Nächster Tag . Von der Früh weg ist heute wieder so richtig viel los. Zuerst kommt Zappa vorbei, bringt die T-Shirts, welche wir für das Team bestellt haben. Allesamt mit Logo hinten und vorne, schwarze und weiße. Sehr cool. 25 Stk bekommen wir, welche alsbald verteilt sein werden. Dann läutet es erneut – Birome, der Fotograf, ist da. Noch ist etwas Zeit, bis die anderen erwartet werden, so unterhalten wir uns über Familie und Leben; bis schließlich Markus läutet. Kurz darauf ist auch Dr. Dieng angekommen, zusammen mit Moussa sind wir schließlich 6 Menschen, welche sich in das Auto des Veterinärs drängen. Quer durch die Stadt geht die Fahrt, und sobald die herzzerreißenden Tiermärkte beginnen, weiß man, es ist nicht mehr weit. Zum Eselmarkt. Zum absoluten Albtraumplatz. Den Ort der verlorenen Hoffnung, der Beginn der so herzzerreißenden Reise so vieler Esel. Und deren Endstation.

Foto: Der „Eselfriedhof“ beim Eselmarkt – furchtbar wie eh und je!
Denn zuerst sind ganz viele von ihnen von ganz weit hierhergebracht worden, oft über Grenzen hinweg (zum Beispiel aus dem Senegal), um dann am Markt neuen Käufern angeboten zu werden. Es steht ihnen ein Leben in all dem geschilderten Wahnsinn bevor. 12-Stunden-Tage unter der gnadenlosen Sonne, Gewichte hinter sich herschleppend, welche ihr Körpergewicht um ein doppeltes und noch viel mehr überragen. An 365 Tagen im Jahr, von Sonnauf- bis Sonnenuntergang. Ohne ausreichende Versorgung, oft nur mit Pappe gefüttert. Zurück kommen sie, wenn sie nach 2, 3 oder 4 Jahren brutalen Dienst am Menschen zu krank sind zum Arbeiten. Ein neuer Esel wird erworben, der alte bleibt am Feld hinter dem Markt. Alleine und verlassen Unbedankt, unbeweint erfüllt sich sein Kreislauf. Wird weder gefüttert noch bekommt er ab jetzt Wasser. Die ehemaligen Halter meinen, nun, wo das arme Tier nicht mehr arbeiten muss, könnte es ja gut sein, dass es sich von den Strapazen erholt; wie dies allerdings geschehen sollte, ohne jede Versorgung, darüber denkt man nicht weiter nach. In der Realität schafft es natürlich kein Esel je mehr zurück; sie stehen einige Tage in der gleisenden Sonne, bis sie schließlich zusammenbrechen. Langsam und qualvoll zu Staub werden. Ihr ganzes Leben bisher, nicht mal eine Erinnerung wird bleiben. Als ob sie nie gelebt. Wie wenn das Dasein nie passiert wäre. Keine Spuren bleiben zurück, ein paar Knochen, welche dann aber auch bald die Hunde holen. Unfassbar grausam. Unfassbar traurig. Detail am Rande: „Erlösen“ kann man die armen Tiere nicht; zum einen gibt es ein solches Konzept im Islam nicht, wird der Versuch gar als Sünde gewertet. Ein Zuwiderhandeln könnte über Nacht ein „Berufsverbot“ nach sich ziehen. Zum anderen „gehören“ die Esel rechtlich noch immer jemanden, und Nouakchott ist in dieser Hinsicht das Dorf geblieben, aus welchem es entstanden ist. Würde jemand Schritte ergreifen, die vorherigen Halter würden schon am nächsten Tag vor der Tür stehen und bestenfalls Zahlungen fordern. Oder andere, weit drastischere Maßstäbe anlegen. Jedenfalls, es wäre ab diesem Zeitpunkt unmöglich weiter zu arbeiten. Der Ruf derart ramponiert, dass man ab jetzt gar nicht mehr helfen würde können. Ganz nebenbei, die benötigten Mittel fallen unter das Betäubungsgesetz, sind ohnehin praktisch unmöglich zu erwerben. Selbst für Veterinäre nicht. Einführen? Das Risiko ist ein enormes, gelingt wenn, dann nur in kleinen Mengen.


