Riesen Erfolg – Todesstation Slatina erneut besucht!

Im Zuge unserer Rumänien-Resie haben wir natürlich auch wieder die ehemalige Todesstation in Slatina besucht; viele von Ihnen erinnern sich bestimmt: vor einem, Jahr war es uns zusammen mit dem Sternenhof und der so großartigen rumänischen Organisation Speranta Pentru Animale gelungen die Machenschaften an diesem Ort aufzudecken und unter großem Medienecho die Station zu schließen. Alle Hunde wurden daraufhin nochmals einem medizinischen Check unterworfen und letztendlich mit Ohrenmarken versehen zurück auf die Straße entlassen. Monate danach übernahm dann ein privater Betreiber die Anlage, wir berichteten nach einer spektakulären und brantgefährlichen Recherche beim letzten Besuch vor ca. einem halben Jahr. Nun war es wieder soweit – wir wollten uns überzeugen, ob sich denn die Dinge nach wie vor in die richtige Richtung entwicklen würden!

Abermals beginnt der Tag schon zum frühen Morgen brütend heiß. Es hatte in der Nacht geregnet gehabt, doch Vater Sonne trocknete die letzten Pfützen sehr schnell auf und die Reste des nächtlichen Gewitters verbreiteten gepaart mit den Strahlen des Feuerplaneten eine unangenehme Schwüle. Es sollte dann bereits gegen Mittag sein, als wir uns auf den langen Weg zur ehemaligen Todesstation machen; erneut hat es so viel zu erledigen gegeben, dass wir es einfach nicht früher schafften aus Craiova wegzukommen.

Neben Erwin und mir hat Nico, Oana’s großartiger Helfer, auf der Dreierbank des Klein-Lastkraftwagens Platz genommen. Voller Tatendrang und unter leichter Nervosität wagen wir die neuerliche Recherche zum Asyl, zu jenem Ort, wo sich noch vor einem Jahr derart unglaubliche Grausamkeiten abgespielt haben. Die Gluthitze des Tages verlangt uns schnell alles ab, und dutzende Pferdefuhrwerke auf den Strassen verlangsamen unsere Fahrt immer wieder, zwingen uns dann und wann gar zum Stillstand.
Gegen drei Uhr Nachmittags erreichen wir den Zufahrtsweg am Ende der Stadt, vorbei am Friedhof, entlang einer von den Elementen zersetzen Mauer und dann sind wir mittendrin in der puren, oft gnadenlosen Natur. Ein zerrissener Schotterweg führt uns dem Ziel entgegen, es geht durch einen achstiefen Bach, der Weg wird zunehmend schlechter. Unser armer Lieferwagen, denken wir besorgt, als sich der Klein-LKW einen steilen Hang hinaufquält, dabei Kieselsteine so groß wie Tennisbälle zur Seite schleudert. Entlang des Weges beobachten wir eine kleine Kuhherde, verlassen in der Einöde, im Versuch der kargen Landschaft irgendwie ein Überleben abzutrotzen. Die Tiere haben sich unter einer riesigen Leitung versammelt, einer vor sich hinrostenden Pipeline, die – wie uns Nico verrät – Gas befördert. Nur einen Meter entfernt strömt dieses mit brutaler Gewalt aus den zerborstenen Rohren, entweicht in eine ohnehin schwer belastete Umwelt.
 
Mitten im Nirgendwo stehen die Überreste eines ehemaligen Zoos; Gerüchten zufolge soll sich dort noch ein Bär aufhalten, noch immer gefangen in Stahl und Beton, und diesem Gerede möchten, müssen, wir auf den Grund gehen. Frech parken wir den Wagen entlang des Weges, in der nicht unbegündeten Hoffnung dass sich niemand in diese Trostlosigkeit verliert. Ein riesiges Gittertor versperrt dann allerdings den Zutritt, Rost als beherrschendes Element. Das Gebäude am Eingang dürfte einmal das zu Hause des Personals gewesen sein, die Fenster stehen offen, ansonst ist es totenstill.
Einzig eine neu wirkende Satellitenantenne bereitet uns kurz Kopfzerbrechen, einfach darum, weil das Objekt so gar nicht zur ansonst schwer verrotteten Umgebung passen will. Ein kurzer Sprung – wir sind im Inneren der ehemaligen Gefangenanlage. Vor uns, an einer zerfallenden Mauer, taucht plötzlich aus dem Nichts ein Hund auf, instinktiv bewegen wir uns einen Schritt zurück; doch der Große scheint müde, ausgelaugt, fast uninteressiert; er schüttelt kurz den grauen Kopf und legt sich wieder hin, hängt mit einem tiefen Seufzen seinen Gedanken von besseren Tagen nach.

