Interview mit Omar (mauretanischer Künstler mit hohen Tierrechtsambitionen)!

22Am späten Nachmittag fahren wir zu Omar. Er wohnt in einer sehr armen Gegend, doch das Haus ist relativ geruhsam. Er wohnt dort mit ganzer Familie, sein Vater ist ebenfalls Künstler. Es gibt, wie in allen mauretanischen Familien, einige Schwestern und kleine Brüder, alle sind sie sehr nett und von nahezu vornehmer Zurückhaltung geprägt.
Omar ist ein typischer Künstler, sein Zimmer ist trotz der Einfachheit echt cool gestaltet, mit Bob Marley als Wandmalerei, auch sonst sehr amerikanisch; er ist ziemlich schüchtern, herzensgut, gebildet und einfach nur angenehm. Er hat eine sehr positive Aura und jeder Satz ist gut gewählt, und er stottert wenn er verlegen wird. Um es kurz zu machen, er ist einer jener Menschen in dessen Nähe man sich einfach gut fühlt..
Überall sind seine Kunstwerke, und die haben diesen Namen auch wirklich verdient. So wunderschöne Bilder, es gibt auch eigene von ausländischen Freunden entworfene Internetseiten, er wird uns später einen Link senden. Die auf den Bildern unten gezeigten Eselkarren, entstanden aus Müll, schauen in Natur sogar noch besser aus.
Auf der winzigen sandverwehten Terrasse steht eine Skulptur, eine Frau, gemacht nur aus Müll. Dann zeigt uns Omar eine schwere kleine, die eines sitzenden Mannes, welche er aber nicht verkauft sie nicht, es verbinden ihm damit zu viele persönliche Erlebnisse.
Und die Bilder: großartig! Farbe mit Erde vermischt, wirkt das Ganze etwas plastisch, ca. 1 x 1 Meter groß versprühen sie eine ganz besondere Wirkung auf den/die BetrachterIn. Omar’s Skulpturen, Bildnisse, Werke, fast alles hat mit Tieren zu tun.
Wir werden sein Schaffen auf usnerer Homepage präsentieren und  ohne zu zögern meint der Künstler, er würde dann 20 % vom erzielten Verkaufspreis RespekTiere spenden!
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Eselkarren aus 100 % Altstoffen; für ca. 70 Euro könnte die Skulptur Ihr Büro verzaubern   Esel aus Drahtgeflecht; VKP ca. 20 Euro!

Interview mit Omar
(Saleck, unsere rechte Hand in Nouakchott, übersetzt)

P1240196Worin besteht Deine Motivation solche Kunstwerke wie die Eselkarren anzufertigen?
Die Rolle des Esels in der mauretanischen Gesellschaft ist eine unübersehbare, eine sehr bemerkenswerte; der Esel bringt den allermeisten Leuten das Wasser und es nun mal so: Wasser bedeutet Leben, besonders hier!

Welche Materialen verwendest Du eigentlich?
Ich finde alles auf der Straße, im Müll anderer Menschen.  Ich verwende hauptsächlich Draht, Plastik, Stoffe, leer Milchdosen (Milch gibt es hier in Dosen, ca. 200 ml. Inhalt, Anm.); dann kommt ein bisschen Kleber hinzu, Stücke von Holz zur Stabilität, und fertig ist das Kunstwerk!

Möchtest Du damit auf das Leid der Tiere hinweisen? Welchen Bezug hast Du eigentlich speziell zu Esel?
Ich finde es ganz einfach nur schockierend, dass manche Menschen ihre Tiere derart behandeln; statt den Dank, den sie sich mehr als verdient hätten, ernten sie meist bloß Prügel. Das ist nicht nur sehr traurig, es ist beschämend.

Wo siehst Du das Problem? Warum werden die Tiere Deiner Meinung nach oft so schlecht behandelt?
Der Mensch ist leider einfach so geprägt, orientiert. Er glaubt das Tier zu besitzen, und dann kennt er kein Erbarmen, will alles aus dem Körper rausholen, nu rum möglichst viel Geld zu machen. Der Mensch hat nie genug, es ist wie eine Krankheit, er möchte immer mehr, und mehr und mehr.

Ist das Deiner Meinung nach ein mauretanisches Phänomen, oder siehst Du diese Problematik weltweit?
Leider scheint es überall so zu sein; es ist ein menschliches Problem und betrifft alle von uns, jede Gesellschaft, überall wo Menschen zusammenkommen.

