Rumänien, Teil 1 – RespekTiere und Sternenhof versus Zirkus Safari

 
 
Wir sind zurück aus Rumänien! Und es sei vorweg genommen – die Reise war all die damit verbundenen Mühen so was von wert, sodass wir voller Stolz behaupten können: die respekTIERE IN NOT/Sternenhof-Initiative hat einmal mehr genau dort wirklich helfen können wo Hilfe am allerdringensten gebraucht wird!
 
So viel ist passiert im Zuge der Hilfsfahrt, dass wir alle Ereignisse gar nicht als Ganzes ausführen können, einfach darum, weil dies den Rahmen eines Newsletters wohl völlig sprengen würde.
So werden wir die einzelnen Stationen separieren und mehrere von einander getrennte, dann sehr themenbezogene, Berichte verfassen, und erst später einen Reisebericht als Gesamtes unter einem Link veröffentlichen!
 
Beginnen möchten wir mit einer Materie, welche wir als immens wichtig erachten, nicht zuletzt deshalb, weil die Ereignisse den steigenden Stand, die wachsende Kraft, der Tierrechtsbewegung Rumäniens widerspiegeln und die Wichtigkeit der Unterstützung durch westliche Organisationen im diesem Bereich hervorkehren!
Tatsächlich ist es uns, wie sich viele von Ihnen bestimmt erinnern können, schon vor einem Jahr gelungen eine derartige Konstellation höchst erfolgreich zu etablieren – damals, als es RespekTiere, dem Sternenhof und Speranta Pentru Animale rund um Obfrau Oana Popescu (Hope for animals www.sperantapentruanimalecraiova.com/) gelungen war ein Hunde’asyl’, wo schrecklichen Bedingungen vorherrschten, unter großem Medienecho (tatsächlich berichteten mehrere populäre TV-Stationen landesweit über den spektakulären Coup!!!!) innerhalb einiger weniger Tage mit einem Notfallsplan für die dort untergebrachten Hunde zu schließen (diese ehemalige Todesstation präsentiert sich heute mit völlig neuer Leitung unter einem denkbar anderen Erscheinungsbild; damals war der Betreiber die Stadt selbst gewesen, heute ist eine private Firma in diese Rolle geschlüpft – und die Bedingungen dort machen einen fast sensationell guten Eindruck; einer der wohl größten Erfolge von respekTIERE IN NOT und dem Sternehof zeichnet sich ab, aber dazu mehr in einem folgenden Newsletter!!!).
 
Zurück zur eigentlichen Geschichte: der ungarische Zirkus Safari hatte Halt im südost-rumänischen Craiova gemacht, genau zu jenen Tagen, wo wir zufällig auch auf Grund unserer Hilfstätigkeit in der boomenden Arbeiterstadt (Craiova hatte bis in die 90er Jahre rund 200 000 Einwohner, heute, kaum 20 Jahre später, geht man offiziell von gut 300 000, inoffiziell, wegen des hohen Anteils der ständig wandernden und daher schwer zu erfassenden Roma-Minderheit von mehr als 400 000 aus!!!) verweilten; mit im Schlepptau der fahrenden Gesellschaft befanden sich Tiger, Löwen, Riesenschlangen, Elefanten und sogar ein Nilpferd – so zumindest priesen es aberhunderte Plakate und Schilder an, welche uns an jeder Straßenecke entgegen schrieen!!!!
Natürlich nutzten wir die Gunst der Stunde um mehr über den Betrieb zu erfahren und fuhren bei der ersten sich bietenden Gelegenheit zum auf den omnipräsenten Plakaten ausgewiesenen Standort.
Der Zirkus selbst präsentierte sich dann in dem fast erwartet bedauernswerten Zustand; sämtliche Fahrzeuge von einer Mischung aus Alter, Rost, Unfällen und Verwahrlosung schwerst gezeichnet, die Dutzenden Wohnwägen, mit ungarischen, italienischen, ukrainischen und sogar Schweizer Auto-Kennzeichen, hinterließen wohl bei jeglichem Betrachter einen Gefühsmischung irgendwo zwischen Abgestoßenheit und Mitleid pendelnd; die Wohnmobile bildeten standesgemäß eine undurchdringlich anmutende Wagenburg, beschützt von den vielen Hunden, welche Zirkusse traditionell begleiten. Die ArtistInnen und Arbeiter selbst zeigten sich dann vom ersten Erscheinungsbild eher einer zwielichtigem Milieu zuordbar als einem der Unterhaltung. Böse Blicke begleiteten alle unsere Schritte, und selbst die vielen Frauen und Mädchen in auffällig bunten Kleidern, goldschmuckbehangen, schienen vom Verlangen getrieben uns allein mit physischer Gewalt durch einen möglichst entschlossenen Gesichtsausdruck zu vertreiben.
Ein Umstand, der dann allerdings doch zumindest ein klein bisschen verwunderte, denn unseres Wissens nach hat es in Rumänien noch sehr selten, zumindest nicht in jenem Umfeld, öffentliche Proteste gegen das Mitführen von Wildtieren in Zirkussen gegeben, und schon gar keine in der Form, welche sich auf Grund folgender Initiativen entwickeln sollte!
Haben wir Sie neugierig gemacht? Wenn ja, dann lesen Sie bitte weiter!
 