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Der Zoo war ein ziemlich großer, einst zu seiner Blütezeit dürften hier Tiere aus allen Teilen der Welt ihre Tragödie erfahren haben. Die Käfige sind winzig, ein Ort der Triste, ein Ort der Verdammnis; überall Natodraht, Stahlgitter, zugespitzte Eisenpfähle, ein Inferno der Verzweiflung.

Plötzlich, ein Gebäude aus Holz, daraus ertönt Popmusik! Es wird wohl besser sein den vergammelten Platz schnellstens zu verlassen, denn wer immer hier wohl wohnen möge, würde sicher keine Freude mit ungebetenem Besuch haben… Rückzug, da ertönt auch vom Eingang ein Warnsignal: Nico ruft uns leicht verständliche Worte in Universalsprache zu, abhauen ist angesagt! Tatsächlich öffnet sich nun auch das letzte Fenster am Eingangsgebäude, das aus der Entfernung monoton und einschläfernd wirkende Gebrumme eines eingeschalteten Fernsehers erschallt…
Hastig überspringen wir nun den gut 2 Meter hohen Zaun, nun mit wesentlich beschleunigter Pulsfrequenz; der vermeintliche Straßenhund trottet auf uns zu, ganz so als ob er von der plötzlichen Hast doch ein wenig angesteckt und irritiert ist.
Wir springen in den wartenden Wagen und weiter geht die Fahrt, direkt in den Schlund der Ungewissheit. Schnell verschwindet auch das letzte Stück Erinnerung an den traurigen Ort im Rückspiegel und wir konzentrieren uns nun völlig auf die wartende Aufgabe.
 
Jäh werden wir aus unseren Tagträumen gerissen, als das Land urplötzlich die Sicht auf das Reiseziel freigibt. Das Hundeheim Slatina könnte eigentlich ein perfekter Ort sein, schießt es uns beim Anblick der plötzlich vor uns auftauchenden Gebäudekomplexe durch den Kopf. Fast idyllisch schmiegt sich die Anlage in die wunderschöne Gegend, von Ungemach geschützt durch die umliegende Hügelkette. Wir rasten kurz am Gipfel einer dieser Erhebungen und beobachten mit angestrengtem Blick die Szenerie unter uns. Der gesamte Ort ist nun umzäunt, so viel ist von Weitem schon erkennbar, von einem gut 2 Meter hohen Zaun, am Mannschaftsgebäude wird gearbeitet; Maschinenlärm, unterbrochen nur vom gelegentlichen Bellorgien der Hunde, dringt bis zu uns herüber. Die Hügel sind sanfte, mit goldenem, mannshohem Gras bewachsen; nur der Anblick ist ein friedlicher, denn in Wahrheit – so viel können wir auf Grund des letzten Besuches vor gut einem halben Jahr aus schmerzhafter Erinnerung nur zu gut bestätigen – ist dieses Grasmeer durchzogen von Hecken, diverstestem stacheligen Gewächs, von Klett- und Schlingpflanzen und allem, was Gott dornenbewehrt einem Eindringlich in dieses Reich entgegengestellt hat.
Wir parken das Fahrzeug an einer Anhöhe, gut einen Kilometer von der Anlage entfernt. Drei, vier Arbeiter, so erkennen wir, sind damit beschäftigt an der Außenseite des Gebäudes Reparaturarbeiten durchzuführen. Es hat sich hier etwas getan, so viel wird uns sofort bewusst, zumindest optisch, das Asyl ist selbst aus dieser Entfernung erkennbar sauberer und gepflegter geworden – ob allerdings der Standard auch für die Tierbehausungen gilt, das werden wir alsbald herausgefunden haben!
 
