Gesprächsrunde mit der Salzburger Jägerschaft

Gestern fand eine erste Gesprächsrunde mit der Salzburger Jägerschaft statt. Treffpunkt hierfür war bezeichnender Weise der ‚Jägerwirt‘ in Bergheim bei Salzburg. Wir möchten uns auf diesem Wege sehr herzlich beim Jagdverband für die Kommunikationsbereitschaft bedanken – natürlich ist es uns durchaus bewusst, dass es auch für die Jägerschaft ob der gegensätzlichen Darstellungen nicht immer einfach oder gar selbstverständlich ist, ein Gespräch mit TierrechtsaktivistInnen durchzuführen. Dass sich die Herrn trotzdem zu dem Termin bemühten, dafür gebührt ihnen unsere Achtung und unser Respekt. Dafür, dass sie unsere Fragen ohne Wenn und Aber beantworteten, sich nicht davor scheuten, auch sehr Kontroverselle Thematiken zu besprechen, umso mehr! So waren der Landesjägermeister Komm.-Rat Josef Eder, dessen Stellvertreter Dr. Walter Grafinger sowie der Geschäftsführer der Jägerschaft, Dipl. Ing. Josef Erber, zum Wort-Austausch erschienen und schnell entwickelten sich sehr lehrreiche und informative Gespräche – wir hoffen, auch die ‚Gegenseite‘ konnte dem Treffen einiges abgewinnen und vielleicht mit dem einen oder anderen neuen Gesichtspunkten den nach Hause-Weg antreten.




Die erste Frage der Jägerschaft an uns lautete etwas überraschend: ‚Ist die Abschaffung der Jagd ein Vereinsziel von RespekTiere?‘ Was wir mit ‚auf längere Sicht gesehen eindeutig ja‘ beantworteten.
Dann dürfte die kürzliche Reportage in den Bezirksblättern, welche mit ‚Blutiges Massaker‘ betitelt worden war, dem Verband schon sehr missfallen haben; dazu wollte man unsere Meinung wissen. Natürlich ist es fraglos eine als kontrovers zu betrachtende Headline gewesen, aber unglücklich waren wir darüber nicht, was wir offen zugaben – es steht außer Zweifel, dass derartige Formulierungen das Interesse der LeserInnen wecken – womit unser Ziel, die Auseinandersetzung möglichst vieler LeserInnen mit der Thematik, großartig unterstrichen worden war (ein herzlichstes Dankeschön geht an dieser Stelle nochmals an die mutige Redakteurin und an die anschließenden Leserbrief-SchreiberInnen!!!).
Der Hauptkritikpunkt, ein wunder Nerv, dürfte aber der Spruch ‚Impotenz braucht Waffen‘ bilden; Dr. Grafinger, ein Jurist, meinte dazu, solche Aussage wären mehr unglücklich gewählt und nebenbei angreifbar; es wundert, dass RespekTiere deshalb nicht mit Unterlassungsklagen bedacht worden war – welche seiner Meinung nach vor jedem Gericht stand gehalten hätten. Er verglich den Ausspruch mit ‚Alle Tierschützer sind schwul‘, welcher wohl den selben Effekt auf uns haben würde wie genannte Feststellung. Allein schon die Tatsache, dass ein doch sehr großer Teil der Aktivisten weiblichen Geschlechts sind, lässt den Vergleich doch etwas hinken. Zudem: Schwul sein ist wohl in keinster Weise ein Makel, und dass es im Gegensatz zur Impotenz auch ganz gewiss keine Krankheit ist, sollte in unserer fortgeschritten Zeit wohl niemand mehr entgangen sein!

Nun aber zu einigen aussagekräftigen Zahlen, Fakten und Informationen, welche im Verlauf des Vormittags angesprochen worden waren. Laut Aussage der anwesenden Herren gibt es in Salzburg zwischen 8 300 und 8 400 JägerInnen, etwa 40 % davon Arbeiter, 33 % Bauern und ganze 9 % Frauen. Obwohl diese Zahlen nach den Worten des Jägermeister-Stellvertreters in den letzten Jahren einigermaßen jeweils konstant geblieben sind, betitelte der Landesjägermeister selbst den Zulauf als ‚ziemlich stark‘; gleichermaßen verneinte man unsere Frage, ob die Jägerschaft mit einem Image- und Akzeptanzproblem von Seiten der Bevölkerung zu leiden habe, man hätte gänzlich gegenteiligen Eindruck.
Österreichweit gibt es um die 120 000 JägerInnen, ein Vergleich dazu birgt doch eine gewisse Brisanz: demnach gäbe es in der Bundesrepublik, wohlgemerkt einem Land, welches in etwa die 10-fache Bevölkerungszahl gegenüber der Alpenrepublik ausweist, ’nur‘ 240 000! Sind wir also ein Land der Schießwütigen?