Wir statteten dem Zirkus noch am ersten Tage unseres Verweilens in Craiova einen weiteren, längeren Besuch ab, in der Hoffnung, die Zirkustiere dabei begutachten zu können; aber siehe da, selbst in Gegenden, wo den ArtistInnen wohl noch nie Ungemach von Seiten von TierschützerInnen gedroht hatte, zeigten sich die Zirkusleute von der ersten Sekunde an von einer Seite, die wir auf Grund früherer und oft schmerzhafter Erfahrungen eigentlich hatten erwarten müssen: höchst aggressive Individuen, welche mit allen Mitteln und ohne jegliche Rücksichtnahme ihre verschrobenen Ansichten – gebildet aus Unverständnis, Arroganz und des völligen Fehlens von Empathie – in Punkto Tierschutz durchzusetzen gedenken.

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Dabei hatten wir von Beginn an auf Freundlichkeit gesetzt: so  fragten wir noch bevor wir irgend welche anderen Schritte unternahmen zuerst einmal ganz vorsichtig an der geöffneten Kassa ob es denn so etwas wie eine Tierschau geben würde; eine auf möglichste Schroffheit bedachte, trotz ihrer jungen Jahre fast zahnlose Angestellte lächelte uns müde an und verneinte, den allgegenwärtigen Stempel ‚Tierschutz’ an uns zu erkennen wissend. Von der Wand lachten uns riesige Bilder von Qualdressuren an Elefanten entgegen, ebenso überdimensionale und nicht gerade einladend wirkende ‚Fotografieren und Filmen verboten’-Schilder sollten dort die BesucherInnen vorwarnen. Wenn wir die Tiere sehen wollen, so setzte die Kassendame nach, müssten wir die Vorstellungen besuchen, in den Pausen deren und dann gegen ein Entgelt würde es uns vielleicht erlaubt sein, einen kurzen Blick auf die Gefangenen zu erhaschen.
 
So hatten wir das befürchtet; nun umrundeten wir das Zirkusgelände erst einmal, konnten einen riesigen Büffel an Stricken in der prallen Sonne erspähen, Kamele ganz kurz angebunden, sodass sie kaum aufstehen konnten, einen Gitterwagen, wo Löwen und Tiger in praller Sonne den Tag – das Quecksilber des Thermometers war heute ganz nahe zur 40 Grad-Marke empor geklettert – irgend wie zu überstehen versuchten. Selbst die Hunde an kurzen Ketten, in kleinen Käfigen Welpen, welche wohl zum Verkauf angeboten werden würden; überall Personal, eine fast unglaubliche Anzahl von Menschen, die hier in der Zirkus-Enklave ihr Auskommen suchten. Dass mit den meisten davon wohl nicht gut Kirschen essen sein würde, bewiesen die ‚wenn-Blicke-töten-könnten’-Minen nur allzu deutlich…
 