Beim ersten Schritt in die wuchernde Wildnis entfleucht eine gut 2 Meter lange Schlange unseren Schritten und ermahnt uns zu besonderer Vorsicht. Und in der Tat, der Weg ist ein mühe- und gefahrenvoller; wir versuchen wohl uralten Hirtenpfaden zu folgen, verschluckt von einer Umwelt, in der moderne Technologien schnell ihren Wert verlieren. Hier zählt nur der Wille den Pfad hinter sich zu bringen, nicht zurückzuschrecken vor den sich vor uns auftuenden Wällen natürlicher Begrenzungen. Die Hitze ist eine immense, lässt den Körper beben, Rosensträucher und Dornenbüsche tun ihr übriges um das mitgenommene Wohlbefinden zu beeinträchtigen. Hier und da rutscht ein Fuß, gibt die Erde an den steilen Abhängen nach, zollt unser für diese Art von Abenteuer nicht gerüstetes Schuhwerk dem überwachsenen Weg Tribut.
 
Letztendlich erreichen wir doch den Talgrund; nun geht es einfacher voran und wir folgen dem Zaun, darauf bedacht, immer im entlang der Anlage verlaufenden, tiefer liegendem Bachbett zu verweilen, nähern wir uns im Laufschritt dem hintern Teil des Asyls, gut 200 Meter von den Mannschaftsräumen entfernt, dort wo die allermeisten Hunde untergebracht sind. Minuten später rasten wir kurz, vor uns die aufgeschütteten Hügel, vermutlich Gräber von hunderten Hunden aus vergangenen Tagen. Nun sind wir nur noch 20, 30 Meter von den Zwingern entfernt, die Hunde haben längst von unserem Kommen Notiz genommen und beginnen unruhig zu werden. Wir beobachten die Arbeiter, wie Ameisen erschienen sie in der Entfernung; dennoch, wir sind nicht in der Position Unvorsicht walten zu lassen, wie lange benötigt ein aufgebrachter Mob wohl die 200 Meter Distanz zwischen ihnen und uns hinter sich zu bringen?
Im Augenblick jedoch scheint die Mannschaft wenig beunruhigt ob des Bellkonzertes, die Männer gehen unverändert ihrer Arbeit nach; ein Umstand, der uns beruhigt, lässt er doch vermuten, dass die Hunde öfters anschlagen, zum Beispiel immer dann wenn sich ein Wildtier den Zwingern nähert!

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Keine Zeit für weitere Überlegungen; zu viel denken lässt nur allzu leicht ängstlich werden, ab und dann die Vernunft obsiegen – und das wäre in unserem Falle denkbar schade, denn nur die ungenehmigte Infiltration lässt echte Schlüsse auf den derzeitigen Stand der Dinge zu!

 
Wir finden mit der Sicherheit aller Erfahrung schnell eine günstige Stelle am Zaun, welche uns ein möglichst einfaches Eindringen ermöglicht, ohne jegliche Spuren zu hinterlassen oder gar Gewaltanwendung zu benötigen; beide Szenarien würden so gänzlich gegen jegliche unserer Prinzipien laufen…
Sekunden später sind wir einmal mehr inmitten einer Welt, die so gar keinen Platz in einem ethisch korrekten Denken haben kann; mehrere hundert Hunde sind hier eingepfercht, misstrauische, todtraurige, hoffnungslose, verängstigte, wütende, verletzte, vom Bund des Lebens mit den Menschen schwerst enttäuschte.
Dennoch, es fällt sofort auf – es hat sich etwas verändert in Slatina, und zwar etwas ganz gewaltiges! Niemand konnte von unserem Kommen erfahren haben, wir selbst sogar etwas von dem Termin überrascht, hatten wir uns doch im letzten Moment, knapp bevor der fortschreitende Tag uns ein Durchdringen der Wildnis nicht mehr ermöglicht hätte, zu diesem Schritt entschieden; und dennoch sind die Zwinger eigentlich sehr sauber, natürlich, sechs, sieben, acht Hunde pro Einheit müssen ihre Bedürfnisse erledigen, aber in Anbetracht all dessen präsentiert sich der Zustand der Anlage doch mehr als in Ordnung! Überall gibt es Wasser in den Trinkgefäßen, die Tiere wirken gut ernährt, es finden sich keine Kranken oder schwer verletzte.
Im Gegensatz zu früher hat der neue Betreiber investiert; es gibt eine Lichtanlage für kurze Wintertage, Wasserleitungen wurden gelegt und jeder einzelne Zwinger ist mit einem Wasserhahn ausgestattet! Schreckliche Szenerien schießen uns durch den Kopf; noch vor einem Jahr musste das lebensrettende Nass mit Kübeln den langen Weg von den Baracken bis hierher gebracht werden, Dutzende Kübel pro Tag – wenn man nun bedenkt, dass in einem Land wie Rumänien wohl nur die Allerverzweifelsten überhaupt Hunde-involviert Jobs bereit sind zu machen, in der Regel schlechtest bezahlt, dann wird bewusst, wie oft wohl die Hunde nahe dem Verdursten gewesen sein mussten!
Wir freuen uns natürlich riesig ob dieser Entwicklung, eine Entwicklung, die wohl nur durch unsere Initiativen, unsere Aufdeckungsarbeit vonstatten gegangen war! Wir hatten es damals ja geschafft die Anlage ins Licht der Öffentlichkeit zu zerren, die Stadtverwaltung hochpeinlichen Interviews mit landesweiten TV-Sendern auszusetzen, ein Umdenken zu erzwingen! Einen Rückzug der Stadt aus dieser Misere zu erreichen, dass war schon ein echter Coup, und die Einsetzung eines privaten Betreibers zu fordern eigentlich verwegen – aber von Erfolg gekrönt!
RespekTiere und dem Sternenhof war es gemeinsam mit der Speranta Pentru Animale wirklich gelungen, den Lauf der Geschichte zu ändern, eine unabwendbar scheinende Tatsache zu hinterfragen, die Tradition des Still-Hinnehmens von Tierleid zu brechen! Und jetzt diese Erkenntnis!!!!
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viel zu viele Hunde gibt es in Slatina – aber wenigstens haben sich die Zustände wirklich gebessert!    Knochenreste finden sich noch immer überall

