1. Aktion 2015, Rumänienfahrt – der Bericht!

Erste Tierrechtsaktion 2015!
Fast schon traditionell begeht RespekTiere nach der letzten Tierrechtsaktion im vergangenen Jahr dann auch schon am 1. Jänner die erste des folgenden. So konnten Menschen am späteren Nachmittag des Neujahrstages bei sehr unwirtlichen Bedingungen einen Aktivisten mit Hühnermaske und Transparent vor einem Brathuhn-Stand in Salzburg sehen, der auf die unverrückbare Tatsache ‚Fleisch essen tötet!‘ hinwies!Salzburg, Bergheim 1(1)

Bericht Rumänien, Dezember 2014!

Und plötzlich war er da, ansatzlos, aus dem Nichts gekommen. Eine mächtige Erscheinung, immer noch, nach all den Jahrhunderten, gebückt zwar, aber mit sicherem Schritt schreitet er voran, hinter sich sein kräftestrotzendes Heer versammelnd; er, der Soldatenführer, seine emsige Armee, Myriaden von kältestarrenden Schneekristallen, den Befehlen des Greisen folgend, betten sie das Land zur Ruhe, verwandeln es über Nacht in eine tonlose weiße Wüste. Der alte Mann aus dem Norden, der Todgesagte, mit der furchtbaren Krankheit ‚fortschreitende Klimaveränderung‘ diagnostiziert, straft alle Prognosen Lügen. Mächtig wie eh und je, sein Atem der gefrierende Wind – ja, er ist zurück, in all seiner Pracht, aber auch mit all den Gefahren, die sein unerwartetes Aufwachen in sich bergen!

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Foto: besonders durch Rumänien hindurch tat sich vor uns ein kleines Inferno aus Eis und Schnee auf…

Unser Fahrzeug, ein großer Iveco-Transporter, brummt unzufrieden; seine breite Front stellt sich den Wetterkapriolen tapfer entgegen, ein eiszapfen-behangenes LKW-Gesicht, zerfurcht wie das Leben selbst, hinterlässt die bittere Kälte und das Schneetreiben unwillkürlich Spuren an sämtlichen Metal- und Plastikteilen. Wir passieren erstarrte Landschaften, die Straße von einer rutschig glitschigen Masse aus zerstampftem Schnee und gefrorenem Wasser beherrscht, ist an manchen Stellen kaum noch als solche erkennbar. Nur schemenhaft, wie ruhelose Schatten, erkennen wir die wie zufällig in die Landschaft gestellten immer mehr werdenden Windkraftwerke in den panonischen Ebenen, ihre roten Lichter an den höchsten Stellen lassen in erschreckender Weise das künftige Schicksal der Natur erahnen, dann, wenn sie völlig ausgebeutet und in Beton gegossen als Mahnmal ihrer selbst einem alles beherrschenden Industriepark gleichen wird! Fast können wir es hören, das unbeirrte Drehen der überdimensionalen Rotorblätter, ächzend, klagend, wie Roboterarme stemmen sie sich gegen die Elemente; ja, die erstarrten Riesen möchten uns beinahe leidtun, in sich gefroren in der Kälte des einbrechenden Winters – doch unsere Gehirngänge sind längst belegt, eingenommen von Gedanken an die vielen, vielen Tieren da draußen, für welche sich die letzten Stunden wohl zum Kampf ums pure Überleben entwickelt haben. Über Nacht nämlich, von fast exotischen Temperaturen beinahe geplagt, fällt das Quecksilber in den Messgeräten binnen 24 Stunden auf weit unter den Gefrierpunkt…