An der rückwärtigen Seite zeichnete sich ein kleineres Zelt deutlich ab, zog unsere Blicke magisch an; wir näherten uns, erkannten schnell: darin werden die Elefanten gehalten! Ohne zu zögern positionierten wir uns unter einem der wohl hundert Anhänger, etwa 30 Meter vom besagten Zelt entfernt, die Kameras im Anschlag. Und da waren sie tatsächlich, zwei graue Riesen! Beide gefangen nicht nur in Ketten aus Metall, ebenso und noch viel mehr in solchen des Geistes – die monotone Tristesse ihres Daseins untermalt vom ständigen Kopfwippen, von immerwährenden Wechsel des Auftretens auf zuerst den linken, dann den rechten Fuß, vor und zurück, ein immerwährend gleicher Bewegungsablauf, unterbrochen nur vom Schaukeln des Kopfes. Stereotypes Verhalten, ohne Pause, die Schreckensherrschaft des gebrochenen Geistes. Ein stummer Hilferuf an die Welt, und mehr als das: eine Anklage an ‚Mensch’, an jene, welche sie dieser Hölle des Daseins ausgeliefert, aber auch an jene, welche davon wissen und nichts unternehmen um wenigstens künftigen Generationen selbiges Schicksal zu ersparen…
 
Tier’pfleger’ erschienen nun, eine Zusammenrottung; es war nun langsam an der Zeit uns vorerst zurückzuziehen; aber wir würden wieder kommen, Inshalla, so Gott will, so sicher aber wie das Amen im Gebet der Christenheit…
 
Nächster Tag; wir kauften an der geöffneten Kassa schweren Herzens Tickets; leider begehrte vor und hinter uns ein ganze Menschenschlange Einlass und besetzte langsam das unklimatisierte, drückend schwüle Innere des Zirkuszeltes. Einfachste, baubehördlich wohl nie genehmigte Tribünen boten uns unter abenteuerlichen Schwanken Platz. Zu dritt, bewaffnet mit – trotz des Verbotes – jeweils einer Fotokamera, einer Videokamera und den unabdingbaren Sprachkenntnissen unserer Begleiterin Aurelia, richteten wir die versteckte Geräte aus, platzierten sie möglichst unauffällig. Unsere Begleiterin erklärte der Gruppe vor uns zudem flüsternd unsere Mission, die beiden Paare schienen dann auch gewillt uns zu unterstützen und ließen ohne auch nur eine Geste des Unwollens einen spaltbreit Durchsicht für das Kameraobjektiv!
Die Vorstellung selbst begann mit einer Tigernummer; die armen Tiere mussten entgegen aller natürlichen Empfindungen durch Reifen springen, Männchen machen und mit anderen stumpfsinnigen, wohl nur unter schwersten Misshandlungen erlernten Tricks ein besonders leicht zu unterhaltendes Publikum amüsieren. Die Peitsche knallte im Sekundentakt, die Menge grölte wie einst in Roms Gladiatorenarenen. Nun hielten wir es nicht mehr aus, gingen auf’s Ganze und schossen offen ein schnelles Bild; nur einen Wimpernschlag später jedoch stand ein Junge in einer stahlblauen, längst von Flecken gezeichneten und vom vielen Tragen abgewetzten Zirkusjacke vor uns, und ganz so als ob er sein Leben lang nichts anderes getan hätte, ermahnte er uns mit sicherer Stimme, auf aufgesetzte Freundlichkeiten keinerlei Wert legend, ‚do not take pictures, put that f…. Camera away!’ Um weiteres Auffallen zu vermeiden steckten wir die Fotoapparate zurück in die dafür vorgesehene Taschen.