Wir ziehen uns zurück, erleichtert und zufrieden. Schnell bringen wir die metallene Barriere wieder hinter uns und im nächsten Augenblick hat uns die Natur erneut verschluckt. Wir passieren schnell und ehrfürchtig die alte Gräber, von Wind und Regen freigelegte Knochenteile bleichen in der gnadenlosen Sonnen. Am Weg zurück zum hoffentlich noch immer unentdeckt gebliebenen Fahrzeug dringen leise Wortsalven zu uns, vom Wind getragen; Hundegebell aus den Zwingeranlagen unmittelbar neben der Arbeiterunterkunft stört den nun friedlicheren Eindruck erheblich – vielleicht erinnert sich der/die eine oder andere, im Zuge der letzen Recherche hatten wir die Gunst der Stunde genutzt, und als wir Arbeiter beobachten konnte welche sich auf den Weg zu den hinteren Hundebehausungen gemacht hatten, übersprang unser Einsatzteam in einem Anfall von höchster Risikobereitschaft vorne den Zaun, unbeachtet des freilaufenden Hunderudels (wir wurden damals auch zweimal gebissen…), um diesen Teil der Anlage zu inspizieren; dabei sollten wir allerdings von einem weiteren Arbeiter, einem, der sich zuvor wohl in den Unterkünften aufgehalten hatte, überrascht werden, und nur mit viel Glück war es uns irgend wie gelungen einem ungewissen Schicksal noch im letzten Moment zu entfliehen.
 