Diese brisante Mischung ergibt dann auch wahrlich nicht die besten Voraussetzungen für unser ehrgeiziges Vorhaben – nämlich die von der Außenwelt mehr und mehr abgeschnittenen Menschen in Nadrac, einer kleinen rumänischen Stadt am Fuße der Karpaten, mit ein bisschen nachweihnachtlicher Freude zu beglücken; so viel haben wir geladen, von der Seife bis hin zu den Zahnhygieneartikeln, Boxen voller Kinderspielzeug und Kleidung in Massen, sogar zwei wunderschöne Öfen hat mein Reisebegleiter, Günther Kurz, noch unmittelbar vor der Abreise aufgetrieben. Ja, selbst um das Fahrzeug hat der Gute sich gekümmert, zur Verfügung gestellt von seinem Arbeitgeber, dem Hafnermeister Ing. Wolfgang Steindl aus Salzburg (www.a-steindl.at), wofür wir uns bei jenem Betrieb ganz herzlichst bedanken möchten – Ihr habt damit die Fahrt überhaupt erst möglich gemacht, denn um all die Dinge zu transportieren, da benötigt es genau einen solch riesigen Laderaum wie der Klein-LKW ihn bietet!
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Foto: Günther und Tom beim Entladen des Transporters!

Ab Budapest werden die Bedingungen plötzlich besser, die Straße nun zunehmend frei; schon geraten wir in Versuchung durchzuatmen, aber plötzlich und jäh ist Gevatter Frost erneut aus seinem Schlaf erwacht – und wie! Ab der grenznahen Stadt Szeged wird seine Präsenz beinahe bedrohlich, der Gigant ist endgültig in seinem Element und mit unfassbarer Gewalt, wohl wütend ob all der Schmähungen der letzten Zeit, schlägt er gnadenlos zu. Nun werden auch die Verkehrswege enger, durch die letzten kleinen Dörfer in Ungarn geht es direkt zur rumänischen Grenze. Aufkeimender Wind zwingt uns zu einer Reisegeschwindigkeit von oft nur 30 km/h, zudem sind viele der Gefährte vor uns ganz offensichtlich nur mit Sommerreifen ausgestattet, ‚fahren‘ kann dann urplötzlich zum ‚gleiten‘ werden…

Selbst den Grenzposten scheint es nun zu ungemütlich, sie würdigen uns nur eines kurzen Blickes, ein lustloses Aufklappen des Pass und ein frierendes Nicken, und praktisch ohne jede Kontrolle setzen wir den Weg fort. Es ist nun stockdunkel, eine für MitteleuropäerInnen eher ungewohnte Finsternis weil durch das Fehlen von jeglichen Straßenlaternen noch verstärkt, breitet sich langsam aus; die rauen Gegebenheiten bieten aber dennoch sogar einen Vorteil: die erhöhte Konzentration vertreibt jeglich aufkeimende Müdigkeit im Nu! Die Aufmerksamkeit wird sogar noch gesteigert, denn die Finsternis der Nacht wird immer wieder durchbrochen durch beinahe unwirklich wirkende Weihnachtsbeleuchtung an verschiedensten, meist völlig unerwarteten Stellen, so zum Beispiel erstrahlt ein riesiger ansonsten völlig kahler Baum aus dem Nichts der Einöde in gar wunderbarem Glanz – vom Stamm bis hinauf in die zum Himmel reichenden Äste sind Lichtergirlanden geflochten, eine sanfte gelbliche Helligkeit ausstrahlend, funkelnd wie Edelstein lassen sie den Riesen wie aus einer anderen Welt wirken – eine Lichtgestalt im wahrsten Sinne des Wortes!
Auch die vielen kleinen Dörfer entlang des Weges präsentieren sich in ähnlichem Glanz. Lebensgroße Krippen, Rentiergespanne und Weihnachtsmänner, Zwerge und Knusperhäuschen scheinen sich einen Wettkampf zu liefern, wer wohl das Auge des/der staunenden BetrachterIn am allermeisten erfreut! Dazu wehen überall die blau-gelb-roten rumänischen Flaggen im böigen Wind, Patriotismus in wunderschöner Form; dazwischen Schneewehen, mehr und mehr werdend, aufgetürmte kleine Berge wattiertes Weiß, wunderbare Winterlandschaft! Doch unsere Freude darüber währt nur kurz, denn plötzlich, ansatzlos, tauchen nun immer wieder Schatten auf, zögerlich, frierend, wie um Hilfe bittend; ähnlich stummen Geistern scheinen sie abzuwarten, sich der unfassbaren Strapazen wohl bewusst, welche das Winterwetter für sie in den nächsten Tagen bereit halten wird; mit der nur den Hunden eigenen unfassbaren Würde stehen sie am Straßenrand, gleich anklagenden Zeugen des menschlichen Verrates an ihnen und ihren Artgenossen blicken sie uns aus verzweifelten Augen entgegen!