DSC 0025(1)Hast Du eigentlich das Gefühl es gibt viele Menschen die es gerne sehen würden dass die Esel besser behandelt werden? Wenn ja, was wäre Deiner Meinung nach der Weg zu Ziel? Oder glaubst Du es wäre den Menschen sowieso egal wie es den Eseln, den Tieren überhaupt, geht?
Es gibt viel zu wenige Menschen die sich um das Problem überhaupt annehmen, die Veränderungen wahrnehmen würden; die allermeisten sehen einfach nur weg, es interessiert sie nicht wirklich.
Dabei braucht man sich doch nur in die Lage des Tieres versetzen, jeder Mensch braucht Pausen, möchte nicht über seine Kräfte hinaus arbeiten. Und dieses Recht müssen wir auch den Tieren zugestehen, jedes Leben sollte gleiche Rechte haben.

Wie steht die Religion dazu? Wie glaubst Du steht Allah dazu, ist es ihm egal wie die Menschen die Tiere behandeln oder erzürnt ihn dieses Schlagen?
Ganz sicher ist  Allah dagegen dass man das Böse tut. Egal ob gegen Mensche oder gegen Tier. Es ist immer egal wie das Böse aussieht, wo es sich verbirgt, es ist immer das Böse. Und für denkende Menschen ist es immer enttarnbar, leicht zu erkennen.

Hat sich das Schlagen der Tiere in den letzten Jahren gebessert oder ist es so wie es immer war?
Ich fürchte es hat sich nicht allzu viel geändert in der Einstellung der Menschen. Seit ich mich erinnern kann wurden Tiere schlecht behandelt und das werden sie noch immer.

Was denkst Du über das Projekt, über RespekTiere? Ist unser Projekt ein Thema in Nouakchott oder ist es den Menschen großteils unbekannt?
Zuerst: ich finde es ganz großartig, dass es solche Menschen gibt, die mit so viel Herz und Engagement bei der Sache sind, den Tieren beistehen und helfen. Ich kenne das Projekt von Saleck und war immer stolz darauf  dass es so etwas in meiner Stadt gibt.

Omar zeigt uns plötzlich neue Kunstwerke, die am Entstehen sind; es sind Skulpturen von Vögeln, rund 50 davon, in allen Größen, hat er die letzten Monate geschaffen. Das passierte für eine Ausstellung in Nouakchott, wo die Kunstwerke im Dezember in der Galerie Sina zu bewundern waren.
Er machte das vom Herzen gerne, weil er, so sagt er fast verlegen, seit er denken kann Vögel ganz besonders liebt.

Glaubst Du dass die Menschen in Mauretanien etwas für Tierschutz übrig haben?
Das Thema muss meine Landsleute irgend wann ganz einfach zu interessieren beginnen. Wir wollen eine moderne Gesellschaft sein, und eine solche kommt um ehrlichen Tierschutz nicht herum. Unser (Über-)Leben hängt zu einem großen Teil von den Tieren ab.

Und wie ist die Situation für die Menschen selbst?  Geht es bergauf? Werden die Lebensverhältnisse langsam besser?
Die Situation ist wie überall, die Unterdrückung steigt.
Die Lebensqualität hat sich sogar verschlechtert, alles ist teurer geworden. Jetzt gibt es eine Situation, die niemals zuvor bekannt war; es gibt einige günstige Geschäfte, wo Grundnahrungsmittel billig verkauft werden – die sperren morgens auf, und schon lange vorher stehen Schlangen von Menschen davor; und diese Menschen streiten, etwas was bei uns bisher fast gänzlich unbekannt war, streiten wer zuerst reingehen darf, streiten wegen ein paar Kilo billigerer Lebensmittel. Das macht Angst.

Was sagt Omar zu den Protesten im arabischen Raum? Werden die auch auf Mauretanien übergreifen?
Speziell die jungen Leute in diesen Ländern wollen alles ändern, das System an sich. Es gibt aber auch jede Menge Ungerechtigkeiten in diesen Ländern. Die Präsidenten, die Regierenden, fühlten sich wie kleine Götter, und sie respektierten die eigenen Leute überhaupt nicht mehr.
In Mauretanien speziell: wenn die Politiker sich besinnen, sich um Arbeit für die Menschen bemühen, um ein friedliches Nebeneinander, dann könnte so viel an Explosiven im Keim erstickt werden. Wenn der Präsident und die Regierung nicht auf ethischen Problemen herumspielen und alle – ob Wolof, Solinke, Haradine oder wen auch immer – gleich behandeln, dann wird es nicht zu solchen Aufständen kommen wie anderswo.
Wenn sich die Regierenden aber anders entscheiden, dann wird die Zeit zeigen was passiert.

