Dramatische Situation in Nouakchott – oder wie religöse Problematiken den Tierschutz gefährenden können…

Gerade in diesem Augenblick wird uns schmerzlich bewusst – wir betreiben Tierschutz in einem wirklichen Welt-Krisengebiet! Es ist nicht so dass wir problematischen Situationen in Mauretanien unbedarft, jungfräulich, gegenübertreten, weil wir sie doch ohnehin längst gewohnt sind – ist doch bei praktisch jedem Einsatz vor Ort zumeist ein Tag dabei, an welchem westlichen BesucherInnen dringenst angeraten wird die Unterkunft lieber nicht zu verlassen; sehr oft und sehr schnell schaukelt sich nämlich die allgemeine Stimmung in der Stadt anhand von religiösen Gegebenheiten hoch, Ausschreitungen sind die Folge, und eine aggressive Distanzierung gegenüber westlich geprägte Mentalitäten nimmt überhand. So war es zum Beispiel auch beim letzten Mal, damals auf Grund von Gotteslästerungen in Form von betont provokanten Mohammed-Karikaturen und veröffentlicht in europäischen Zeitungen, die uns das Leben ziemlich erschwerten.  Als Folge sollte uns dann schon im Vorfeld nahegelegt werden in der Herberge zu bleiben; wir sind dennoch zur Einsatzwasserstelle gefahren, und alles ging relativ gut. Natürlich, das eine oder andere Male wurden wir als Amerikaner oder Engländer, zu welchen hier zu oft ein gelinde gesagt spezielles Verhältnis besteht, gedeutet und dann auch offensiv gefordert. Im Großen und Ganzen aber konnten wir unsere Arbeit zumindest wenigstens zum größten Teil verrichten.
Es ist aber nicht von ungefähr, dass zum Beispiel das Außenministerium generell von Reisen nach Mauretanien abrät, und dass das Amt im gleichen Zuge betont, im Falle von Problemen keine Handhabe besäße helfend einzugreifen; in solch einem Falle also wäre man deshalb auf sich alleine gestellt… auch ist schon passiert, dass zivile Staatsorgane uns auf der Straße anhiletenund uns Informationen gab, welche vor Entführungen schützen sollten (ein Hinweis zum Beispiel: nicht über mehrere Tage hinweg, schon gar nicht immer zur selben Zeit, den gleichen Weg zurück zur Herberge zu benützen). Nicht umsonst auch ist zum Beispiel die zum Zeitpunkt des Bestehens natürlich bestens gesicherte israelische Botschaft längst abgewandert, hat ihre Zelte nach vielen, vielen Scharmützeln und ernsten Problemen endgültig abgebrochen.
 
Heute allerdings dürfte sich die Situation wirklich dramatisch präsentieren. Wir sitzen jetzt in unserem Zimmer und wissen nicht so recht was zu tun; in der Nacht war es zu Vandalismus in einer Moschee gekommen, warum, wieso und wer diese unfassbare Hässlichkeit zu verantworten hat ist noch nicht zu uns durchgedrungen, aber sofort hat sich die Lunte des Pulverfasses wieder entzündet. Heftige Ausschreitungen tobten bis zum frühen Morgen, Lärm und Chaos die Folge. Wir sind dann aber dennoch zeitig zu unserem Einsatzort aufgebrochen, wurden allerdings eindringlich vom Absehen dieser Idee gewarnt und dann immer wieder angerufen sofort zurück zur Unterkunft zu kommen – es sei einfach zu gefährlich. Gegen halb 12 brachen wir die Mission tatsächlich ab, dann als die Meldung kam es hätte bereits mindestens einen Toten gegeben. Nun konnten auch bereits immer wieder  Schüsse vernommen werden, und Einsatzfahrzeuge fuhren mit Folgetonhorn durch die Stadt.   
Die Schüsse, von wem abgefeuert und mit welcher Munition bleibt uns verborgen (hoffentlich’nur‘ Tränengas), fallen nun regelmäßig, und soweit wir wissen gibt es einen beinahen Belagerungszustand an den Gebäuden der westlichen Institutionen, Rauchsäulen sind zu sehen, Straßenzüge abgesperrt. Das Militär und die Polizei ist in ‚Riot-Gear‘, also in dick gepanzerter Schutzkleidung, omnipräsent.
Es wäre zu schade, müssten wir unseren Einsatz abbrechen, vier Tage vor dem Rückflug, weil einmal mehr scheinbar unüberbrückbare religiöse Differenzen ein Miteinander verhindern… dabei brauchen uns die Esel hier soooo unfassbar dringend!

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