Warum die ‚Nacht des Fuchses‘?
Die Fuchspopulation sei in den letzten Jahren nicht zuletzt auf Grund der erfolgreichen Impfungen sehr gestiegen, zudem seien die Räude und der Fuchsbandwurm ein sehr ernst zu nehmendes Problem. Wie viele Füchse davon betroffen wären? Dazu kenne man keine genauen Zahlen und Fakten – allerdings seinen in den letzten 5 bis 6 Jahren drei Menschen in Salzburg mit dem Fuchsbandwurm infiziert worden, was eine schreckliches Krankheitsbild gäbe.
Ein Jäger aus dem angrenzenden Bayern hatte uns bei der ‚Hohen Jagd‘ berichtet, ‚drüben‘ würden gar keine Füchse geschossen, die Bauern hätten gebeten, von einem Abschuss abzusehen – Füchse essen täglich ca. 30 Mäuse, was den Landwirten sehr entgegen kommt; trotzdem hätte man dort keine Probleme mit Räude oder Bandwurm. Hinter der imaginären Linie einer Grenze sei alles anders?
Ja, denn hier bei uns würden ohne Bejagung die Bestände zweifellos explodieren.
Die ‚Nacht des Fuchses‘ wurde primär dazu geschaffen, um die JägerInnen zur anspruchsvollen Fuchsjagd zu animieren. Trotzdem könne man die Ausführung dieses Anreizes dann nicht als Massaker bezeichnen – dabei würden nach Schätzungen im gesamten Bundesland im Verhältnis zur Jahres’ausbeute‘ sehr wenige Füchse getötet werden; während des übrigen Jahres würden zwei- bis dreitausend den Flinten zum Opfer fallen.
Übrigens werden, entgegen der vielleicht landläufigen Meinung, die Impfköder gegen Tollwut seit ca. 10 Jahren nicht mehr von der Jägerschaft sondern vom zuständigen Ministerium ausgelegt.
Auf die Frage, ob man durch Veranstaltungen wie die ‚Nacht des Fuchses‘ nicht in Gefahr laufe – wenn unterschiedslos alle Tiere dieser Gattung getötet werden würden – diese irgend wann völlig zu vernichten, kam eine verneinende Antwort. Auch sei die von Tierrechtsseite öfters getätigte Meinung, durch das Schießen würde der Bestand nicht abnehmen, weil die Reviere getöteter Füchse sofort von anderen eingenommen werden würden oder die Population mit verstärkten Geburtenzahl auf Dezimierung reagiere, nicht richtig – vielmehr würden diese Mechanismen erst dann greifen, wenn es in die Vernichtung gehe, also die Gattung knapp vor dem Aussterben stünde – und dann könne es bereits zu spät sein.

Gebiete in welchen nicht gejagt wird und wo es Berichten zu folge zu keinen explosionsartigen Vermehrungen und ausbrechenden vernichtenden Krankheiten kommt…
Die anwesenden Jäger meinten hierzu, dass derartige Aussendungen nicht hinterfragt werden würden. So dürfe im Nationalpark Berchtesgarden nicht gejagt werden. Die Folge: im Winter kommen die Tiere massenweise in die Niederungen, werden dort zu einem echten Problem und würden dann in Massenjagden geschossen. Gämsen würden von Schnee talwärts gezwungen, wo die JägerInnen, außerhalb des Parks auf sie warten würden. Davon aber spreche niemand, diese Fakten werden laut der Jägerschaft gerne verschwiegen.
Auch seien die schlauen Tiere, welche sofort bemerken, wo keine Jagd mehr auf sie gemacht werde, in unseren Tauern weit hinauf gewandert; teilweise würden sie nun schon oberhalb der Gämsenpopulationen gesichtet. Dort aber sei die Vegetation natürlich um ein Vielfaches anfälliger gegen Wildverbiss, was zu enormen Schäden an der Flora führe.
Auf unsere Frage, ob es denn nicht sei, dass das Rotwild doch vielleicht von den Jägern selbst – nach eigenen Worten wurde ja vorhin gesagt, die Tiere weichen in Gebiete aus, wo nicht Jagd auf sie gemacht werde – jenseits der Baumgrenzen vertrieben worden sei, erhielten wir keine befriedigende Antwort.
Musterbeispiel Genf, wo seit nunmehr fast 35 Jahren nicht mehr getötet wird: da gäbe es sehr schwere Probleme, worüber aber ebenfalls so gut wie nie berichtet werden würde – so verhungern dort die Hirsche, besonders vor 2 Jahren ereigneten sich Tragödien, es wurde Tiere mit nur mehr 60 kg (im ‚Normalen‘ wiegen sie mehr als 200 kg) gesichtet.
Es gibt aber natürlich auch völlig anderswertige Meinungen zu den nicht bejagten Gebieten, besagter Kanton Genf dient entgegen der Ansicht des Landesjägermeisters Nachahmern als großes Vorbild Ein Beispiel: Vor dem Referendum, mit welchem die Bevölkerung 1975 gegen die Jagd stimmte, war von Seiten der Jäger behauptet worden, der Feldhase wäre im Kanton ohne die Jagd von der Ausrottung durch Beutegreifer bedroht. Es ereignete sich Gegensätzliches: inzwischen gibt es dort die größte Populationsdichte Meister Lampe’s in der gesamten Schweiz!
Die Salzburger Jägerschaft lehne die Überfütterung, wie besonders in den 70er Jahren durchgeführt, ab. Das mache man heute bestimmt nicht mehr, viel mehr gehe man hier ganz gezielt und ökologisch vor. Alle drei anwesenden Herren sprachen sich auch deutlich gegen den Jagdtourismus aus, die im benachbarten (Ost-)Ausland so populären Fasenjagden seine ebenfalls nicht mit der Jägerehre zu vertreten und völlig abzulehnen.