Zurück zu den Eseln; was könnte man machen um dem Esel mehr Gehör zu verschaffen, das Schlagen einzudämmen?
Man muss den Eselhaltern noch mehr klar machen, ein Esel funktioniert nicht anders als ein Mensch. Auch er hat ein Recht auf Ruhe, auf ein Nicht-Geschlagen werden. Kann man das den Leuten ausreichend erklären, dann wird es besser werden.

Wie denkst Du über die Hunde? Sind die, entgegen der Ansicht vieler Muslime, ebenso schützenswert?
Hunde sind genau so Lebewesen, mit allen Rechten. Ich weiß jetzt nicht ob Du gläubig bist –
ich jedenfalls denke, Gott, Allah, hat die Tiere, alle Tiere, erschaffen um eine Rolle im Leben zu spielen. Egal ob Esel, Hund, Schlange oder Spinne – alle haben deshalb das gleiche Recht auf Leben.

Findest Du Hunde gefährlich für Menschen? Was könnte die Stadt tun um das Problem zu lösen?
Ja, manche Hunde haben Krankheiten, aber wie so oft entstehen die meist durch des Menschen Fehler. Die Stadt müsste da Initiativen setzen, müsste impfen, kümmert sich aber nicht um so was. Sie (die Stadt, Anm.) antwortet immer gleich – mit Gift, mit Waffen, es wird geschossen, und das obwohl das Problem letztendlich vom Menschen ausgeht, weil der seiner Aufgabe nicht gewachsen war…
Menschen werfen verdorbene, oft schon giftige, Lebensmittelreste auf die Straße und die Hunde ernähren sich von diesem Müll. Menschen, die solchen Müll rauswerfen, die müssten eigentlich zur Verantwortung gezogen werden für die Krankheiten der Tiere.

Was sagst Du dazu, dass Polizei und Militär Jagd auf Hunde machen, einfach alle niederschießen?
Das ist wahrlich schockierend, nichts als ein Massaker. Ich weiß zwar keine Lösung für das Problem, nehme mir aber trotzdem heraus, zu beurteilen, dass diese Vorgehensweise eine Tragödie ist – wenn Mensch mit Waffengewalt auf unschuldige Tiere losgeht, dann kann das niemals richtig sein.

Würdest Du ein Kastrationsprogramm unterstützen?
Oh, ich glaube nicht. Das will ich den Hunden nicht antun, weil ich ein Leben ohne Sex doch sehr traurig finde.

Ja, aber andererseits werden sie gerade deswegen gejagt und getötet…
Trotzdem, sie dürfen doch auch nicht alles Schöne im Leben verpassen.

Wie siehst Du die Zukunft des Tierschutzes in Mauretanien?
Oje, das wird noch dauern. Es gibt niemanden, außer Euch, der sich hier im Tiere kümmert, nicht einmal Ausländer.
Dennoch gibt es Lichtstreifen; ich sehe es in meiner Familie, in meinem Bekanntenkreis – wenn wir beobachten dass Tieren Gewalt angetan wird, dann gehen wir immer dazwischen. Gewalt gegen Tiere, das tut im Herzen weh.

Kannst Du Dir vorstellen unser Eselprojekt zu unterstützen? Indem Du zum Beispiel bei Deinen Ausstellungen auf das Projekt hinweist, oder bei Interviews mit Radio, Zeitung oder Fernsehen?
Ich unterstütze das Projekt mit meiner Kunst, weil die Menschen ja über meine Bilder und Kunstwerke nachdenken, zum Nachdenken animiert werden. Kunst hat die Macht Menschen zum Nachdenken zu bewegen – Kunst be-wegt!
Ich werde tun was ich kann, denn ich finde Eure Initiative unglaublich wichtig und gut.
Es ist doch auch so – die Menschen, die Esel haben, brauchen die doch um weiterzuleben – nur verstehen sie diesen untrennbaren Zusammenhang oft einfach nicht.

Omar, eine letzte sehr persönliche Frage; ein berühmter Mann hat einmal folgenden Satz gesagt: ‚Tiere sind meine Freunde – und ich esse meine Freunde nicht!’ Was sagt Du zu dieser Aussage?
Omar, offensichtlich bewegt, antwortet: ‚Das ist sehr schön, darüber werde ich nachdenken. Diese wenigen Worte bergen wahre Liebe in sich.’

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Sollten Sie Interesse an den Kunstwerken und am Künstler selbst haben, bitte sagen Sie uns Bescheid! Wir werden Ihe Briefe weiter leiten!

 

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