Esel in Mauretanien – das Projekt geht in eine neue Phase!

Wir sind wieder zurück aus Mauretanien und die neuen Eindrücke benötigen wohl einiges an Zeit um sich vollends zu setzen. Während die Heimat noch immer im Schnee versinkt, dreht unser Arzt im selben Augenblick seine Runden in Nouakchott und behandelt dort die armen Esel an den Wasserstellen. Es gibt ein wunderbares Gefühl zu wissen, dass dies so ist; die Esel in Mauretanien, gebeugt von der Last und der Hoffnungslosigkeit, verzweifelt an ihrer Situation, brauchen diese Hilfe so dringend wie das täglich Brot. Sie sind ohne unserer Unterstützung völlig vergessen von einer Welt, deren Sensibilität ‚Armut‘ immer nur als menschliche Tragödie erkennt. Der Blick hin zum Mitgeschöpf ist da stets ein verschleierter, man wagt es kaum deren Misere zu thematisieren, immer mit der Verlegenheit konfrontiert, in diesem Falle gegen humane Anstandsregeln zu verstoßen. ‚Kommt denn nicht in erster Linie der Mensch?‘, hören wir in nun immer wieder, ‚muss nicht erst dem Menschen geholfen werden, bevor man sich um Tiere kümmert?‘ ‚Ihr kommt hierher und wollt euch um die Esel kümmern? Seht Ihr nicht was hier los ist, wie es den Menschen geht?‘, sagte einst eine verzweifelte Ärztin zu mit. Natürlich, und es wäre für die eigene Entlastung eines geplagten Geistes eine Wohltat anderes zu behaupten, ist in einem Land wie Mauretanien die latente Mittellosigkeit – und noch schlimmer: die fast absolute Hoffnungslosigkeit, einen Ausweg zu finden aus dieser Lage – der Bevölkerung jede Sekunde schmerzhaft präsent; aber es ist eine Tatsache, dass sich inzwischen alle großen Hilfsorganisationen weltweit in Nouakchott befinden und dass das Leid des Menschen nicht zuletzt deshalb längst ein bekanntes und bekämpftes ist – auf die Tiere aber wurde in all den bereits eingesetzten Entwicklungshilfeautomatismen einmal mehr völlig vergessen; niemand ist dort, um sich deren Schicksals anzunehmen. Sie, die Vergessenen der Welt, im Stich gelassen, unbemerkt und unbeachtet von der so gepriesenen Humanität. Warum nur? Weil wie gesagt die menschliche Tragödie eine derart umfassende ist? Aber was können die Tiere denn dafür? Geht man von einem solchen Umkehrschluss aus, würde das nichts anderes bedeutet, als wenn es Mensch schlecht ergeht, dann MUSS es dem Tier ganz einfach gleich lautend noch um einiges schlechter gehen?

diese Träne versinnbildlich die Situation der Esel in Nouakchott


sehr viele Esel sind schwer gezeichnet von den Anstregungen und den Schlägen ihrer Besitzer


weiße Esel haben es bsonders schwer; sind sind von Natur aus anfällig auf Hauterkrankungen, haben fast immer Probleme mit den Augen – in diesem Umfeld sind Erkrankungen vorprogrammiert


Esel transportieren alles in Nouakchott, angefangen vom Wasser, über Baumaterial, bis hin zu Obst, Gemüse und Eisenteilen…


Gegen diese Einsicht aber stemmen wir uns, mit aller Kraft; und ist es nicht eine unumstößliche Tatsache, dass eine massive Unterstützungselle für die Arbeitstiere eine fast ebenso große ist für deren Besitzer darstellt? Sie, die Esel von Nouakchott, an deren Rücken aller Fortschritt in der Stadt passiert, die nahezu 80 % der Güter zum Bau neuer Infrastruktur befördern, auch die der Krankenhäuser und Hilfsprojekte; die, welche ihren Besitzern die einzige Einnahmequelle, das pure Überleben, bedeuten, ihnen gilt unsere gesammelte Aufmerksamkeit (direkte Hilfe für die Menschen überlassen wir in dieser Einsicht jenen, die wesentlich mehr verstehen als wir) und gerade weil wir dadurch aber gleichzeitig dem Menschen helfen, ist das Projekt ein so wunderbares!