Alkoholproblematiken während der Jagd sehe man zumindest in Salzburg nicht, auch sei es hier im Gegensatz zu anderen Bundesländern seit langer Zeit zu keinen nennenswerten Jagdunfällen gekommen. Jener Jäger, welcher im Burgenland auf ein Auto schoss weil er es für ein Wildschwein gehalten hatte, wäre in Salzburg seine Jagdlizenz sofort los. Auch sei es in unserem Bundesland üblich, dass jeder Jagdscheinbesitzer einmal jährlich seine Befähigung im Umgang mit der Waffe im Jagdzentrum Stegenwald unter buchgeführten Beweis stelle.

Warum jagt man so wunderbare Tiere wie z. B. Eichelhäher? Weil sie Nesträuber sind und großen Schaden unter den Singvögeln anrichten – es sei Aufgabe und Bestreben der Jägerschaft diese zu schützen.
Bei Mardern gelten selbige Vorsätze. Für die Jagd auf Eichelhäher benötige man Einzelgenehmigungen, worauf die Jägerschaft sehr achte.
Bei Krähen gelten ähnliche Bestimmungen. Hierbei würden ‚befallen‘ Gebiete begutachtet und Abschusszahlen festgesetzt. Rabenkrähen, der Bestand wird auf etwa 30 000 Vögel in Salzburg geschätzt, würden enormen Schaden in der Landwirtschaft anrichten, auch seien sie für den Tod von vielen Kleintieren verantwortlich, welchen sie die Augen auspicken würden. Außerdem seinen sie Überbringer von Krankheitserregern. Man verneige sich aber vor deren Schlauheit.

Haustierabschüsse seien oft nicht vermeidbar, besonders frei laufende Hunde würden eine starke Gefährdung für Wildtiere bedeuten. Allerdings würde heute kaum mehr ein Jäger einen Hund töten, allein schon aus rechtlichen Gründen – dies sei immer mit enormen Streitigkeiten mit den BesitzerInnen verbunden, selbst in ‚mehr als eindeutigen Fällen‘.
Größer Beutegreifer würden in Salzburg von der Bevölkerung nicht geduldet, es gäbe zudem zuwenig Platz für Bären und Wölfe. Was würde passieren, wenn ein Bär wie Moritz oder Bruno in ein Bienenhaus eindringen und dabei vom Besitzer überrascht werden würde? Eine lebensgefährliche Situation für den Menschen entstünde. Solche Situationen gelte es zu verhindern.
Bezüglich Entenjagd: Statistiken, die besagen, dass ein Großteil der lebenden Vögel mit Bleikugeln kontaminiert sind (aus nicht tödlichen Schüssen), werden von der Jägerschaft als unrichtig zurück gewiesen. Auch die Gefahr – Statistiken besagen, an bejagten Gewässerufern können bis zu 2 000 Bleischrotkugeln pro qm gefunden werden; eine große Problematik: Wasservögel picken kleine Kiesel für die Verdauung auf – sie nehmen dabei des Öfteren natürlich auch diese giftigen Metallkörper zu sich und verenden daran (eine Ente, welche eine Kugel schluckt, hat eine Überlebenschance von ca. 88 %, sind es 2 Kugeln, sinkt diese auf ca. 56 %, bei drei sind es dann nur noch 34 %), bestehe praktisch nicht und die getätigten %-Angaben seien bestimmt unrichtig.
Fallenjagd ist in Salzburg grundsätzlich verboten, Ausnahmen gäbe es nur, wenn Gefahr für Mensch bestehen würde; zum Beispiel sei diese auf Bisamratten üblich, die Abgrenzungen unterminieren und dann eine Gefahr für Traktoren und deren LenkerInnen darstellen würden. Obwohl, so meinte Dr. Grafinger, es ohne weiters mit Leichtigkeit möglich wäre, Fallen z. B. für Füchse aufzustellen und diese dann davor zu schützen, dass andere Tiergattungen wie zum Beispiel Raubvögel sich darin fangen – weil man sich aber natürlich an die Gesetze halten würde, bräuche man darüber nicht zu reden, weil es den Fallenfang wie gesagt de facto in Salzburg nicht gibt.