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Foto unten: wie schattenhafte Wesen erscheinen entlang des Weges immer wieder Hunde aus dem Nichts… 

Ja, wir sind es gewesen, die diese wundersamen Geschöpfe einst der Natur entrissen, ihnen Quartier und Essen bereit gestellt haben; nicht selbstlos, nein, Selbstlosigkeit ist unsere Stärke nicht, bloss zu unserem und unserer Güter Schutz haben wir sie gebraucht! Und wie sie uns die ‚Fürsorge‘ gedankt haben, durch all die Jahrhunderte hinweg! Nie und nimmer hätten wir uns aufschwingen können zu dem was wir heute sind, Beherrscher, Tyrannen, gnadenlose Verwalter, hätten sie uns nicht begleitet, unseren Rücken freigehalten gegen mannigfaltige Gefahren.
Doch dann, fernab der Notwendigkeit ihrer Unterstützung, sind sie uns schnell lästig geworden, unnütze Esser haben wir sie bald beschimpft, sie verstoßen, getreten, später gar zu Millionen ermordet; in namenlosen Massengräbern verscharrt, verbrannt, sodass ohne Unterlass dunkler Rauch aus den Schoten der aberhunderten Krematorien als Zeichen der Schande gen Himmel stieg und fortwährend steigt. Gerade in dem Moment wo sie sich an das leichtere Leben an unserer Seite gewohnt hätten, träger geworden sind, nicht mehr so viel Widerstandskraft besaßen gegen die Kräfte der Natur, dann, wenn sie uns erstmals selbst wirklich gebraucht hätten, in jenen Momenten haben wir sie gänzlich im Stich gelassen… Als Ironie des Schicksals aber, unfassbar wie es ist, scheinen sie uns dennoch zu verzeihen, begegnen uns noch immer als FreundInnen, suchen unsere Nähe, im völligen Unverständnis des so offensichtlichen Vertragsbruches! So scheinen sie den Wahnsinn nicht glauben, unsere Wut und Hässlichkeit ignorierend, aussitzen wollend; immer im Hoffen, wir sehen unsere Fehler ein, kehren zurück zu unserer Bestimmung, als Hüter des Lebens, nicht Zerstörer, nicht allmächtiger Despot, unfähig, ‚menschliche‘ Entscheidungen zu treffen; getrieben von Machtgefühlen, vom unerklärlichen, abgrundtief stinkenden Egoismus, uns als höchste Lebensform sehend; sie wissen bestimmt längst, unsere Zeit läuft langsam ab ob des Verrates am Leben selbst, an den gesamten Planeten, und nur eine Umkehr würde unsere Seelen retten können, zumindest wenigstens ein paar davon. Und ja, wenn all dies geschieht, sie wollen und werden zur Stelle sein, uns dann wieder aufnehmen in ihren Kreis, einen Platz anbieten am Lagerfeuer der allumfassenden Gemeinschaft, selbst  entgegen den Stimmen so vieler anderer Kreaturen, denn Rachegelüste sind ihre nicht. Warum? Weil sie mit zu den wunderbarsten Wesen zählen, von Liebe und Freundschaft durchflutet, von Hoffnung durchtränkt, welche Mutter Erde in all ihrem Wunderwirken überhaupt zu bieten hat…

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Fotos: einst haben wir sie gebraucht, doch nun verüben wir an ihnen eines der ganz großen Verbrechen der Menschheit…

