. Ganz bestimmt. Jeden Augenblick. 10 Minuten noch, bitte halte durch, liebe Mutterkuh, 10 Minuten, und wenn dann niemand da ist, dann rufen wir die Behörde. Auf selbem Hügel geparkt, ein bisschen versteckter zwar, aber weiterhin mit Sicht auf das Gatter. Jetzt flattern die Nerven. Bitte, Dr., komm endlich. Hilf, Du wirst so dringend gebraucht. Kein Motorgeräusch weiterhin. Die Kuh sehen wir von hier aus jetzt leider nicht; die Bucht, in der sie liegt, ist ein bisschen abgedeckt durch einen davor parkenden Traktor. Macht aber eigentlich eh nichts, belastet so die Seele einen Deut weniger, und der Veterinär muss ja erst die Einfahrt rein, wir können ihn nicht übersehen. Doch ein solcher kommt weiter nicht.
14.10 Uhr. Immer noch kein Arzt in Sicht. Wir rufen den wunderbaren Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer. Ehemaliger Amtstierarzt, jetzt Wissensspender, wann immer gebraucht. „Kein Zuwarten! Es ist Pflicht des Tierhalters, auf solche Situationen, die sich ja nicht von einer Minute zur nächsten auftun, entsprechend vorbereitet zu sein. Sobald also abzusehen ist, dass die Geburt nicht komplikationslos verläuft und der Tierhalter nicht selbst in der Lage sein wird das Problem zu lösen, muss der Tierarzt verständigt sein und schnellstmöglich vor Ort.“ Kann man im § 15, Tierschutzgesetz, nachlesen.
Die Uhr zeigt jetzt knapp vor halb 3, als wir die Polizei zu rufen entscheiden. Im selben Moment kommt aber Bewegung zustanden, unten am Hof. Der Bauer fährt mit einem kleineren Traktor vor, an welchem ein Kran, ein „Flaschenzug“, montiert ist. Kurz entschwindet er aus dem Blickfeld, jetzt hinter dem geparkten Trecker. Werkt in der Bucht. Was tut er wohl, hilft er der Kuh? Und plötzlich fällt es wie Schuppen von den entsetzten Augen, wird klar, was der Mann vorhat. Nicht helfen, nein, eine halbe Minute später hievt er die Mutterkuh am Vorderbein hoch!!! Man stelle sich vor, sie, mit dem Baby im Bauch, dessen Beine aus ihrem Körper ragen, sie hängt nun an EINEM Bein festgebunden in der Höhe – und wird in der bestimmt unfassbar schmerzhaften Lage im nächsten Moment gut 100 Meter über den Asphalt geschleift, hin zu einer versteckteren Halle… Wir bleiben sprachlos zurück. Fassungslos. Derart erschrocken, erschüttert, dass wir kein Wort zu wechseln imstande sind. Ist denn das nicht der grausamste Wahnsinn, der uns je untergekommen?


Dann fällt es wieder ein – die Polizei rufen. Nun erst recht! 133 ist schnell gewählt, und ein sehr freundlicher Beamter, der uns tatsächlich persönlich kennt und wohl wirklich tierliebend ist, verspricht, sofort eine Streife zu schicken.
Nur wenige Minuten später ein Anruf. Die Streife wäre in der Nähe, wir sollen uns vor dem Einsatz noch kurz treffen, um die Situation zu erklären. Also hin zu einem nahen Parkplatz. Dort werden aber erst einmal unsere Daten aufgenommen. Ausweise fotografiert. Aussagen kurz notiert. Ok, fährt Ihr jetzt gleich direkt zum Hof? Die ebenfalls sehr nette und zuvorkommende Polizistin bejaht zuerst, dann fällt offensichtlich eine andere Entscheidung. Der Amtstierarzt ist am Weg zum Hof, erklärt der Polizist, er habe gerade eben mit dem Behördenvertreter im Auto telefoniert. „Ok, dann fährt Ihr nicht mehr hin?“ „Wieso auch, wir sind ja keine Tierärzte und können dort eh nichts tun.“ Aber dokumentieren wäre vielleicht dennoch nicht ganz verkehrt, wichtig, denkt der Schelm, wohl etwas naiv.