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Dann wurden kleine Ponys in die Arena getrieben; fast panisch versuchten die Tiere der überpräsenten Peitsche des Dresseurs auszuweichen, ein Vorgehen, welches bei Weitem nicht immer gelingen sollte; eine Riesenschlange baumelte um den Hals eines Showmädchens, wirkte dabei fast leblos; die Frau ließ das Reptil schließlich gelangweilt fallen, keine Reaktion; es schien tatsächlich so, als ob das arme Tier durch irgend einen Einfluss bewegungsunfähig wäre, letztlich wurde es in ein Leintuch gewickelt und aus der Arena getragen. Verschiedene ArtistInnennumern folgten, die Blicke der allermeisten männlichen Zuseher bemerkten die durchwegs wenig atemberaubenden Kunststücke dann auch wohl kaum, ihre Augen klebten förmlich viel mehr mit geradezu lächerlicher Beständigkeit an den leicht bekleideten Tänzerinnen.
Schließlich sollte ein Akt aus tausendundeine Nacht die Menge begeistern, Frauen in Bikinis und durchsichtigen Röcken, Männer in uniformähnlichen, pailettenbehangenen Mänteln, ein unrasierter Prinz auf einem Pferd, der diesen im halsbrecherischen Tempo durch die Manage jagte und von hundert auf Null in einem Wimpernschlag bremste, sodass man auf den Tribünen sich beinahe zu ducken verleitet sah, um instinktiv den ob dieser Wahnsinnsbelastung eigentlich brechen müssenden Gelenken auszuweichen. Zwei Elefanten rundeten das Ganze ab, mit angsterfülltem Trompeten drehten sie eine Runde um die andere, bis sie schließlich das Oval verlassen durften – welche Erlösung!  Dann sollte das Nilpferd in die Arena; der Zirkusdirektor – ein Typ wie aus einem Mafiafilm entsprungen, Scarface und Al Capone in einer Person, kündigte dessen Auftritt wortreich als Sensation an – nur das Hippo wollte nicht, weigerte sich das Rund des Zeltes zu betreten; leider erkannten wir nicht wie die Wärter auf diesen Streik reagierten, denn blitzschnell wurde der Vorhang zugezogen und ein Clown versuchte sich, wohl als Ablenkung von der unschönen Szenerie, an schlechten Späßen; dann sollte die Pause eingeläutet werden.
 