Erst gegen Mitternacht erreichen wir unser Ziel; nach Temeswar, wo der Winter die Menschen offensichtlich völlig überraschte und trotz der Größe der Stadt deshalb die Straßen kaum noch von der Umgebung zu unterscheiden sind, sämtliche Räumdienste von der Mächtigkeit der Aufgabe völlig überfordert, geht es hinaus in menschenleeres Land, gut 80 Kilometer ins Landesinnere, bis hin zu der Abzweigung, wo eine Hinweistafel von der etwas breiteren Straße ‚links abbiegen‘ gebietet; 17 Kilometer hinein in die Berge, nun nur mehr eine einzige winzige Ortschaft zwischen dem bemühten Iveco-Transporter und Nadrac‚ ‚unserem‘ Städtchen. Sie erinnern sich bestimmt, wir haben die zerberstende Ansiedlung mit all ihren Problemen oft beschrieben – Nadrac liegt in der sprichwörtlichen Sackgasse des Lebens, denn an ihrem Rand enden sämtliche Verkehrswege. Dort bäumt sich urplötzlich der Wald auf, dunkel schimmern mächtige Gebirgszüge hindurch, und wandert man ihnen entgegen, breitet sich eine der letzten Wildnisse Europas aus. Hier trifft man noch Bären und Wölfe, hier hat ‚Mensch‘ in seinem Wahn noch nicht alle Errungenschaften der Natur in Beschlag genommen und in Folge zerstört.
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Foto: wir sind erst vor wenigen Minuten angekommen, und schon präsentiert sich der unermüdliche Iveco völlig zugeschneit…

Für Nadrac allerdings sind diese eigentlich so wunderbaren Gegebenheiten längst zum Fluch geworden; hier, wo Ceausescu einst mehrere große Fabriken errichtet und damit für sanften Wohlstand gesorgt hatte – zur Blütezeit tummelten sich mehrere tausend EinwohnerInnen in ihr – ist jegliche Nabelschnur der Hoffnung längst durchschnitten, der Funke erloschen; die einst lebensspendenden Versorgungsarterien sind geplatzt, verfallende, von den Elementen zerfressene Gebäude erinnern als mahnende Zeugnisse an alte Größe. Die mittlere Generation ist aufgrund all dessen abgewandert, zurück blieben die Alten, und hier und da die kleinen Kinder, welche die Eltern nicht mitnehmen konnten auf ihrem Weg ins vermeintliche Glück; zu hunderten sind sie entschwunden, im Schutze von Nacht und Nebel haben sie die Stätte der sich ausbreitenden Hoffnungslosigkeit verschämt und gebrochen verlassen, ihr einziger Antrieb wenigstens ein kleines Maß von Wohlstand im goldenen Westen zu finden. Wer kann es ihnen verdenken, wenn nur mehr die Geschichten der Alten von einstigem Segen wissen? Ja, sie kehren sogar zurück, zu den Urlaubszeiten, sicher furchtbar verzweifelt über das unvermeidbare Zurücklassen ihrer Familien, aber es gibt für sie keinen anderen Weg.
Nadrac ist so zum Ort der Geister geworden, der lebenden Toten, der Verlassenen und Hinterbliebenen; dort, wo nur mehr die Erzählungen, längst verstaubt und mit unwirklichen Mythen behangen, von einstiger Bedeutung wärmen, wo mit jeder/m, der/die diese Welt verlässt, ein Teil der Identität der Gemeinschaft mitstirbt, mit ihm/ihr auch noch die Legende für immer verloren geht.

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Foto: nach getaner Arbeit versammlen wir uns für ein Erinnerungsfoto vor dem Christbaum!

Rudi und Marius,
Vater und Sohn, Leiter des kleinen aber so unfassbar wichtigen Caritas-Zentrums des Städchens, erwarten uns, schließen uns in die Arme; wir sind längst echte Freunde geworden, fast gleicht unser Erscheinen einem Heimkommen zur Familie! Ein heißer Tee wird bereitet, und wir sitzen trotz der späten Stunde noch lange in der alten Küche zusammen, wo wegen der Abwesenheit einer Heizung die eingeschaltete Kochplatte des vergilbten Gasofens wenigstens ein bisschen Wärme spendet. Seit Rudis Frau im letzten Jahr ihrer schweren Erkrankung erlag, ist er merklich ruhiger geworden, gefasster; aber auch illusionsloser, hoffnungsloser und unleugbar ernster. Sie war es, mit ihm der gute Geist der Stadt, die für so viel Ordnung und System gesorgt hatte – schließlich gilt es von hier aus im Auftrag der Caritas jeden Tag auf ein Neues 45 Kinder und ebenso viele alte Menschen mit Essen zu versorgen; Suppen werden fabriziert, fertige Menüs inklusive einer Nachspeise gekocht. Jenen, die sich selbst nicht mehr oder nur schwer fortbewegen können, müssen diese Mahlzeiten dann auch noch ‚geliefert‘ werden, eine Aufgabe, der Marius gerne und seit vielen Jahren nachkommt! Wir hatten ihn einmal dabei begleitet und so Eindrücke bekommen von einer Welt, wie wir sie uns in Wahrheit gar nicht vorstellen können…