Fotos: Der Eselfriedhof, Zentrum des Wahnsinn! Man hofft immer, gerade zu dem Zeitpunkt zu erscheinen, wo das Feld vom Bagger erneut planiert wurde und keine Spuren von all dem Leid mehr zu sehen sind. Zumindest nicht für ein paar Tage. Aber auch dieses Mal blieb die Hoffnung eine unerfüllte…
Wir arbeiten am Markt selbst; dort, wo die Geschundenen von ihren tagelangen Torturen gezeichnet ankommen. In großen LKW’s, aneinandergedrängt bis zum geht-nicht-mehr. Manchen, wir sehen bald einen davon, trifft das Schicksal besonders hart; durch die unnatürliche Haltung über Stunden hinweg im Laster, brechen Glieder; oder werden steif. Unwiederbringlich. Ein Esel hält den Kopf völlig verdreht. Eine Abnormität, die sich leider nie wieder beheben wird lassen. Ihn zur Arbeit unfähig macht; Auffangbecken gibt es keines, so ist sein Schicksal vorgezeichnet.
Praktisch keiner der Esel ist wundfrei. Allesamt leiden sie an diesem und jenem, sämtliche an Parasiten und Schlagstockwunden. An Entzündungen, wenn beispielsweise in das Fleisch gravierten Erkennungszeichen – Buchstaben, Zahlen, okkulte Symbole, Kreise, abgeschnittene Ohren – Infektionen erleiden. Wie auch immer, wir kommen mit der Arbeit kaum nach.


Fotos: Links, Irmi redet dem Eselchen gut zu; rechts: Tom und Sheriff, der nach vielen Jahren längst zum guten Freund geworden ist!

Wie schlimm der Ort dann auch immer ist, er hat auch etwas Einzigartiges an sich – warum, ich weiß es nicht, aber besonders hier haben wir ein wirklich fantastisches Verhältnis zu den Menschen, welche ihn als ihren Arbeitsplatz bezeichnen. Besonders einen jungen Mann, Sherrif heißt der Gute, kenne ich nun schon seit vielen Jahren, und jedes Mal wenn wir uns wiedersehen, umarmen wir uns unentwegt. Schon sehr berührend.
Wieder andere aber zeigen ganz offensichtlich ihr schlechtestes Potential; sämtliche ihrer Bewegungen und Begegnungen mit den Tieren beweisen, dass sie ansatzlos brutal zu diesen sind. Meist aus Unwissen heraus; ein über Generationen anerworbenes Verhalten, wo das Tier keine Stimme hat. Sache. Wie der Milchkarton. Der noch besser behandelt wird, weil der ja die Milch beherbergt und schützt. Was im Herzen weh tut. Viel mehr als sie zu ermahnen, in Vorbildfunktion zu wirken versuchen, bleibt nicht. Bloß die Hoffnung, sie werden sich eines Tages doch noch am Gezeigten ein Beispiel nehmen. Und die Realität bestätigt diese Hoffnung wieder und wieder.

Fotos: Oben, Tom verabreicht eine Dosis Ivermectin gegen Parasiten; rechts oben: Irmi zeigt dem Team, wie die Hufe am wirkungsvollsten zu bearbeiten sind. Toll ist, dass unsere Leute es lieben zu lernen. Und sie tun das von der Besten! Rechts: Esel bekommen gerade frisches Wasser; obwohl, so richtig frisch wirkt es dann nicht gerade.. aber dennoch, man mag es kaum glauben: Auch das ist schon ein gewaltiger Schritt nach vorne, denn die Versorgung in früheren Zeiten war praktisch nicht gegeben und wurde erst durch unsere Initiative intensiviert!


Auch dutzende Hunde gibt es am und um das Gelände. Typisch mauretanische Straßenhunde, die alle irgendwie sehr gleich aussehen. Knapp größer als mittelgroß, kurzes Fell, in der Färbung zwar vom sehr hellem Beige bis zum Dunkelbraun, aber in etwa dieselbe Körperform. Nicht wie zu Hause, wo es vom Dackel zum Wolfshund hunderte Variationen gibt. Auch sie werden von uns gegen Parasiten behandelt, manche bekommen zusätzlich Entwurmungsmittel. Mit Hunden, siehe Tollwut, muss man hier schon extrem vorsichtig sein, aber Dr. Dieng und Co sind selbst mit deren Umgang längst sehr, sehr professionell. Super.
Ein Wächter kommt vorbei, in Begleitung von zwei Hunden. Auch Markus kennt das Trio bereits, hat er doch Dr. Dieng bereits auf einer Tour begleitet. Die Hündin leidet an einem Krebs an der Scheide, der Rüde, der einzige Hund mit längeren Haaren, welchen ich im Land je gesehen habe, scheint in gutem Zustand. Beide umschwärmen sie ihren menschlichen Begleiter, der es dann auch schafft, sie für eine Injektion stillzuhalten.