Dafür aber sollen wir nun mit zum Posten (warum eigentlich wir? Sollte dort nicht eher der Täter selbst Platz nehmen?). Die Anzeige machen. Wegen „schwerer Tierquälerei“, entschieden wir. Ein Im-Stichlassen von offensichtlich schwerst Hilfsbedürftigen. Ok, gut, so ersparen wir uns das Prozedere in den nächsten Tagen, wenn es nun gleich passiert.

Foto: Erste Befragung am Parkplatz; die Frage ist, wäre es nicht danach besser gewesen, unmittelbar zum Stall zu fahren, um dort eine solche beim Landwirten fortzusetzen?
Am Posten sitzen die Tierschützenden in getrennten Verhörräumen. Geben ihre Aussagen zu Protokoll. Die Uhr zeigt inzwischen fast halb vier; es gilt noch „ein bisschen“ zu warten, der Amtstierarzt würde gleich kommen, allenfalls hätte der noch Fragen an uns. Ok, vielleicht gar nicht so schlecht, jetzt erfahren wir wenigstens, was sich denn genau am Hof zugetragen hat und welche Schritte in Folge passieren werden.
Alleine, die Enttäuschung ist eine große. Nein, er war noch gar nicht dort, erst im Anschluss ist die Visite geplant. Dann mindestens drei Stunden nach dem Geschehen. Und wer weiß wie lange die Kuh schon vor unserem Erscheinen in jener Bucht gelegen ist. Da der Landwirt aus dem Haus kam, nehmen wir mal an, man betrachte die Uhrzeit, er wäre dort zum Mittagessen gewesen. Während die Kuh schon draußen im Verderben lag. Man ihr bei einem sofortigen Einschreiten stundenlanges Leid ersparen hätte können. Tat man nicht. Die Milchindustrie ist eine beinharte. Grüne Almen und Tierwohl, das sieht man nur in der Werbung. Die Realität ist eine andere, viel grausamere. Das beweist das Beispiel wohl einmal zu oft; und es ist wahrlich keine Übertreibung, nichts, worüber Landwirt gerne schmunzelt, wenn behauptet wird, Milch müsste eigentlich blutig rot sein. Oder, Milchtrinken tötet. Bittere Wahrheit. Unfassbar traurig. Und so leicht zu vermeiden wäre es, das ist das wahrscheinlich allerschlimmste an der ganzen Sache. Denn keine Schmerzen, kein Leid, keine Qual schluckt man mit der Soja-, Hafer- oder Mandelmilch mit hinunter. Und keine Erinnerung an lebenslange Kettenhaft, an Schlachthofgrausamkeit, an oft offenbar empathielose Landwirts- oder Metzgergesichter.

Foto: Das RespekTiere-Mobil vor dem Polizeiposten – leider kein ungewöhnlicher Anblick…
Am nächsten Morgen; ENTWARNUNG! Der Amtstierarzt meldet sich, genau wie versprochen. Ist ihm natürlich anzurechnen. „Alles hat sich im Guten aufgelöst! Der Tierhalter hätte, al swir ihn in der Bucht sahen, nochmals kontolliert, dann bemerkt, dass die Beinchen verschieden lang wären. Jene des Kalbes, welche immer noch aus dem Körper stecken. Hätte nochmals versucht, das Kleine rauszuziehen. Dabei sei aufgefallen, das Kalb wäre irgendwo im Inneren festgewachsen. Was ganz selten geschieht, aber vorkommen kann. In dem Fall, unmöglich zu entfernen. Rücksprache, telefonisch, mit dem Arzt. Ok, dann hat das Ganze keinen Sinn. Betäubung, notgeschlachtet. Direkt in der Bucht, vor allen anderen Tieren. Später, Kuh tot, auf den Kran gepackt und hochgezogen, weggefahren. Puhh, alles ok, noch mal gut gegangen, kein „Vergehen“ des Landwirten, hören wir jetzt. „Aber dann war überhaupt kein Tierarzt vor Ort?“ „Nein, wozu auch? Die Leute am Hof kennen sich ja aus, wissen was zu tun. Hier kam offensichtlich jede Hilfe zu spät. Blieb keine andere Möglichkeit.“