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Fotos: der jähe Wintereinbruch versetzt die ganze Stadt in Aufregung; rechts: Rudi beginnt den Mittagstisch für die Kinder zu decken!

Jetzt verlässt auch noch Bogdan, Rudi’s zweiter Sohn, das Haus; er und seine Freundin Petra werden im Jänner aufs Geradewohl nach Deutschland reisen, einfach weil die Enge und Triste Nadracs sie zu erdrücken droht, keine Zukunft für junges Glück zulässt. Dann wird es noch ruhiger werden im alten Caritas-Zentrum, und spätestens nachdem die letzten der Kinder und Alten ihr Essen am späteren Nachmittag zu sich genommen haben, vermutlich sogar still…

Es hat die ganze Nacht geschneit; hoch türmt sich die weiße Pracht, als wir den Wagen zeitig in der Früh zu entladen beginnen. Fünf starke Männer braucht es um die Öfen aus dem Fahrzeug zu heben, doch die Mühe lohnt sich – werden sie doch die nächsten Jahren hinweg vielen Menschen Wärme spenden!

Lange können wir in Nadrac leider nicht bleiben – unsere Mitstreiterinnen von Act Timisouara erwarten uns schon! Diese so wunderbare Organisation ist der Überlebensmittelpunkt für die Hunde in der Stadt und der Umgebung; tatsächlich, was die Mädchen leisten, ist nur mit einem Wort zu umschreiben: Existenziell!!!
Wir umarmen uns im Caritas-Zentrum, und bei dem einen oder anderen schleicht sich dabei eine leise Träne in die Augenwinkel; aber es hilft nichts, die Straße erwartet uns – und schon im März werden wir ohnehin wiederkommen!

Die Fahrt nach Temeswar verläuft entgegen den Befürchtungen sogar recht gut; es ist vorübergehend eine Spur wärmer geworden, die Sonne blitzt nun sogar immer wieder zwischen den Wolkentürmen durch, und breite Schneeräumfahrzeuge kreuzen unseren Weg. Schafhirten gehüllt in dicke Schafwolle grüßen uns freundlich; wir bleiben kurz stehen, wechseln ein paar Worte, uns geschenkter Schnaps wechselt den Besitzer, und weiter geht es, Temeswar entgegen!
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Die großartige Pfotenhilfe (www.pfotenhilfe.at) aus Lochen/OÖ hatte vorab von unserer Reise erfahren; ob wir denn nicht Hunde mitbringen könnten, aus einer etwas entlegenen Stadt; wir, zwar wie immer in großer Zeitnot, sagten natürlich trotzdem zu, nichts lieber als das. Jedoch macht dem Vorhaben schließlich der Winter einen dicken Strich durch die Rechnung; die hiesigen TierschützerInnen konnten uns aufgrund der Schneemassen nicht entgegen kommen, und wir hätten auf einer Fahrt von mehr als 400 Kilometern hin und zurück unter derartigen Bedingungen wohl mindestens einen ganzen Tag verloren – Zeit, die uns dieses Mal leider nicht zur Verfügung stand, galt es doch den Van zeitgerecht der Firma Steindl zurückzubringen, wo er für dringende Arbeiten gebraucht wurde…

Die aufkeimende Traurigkeit über solche Tatsachen, das Nachdenken über eine Lösung, wurde aber endgültig entschärft als wir erfuhren, dass die Papiere für jene Hunde ohnehin nicht rechtzeitig fertig geworden wären, aufgrund von Problemen mit dem Veterinäramt! So oder so hätte es somit nicht geklappt – aber das Schöne: die Pässe werden so schnell als möglich vervollständigt und die Hunde dann spätestens bis Mitte Jänner kommen…