Wahrhaft, auf die Tiere wurde in all den Bemühungen einer sich sorgenden Weltöffentlichkeit bisher völlig vergessen; so gibt es in Mauretaniens Hauptstadt kein einziges Tierheim, ja nicht einmal eine Auffangstation irgend einer Art; die Streuner werden periodisch vergiftet, deren verwesende Körper mit all dem Müll in den Straßen in der Wüste entsorgt. Viele der überall präsenten Hunde haben Verletzungen, zugefügt vom explodierendem Verkehr, von Kämpfen untereinander, aber auch von den Kindern, die mit Steinschleudern bewaffnet Jagd auf die Tiere machen – Hunde haben es schwer, denn in einer arbabisch-islamisch geprägten Gesellschaft haben sie keine Fürsprecher, werden sie als ‚schmutzig‘ angesehen…

ein sterbender Hund in den Straßen von Nouakchott


Hunderttausende Ziegen und Schafe streunen scheinbar ziellos durch eine sich ständig wandelnde Stadt, an deren Struktur unentwegt die Elemente knabbern; Wind und Sonne, gepaart mit immenser Hitze, lassen Mauern bröckeln, der stets präsente Sand, aufgewirbelt von den Böen, scheuert unentwegt an den fast ausnahmslos von den Zeichen der Zeit gezeichneten Häuserfassaden; die Tiere gehören alle irgend jemand und werden spätestens des Abends wieder bei deren Besitzer sein, wie das funktioniert, ist uns ein Rätsel…
Sie werden in Ruhe gelassen, von der Hektik und dem Stress der Großstadt scheinbar unbelastet, suchen im Müll und Dreck der Straßen nach Nahrung – selten sieht man eines dieser Tiere angebunden, aber wenn, dann mit ungeahnter Abgestumpftheit, mit knappem Strick fast zur Bewegungslosigkeit verbannt und oft in sengender Sonne ohne jeglichen Schutz; dennoch: es geht diesen Tieren großteils ganz gut, ein Umstand aber, der vor Festtagen und zu den allgemeinen Schlachtungen ein jähes Ende findet: plötzlich werden die Tiere gefesselt, zusammengeknüllt auf ein Häufchen Elend, an Vorder- und Hinterbeinen festgezurrt; mit brutaler Gewalt in den Kofferraum des Autos verladen, oder auf den Dachträgern des Autos zusätzlich mit Stricken ‚verankert‘. An den riesigen Tiermärkten werden sie nun im Sekundentakt an den Beinen gepackt und weg gezerrt, oft an den Hinterfüßen durch den Staub der Straßen und Wege geschleift – fast stoisch scheinen sie sich nun ihrem Schicksal ergeben, scheinen instinktiv zu wissen – seit Generationen wurden sie und ihresgleichen zu behandelt (ein Gedankengut, welches sich vielleicht über die Epochen der Zeit aus der Erfahrung von abermillionen Individuen in ihren Gehirnen bereits festgesetzt hat…) – was passieren wird; sie werden mit brutaler Gewalt hinter die Mauern der Tötungsanlagen gebracht, dort, wo die Sensibilität der Menschlichkeit seit Beginn der Aufzeichnungen im Blutmeer ertränkt worden ist, wo sie hunderte ihrer Artgenossen mit durchschnitten Kehlen sehen können; sie wissen, dass ihre Bestimmung hier ein Ende finden wird – röchelnd, vergeblich nach Luft schnappend, hauchen sie ihr Leben aus, während der Schächter schon auf seinem nächsten Opfer kniet…