Abschusszahlen und Bestandsaufzeichnungen:
Abschusszahlen berechnen sich nach der Population, welche bei regelmäßigen Bestandsaufnahmen fein säuberlich aufgezeichnet werden würde.
Ob es nicht irrsinnig schwierig sei, hier genaue Zahlen zu eruieren, wo doch viele Wildtiere ständig ihre Positionen wechseln und umherwandern? Nein, da habe man über die Jahre hinweg immer genaue, sehr verlässliche Berechnungen erstellt (Zählungen an den Futterkrippen), welche ein Auf oder Ab von allerhöchstens 10 % zulassen würden.
Amokläufer – oft mit Jagd-relevantem Hintergrund?
Nein, das stimme sicher nicht. Andere Berufsgruppen, die Töten zur Aufgabe haben, wären dabei viel häufiger betroffen. Aber man höre oft von Familienmitgliedern, Teenagern, die Waffen aus dem Schrank des Vaters klauen und es dann zu Tragödien kommen würde; nicht in Salzburg, denn hier würde man streng kontrolliert – der Landesjägermeister meinte gar, er sei erst letzten Sonntag Ziel einer derartigen Überprüfung, die immer unangekündigt statt findet, gewesen.

Alles in Allem war das Treffen ein sehr informatives, nie glitten die Gespräche in Aggression ab. Wir sind deshalb zwar ganz bestimmt um keinen Millimeter von unserem Standpunkt abgerückt, dennoch war es angenehm, Menschen hinter der Fassade ‚Jagd‘ wahrzunehmen. Ein Austausch, selbst ohne sofort eine Annäherung bewirkend, ist immer gut zu heißen, und wir möchten uns nochmals bei den anwesenden Herren für Ihre Bemühungen bedanken. Sie haben sich als sehr sympathisch und bemüht präsentiert – wenn sie nun die Waffen irgend wann für immer zur Seite legen würden, den Jäger in sich zugunsten des Hegers – dann höchstens mit dem Fotoapparat bewaffnet – austauschen, dann stünde einer Neu-Interpretation der zwischenmenschlichen Basis nichts mehr im Wege. Auch möchten wir uns allerherzlichst für die Einladung bedanken, Herr Dipl. Ing. Erber übernahm freundlicherweise die Getränkerechnung!
Natürlich wäre es vermessen aus einem Treffen zweier so verschiedener Lebensanschauungen zu erwarten, dass die jeweils gegenseitige Meinung die eigenen Standpunkte akzeptiert und annimmt in einem Maße, dass das Gegenüber ‚überzeugt‘ werden könnte von der Richtigkeit des als Notwenig erachteten persönlichen Tuns – dieses Wunschdenken wird weder einem/r ernsthaften TierschützerIn noch einem/r passionierten JägerIn gelingen. Wenn man durch persönliches Kennen lernen aber mit auf den Weg nimmt, dass man es trotz grundverschiedener Anschauungen mit Menschen zu tun hat, Menschen, die an Thema-bezogenen Gesprächen genau so Interesse haben wie wir selbst, dann ist viel gewonnen worden. Und in diesem Bewusstsein war die Gesprächsrunde eine ganz wichtige und sehr erfolgreiche, zumindest für uns.
Was wir daraus ganz sicher gelernt haben – ein Verzicht auf Polemik kann hie und da angebracht sein, wir sind Ihnen viel mehr Tatsachen und Fakten schuldig, welche wir in Zukunft vermehrt aufzubreiten versuchen werden!
Ganz herzlichen Dank gilt auch unserer immer großartigen Mitstreiterin Caroline Riener, die in mühevoller Kleinarbeit eine mehr als interessante Broschüre, Pro und Contra’s der Jagd, zusammen gestellt hat – ein wichtiger Leitfaden für alle, welche sich in die Thematik wirklich einlesen möchten – klicken sie bitte HIER !  

 

 

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