Nicht einmal einen Euro kostete es uns nun die Tiere im Inneren der Wagenburgen im Gelände sehen zu können. Im Schutze einer Menschenmenge drängten wir vom dampfenden Zirkuszelt hinaus ins Freie, fast nach Luft schnappend, Kameras unter weiten T-Shirts im Anschlag. Im hofartigen Gelände, der Boden durch tausende Fußabdrücke und das Tränken der Tiere inzwischen  zu einem schmutzigen Morast aus Dreck und Unrat geworden, rückte dann das Nilpferd als erstes ins Gesichtfeld, offensichtlich inzwischen irgend wie beruhigt; es lag reaktionslos auf blanker Erde, eingezwängt in einer Gitterkäfig, kein Tropfen Wasser weit und breit, das gesetzmäßig erforderliche Bassin nirgends zu sehen. Zweimal Körpergröße ist sein Gefängnis, dann ein kurzer Steg rein in den Transportanhänger, der wohl seine ganze Welt bedeutet. Der Löwendompteur streichelte unter den bewundernden Blicken einer nicht nachdenkenden Masse in einem Witzgehege die Raubtiere, ein männlicher Löwe in einem sargähnlichen Zwinger gesperrt. Die Tiger ohne Freigehege im Transportwagen, Pferdchen und Ziegen in Kleinstausläufen, die Schlange im Zeltinneren, wo sich Menschen um ein bisschen Geld mit ihr fotografieren lassen konnten. Die Elefanten waren nach dem Kurzauftritt in der Arena zuvor wieder im Zelt von heute nachmittags, zwei muskelbepackte Männer überwachten mit verschränkten Armen und bösen Minen direkt vor den Tieren das Fotografierverbot. Wir, sie dachten das bestimmt bereits, versuchten es trotzdem, die grauen Riesen inzwischen wieder in schweren Ketten; zwei, drei Bilder gelangen uns dann auch, bis plötzlich ein Mädchen dem Aufpasser-Vater zuschrie; der rief in holprigen Englisch durch die Menge: ‚Hast Du ‚Idiot’ auf Deiner Stirn tätowiert? Noch ein Foto, und Du wirst Probleme haben die Du nicht bewältigen kannst!’ Was das heißen sollte, wussten wir nur zu gut – sind wir doch Veteranen der Gewaltorgien von Zirkusleuten gegen uns vor dem Wildtierverbot in Österreich!
Nun sollte aber dem Himmel sei Dank die Vorstellung wieder beginnen und wir gingen, bewacht von einem halben Dutzend Zirkusschläger, zurück ins Zelt; noch ein schnelles Bild zuviel von der Schlange am Hals eines Artisten, dann war die Situation im Wimpernschlag – noch war das Blitzgerät nicht einmal zur Ruhe gekommen – kurz vor dem Eskalieren: kaum setzten wir uns auf die Plätze, kam der Direktor direkt auf Erwin vom Sternenhof zu: ‚Gib mir Deine Kamera, sofort! Alle Bilder werden gelöscht, vor meinen Augen!’ Erwin weigerte sich natürlich der Aufforderung nachzukommen, unsere Begleiterin versucht zu intervenieren, erfolglos; ich mischte mich in den Streit, da verlangte der Berserker auch meine Kamera. Ein lauter Disput war die unausweichliche Folge, was gäbe es aber auch zu verstecken, dass das Verbot des Fotografierens rechtfertigen würde, wollten wir wissen; ‚Mein Zirkus, meine Regeln’, meinte der Wütende, verlangte nun nicht nur Speicherkarten, sondern die Kamera selbst! Schimpfend erhoben wir uns, gefolgt von einigen Angestellten; wir verließen das Zelt, nicht ohne unsere Meinung nochmals zu verkünden, den ZuhörerInnen das Leid der Zirkustieren nahelegend; reumütig Einsicht zu zeigen wäre jetzt der wohl verkehrteste Weg gewesen, würde den vom Wahnsinn befallenen doch nur zusätzlich stark machen. Die Situation wahrlich bedrohlich, kehrten wir dem Direktor uns seiner Meute den Rücken, kaum aus dem Zelt heraus wurden wir uns aber schnell bewusst, die Kerle verfolgten uns; so starteten wir im Halblauf durch das Gelände, raus aus der Festung der Gewalt, welche nun im wahrsten Sinne des Wortes ‚zum Zirkus’, zum Tollhaus, geworden war.
Mehr als schade eigentlich, denn so verpassten wir die folgenden Tiernummern, welche wir nur zu gerne auf Band verewigt hätten…
 
 
 
Am Abend diskutierten wir mit unseren rumänischen FreundInnen das weitere Vorgehen – so wollten wir das nicht auf uns sitzen lassen! Zu bemerken liegt uns folgendes am Herzen: es ist unglaublich, obwohl fast alle davon arbeitslos, selbst in der Aussichtlosigkeit der eigenen Existenz gefangen, diese rumänischen TierrechtsaktivistInnen nehmen zutiefst Anteilnahme am Leid der Zirkustiere; und es scheint, als hätte alles gewartet auf den Moment, wo Unterstützung aus dem Westen tatsächlich in Fleisch und Blut vor ihnen steht, nicht nur als schöne Worte auf geduldigem Papier!
Besser als wir es je in unseren Ländern machen könnten, lief die Maschinerie bald auf Hochtouren und innerhalb weniger Stunden hatten verschiedene TV-Anstalten und mehrere Presseleute zugesagt am nächsten Tag mit uns vor den Zirkus zu ziehen. Ob das dann tatsächlich so sein würde – etwas misstrauisch wagten wir im Moment keine Prognosen, aber die Aussicht auf einen Medienauflauf war eine gegebene  und machte uns großen Mut!
Wir vergasen aber nicht unsere MitstreiterInnen zu warnen, so voller Tatendrang, von der oft  ansatzlosen Gewaltbereitschaft der Zirkusleute, wo dann selbst JournalistInnen und sogar Behördenorgane, ungeachtet deren Standes, plötzlich im Visier von Attacken stehen könnten.
 