Entwarnung also. Alles richtig gemacht! Tatsächlich? Es bleiben ein paar – sicher ganz naive – „Städterfragen“ – so bezeichnen es diese Leute gerne, mit leicht abfälligen Nebenton, wenn nicht Agrarbetreibende mit der gebotenen Erklärung nicht ganz zufrieden sind und doch noch eine detailliertere Darstellung wünschen; weil die Geschichte in deren Verständnis zumindest „etwas hoprig“ klingt. Städter eben. Also, nochmals, gaaanz langsam: Kein Tierarzt wurde gebraucht, weil „die“ kennen sich eh bestens aus. Erleben so etwas oft. Haben jede Menge Erfahrung. Gut! Aaaber, darf man noch nachsetzen, warum wurde dann nicht gleich derart vorgegangen? Warum musste die Kuh stundenlang im eigenen Schmerz und Leid ertrinken, bevor „probiert wurde, das Kalb doch noch rauszuziehen“? Hat man die beiden „verschieden langen Beine“, welche ja ein untrügerisches Zeichen sein sollen, dass etwas absolut nicht passt, nicht schon vorher bemerkt? Selbst wir hatten es auf Anhieb gesehen, ohne jede Erfahrung auf diesem Gebiet.
Dann, warum wartete man in solchem Falle überhaupt nur auf den Arzt, angeblich, wenn der letztendlich bis 14.30 Uhr nachmittags sowieso nicht kommt, weil „die Sache“ plötzlich ohnehin klar ist? Noch was, fragen wird man ja dürfen – der Landwirt hat die Kuh betäubt, ausbluten lassen und dann weggezogen. „Man sieht das auch in der Box, wo sie gelegen ist.“ Verständlich, sind doch 50 Liter Blut in einem dieser so wunderbaren Wesen. Wir allen wissen nun, schneidet man sich in den Finger, welches Schlamassel dabei schnell angerichtet ist. „Alles voller Blut“. Bei ein paar Tropfen des Körpersaftes. Dann erst bei einem Kehlschnitt bei der Kuh. Womit wir ein Problem haben – denn als direkte AugenzeugInnen kann zu 100 % bestätigt werden, der Bauer fuhr zur Box vor, hantierte hinter dem Traktor, der uns zugegeben die direkte Sicht verstellte, ein paar Minuten – höchsten drei, vier – herum, und zog dann die Kuh hoch. Jetzt wissen wir aber vom Schächten – geschächtete Tiere dürfen erst nach frühestens 5 Minuten „manipuliert“, also in der Lage verändert werden. Weil bis dahin Schmerzempfinden möglich, nein, wahrscheinlich ist. Keinesfalls kann jetzt aber in „unserem Fall“ dieser Mindestzeitraum eingehalten worden sein, wie gesagt, drei, vier Minuten inklusive der Begutachtung, des angeblichen Telefonates mit dem Doktor, der Betäubung, des Schnittes, des Ausblutens, des Anbindens an den Kran, des Hochhebens. Alles in allem, es hat nicht länger als eben jene 200 oder ein bisschen mehr Sekunden gedauert. Dafür verbürgen wir uns, ein heiliger Schwur. Weiter: Wird die Kuh hochgehoben, kommt wohl unweigerlich nochmals ein Schwall Blut, ohne jede Frage, ganz ausbluten wird sie sowieso nie. Nach einem so kurzem Zeitraum aber, muss die Arme nicht ganz gewiss beim Abtransport den ganzen weiten Weg über bis zur hintersten Halle deutliche Spuren hinterlassen?! Rote Flecken am Asphalt. Sind solche festgestellt worden? Jetzt, nach diesen Zeilen, bestimmt.