Das Gebelle aus dem vorderen Bereich der Anlage ließ uns aber auch jetzt nicht zur Ruhe kommen, ein kleines Männchen namens Gewissheit, platziert inmitten des Gehirns, forderte unentwegt Aufklärung. So fassten wir erneut einen Plan, der in der geplanten – oder besser erhofften – Art eigentlich gar nicht funktionieren konnten: wir haben zufälligerweise noch einige Säcke Hundefutter im Wagen, jeweils ein Sack von verschiedenen Herstellern, welche wir genutzt hätten, um Fotos mit Streunerhunden anzufertigen, diese danach den Firmen zukommen zu lassen, mit einer Bitte um Futterspenden. Nun beschließen wir einfach vor das Haupeingangstor vorzufahren, dann zu behaupten wir wären extra wegen einer Futterspende den ganzen weiten Weg gekommen, um so vielleicht Einlass zu erhalten. Gesagt, getan; kurze Zeit später befinden wir uns schon auf der Zufahrtsstraße (ein schmeichelhafter Ausdruck für einen zerborstenen SchotterwegJ ), ein Rudel frei laufender Hunde kündigt unser Kommen lautstark an. Das Tor öffnet sich nicht; stattdessen schlagen nun auch die riesigen Kuvac-Hunde, an den jeweiligen Ecken in kleinen Zwingern als Aufpasser stationiert, an. Dann kommt ein erster Arbeiter; er fragt nach dem Begehren, und Nico erzählt abenteuerliche Geschichten warum wir denn hier wären. Der Mann telefoniert hastig, wild gestikulierend. Lauter Motorenlärm kündig das Eintreffen eines weiteren Fahrzeuges an, Männer mit finsterem Blick öffnen das Zufahrtstor; als wir ebenfalls einfahren wollen, gebietet eine unmissverständliche Geste Halt, das Tor wird nach dem Passieren des Fahrzeuges sofort wider geschlossen.
Einige Minuten danach kommt allerdings der Boss persönlich; sein Fahrer parkt den Wagen so, dass wir nun weder vor noch zurück können; ein mulmiges Gefühl in der Magengrube macht sich bemerkbar.
Dann jedoch entspannt sich die Situation etwas; der Chef diskutiert mit Nico, erklärt, nun würden letzte Renovierungsarbeiten stattfinden, in 2 Monaten wäre alles fertig. Leider spricht hier niemand Englisch, sodass wir im Unklaren bleiben was denn nun letztendlich passieren wird. Schließlich ruft der Mann seine Sekretärin, die spricht gutes Englisch, und er reicht uns das winzige Mobiltelfon – siehe da, wir sollen in die Stadt, dort würden wir uns zusammen setzen und über den Stand der Dinge sprechen können – super!!!!
Dann folgt die große Überraschung: der Inhaber bietet uns einen Rundgang durch den entstehenden, noch nicht fertig gestellten Betrieb an, allerdings unter Fotoverbot – eine sehr übliche Forderung in fast allen östlichen Ländern. Aber tatsächlich dürfen wir nun auch die im Gebäudeinneren befindlichen Zwingeranlagen sehen! Und selbst diese haben sich erheblichst gebessert! Natürlich wirkt die Situation trist, traurig, die Zwinger mehr Käfige, aber immerhin versorgt die Station an die 350 Tiere – und der Platz wird langsam eng! Die Hunde sind durchwegs in gutem Zustand, begrüßen uns freundlich – was ganz großartig ist: man versichert uns, alle diese Tiere kommen mehrmals am Tag raus, es gäbe einen Zeitplan, der es immer anderen ermöglicht einige Stunden im Feien zu verbringen! Und man wird neue Zwingeranlagen bauen, so wie jene an der Rückseite der Anlage, wo den Hunden dann viel mehr Platz geboten werden kann.
Auch ein OP-Raum, wo drei Ärzte ständig kastrieren werden, ist so gut wie fertig, dazu zwei Büros, ein Mannschaftsraum, eine Küche, der unvermeidliche Satelliten-Fernseher, ein Schlafraum; alles neu eingerichtet, fast fertig!
Und jetzt die größte Überraschung: man gestattet uns nun sogar – wir sind inzwischen so was wie Bekannte – zwei, drei Fotos!!!!
Wir entladen das mitgebrachte Futter; der Lagerraum ist allerdings gut gefüllt, ein Umstand, der uns ebenfalls eine gewisse Erleichterung bringt!
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Wir verabschieden uns freundlich von den Männern, und es geht dem Asylinhaber hinterher in Richtung Slatina-Stadt. Dort erwarten uns eine ältere Frau und eine sehr hübsche Sekretärin, und – im Moment ob der Temperatur noch viel, viel wichtiger – eisgekühlte Getränke!
Das Gespräch, es sei vorweg genommen, ist dann ein sehr erkenntnisreiches und eines, welches ganz in unserem Sinne verläuft. Der neue Betreiber des Slatina-Hundeheimes gibt sich als großer Hundefreund zu erkennen, er sagt, er hätte rund 80 000 Euro in die Station gesteckt, Geld, dass er höchstwahrscheinlich nie mehr zurück bekommen wird können;  Sorgen müssen wir uns um ihn dennoch keine machen, denken wir insgeheim, denn ganz sicher ist er Geschäftsmann und wird eine derart enorme Summe nicht zum Privatvergnügen investieren – die Ausgaben werden sich direkt oder indirekt durch Folgeaufträge der Stadt gegenrechnen; jedenfalls hat er die Chance sich zu beweisen, denn es wurde ein 10-Jahres-Vertrag mit der Kommune unterzeichnet.IMG 0746
Kein Hund würde nun mehr getötet werden, so erfahren wir weiter, und man werde versuchen, die allerbesten Bedingungen, eine für rumänische Verhältnisse unvergleichliche Station zu schaffen! Dazu würde man aber auch Hilfe benötigen, vor allem solche aus dem Ausland. Hundeadoptionen wären essential, Hundefutterlieferungen, um die laufenden Kosten zu dämmen, jederzeit höchst willkommen.
Natürlich wissen wir, es ist nicht alles Gold was glänzt, aber ohne Zweifel sind in Slatina Veränderungen im Gange, die eine gute Zukunft versprechen – und wir haben hierzu unseren Teil beigetragen!!!! Wunderschön!
Hände umklammern sich, Schulterklopfen wie unter alten Freunden, und die Zusicherung wieder zu kommen und Futter zu bringen, vielleicht schon in drei Monaten, dann, wenn auch die letzten Umbauarbeiten abgeschlossen sind, beendet die so erfreuliche Konferenz!
 