Fotos: Bildoben, Dr. Dieng versucht einer Hündin zu helfen, welche an einer Entzündung im Genitalbereich leidet; Markus, links, hat sich mit dem wunderschönen Hund bereits angefreundet! 🙂
Obwohl jede Empfindung davor warnt, ich schaffe es nicht, mich vom sogenannten „Eselfriedhof“ fernzuhalten. Vielleicht ist es ja viel besser geworden, vielleicht gibt es heute keinen Toten?
Die Hoffnung ist freilich eine trügerische. Gleich hinter der Mauer, welche ihn vom Markt trennt, liegen sie dann, die verfallenden Körper so vieler Tiere. Unfassbar vieler. Während von manchen nur mehr ein paar Knochen übrig sind, erkennt man von anderen noch die Hülle. Fast mumifiziert wirken sie in der alles verbrennenden Sonne. Obwohl es Dutzende Tote sind, bleibt der Geruch erträglich. Weil es viel zu heiß, zu trocken ist. Eine andere Erklärung fällt mir nicht ein. Oh, wie schrecklich. Passend zur Szenerie schieben sich tatsächlich ein paar Wolken vor den Feuerplaneten, lassen die Umgebung noch trister, verlorener wirken. Was hier wirklich verloren wurde, ist die Menschlichkeit. Gott verachtet mit seinem Vertrag, nach welchem wir vielmehr Hüter und Bewahrer sein sollen. Möge der Allmächtige einst über uns richten, mit Esel und Kuh und Schwein und Schaf und Huhn als Beistand.




Irmi zeigt Dr. Dieng und Moussa, beide begierige Lernende, noch einige wichtige Handgriffe im Umgang mit der Hufzange. Praxisübungen, welche die Qualität unserer Arbeit in Zukunft ganz sicher noch wesentlich verbessern werden.
Dann ist es genug. Zurück im Auto bleibt es merklich stiller als bei der Herfahrt. In Gedanken versunken. Was aber auch immer passiert, nie darf der Schmerz und das Leid triumphieren gegenüber des Gefühls, so vielen Tieren helfen zu können. Später mal, wenn wir selbst körperlich nicht mehr in der Lage sein werden, uns diesen Herausforderungen zu stellen, dann kommt vielleicht die Abrechnung. Eine Waage, bisher halbwegs in der Balance, weil während die eine Seite, jene mit negativen Empfindungen, zwar stets schwerer wird, aber immer noch von der anderen, jener mit den positiven Reflexen, zumindest halbwegs in gerader Position gehalten wird, dann kippen könnte. Wenn in der Ruhe und Zurückgezogenheit als Nebeneffekt auch die guten Erinnerungen langsam verblassen und keine neuen Höhepunkte addiert werden können, die negativen Empfindungen, ganz hinten im Gehirn unentfernbar eingenistet, mehr und mehr ihren fatalen Effekt ungehindert freisetzen können. Genug davon. Die Zeit wird solche Fragen beantworten. Aber heute, im Jetzt, da gibt es noch viel zu viel zu tun.


Zurück in der Herberge – Ihr müsst es Euch dann unbedingt anhören – nehmen wir eine Folge für das RespekTiere-Radio auf. Markus erzählt von seinen Beweggründen, warum er nach Mauretanien gekommen ist, und warum er seine Organisation dogsofafrica.com gegründet hat. So spannend, soo inspirierend. Bald auf der Welle der Radiofabrik zu hören, oder ab zu Mitte Juli auch auf der RespekTiere-Homepage, dann unter dem Button „Podcast“.

Fotos: Tom interviewed Markus im Hof der herberge, das Interview wird alsbald auf unserem Podcast zu hören sein! Markus hat große Pläne in Mauretanien, kümmert sich in erster Linie um mutterlose Welpen!