Wir treffen unsere Freundinnen der Tierschutzorganisation, umarmen uns von Herzen, und Minuten später sitzen wir im kleinen Cafe von Lavina, der Präsidentin von ACT Timisouara. Zuvor aber entladen wir noch schnell den Bus, immerhin haben wir gut 300 kg an Hundefutter mitgebracht, dazu Leinen, Geschirre und dergleichen! Wir möchten uns an dieser Stelle vor allem bei der Manu aus Vorarlberg bedanken, welche uns vor kurzem genau für solche Notfälle vier Paletten mit Hundefutter zur Verfügung gestellt hatte – super Manu, Du bist die Beste!!!!
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Foto: wir laden das mitgebrachte Futter in Lavinia’s Dacia, der über einen nicht geglaubt riesigen Laderaum verfügt!

Lavina beherbergt inzwischen rund 150 Hunde an mehr als 10 ‚Foster-Plätzen‘, also bei Menschen, welche die Armen bei sich ‚zwischen-unterbringen‘ – jedoch müssen diese Stationen dann leider auch bezahlt werden! Das Aufstellen der dafür nötigen Summen ist eine immense Aufgaben, Sie können sich die Schwere der Verantwortung sicher vorstellen… Aber ein bisschen können wir die Situation lindern: eine kurze Nachfrage bei der Pfotenhilfe – und wie kann es anders sein, die beiden so herzensguten LeiterInnen Johanna und Jürgen stimmen sofort zu – wir dürfen anstelle jener, die keine Papiere hatten, nun vier Hunde von hier aus mitbringen!

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Fotos: einige von Lavinia’s Hunden in den Notquartieren!

Noch einen weiteren sogar übernehmen wir – die immer bereite Anneliese aus Salzburg wird ihn in den nächsten Wochen aufpäppeln, als wunderbarer Pflegeplatz umsorgen und dann weitervermitteln!
Tatsächlich dauert es dann aber noch einige Stunden bis auch der notwendige Bürokram erledigt ist, der Tierarzt seinen letzten wichtigen Stempel setzt – sämtliche Impfungen waren natürlich im Vorfeld schon längst erledigt (Lavina hält immer mehrere Hunde ‚ausreisebereit‘) – und wir am späten Nachmittag, nun schon sehr unter Zeitdruck, den langen und mühsamen Heimweg antreten können!
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Wir möchten sie nun nicht über Gebühr beanspruchen, darum machen wir es kurz: die Rück-Reise als Ebenbild der Fahrt nach Nadrac, die Temperaturen allerdings beginnen zudem nun auch noch immer stärker und schneller abzufallen – 13 Grad unter Null hat es in kommender Nacht! Tatsächlich ist es so kalt, das die Scheiben im Inneren des Vans während der Fahrt anfrieren, wunderschöne Eisblumen zeichnend (dem Himmel sei Dank haben wir genügend Decken mit, hüllen die Transportboxen der fünf Mitreisenden in dickes Textil!)! Bis St. Pölten zollen wir der Strecke trotz der trüben Voraussetzungen dennoch ‚nur‘ gute 10 Stunden Zeittribut – weil wir die so wunderbaren Hunde mit uns nehmen durften, drückten wir zusätzlich auf das Tempo, und außer der Versorgung der Lieben sowie für kurze ‚Gassigänge‘ stoppten wir nicht ein einziges Mal für Kaffee, nötigten dem Iveco damit eine enorme Belastung ab; in der Tat hatten wir im kurzen Zeitrahmen 2500 Kilometer Autofahrt geschafft und damit neben der Hilfe vor Ort auch fünf Leben in eine neue Richtung gelenkt…
Für mich ist Niederösterreich vorläufig Endstation, mein Bruder Max und seine Freundin Theresa holen mich mitten in der Nacht von einer Raststätte bei St. Pölten ab, und nach einem Gassi gehen mit den Hunden verabschieden wir Günther. Ich, der Glückliche, darf nämlich einen Tag bei meinen Eltern anhängen, wohnhaft bei Krems, wo dann auch mein Auto geparkt ist, aber er muss nun alleine nochmals gut 2 Stunden Fahrt bewältigen. Spät in der Nacht allerdings hat er Kälte, Schnee und Eis besiegt, die Hunde abgeliefert und am frühen Morgen fällt auch der Tapfere in einen tiefen Schlaf des Gerechten – Günther, herzlichsten Dank für Deine Arbeit, ohne Dich wäre diese Welt ein schlechterer Platz, ohne jede Frage!!!
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Foto oben: Theresa und Max führen die Hunde aus; unten: Günther mit den Lieblingen irgendwo an einem Rastplatz in Ungarn!
 