Früh am nächsten Morgen wurde die Veterinärbehörde verständigt; der zuständige Arzt sagte sein Kommen zur allgemeinen Überraschung sofort zu, ebenfalls ein Direktor der Umweltbehörde – der Zirkus war, wie so oft auch bei uns – nämlich gar nicht genehmigt, es wurden keinerlei Anträge oder dergleichen ausgeführt, die Veranstaltung fand demnach ‚schwarz’ statt. Durchgreifen sollte die Devise sein – doch wie viele Punkte der großspurigen Versprechungen von Seiten der Behördenn würden wohl am Ende des Tages übrig geblieben sein?
 
Vor dem Zirkus; drei Fernsehteams waren erschienen, dazu mehrere VertreterInnen von Printmedien; einige begrüßten uns wie alte Freunde mit Handschlag, sie waren damals auch mit in Slatina gewesen! Das Aufgebot von so vielen JournalistInnen war schon ein erster großer Erfolg, versprach es doch einen Beitrag in der wichtigsten Nachrichtensendung am Abend, eine öffentliche Thematisierung des Missbrauches von Wildtieren in Zirkussen – genau so hat die letztendlich so erfolgreiche Kampagne doch bei uns auch begonnen, bevor die Verbannung spruchreif geworden war!!!!
 
Zwei Polizisten, die Hände umklammerten nervös den Schlagstock, bewachten den Zirkuseingang, der nun alsbald von den Medienleuten bestürmt werden sollte! Der Veterinär erschien, stark übergewichtig, ein viel sagendes, überhebliches Lächeln auf den Lippen. Er wurde als einziger vom Zirkusdirektor empfangen und eingelassen, während alle anderen Wartenden an der Abgrenzung zurück bleiben mussten. Die Inspektion selbst dauerte dann aber offensichtlich nur kurz, denn bald schon sah man die Konferierenden unter einem Sonnenschirm vor einem Zirkuswagen sitzen und gemeinsam kühle Getränke genießen; was wurde hier wohl beschlossen, ob es Auflagen geben wird oder doch bloß die Höhe einer kleinen versteckten und steuerfreien Zahlung an das Amtsorgan, wie vielleicht nicht nur ein Schelm vermuten würde?
 
 
Der Direktor der Umweltbehörde gab inzwischen als erstes ein Interview, sprach dabei von zu entrichtenden Gebühren und Strafbescheiden – ein zweiter Erfolg!
 
Alsbald überwachten Fernsehkameras die Szenerie, hunderte Bilder, fixe und bewegliche, wurden von allen Seiten geschossen, fordernde Kameraaugen begehrten Einlass ins Innere der Wagenburg. Dort waren die ArtistInnen nun aufmarschiert, beobachteten jede Bewegung von außerhalb mit Argusaugen. Wir zeigten den Kameraleuten eine Möglichkeit das Elefantenzelt zu inspizieren, und sofort bannten Sony und Co die Momente auf Speicherkarten und Mini-DV-Bänder! Einen Augenblick später aber erschien ein grimmiger Zirkusangestellter und öffnete die Schnüre sämtlich aufgerollter Seitenplanen, so dass diese zu Boden fielen und jegliche Einblicke unterbanden.
 