Am Nachmittag beginnen wir bereits mit den Vorbereitungen für den morgigen Flug. Unfassbar, wie schnell die Tage verflogen sind! Zappa kommt nochmals vorbei, er hat das von uns überwiesene Geld bei der Bank abgeholt. Der riesen Berg von Geldscheinen – im Verhältnis zum Euro fast 1:50, und dann noch meist in kleinen Scheinen ausbezahlt – muss jetzt mühevoll aufgeteilt werden. Was sich leicht anhört, ist es nicht. Denn natürlich gilt es den jeweils gültigen Tages-Rechnungskurs mit einzubeziehen; dann auch sind sehr viele Fakturen völlig unklar, oder, noch schlechter, oft gar nicht vorhanden. So erfahren wir zum Beispiel, dass die T-Shirts für das Team im Senegal angefertigt wurden; dort gab es keine Rechnung, ergo auch keinen Beleg. Schon ein Problem für die genaue Buchhaltung in Österreich.
Am Abend gehen wir nochmals zum Bäcker, holen Brot. Es soll wieder spät sein, bis das Bett endlich den müden Körper aufnimmt, ihn die Decke zuhüllt wie ein Freund.

Foto: Es sind Impressionen wie diese, welche das Einschlafen nach einem schweren Arbeitstag fast unmöglich machen… der Esel links mit mehrfachen Bruch des Vorderbeines, der rechte mit hoffnungslos versteiftem Hals.
Gegen 2.30 Uhr wache ich plötzlich auf – ein Gedanke schießt durch den Kopf: Ich hatte vorgestern die Prämien für Dr. Dieng und Moussa an mich genommen, in den Rucksack gesteckt und wollte sie am gestrigen Tag weitergeben. Hab‘ ich aber nicht gemacht. In Fakt stand der Rucksack den ganzen Tag am Eselmarkt mehr oder weniger unbeaufsichtigt herum. Ich erinnere mich aber, beim abendlichen Zusammenpacken hab‘ ich ihn komplett entleert, um zu sehen, welche Dinge in welchen Reisekoffer gehören würden. Da war mir kein Geld mehr aufgefallen…
Dennoch durchsuche ich die Tasche, fieberhaft. Kein Erfolg. Gegen 4.30 in der Früh sehe ich ein, es hat keinen Sinn, sich weiter mit Gedankenspielen herumzuschlagen. Nie noch wurde mir in 20 Jahren in Mauretanien etwas geklaut, aber das Geld ist weg. Mehr als 18 000 Ouguiya, 400 Euro. Irgendwann ist alles das erste Mal. Schuld bin ich selbst, ohne Frage. Denn mein Gepäck am Einsatzort, stets unbeaufsichtigt. Dazu, dauernd suche ich etwas, meist bleibt es dann offen im Stress. Und bei so vielen Geldscheinen, wie kann man widerstehen, wenn man selbst am absoluten Limit lebt?!

Foto: Mauretanien-Impression; der alte Laster mit unfassbar geladenem Gewicht an Zementsäcken – der Mercedes fährt und fährt und fährt, über Jahrzehnte hinweg!
Schon um halb 8 bin ich wieder auf. Durchsuche nochmals meine Sachen, obwohl ich weiß, es ist ohnehin sinnlos. Zu schade, auch deswegen, weil eigentlich alles so wunderbar geklappt hatte. Und jetzt doch ein Schatten über dem Ganzen liegt. Aber es ist nur Geld. Viel schlimmer wäre es gewesen, wenn beispielsweise der Computer oder das Handy abhandengekommen wäre. Mit all den Bildern des Einsatzes.
Gegen 9, wir wollen heute später starten, kommt auch schon Markus vorbei. Der sich diese Woche wirklich unentbehrlich gemacht hat. Einfach toll. Der Gute hat für uns eine ganze Woche seines so wertvollen Urlaubs verbraucht, um das Team zu begleiten, als Dolmetscher zu dienen, die Eselklinik kennenzulernen, Tierschutzangelegenheiten zu besprechen. Wunderschön. Zudem rettet er mir den Tag – ich erzähle von der Geschichte mit den Prämien, da meint er: „Ich habe gesehen, wie Du Dr. Dieng gestern das Geld gegeben hast!“ Unfassbar. Was für eine Erleichterung. Ich erinnere mich zwar selbst jetzt nicht daran, aber daran erkennt man wohl auch, wie fordernd der Einsatz war! So viele Dinge brechen über Dich herein, man schafft es ganz offensichtlich nicht, ständig konzentriert zu bleiben…