Ganz wichtig auch die Beweggründe, warum denn NIEMAND bis zumindest zum späteren Abend am Hof selbst „vorstellig“ geworden ist. Da wäre zuerst einmal der Tierarzt, welcher es nie vor Ort schaffte – trotz offensichtlichem Notfall; dann die Polizei, wo ja, wie berichtet, dankenswerterweise innerhalb weniger Minuten eine Streife losfuhr; mit jener kamen wir schließlich telefonisch überein, dass diese nach kurzer Zwiesprache mit uns direkt zum Stall fahren würde, um nach dem Rechten zu sehen. Wäre dam so passiert, hätte man jetzt im Nachhinein gesehen dann auch die unvermeidlichen Blutspuren dokumentieren, zuordnen und den Zustand der Kuh feststellen können. Feststellen müssen. Wie es im normalen halt so abläuft. Oder täuschen wir uns da? Die Streife allerdings verhörte zuerst uns am Parkplatz, dann – weil „eh der Amtstierarzt jetzt vor Ort fährt“ – am Polizeiposten. Dauerte eine Ewigkeit. Bis der Amtstierarzt dorthin kam, um weitere Fragen zu stellen. Er war in der ganzen, langen Zwischenzeit aber noch immer nicht am Hof gewesen. Da tut sich schon eine weitere Frage auf: Wäre dies nicht, für Polizei und Behörde und noch mehr für die Kuh, wichtiger – nein, am allerwichtigsten – gewesen, beim zumindest Verdacht einer begangenen Straftat? Zuerst die Spuren zu sichern, festzustellen, was denn wirklich gesehehen ist? Hätte es nicht sein können – oder, schlimmstenfalls, kann es nicht sein – dass die Kuh zu diesem Zeitpunkt noch lebte, einfach nur vom „Hotspot“ entfernt worden war, um allfällige Einblicke abzuwehren? Die Schreckensvorstellung wäre zumindest im Bereich des Möglichen gelegen, und ihr hätte alleine deswegen schon die allerhöchste Priorität zukommen müssen. Oder nicht? Die bestimmt „dumme“ Frage also: Wäre nicht das Schicksal der Kuh das allerwichtigste Abzuklären gewesen, bevor man die Zeugenaussagen in aller Länge dokumentiert? Verstehen sie uns nicht falsch, das ist jetzt kein Vorwurf; vielmehr ein Nachdenken anregen, wie man solche Angelegenheiten vielleicht in Zukunft „transparenter“ gstalten könnte…
Und es gibt noch weitere Fragen. Mit welchen wir uns ebenfalls beschäftigen werden. Dann, wenn die Zeit dafür gekommen ist. Denn die Anzeige zurückziehen, das werden wir anhand solcher Gedankengänge wohl nicht. Genau aus diesen, für uns unstimmigen, Gründen eben.
Ach ja, „Entwarnung“. „Alles gut.“ Nur, „Kuh tot“. Und Kalb sowieso. Entwarnung – ganz, als ob wir nur darauf ausgewesen wären, „Tierquälerei“ schreien zu dürfen. Glauben Sie uns, so etwas liegt so fern wie nur irgendetwas. Es wäre unfassbar schön, dieses furchtbare Wort überhaupt nie mehr in den Mund nehmen zu müssen. Hätte der Bauer sich also gekümmert, wäre ein Tierarzt erschienen, wäre die arme Kuh nicht derart lange ohne jede Aufmerksamkeit (außer der unseren) dahingesiecht, keine Sekunde hätten wir damit zugebracht, diese Geschichte weiter zu erzählen. Aber all das, was so selbstverständlich anmutet, ist unserer Meinung nach nicht passiert.
Und noch etwas: „Alles gut“. Kuh tot. Keine zusätzlichen Kosten mehr, keine Ausgaben für den Tierarzt, was natürlich auch nicht schlecht für die Landwirtschaft ist. Sie wissen ja, Wettbewerb. Gewinnspannenberechnung. Kuh operieren? Wozu! Sie würde danach niemals wieder Kinder gebären können. In einem Milchbetrieb. Wo Kälbergeburten unbedingt notwendig sind, weil ja sonst die Mutterkuh keine Milch produziert. Eine „unnütze Esserin“ dann. Milchindustrie. Sagen wir schon? Sie ist grausam! Sowas von.