jeder Teil von Ziege und Schaf wird verwertet


Im Zoo von Nouakchott, jenem Ort – wir hatten mal darüber berichtet – wo Verhaltensforscher eine Quelle der Inspiration entdecken würden, weil es dort auf Grund der unsagbaren Umstände zu praktischer jeder auffälligen Verhaltens-Unnorm kommt, ist inzwischen Stille eingekehrt. Wo sind sie, die Vögel mit kaputten Flügeln, die Hyänen, welche in einem nur quadratmeter großem Verlies aus Beton und Stahl ihre immerwährenden Runden im kleinsten Kreis drehten, ihre Gedanken wohl längst dem irdigem Dasein entschwunden; wo ist der so traurige Löwe, welcher im gemauerten Verlies mit toten Augen durch die BesucherInnen hindurch zu blicken schien, stets wartend auf den letzen Atemnzug, der seine Erlösung bedeuteten würde?
Ihre Gehege sind heute verweist, alle (!!!) Tiere sind verstorben, sagt ein einsamer Wärter. Es gibt nur noch das alte Krokodil, aber auch dieses sein krank und elend. Wir möchten es sehen, zahlen dafür rund 30 Cent Eintritt – und zu unserer großen Überraschung stehen tatsächlich mehrere Familien am Beckenrand um das Reptil zu beobachten! Inzwischen ist die Umzäunung des Geheges an mehreren Stellen durchbrochen, der Zugang zum Krokodil – und gleichzeitig dessen Fluchtweg – ein völlig offener. Dennoch wird das arme Tier die Möglichkeit nicht benutzen, es hat sich sichtbar ergeben, jeglicher Wille ist ihm entschwunden.
Es gibt nichts in der Umgebung, was für Abwechslung könnte sorgen; das Gras verdorrt, das gemauerte Basin mit brackig stinkendem grünen Wasser nur wenige Zentimeter gefüllt, eine Wasserfläche von höchstens eineinhalb Quadratmeter ergebend; aber all das ist ohnehin gegenstandslos geworden, denn das Tier bewegt sich nicht von der Stelle, scheint in seiner Hoffnungslosigkeit trotz der immensen Sonne festgefroren; der Wärter kommt, tritt einmal, zweimal mit den Füßen nach der Körperhülle, aus welcher das Leben scheinbar längst gekrochen; das Krokodil bewegt sich nun tatsächlich, nur wenige Zentimeter, aber die BesucherInnen freut’s und mit lauten Lachen quittieren sie den ‚Mut‘ des Zoo’direktors‘, des wohl einzig verbliebenen Angestellten; genau so wie die Insassen zählt somit wohl auch er zu einer aussterbenden Gattung, teilt unbewusst das Schicksal seiner ehemaligen Gefangenen…

Ich gehe jetzt in die Zelle des Reptils, bewege mich mit langsamen Schritten auf das arme Tier zu. Wenige Zentimeter vor der Echse halte ich, keine Reaktion; ich fotografiere und der Sterbende scheint mich überhaupt nicht zu bemerken.
Wir müssen ihn von hier weg schaffen, schießt es durch meinen Kopf, wir müssen Mittel und Wege dazu finden! Allein die Zeit drängt, denn das Krokodil sieht tatsächlich so aus als ob es in den letzten Atemzügen liegen würde…

Am Fleischmarkt dörren Dutzende Tierköpfe in der prallen Sonne; überall die Leichen enthaupteter und zerstückelter Tiere, ein Heer von Fliegen versetzt die Fleischstücke in regelrechten Belagerungszustand; ein europäischer Magen würde an der dargebotenen Kadavermahlzeit wohl vollends kapitulieren doch die Menschen hier sind zäh … und kochen die Tierteile stundenlang, um sie ‚genießbar‘ zu machen. Die hygienischen Zustände sind für uns unvorstellbar; überall liegen Haut- und Körperfetzen, das Fleisch ist der Hitze gnadenlos ausgeliefert, fliegende und kriechende Insekten holen sich unentwegt ihren Anteil am Mahl; Händler kneten Fleisch, zerstückeln es, bringen es mit bloßer Hand in iregend eine Form – und verkaufen daneben Brotstücke, die sie mit selben Händen, ungewaschen, ungeniert anfassen und weiter geben; aber so wurden die Dinge hier seit Jahrhunderten gehandhabt und je länger ich die Szenerie beobachte, desto normaler erscheint mir jeder Vorgang; und die, die Fleisch essen, und das sind in diesem Land wohl perfekte 100 % der Bevölkerung, denen ist es wohl ziemlich egal, wenn fleischteil-verschmierte Hände dann auch ihr tägliches Brot anfassen.

ohne Worte..


Am Fischmarkt präsentiert sich ungeschminkt das selbe Bild; überall wird zerhackt, geteilt, geschnitten; Blut klebt an den Tischen, begibt sich in dünnen Rinnsälen die Tischfüße hinunter, drängt sich durch schmutzige Gänge und sammelt sich in allen Vertiefungen und Bodenunebenheiten zu kleinen, giftig roten Seen. Verschwenderisch wird mit der Nahrung umgegangen, überall finden sich tote Fische im Sand, und das in einem Land, welches seine Bevölkerung nie und nimmer satt kriegt.