Fotos: Am Tiermarkt wird Leben angeboten, als ob es Ware wäre… Mensch ist gnadenlos. Tausende Schafe und Ziegen säumen den Weg entlang der Hauptstraßen, und bleibt jemand stehen, wird das auserkorene Opfer entweder auf das Autodach gebunden oder in den Kofferraum gesteckt. Rechts: Wer wagt es, unten durch zu gehen? 🙂

Nun kann der Tag beginnen – und wie er das tut! Dr. Dieng stößt hinzu, zusammen mit Moussa nehme ich in seinem Wagen Platz. Irmi fährt mit Markus im wunderschönen Jeep. Erneut geht es quer durch die Stadt, auf der neuen chinesischen „Autobahn“; vorbei an so viel Elend, trotz des glänzenden Asphalts. Tiermärkte, tote Körper, die blutüberströmt in der Sonne hängen. Geblöke von den Schafen, aus jeder Ecke. Man mag sich nicht vorstellen, was ihnen gerade passiert.
Beim künftigen Klinikort warten die Arbeiter auf uns. Davor haben wir „unseren“ Ziegelhaufen passiert; die Mauersteine werden von hier weiter mit kleineren Fahrzeugen gebracht. Die Leitung für den Wasseranschluss scheint wirklich fertig! Tatsächlich per Hand wurde sie hunderte Meter hin zum Grundstück gegraben. Wasser fließt auch schon, wie cool ist denn das??? Jetzt kommen auch Zappa und Mohamed hinzu, zusammen begehen wir das Gelände. Ein erhebender Moment, jetzt, wo auch schon erste Ziegel gesetzt sind.


Gut 2 Stunden sind wir vor Ort. Es gibt viel zu bereden, erzählen, dazu ein generelles Durchatmen. Der Anfang ist gemacht, jetzt beginnt wohl das ganz große Mauretanien-Abenteuer!!! Etwas mulmig wird es da schon beim Gedanken. Was wird die Zukunft bringen? Überlegungen weggewischt. Nur wer wagt, gewinnt! Augen zu und durch, muss nun die Devise heißen! Nur so kann ein Traum Wirklichkeit werden! In unserem Falle der Traum „Yamal“. Hoffnung, so wird er heißen, der RespekTiere-Gnadenort!
Schon sind wir wieder im Kindermodus. Sammeln alte Blechbüchsen, welche dann im Wettbewerb möglichst weit zu werfen versucht werden. Zappa übertrifft uns einmal mehr alle…
Was besonders toll ist am neuen Grundstück – Moussa wohnt ganz in der Nähe, ein paar Steinwürfe entfernt. Zappa ebenso, nicht mehr als ein paar Fahrminuten trennen sein Heim von der entstehenden Klinik. Und auch Dr. Dieng hat es gar nicht weit. Super!

Foto: Moussa, Dr. Dieng und Tom vor dem Ziegelstapel – daraus wird unsere Mauer entstehen! Unten: Die neue Wasserleitung führt direkt zu unserem Grundstück!





Jetzt wird es langsam eng mit der Zeit. Wir sollten eigentlich gegen halb 3 am Flughafen sein, die Uhr zeigt bereits Mittag. Aber Moussa will uns unbedingt sein Haus zeigen. Und wir können ihm den Wunsch nicht abschlagen. Tatsächlich ist er kurz vor dem Einziehen. Und das Haus schaut toll aus. Nur mehr die Möbel fehlen, sonst ist es sehr, sehr heimelig. Es hat sogar einen wunderschönen Innenhof mit einem frisch gepflanzten Baum. Sehr cool.
Jetzt möchte aber auch Zappa, dass wir kurz bei ihm halten. Auch dieser Wunsch soll erfüllt sein. Zappa hat ebenfalls einen Baum gepflanzt. Nicht einen, dutzende! Dazu gibt es einen Gemüsegarten, Schafe im Hinterhof, 2 wunderschöne Hunde. Und ein dritter in einem Nebengebäude, welches ebenfalls zum Anwesen gehört. Tatsächlich besitzt der Hufschmied noch das Grundstück nebenbei, wo er Palmen anpflanzt. Sobald die groß genug sind, bringen sie mehrere hunderte Euro pro Stück – eine Zukunftsinvestition, wie er sagt! Wir lernen auch Zappa’s Kinder kennen, und seine Frau begrüßt uns mit leuchtenden Augen. Sein jüngster Sohn, jetzt 3 Jahre alt, litt an einer Gehirnhautentzündung, kann deshalb nicht hören. So spricht er dann auch nicht. Der Arme!