Als nächstes wurden unsere Tierschutz-FreundInnen interviewt, sie erzählten vom Leid der Zirkustiere, von Unverständnis, dass so eine Barbarei überhaupt erlaubt sein kann. Auch der freundliche Mann der Umweltbehörde kam erneut zu Wort, und danach durften wir unsere Sicht der Dinge in englischer Sprache darlegen. Nebenbei wurden wir dann auch gleich über unsere Projekte, den Grund unserer Reisen nach Rumänien, befragt, erhielten die einmalige Möglichkeit die Straßentier-Problematik im TV anzusprechen!!!
 
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Dann, ein Raunen – der Veterinär-Chef kam vom Lokalaugenschein aus dem Zirkus zurück. Sofort wurde der nicht unbedingt mit dem ersten Blick als Sympathieträger zu erkennende Mann von Kameraleuten umlagert, beantwortete mit übertriebenen Lässigkeit die Fragen der JournalistInnen. Seine Äußerungen sollten dann leider genau jene sein, die wir erwarten hatten müsse; wie so oft auch bei uns praktiziert, dürfte der Arzt seinen eigenen Frieden mit den Zirkusleuten längst geschlossen gehabt haben, ungeachtet der Tatsachen, der mit TV-Kameras eingefangenen Bestandsaufnahmen, welche ein wohl nur allzu deutliches Bild der wahren Tragödie von Zirkustieren widerspiegelten, schmetterte er die Argumente von TierschützerInnen und JournalistInnen gleichermaßen mit mehr als nur fadenscheiniger Argumentation ab; und nicht nur das, er zog die Befürchtungen der versammelten Menschenmenge gar ins lächerliche, mahnte mit dümmlichen, nichts desto trotz aber dreisten Blick davor, diese Tiere mit Wildtieren zu verwechseln. Sie seinen nun mal Zirkustiere, an dieses Leben gewohnt, und es gäbe an der Haltung solcher Spezies, im jetzigen Falle aber auch allgemein, nicht auszusetzen. Nun, der gute Herr durfte die eigenen Gesetze nicht ausreichend studiert haben, denn Rumänien hat – anders als vielleicht oft vermutet wird – eine wesentlich strengere Tierschutzbestimmung wie selbst viele westlicheren Nationen. 
Wie dem auch sei, das Wort des Verräters zählte; sich seiner auf Grund der Tätigkeit überlegenen Position wohl bewusst, wischte der Amtshandelnde alle weiteren Fragen und Anschuldigen, nach einem neuerlichen Versuch einer Journalistin die tierschutzrelevanten Bestimmungen ins rechte Bild zu rücken, einfach weg, schlimmer noch, mit süffisantem Lächeln schnitt er einem Fragenden einfach das Wort ab – und verschwand dorthin wo er eigentlich immer verharren hätten müssen – in der Bedeutungslosigkeit! …und in den nun wohl arbeitsfreien Nachmittag.
 
Dennoch, die Wahrheit ist eine Unverrückbare, und so flimmern am frühen Abend, zur besten Sendezeit, Bilder von angeketteten Elefantenbeinen, Raubkatzen hinter Gittern und einem Nilpferd in Agonie landesweit über die Bildschirme! Der Bericht zog sich über etliche Minuten hin, und seine Aussage war eine klare: eine Überdenkung der jetzigen Bestimmung hin zum Zirkustier ist höchst an der Zeit, denn Zirkustiere leiden unübersehbar!
 
An dieser Feststellung konnte auch das Statement des Veterinärchefs nichts mehr ändern, und der Versuch zu erklären, den Tieren würden es in diesem Zirkus nicht schlecht gehen, wurde spätestens bei der zeitgleichen Ausstrahlung der in Ketten liegenden Elefantenbeine in die völlige Unglaubwürdigkeit gerückt.