Es gäbe so viel zu tun im Wüstenland, wohin man auch blickt wird Hilfe benötigt, von Mensch und Tier gleichermaßen.

Das Projekt ‚Esel in Mauretanien‘ ist ein großer Schritt in diese Richtung, es gibt uns die Möglichkeit dort zu helfen, wo Hilfe am dringendsten nötig ist. Es gibt uns die Möglichkeit, Tieren ein besseres Leben zu verschaffen, welche ansonst von Niemandem auch nur einen Anflug an Unterstützung bekommen würden; gleichzeitig offenbart sich damit aber auch die Möglichkeit, deren Besitzern zu helfen, ihre Familien satt zu bekommen, indem sie Anleitungen erhalten auf die geschundenen Tiere besser aufpassen – nur ein gesunder Esel ist ein Grant für ein beständiges Einkommen! Und nicht zu vergessen: letztendlich gibt es uns die Möglichkeit hier an diesem Ort die Menschlichkeit in Bezug auf die Tiere erneut zu wecken, eine Menschlichkeit, welche am nahezu vorstellbaren Umfeld zu kapitulieren drohte, etwas in Vergessenheit geraten war. So bringt das Projekt Menschen zurück zu deren Ursprung, zu einem Gedankengut, welches für die Entwicklung unserer Seelen so wertvoll ist wie alle Schätze dieser Welt. Und diese Menschen sind, nimmt man Abstand davon, was die Esel unter ihrer Herrschaft zu erleiden haben, herzensgute; sie sind immer fröhlich, scheinen ihre eigene Armut nicht zu bemerken, sie sind offen, nahbar und freuen sich über unseren Besuch… und selbst dann würden sie es tun wenn wir nicht zum Helfen gekommen wären.

Esel suchen inmittend der Stadt nach Essbarem..


Unser Tierarzt arbeitet an fünf Tagen die Woche, er besucht dabei Wasserstellen in allen Stadtteilen, einem Plan folgend in rotierender Richtung; so kommt er an ein und denselben Stellen immer wieder vorbei um etwaige Behandlungen fortzuführen oder sich nach dem Zustand der Patienten zu erkundigen, Nachbehandlungen anzubieten.
Er impft die Tiere, entwurmt sie, gibt Vitamine; er macht alle Eingriffe vor Ort, schneidet Geschwüre auf, läst das Wundsekret abfließen, umsorgt offene Blessuren, verabreicht vorbeugende Medizin.

Dr. Dieng bei der Arbeit




auch diese Wunde versorgte Dr. Dieng


ein Nasenbruch wird diagnostiziert, auch das Kiefer dürfte angebrochen sein; Grund: ein Eseltreiber war ausgerastet, hatte dem armen Tier mehrere Schläge gegen den Kopf versetzt

Aber er diagnostiziert und behandelt nicht nur, er klärt die Eselbesitzer auch über die Verhaltensweisen und Ansprüche des Esels auf; er verurteilt das Schlagen auf das Schärfste, duldet in diesem Punkt keine Diskussion und droht im Wiederholungsfalle eine Behandlungsverweigerung an (was er dann natürlich nicht tut, aber allein diese Art der Einschüchterung zeigt nicht zu unterschätzende Wirkung!).
Dr. Dieng verurteilt ‚altbewährte‘ Medizin, wie zum Beispiel die Wundbehandlung mit Altöl, ein leider weit verbreitetes Phänomen; die schmierige Masse wird einfach auf die offene Verletzung aufgetragen, um so einen Fliegenbefall – welche ihre Eier in das Fleisch der Esel ablegen – zu verhindern…