Fotos: links – Zappa umarmt vor dem Haus seine kleine Tochter; oben: Der Gute hat in seinem Innenhof einen kleinen Wald gepflanzt
Gerne würden wir noch Stunden bleiben, aber die Zeit drängt. Mehr und mehr. Zurück geht es durch die sandigen Nebenstraßen, vorbei an den Hütten, an den Ständen, an den Menschen, die allesamt beschäftigt sind und ihren Tätigkeiten nachgehen.
In der Herberge packen wir nun blitzschnell zusammen. Geben den Schlüssel ab. Schönes Haus, danke für die so großartige Zeit in Dir!
Nun fahren wir noch schnell bei Markus vorbei. Er wohnt wirklich schön, ein Wächter – wie von der GIZ für sämtliche Mitarbeiter gefordert – sitzt vor dem Eingang. 24/7. Und drinnen erwarten uns seine beiden Hunde. Die das große Los gezogen haben. Den Hauptgewinn. Bei so einem wunderbaren Menschen, gerettet direkt von der Straße, beide, Mutter und Tochter, verletzt und knapp vor dem Tode…

Foto: Bei Markus und seinen süßen Ladys!
So, zum Flughafen. Aber vorher…. Es nimmt kein Ende! Noch gilt es sich von Noemi zu verabschieden. Die Liebe bringt uns frische Mangos, steigt dann ein ins Auto und kommt mit zum Flughafen. Dort aber ist der Abschied von den so Liebgewonnen unumgänglich. Ein letztes Mal für die Reise sich in die Arme fallen, dann müssen wir in den Airport hinein.


Alles geht gut. Sogar etwas zu früh am Gate, die Maschine hat offenbar wieder Verspätung- aber nur eine Handvoll Menschen, wie es scheint, werden mitkommen! Mir bleibt Zeit, noch diese Worte in die Tasten zu hämmern.
Ein junges Mädchen fragt nach Auskunft. Sie, 15 Jahre alt, reist ganz alleine. Hat ihren Vater in Mauretanien besucht und fliegt nun zurück. In die USA, genauer nach Houston, Texas. Sehr beeindruckend!
Ganz zufrieden borden wir die Maschine. Es sind in der Tat relativ wenige Menschen in der Maschine, aber ein Fensterplatz geht sich dennoch nicht aus. Irmi findet schließlich neben dem Begehrten Ruhe, bei mir ist es ein bisschen unangehmer – in der mittlernen Viererreihe bleibt mir jener Sessel ganz außen. Die Maschine hebt mit ein bisschen Verzögerung ab – und fliegt Richtung Süden! Haben wir das falsche Gate genommen? Kann nicht sein, noch dazu bei den Kontrollen. Es stellt sich schließlich heraus, das Flugzeug wird später in Banjul landen, in Ghana! Informiert hat uns die Airlines nicht über diesen doch gewaltigen Umweg; denn dort angekommen, nach ca. 1,5 Stunden, steht der Airbus erst mal still, wird geputzt. Mit uns drinnen, natürlich. Bei der Hitze auch noch. Tatsächlich hatte die Airline wohl ab Nouakchott zu wenig Kundschaft, nahm kurzerhand den Umweg in Kauf, um so im „Sammeltaxi“ doch noch mit voller Ladung fliegen zu können. Das tut sie später – unfassbar, wie viele Menschen schließlich zusteigen! Auch die Plätze neben mir füllen sich wieder, und so bleibt nur zu sagen: „Im Süden nichts Neues“…


Fotos: So grün ist Ghana!
Es soll ein ziemlich schrecklicher Flug werden. Einer, der kaum Schlaf bringt. Ständig ist der Ellenbogen von links in meinem Bereich, dann schläft der Mann wieder und wieder ein und landet dann mit dem ganzen Kopf buchstäblich im Schoß. Der Versuch, sich deshalb mehr auf die andere Seite zu legen, soll schließlich auch nicht erfolgsversprechend sein. Dort ist der schmale Gang, und wenn nicht die Stewardess beim Vorbeigehen anstößt, dann zumindest ihr Wagen oder einer oder eine der hunderten Menschen, welche im Laufe der Nachtstunden an mir vorbei die Toilette aufsuchen möchten.
Ankunft ist dann unglaubliche viele Stunden später: Erst gegen 7 morgens landen wir in Istanbul, von der Müdigkeit gerädert. Was uns aber nicht davon abhält, es in die Stadt hinein zu versuchen. Die neue Metro scheint prädestiniert dazu! Geld gewechselt, und dann los. Stempel in den Pass, raus aus dem Flughafen, frische Luft atmen.