Nächster Tag in Craiova; eine Tierschutzgruppe in einer Stadt weiter südlich frägt um Hilfe. Es geht um ein städtisches Tierheim, dort sollen dutzende Hunde trotz des nach wie vor intakten Tötungsverbotes einfach verschwinden, unauffindbar, unwiderruflich. Die Situation erinnert frappant an jene von Saltina im Jahr zuvor. Fakt ist, auch hier würde man sich begeistert zeigen über Hilfe aus dem Ausland, würde unser Erscheinen als eine Art Motivationsspritze dienen können! Also treten wir den lagen Weg an, erneut in sengender Hitze. Es sind ‚nur’ 150 Kilometer hin zu besagter Stadt, doch wer rumänische Straßenverhältnisse kennt, weiß wie viel Zeit es benötigen wird dort einzutreffen!
Einen Vorteil bietet die Tortur nebenbei: auf Grund solcher Touren lernen wir Rumänien von einer Seite kennen, die sehr vielen anderen Menschen wohl für immer verschlossen bleibt. Vom Herz Craiova aus geht es inmitten des Landes, durch die Versorgungsader Straße – und sei diese in noch so bedenklichem Zustand – der Blutbahn der Zivilisation, gelangen wir in Winkel, die den allermeisten Reisenden verschlossen bleiben. Unsere früheren Erkenntnisse revidieren sich nun stündlich; vielleicht auf Grund der Wirtschaftskrise, vielleicht auch auf Grund eines verfrühten Optimismuses, jedenfalls präsentiert sich das Hinterland 2011 als ein vom Fortschritt abgeschnittenes – Pferdefuhrwerke wohin das Auge blickt, Eselkarren, Kuh- und Schafhirten, Kühe an Ketten angepflockt entlang der ‚Straße’, Handelsmärkte der Roma-Minderheit, von den Elementen zernagte Fabriken, ehemals der Stolz ganzer Regionen, nun nur mehr Gerippe, Mahnmale des Glaubens an falsche Götter wie Wirtschaftsmacht, Kommunismus oder Kapitalismus, verlorenen Versprechungen alternder Führer, längst des Zuganges zur Bevölkerung entglitten.
Hier ist selbst der mächtige blaue Sternenbanner mit seinen gelbglänzenden Sternen nur ein Stück Stoff im Wind, von der Sonne gebleicht und von Motten zerfressen, ein Symbol der Präpotenz, die starke Hand zum gebrechlichen Griff des Greises degradiert. Nichts ist geworden aus großen Versprechungen der führenden Politiker, diese längst im Korruptionssumpf hoffnungslos verfangen; nur ganz wenige haben – diese dann aber enorm – von angekündigten neuen Reichtum profitiert, der Rest der Menschen, Abermillionen, sind ärmer und, noch viel schlimmer, desillusionierter als jemals zuvor. 
Wir erreichen unsere Zielstadt. Ein halbes Dutzend aufgeregter TierschützerInnen begrüßen uns freundschaftlichst und erzählen sogleich von schlimmen Dingen, welche sich in besagter Station abspielen sollen.
Der nächste Weg führt uns zum Veterinäramt, doch die zuständigen Beamten, wie oft haben wir dieselbe Szene schon durchlebt, lassen sich verleugnen, geben keinerlei Unterstützung.
 