Altöl auf schrecklichen Wunden; zusätzliche Infektionen sind die unvermeidbaren Folge…


toter Esel inmitten der Artgenossen…


Wir fahren mit Dr. Dieng alle großen Wasserstellen der Stadt ab; entschieden uns schließlich für jene, wo vor allem Gastarbeiter aus dem angrenzenden Staaten, Mali und dem Sengegal, arbeiten; dort sind die Esel in durchwegs schlimmeren Zustand, ganz einfach darum, weil diese Menschen die Esel nur für eine befristete Zeit gemietet haben, nach deren sie wieder in ihre Heimatländer zurückkehren; nun wollen sie in den Monaten dazwischen so viel Geld verdienen wie möglich, und die gegebene Konstillation ist furchtbar für den Esel: unter diesem Aspekt spielt die Gesundheit des Tieres, der ja nach eingen Monaten seinem Besitzer zurück gegeben wird, keine Rolle – er muss nur irgend wie durchhalten…
Wir kaufen Lackspry und kennzeichnen die ausgesuchten Stellen mit Nummer und der Aufschrift ‚RespekTiere‘; dann füllen wir sie in den Plan, nach welchen Dr. Dieng künftig seine Runde ziehen wird, ein. So ist Dr. Dieng, im Falle eines Touristen-Besuches oder anderer möglicher Umstände, nun immer auffindbar und auch die Eselbesitzer wissen genau, wann er an welcher Wasserstelle erscheinen wird!

‚RespekTiere‘-Wasserstelle Nr.14


Auch den Pferdemarkt besuchen wir; Pferde werden in Nouakchott nur zur Beförderung von Menschen eingesetzt, sind sehr teuer zu erstehen. Doch trotz ihres ‚Wertes‘ kann eine artgerechte Fütterung nicht gewährleistet werden, und so sind die Eqiuden – weitaus nicht derart anpasungsfähig wie ihre Artverwandten, die Esel – allermeist in schrecklichem Zustand.
Wir haben Von Dr. Facharani (www.tierarzt-facharani.de), seines Zeichens der Tierarzt unserer Hunde – und nebenbei bemerkt vielleicht der besten Veterinäre, die wir je gesehen haben – einen großen Sack voll schönster Pferdehalfter mit auf die Reise bekommen – die verteilen wir nun, und die Menschen freuen sich irrsinnig über die mitgebrachten Geschenke!

Habib beim Verteilen der Pferdehalfter


man sieht schrecklich abgemagerte Pferde, kaum eines der Tiere in den Straßen der Stadt befindet sich in etwas besserem Zustand…

Ein kleiner Familienbetrieb erzeugt unsere Halfter samt zugehöriger Führungsseile. Für unter drei Euro können wir nun die Eselbesitzer damit versorgen; der Vorteil dieser Halfter liegt nur zu klar auf der Hand: im Normalen ‚lenkt‘ der Eseltreiber sein Tier mit seinem Schlagstock, führt das Tier durch Schläge in die beabsichtigte Richtung. Nun aber hält er Zügel in der Hand, hat keine frei für den immer präsenten Stock und wird sehr bald merken, dass es auch ohne den Prügel geht! Mit ihrer Hilfe werden wir irgend wann ganz Nouakchott mit den Halftern versorgt wissen, und wenn dem so ist, dann wird die Situation der Esel eine wesentlich besere sein als sie es heute noch darstellt!

Wir fahren mit einem zweiten Arzt eine Wasserstellen-Tour, um uns von dessen Qualitäten zu überzeugen; der Mann ist, anders als Dr. Dieng, arabischer Abstammung, eher zurückhaltend, doch sehr zielsicher und weltoffen. Er liebt die Tiere, das wird uns sehr schnell bewusst. Und – er behandelt mit sichtlichem Gespür und greift dabei auf ein großes Repertoire an Medikamenten zurück; er verabreicht Pasten für die Verdauung, gibt Vitamine, spült Wunden, verwendet Heilsalben; Dr. Achmed Mohamed, so sein Name, ist Esel-Spezialist; diese Tatsache beweißt er jede Sekunde allein durch seine Handlungen. Er hört mit einem Stethoskop an den Brustkästen und Flanken der Tiere, er säubert Ohren und Augen, schreckt vor Rektal-Untersuchungen nicht zurück.
Der Doktor arbeitet periodenweise für die Regierung, stolz erzählt er von einem jährlichem Programm, wo hunderttausende Kühe in allen Landesteilen gegen bestimmte Krankheiten geimpft werden; bereits zum vierten Male sei er heuer dabei gewesen, ausgesucht als zweitbester unter 48 Tierärzten; innerhalb von vier Monten hatte er dann zehntausende Kühe geimpft.