Fotos: Es ist kein Klischee – Katzen genießen ihr Leben in Istanbul, der katzenfreundlichsten Stadt, welche ich persönlich kenne. Ob in der U-Bahn, in der Einkaufsmeile, am Flughafen, überall findet man sie, gar nicht scheu!
Den Ausflug – wir können es kurz machen. Der Weg ist ein weiter, nötigt uns gut eineinhalb Stunden ab. Jetzt wird es schon knapp mit der Zeit. Am berühmten „Taxim“-Platz steigen wir aus, lassen den Eindruck der Weltmetropole erst einmal auf uns wirken. Eigentlich müssten wir schon wieder zurück. Was die Vorfreude ein bisschen dämpft.
Ein Spaziergang durch die Promenade, ein kurzer Besuch in der heiligen katholischen Kirche, ein paar der so vielen süßen Streunerkatzen streicheln, und dann sitzen wir auch schon wieder in der Bahn. Beide mit höchst angespannten Nerven, ob der Müdigkeit, ob des Kräfteverschleißes, ob den schlimmen Erlebnissen der letzten Tage; jedenfalls sind wir heilfroh, dann endlich wieder in der Metro zu sitzen, wo im Rückblick gesehen der Istanbul-Einblick dann halt nicht gerade so der Hammer gewesen ist!


Foto: Istanbul hat den Ruf, besonders Straßentier-freundlich zu sein. Uns bestätigt sich diese Einsicht immer wieder! Oben: Streunerhund am Flughafen, der sich ebenfalls sofort streicheln lässt!
Der Weg zum Flughafen lässt sich leichter finden, benötigt uns nicht viel mehr als eine dreiviertel Stunde ab. Dennoch wird es spät – zuerst der Check-In am Flughafen Eingang, dann laufen, laufen, laufen, bis es zu einem weiteren Gate kommt, wo der Pass kontrolliert wird. Und dann noch ein Sicherheitscheck. Aber dem Himmel sei Dank sind es heute nicht ganz soooo viele Menschen wie sonst, und so geht die Prozedur relativ rasch und schmerzlos vonstatten. Halbwegs entspannte 30 Minuten vor dem Borden sind wir am richten Abfluggate; die aktuelle Handlung beginnt aber ohnehin erst wieder viel später. Nämlich um 45 Minuten rückgesetzt. Wenn es bei der T-Airlines etwas zu bekritteln gibt, dann genau das: Ein bisschen unpünktlich sind die Maschinen durchwegs, zuallermeist. Aber Unpünktlichkeit ist auch der Lebenssaft, den echte ÖsterreicherInnen, so behaupten es gerne unsere Lieblingsnachbarn, mit der Muttermilch aufgesogen haben. Deshalb: Alles gut!
Gegen dreiviertel 4 sind wir am Flughafen Schwechat, zurück in der Heimat. Durchatmen, Der Einsatz, so fantastisch gegangen! Super! Herzlichen Dank, Du Lieber da oben!
Ein festes in die Armefallen, ein letzter Drücker mit Irmi, dann sitze ich auch schon bei der Tierschutzkollegin Cosma im Auto – die Liebe bringt mich den halben Weg nach Hause, vom Zielpunkt fahre ich mit Bruder Charly weiter zum vorläufigen Endpunkt. Schön war’s. Erfolgreich. Super nett. Super traurig. Super Emotional. Adrenalin, Wut, Trauer, himmelhoch juchzende Freude. Das sind die Zutaten jeder Reise ins Wüstenland. Hoffentlich wird es noch viele solche geben. Inschallah, „so Gott will“, heißt es so treffend…

Foto: Im Anflug auf die Heimat: Österreich, hier der Neusiedler See, läßt sich schon erkennen!
Noch ein paar Impressionen






Fotos, links: Durch die furchtbaren Transportbedingungen ist der Hals des Esels schwer verletzt; er kann den Kof nicht mehr heben. Oben: Markus und Tom sitzen auf der ersten Mauer am neuen Grundstück!

Foto: Team übt sich im Dosenweitwurf in der Wüste! 🙂