So brechen wir alleine auf zum Heim, eine Bergstraße führt uns in dessen Nähe. Wie in vielen anderen Städten des Ostens auch liegt es dann an der Müllkippe, an einem Ort, der für jegliche Zivilisation ausgeschlossen wurde, aber gut genug für die ‚besten Freunde’ des Menschen ist…
 
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Schon bei der Annäherung beginnen die Hunde zu bellen, erzeugen unüberhörbaren Lärm. Auch in dieser Station gibt es ein Hauptgebäude mit innen liegenden Zwinger, sowie eine Art ‚Außenbastion’, etwa 150 Meter vom Komplex entfernt. Dorthin richten wir unsere ersten Blicke, und sofort erkennen wir: der Zaun aus Flechtgitter und schweren Blechplatten wird es bestimmt nicht hindern können, dass wir uns einen definitiven Überblick über die Situation verschaffen.
Während die lokalen TierschützerInnen den Zugangsweg absichern, schlüpfen wir auch schon hinter die Abgrenzung und beginnen mit einer Dokumentation. Gut 150 Hunde dürften hier zusammen gepfercht leben, das Lager allerdings ist ziemlich neu errichtet, die Zwinger selbst nicht allzu schmutzig. Selbst einen kleinen OP-Raum gibt es, alles unversperrt, gänzlich verlassen. Die Hunde wirken nicht hungrig, es gibt Wasser, nicht aber in allen Unterkünften. Wunderschönen Tiere beruhigen sich nun langsam; in einem der Zwinger befindet sich ein schwer verletzter Hund, eine Pfote ist im rechten Winkel gebrochen, der Arme kauert am Gitter, bewegt sich kaum; Blut umrandet seinen Liegeposition, eine große Wunde am Hinterfuß sowie am Ohr ist die Ursache dessen (siehe Bild). Wir rufen unsere MitstreiterInnen, und sofort kommen sie, ohne an mögliche Folgen zu denken – für die Tiere, wir sind begeistert vom Mut dieser Menschen und vom Tatendrang, der so viel Hoffnung für die Zukunft verspricht!!!!
Wir beschließen den Verletzten mitzunehmen, doch es gibt ein Problem: ein großer ‚Kampfhund’, ein Pitbull oder zumindest ein Mischling derselben Rasse, ist mit im Zwinger, und der dürfte die Verletzungen verursacht haben; das Tier ist leider höchst aggressiv und zeigt seinen Angriffsdrang unmissverständlich! Wir öffnen die Käfigtür, packen den Verwundeten, müssen loslassen, als gefühlte 200 Pitbul-Zähne zu nahem kommen.
Noch ein Versuch, wieder das selbe Spiel. Nun wird auch das verletzte Tier selbst nervös, zeigt uns die ehrfurchtserregende Größe seines Gebisses; noch schlimmer, plötzlich versucht er sich zu erheben, humpelt – geradewegs in die hinterste Ecke des Zwingers – nun unmöglich für uns zu erreichen….
Schweren Herzens müssen wir aufgeben.
Auch ein zweiter Hund leidet offensichtlich; er ist von schwerer Räude befallen, erste offene Wunden überziehen seine haarlose Haut.

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versuchte Befreiung: leider gelingt es nicht…                                            Olivio bringt kühles Nass

Aurelia und Olivio von Speranta Pendru Animale entrollen einen Wasserschlauch und beginnen die Wasserschüssel zu füllen; dass sich die Hunde nicht sofort auf das kühle Nass stürzen ist ein gutes Zeichen, offensichtlich haben sie noch nicht unter Durst gelitten.

Wir dokumentieren die Verfehlungen (so zum Beispiel kopuliert ein Hundepaar vor unseren Augen, ein Akt, der in einem Asyl nicht passieren dürfte, soll doch Nachwuchst als Um und Auf vermieden werden!!!!) in einem Video für unsere neuen FreundInnen, ein Film, welchen sie in den nächsten Tagen der Behörde vorspielen werden.

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wunderschöne Hunde wollen nur eines: überleben… DSC 0126

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ein Hundepaar beim Geschlechtsakt – in einem Tierheim in einem Land wo seit 2006 dem Vernehmen nach mehr als 10 Millionen Hunde getötet wurden…

Wir gehen nun gemeinsam zum anderen, neueren Trakt. Von dort begrüßen uns erneut gut hundert Hundekehlen; ein Schild zeigt die Tragödie der Situation: Vermittlung nur an Donnerstagen, und dann nur von 12 bis 13 Uhr – bloß eine Stunde die Woche gibt es also öffentlichen Zutritt, gibt es die Chance auf Adoptionen!!!!