An einer Wasserstelle muss er einen Eingriff an einem Esel vornehmen, das arme Tier wird von einem eitrigen Geschwür geplagt. Schnell und professionell erledigt er die Arbeit und der Esel trabt sichtlich erleichtert davon.
Ein Mann erzählt uns er hätte bei sich zu Hause einen Esel, dem es sehr schlecht gehen würde; ob wir nicht mitkommen könnten um uns das Tier anzusehen. Tun wir, und Minuten später befinden wir uns in einer Vorortsiedlung, ein an Armut wohl nicht zu übertreffender Ort. Überall schreiende und weinende Kinder, Mütter sitzen mit hoffnungslosen Augen vor fast leeren Kochtöpfen, die Behausungen bestehen aus zerschlissenem Karton und Bauresten aus der nahen Stadt. Kunstwerke aus Draht und Holz und Plastiktüten stemmen sich im verzweifelten Versuch gegen den vom immerwährenden Wind aufgewirbelten Sand, um die Häuser wenigstens etwas von dieser gelbroten, in alle Ritzen kriechende Masse zu schützen.
Ist der Anblick nicht schon schrecklich genug, sehen wir nun den Esel; er liegt in der prallen Sonne, offenbar zu schwach zu erheben. Sein Körper ist übersät von blutigen Wunden, selbst seine Knie sind aufgeschlagen. Der Besitzer meint er hätte ihn so gekauft, zu einem Preis von etwa drei Euro, hatte gedacht, wenn er ihn ausruhen lässt, wird er sich wieder erholen; doch das Tier ist von Tag zu Tag schwächer geworden, und nun sie er wirklich besorgt ihm beim Sterben zusehen zu müssen.
Dr. Mohamed reinigt das verletzte Fleisch, beseitigt Wundreste und lose Hautfetzen. Dann beginnt er die eiterwuchernden Beulen zu behandeln, verabreicht Wurmmittel und Antibiotika, desinfiziert die Verletzungen und sprüht Wundheilmittel darauf.
Er wird nochmals hier her zurück kommen, am nächsten oder übernächsten Ta, verspricht er. Ob der Esel überleben wird, kann er zu diesem Zeitpunkt nicht mit Sicherheit sagen, es wird ein schwerer Kampf werden; In Shalla – so Gott will…

Fazit: Dr. Mohamed hat uns von seinen Qualitäten und auch von seiner Menschlichkeit im Umgang mit den Eselbesitzern restlos überzeugt und er wird in unseren weiteren Überlegungen eine wesentliche Berücksichtigung erfahren.

Dr. Achmed Mohamed bei der Arbeit


Noch ist es zu früh, um die endgültigen Entscheidung über die zusätzlichen Neuerungen im Eselprojekt berichten zu können. Jedenfalls arbeitet Dr. Dieng seit Anfang des Monats mit voller Kraft an der mobilen Klinik weiter, behandelt Tag für Tag mehrere Dutzend Tiere, kommt an so machen Einsatztag auf fast 200 Esel, deren Wunden er versorgt!
Wir haben die Halfterproduktion wieder anlaufen lassen und im März wird unsere Bilderschrift-Broschüre (die Analphabetenrate ist in Mauretanien eine enorm hohe; rund 50 % der Männern und fast 70 % der Frauen ist es nie ermöglich worden Lesen und Schreiben zu lernen; die Pflichtschuljahre sind mit vier angegeben, dennoch besuchen sehr, sehr viele Kinder niemals eine solche Einrichtung) über den Umgang mit Esel fertig sein; auch diese wollen wir an den Wasserstellen und auch in Schulen verteilen, um nicht zuletzt die nächste Generation für unsere Sache zu gewinnen!

Mittlerweile zieht eine große ‚Belegschaft‘ an einem Strang, um den Eseln in Nouakchott beizustehen; wir konnten ein Netz von HelferInnen aufbauen, angefangen von MitarbeiterInnen der amerikanischen Botschaft bis hin zu MitarbeiterInnen von Vor-Ort-Hilfsorganisationen, sowie zu einheimischen FreundInnen, welchen vor allem Kontroll-Aufgaben sowie der Einkauf von Medikamenten und die Produktion und Verteilung der Halfter obliegen.
Die Zukunft kann kommen – wir freuen uns und sind bestens gerüstet!