Es gibt immer wieder Menschen, welche sich über jegliches Engagement im Ausland beschweren; Sie kennen die alte Leier bestimmt – es wäre ja auch bei uns so viel zu tun, man müsse hierfür nicht extra in die Nachbarländer fahren! Ohne jede Frage, solche Menschen mögen recht haben, aber genau deshalb müssen wir wohl auch ALLE mit anpacken, um sämtliche Teile des Puzzels zusammen setzen zu können (lassen wir unsere ärmeren NachbarInnen nämlich links liegen, werden wir nie eine Gemeinschaft sein, und Grenzen, Religionen, Minderheiten und Gegensätze werden weiterhin unser ganzes Denken bestimmen; wie aber sollen wir auf solche Art und Weise je inneren Frieden finden können???)  – Arbeit ist genug für jede/n da! Wir dürfen auf jene Mitmenschen in zum Beispiel Nadrac sowie die armen Tiere wie in diesem Falle in Temeswar einfach niemals vergessen, schon im eigenen Interesse nicht – nie, nie, nie sonst werden wir jemals Menschlichkeit in ursprünglicher Bedeutung erfahren können; und wie einfach ist es so viel Freude zu bereiten, ein Geschenk nicht nur für die Beschenkten, sondern im selben Maße auch für den/die Schenkende/n! Und mit der Freude, als doppelschneidiges Schwert, da keimt auch die Hoffnung, vergessen wir das nicht! Wir zeigen, dass wir jene, denen wir Güter bringen, nicht vergessen, reichen ihnen die Hand – ja, da draußen da gibt es Menschen, die an Eurem Schicksal Anteil nehmen, schreien wir ihnen hiermit zu! Und oft entfacht diese Umarmung neue Kräfte, verbläßt aufkeimende Depression, bringt verlorenen Glauben und Vertrauen zurück. Glauben, Hoffnung. ihrerseits ist die wichtigste Zutat um die Zukunft – wie bitter sie sich dann auch präsentieren mag – zu bewältigen, immer wieder aufzustehen und weiterzukämpfen… denn was wären wir Menschen ohne Hoffnung? Wir können so viel verlieren, sogar unsere Würde, und könnten es irgendwie verkraften, aber die Hoffnung? Bleibt sie zurück, verlieren wir sie aus den Augen, dann ist es zu Ende, dann ist endgültig alles vorbei. 
Gut 300 kg an Hundefutter haben wir nach Temeswar gebracht, bald werden wir wieder welches fahren – wie viele Hunde, verdünnt mit Brühe, werden davon satt? Wer, wenn nicht wir, wenn nicht jede/r einzelne von uns, sollte Mitgeschöpfen beistehen? Es ist nicht legit sitzen zu bleiben und auf andere zu schimpfen, wenn Ihr das tut, dann steht wenigstens auf und geht als Vorbild voran – wass immer Ihr dann auch tun mögt, um anderen zu helfen, tut es einfach; denn es ist nicht die Frage ob die Welt eine schlechte ist – die einzige Frage die wirklich zählt, ist: und was unternimmst DU dagegen????
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Fotos: wenn die sozialen Verhältnisse so viel Not hervorbringen, dann sind wir gefordert, jede/r einzelne von uns, wo immer diese auch passieren mögen… nur ZUSAMMEN können wir wirklich etwas zum Guten bewegen… sie kennen das alte universelle Sprichwort: united we stand, divided we fall!

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