Bald erscheint eine erboste Frau, sie schimpft aber nur, ist nicht gesprächsbereit. Sie will die Polizei rufen, droht sie, wenn wir nicht sofort verschwinden. Auf diese Herausforderung wissen wir allerdings gerecht zu antworten – wir bitten unsere MitstreiterInnen die Dame weiterhin in ein Gespräch zu verwickeln, während wir selbst nach einem Weg suche von der Hinterseite den Gebäudekomplex zu betreten. Der Verdacht liegt nahe, dass in diesem die Zustände schlimm sein könnten, vor allem in den innen liegenden, versteckten Zwingern. Der Zutritt gelingt uns dann auch, wie immer ohne jeglicher Gewaltanwendung, und Sekunden später fotografieren wir die Zustände. Ein ‚Wachhund’ beobachtet uns verschlafen, erhebt sich jedoch nicht einmal von seiner Liegestätte.
Die Zwinger hier sind schrecklich eng, bevölkert von vielen, zu vielen Hunden. Überall liegen blutige Knochen in den Stahlkäfigen, ein schlimmer Anblick. In einem dieser Käfige wurden vor wenigen Stunden Welpen geboren, völlig verloren krümmen sich die Winzlinge wie kleine Würmer am Betonboden (siehe Bild rechts, beschützt von den erwachsenen Hunden!). Wenigstens etwas: auf den schnellen, geübten Blick finden sich keine weiteren verletzten Tiere.

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Dann ein offenes Fenster, darin ein kleiner Raum, gerade groß genug für eine Tiefkühltruhe. Mit einem herzhaften Sprung DSC 0188sind wir im Zimmer, öffnen die Box, eisiger Nebel steigt uns entgegen. In der Truhe befinden sich rund ein Dutzend schwarzer Müllsäcke, die wir behend öffnen – gefrorene Hunde warten auf den Abtransport zur Tierentsorgung! Ein schauerlicher Anblick!
 
Nun wird der Lärm von außerhalb intensiver, wir müssen weg, falls die Polizei tatsächlich eintrifft, soll sie uns nicht hier vorfinden! Aber ohnehin haben wir genug gesehen!
Den Zaun passieren wir nicht ohne Folgen, spitze Ecken hinterlassen eine tiefe Wunde am Unterarm eines Rechercheurs…
 
Eine halbe Stunde später sitzen wir in einem schattigen Innenhof des Präsidenten des hiesigen Tierschutzvereins. Wir sehen die Bilder durch und besprechen das weitere Vorgehen. Natürlich stellen wir das Video- und Fotomaterial zur Verfügung, es wird in den nächsten Tagen etwas eng für die zuständige Vet-Behörde werden!
Dann verabschieden wir uns, in der Gewissheit, diese neue Tierschutzgruppe wird den heutigen Einsatz in Erinnerung behalten und künftig voller Mutes, im Wissen der Unterstützung aus dem Ausland, vielleicht noch aktiver gegen jegliche Tierqual vorgehen!
 
Einsätze wie diese, sie beinhalten eine enorme Wichtigkeit; sie positionieren Tierrechte neu, geben den ansonst oft völlig  isolierten AktivistInnen das Gefühl der Gemeinschaftlichkeit und erreichen, siehe Slatina, oft sensationelle Ergebnisse. Ohne Zweifel sind sie essentiell für die Entwicklung des Tierschutzes in entlegenen Regionen, sie geben gequälten Tieren, die bis zu diesem Zeitpunkt Ihr Leid oft völlig unbemerkt erdulden hatten müssen, eine Stimme – und sie warnen alle TierquälerInnen eindringlich: die Augen der TierschützerInnen sind überall und in einer globalen Welt bleiben die Taten nicht mehr länger ungehört und ungesehen! Wir kämpfen bis zum letzten Atemzug, als ein Versprechen, und wenn wir das als Gemeinschaft tun, dann werden wir die Welt hin zum Guten verändern können – als EIN Team, für EINEN Zweck, für EIN Ziel – die Befreiung der Tiere! Bis auch der letzte Käfig geöffnet ist, until every cage is empty!
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