Die Sonne geht noch immer unter in Nouakchott und wird am nächsten Tag wieder aufgehen, genau so wie sie es seit Anbeginn der Zeit getan hat, einer unsichtbaren Hand schöpferischer Fügung folgend.
Doch mit jedem Morgengrauen entweicht nun etwas den Schatten der Nacht, was bisher verdorrt zu sein schien, wie die Blüten der Bäume unter sengenden Saharasonne – im gelbroten Firmament zeichnet sich erstmals Hoffnung ab, Hoffnung für die 100 000 Arbeitsesel. Deren Alltag ist zwar nach wie vor ein trister, und mit jedem beginnenden Morgen erwartet sie erneut Stunden voll Entbehrung und Not; doch langsam und zögerlich beginnt ‚Mensch‘ nun zu begreifen, dass ‚die Tiere, die man schlägt‘ doch so viel mehr sind als bloße Arbeitsmaschinen, dass in jedem einzelnen von ihnen die Einzigartigkeit der Existenz innewohnt.
Wir werden nicht aufhören zu glauben an den Traum, der – noch eingebettet in Finsternis – der Verwirklichung harrt. Wir werden nicht nachgeben, keinen Deut, so lange, bis auch der letzte Arbeitsesel in Nouakchott nicht mehr die Schläge seines Besitzers zu fürchten hat!

Noch ist Tierliebe ein fast unerreichbarer Gedanken, in der Versenkung einer Umwelt, die kein Mitleid duldet, beinah unsichtbar eingebettet; noch ist eine zarte Pflanze, die unter der gnadenlosen Wüstenhitze jeden Tag auf’s Neue um deren Existenz ringt; doch sie ist zäher geworden, hart erste Wurzeln geschlagen, sich verzweigt und festgesetzt – und sie wird sich letztendlich behaupten in einer Welt, die soeben zögerlich ihre Entdeckung registriert!

Unsere Radiowerbung hat fast ein Wunder bewirkt – sie, der vielleicht allererste Tierrechtsspot Afrikas überhaupt, ganz sicher aber Mauretaniens (RespekTiere hat damit Geschichte geschriebenJ), hat so viele Menschen erreicht und gezwungen, die eigenen Anschauungen zu überdenken. Die Bestätigung, dass nach deren Ausstrahlung das Schlagen eindeutig zurück gegangen war, dass schlagende Eseltreiber auf einmal auf offener Straße konfrontiert wurden, hören wir aus aller Munde – und diese Tatsache allein ist eine Nachricht, die allen bisherigen Einsatz mehr als nur belohnt, alle Mühen vergessen macht!

In Nouakchott, dort, wo die Zukunft einst ihre Bestimmung verlor, ist das Leben, die Hoffnung, zurückgekehrt. Abgesehen von der Tatsache, dass die Sache der Esel endlich eine Thematisierung erfahren hat, ist die Stadt nun belebter, energischer und vor allem nicht mehr so müll-übersät als noch vor einem Jahr.
Aufbruch ist das Zauberwort und eine neue Generation, die die absolute Hoffnungslosigkeit ihrer Eltern nicht länger mehr akzeptiert, wird bisher unbekannte Grenzen definieren – und ‚Tierliebe‘ wird sich beim Schreiben dieser neuen Ordnung dieses mal innerhalb des menschlichen Gefühlsspektrums bewegen, wird ein sein Fixstern in einer Gesellschaft, welche alte Verhaltensmuster nicht länger als das Maß aller Dinge erkennt!

Lassen Sie uns gemeinsam an diesem Projekt arbeiten! Werden wir zusammen Teil einer Ordnung, die nie gekannte Dimensionen erreichen kann!
Nur durch Ihre Hilfe ist es möglich den Eseln in Mauretanien wirkungsvollen Beistand zu gewähren. Die Esel brauch unsere Initiative, und wir brauchen hierfür Ihre Unterstützung! Werden Sie Teil eines Projektes, welches die Kraft inne hat, eine Mentalität zu beeinflussen, die Tiere bisher nur als bloße Maschinen betrachtete Stellen Sie sich vor, welche Ausmaße dieser einsetzende Umschwung mit sich führen könnte – nicht nur die Esel werden vom erwachenden Tierrechtsgedanken profitieren, sondern alle Tiere, welche bisher unter der Herrschaft des Menschen in dieser Region zu leiden hatten!

 

 

 

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