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Das Ergebnis unserer Bemühungen ist ganz sicher der Erfolg Nummer drei: wir haben es als Einheit österreichischer, deutscher und rumänischer TierschützerInnen geschafft, ein bisher totgeschwiegenes Thema ins Licht der Öffentlichkeit zu rücken, die Menschen vor den Bildschirmen zu sensibilisieren – allein dafür hat sich schon die ganze Fahrt gelohnt!!! Genau das muss nämlich unsere Hauptaufgabe sein, nichts ist wichtiger als Tierrecht zu verbreiten, aufmerksam zu machen auf bisher unbeachtetes Leid – keine kurzzeitigen Erfolge anzustreben, vielmehr den weiten, mühevollen, letztendlich jedoch einzig möglichen Weg zu gehen, wenn man echte Veränderungen schaffen möchte; und der führt nicht über schnelle Sensationsberichte, sondern über Information, Information und nochmals Information!
 
In den nächsten Tagen werden wir Ihnen von ganz großartigen Dingen berichten, davon wie es in der berüchtigten Tötungsstation in Slatina nach der Schließung nun weiter geht, was wir dort alles erreichen konnten – eine nicht hoch genug einzuschätzende Tatsache schon vorneweg: der Ort des ehemaligen Wahnsinns ist auf bestem Wege zu einer Vorzeigeanlage Rumäniens zu werden, wir haben uns nach einer Recherche zuvor mit dem neuen Besitzer getroffen und zusammengesetzt; eine zweite Anlage, wo ortsansässige TierschützerInnen um unsere Hilfe gebeten hatten, konnten wir ausfindig machen und zusammen mit diesen haben wir uns vor Ort einen sehr spektakulären Eindruck verschafft, nur möglich geworden durch eine sehr riskante Vorgehensweise.
Dann gab es erste Vorrecherche zu einem wartenden neuen Projekt, welches in eine noch großartigere Zusammenarbeit zwischen dem Sternenhof und RespekTiere führen und in absehbarer Zukunft viel Aufsehen erregen wird – doch dazu später!
Weiters konnten wir wieder vielen, vielen Straßentiere eine neue Zukunft schenken, dazu vor Ort helfen, wir haben eine enorme Menge von Hilfsgütern in ein Spital gebracht, welches mit dem Kloster um Pater Berno zusammen arbeitet, und, und, und..
 
Sie werden in den nächsten Newslettern lesen, dass wir in einer Woche harter Arbeit vor Ort kaum Zeit zum Schlafen gefunden haben, dafür aber mit stolz geschwellter Brust zurück nach Österreich und Deutschland gekehrt sind, mit dem Wissen, wirkliche und echte Hilfe geleistet zu haben.
Sie werden davon lesen, wie wir Einsätze für verletzte Tiere gefahren, diese im Spital operiert worden sind, wir werden über geplante neue Kastrationsprojekte sprechen und Sie werden von Tragödien und wunderbaren Erlebnissen hören und davon, welche Früchte eine derart intensive Zusammenarbeit mit unseren rumänischen Partner-Organisationen trägt und schon getragen hat.
Wir werden Ihren so unglaublichen Beitrag zu diesen großartigen Erfolgen anzusprechen wissen, Ihre Hilfe, ohne welcher wir völligst hilflos wären; wir werden über Unterstützung sprechen, in jeglicher Form, ob nun als Sach-, Geld- oder Ratspenden, die es uns erst ermöglichen so weit zu gehen – eine Weg, welchen wir alle zusammen eingeschlagen haben und letztendlich zusammen weiter gehen werden, hoffentlich bis zu jenem Tag wo unsere Unterstützung in jenem Teil Europas vielleicht einmal nicht mehr ganz so dringend gebraucht werden wird.

Und sie werden, als allerwichtigster Punkt, erfahren, wie unglaublich stolz wir darauf sind, ihre Hände, ihre Ohren, Ihre Augen, sein zu dürfen in einer Welt, welche durch Ihr direktestes Zutun tagtäglich zu einem besseren Ort wird, durch Gaben, durch Worte, durch Taten, durch Vorbildwirkung – wofür wir nur den Hut ziehen können und mit einer tiefen Verbeugung ‚Danke’ sagen möchten, vom ganzen Herzen….

 

 
 
 
 
 

 



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