Die Berberaffen von Ried – jetzt gilt es wieder ‚Ärmel hochkrempeln und anpacken‘!!!

Gestern sollte also der große Tag gekommen sein; wie lange hatten wir eine derartige Möglichkeit herbeigesehnt, nun, wo es endlich, endlich eine ernsthafte Chance gibt für den so oft als ‚unendlich‘ bezeichneten Verlauf der Geschichte um die Berberaffen von Ried!

Für all jene, welche über die Geschehnisse, das von einer Zeitung treffend titulierte ‚Affentheater‘ von Ried, noch nicht Bescheid wissen: vor nunmehr 7 Jahre hatte uns eine Frau aus der Umgebung über einen verlassenen, verfallenen Bauernhof informiert, der irgendwo in der Einöde des Innviertels ein schreckliches Geheimnis in sich bergen würde – mehrere Berberaffen wären dort eingesperrt, schon seit 15 Jahren, bis auf 2 oder 3 Besuche pro Woche durch die Tierhalterin völlig in der Trostlosigkeit gefangen…

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Jene Frau, so stellte es sich bald heraus, ist eine stadtbekannte Persönlichkeit, welche wegen schwerer psychischer Probleme unter Sachwalterschaft steht. Außerdem hatte sie schon zuvor grobe Probleme mit dem Tierschutz, nicht zuletzt deshalb passierte auch der Schritt in die Anonymität der Abgeschiedenheit. Geld war und ist nicht das Problem, die Mutter hatte ein reiches Erbe hinterlassen. Und, auch wenn es ein bisschen paradox klingen mag, auch nicht die Liebe zu den Tieren, denn die ist eigentlich eine sehr ausgeprägte – zu ausgeprägt, wie man diagnostiziert, die Schützlinge werden zum Beispiel mit Unmengen an Futter regelrecht überhäuft, Futter, welches sich im Falle der Berberaffen dann im Gehege stapelt und ganze Wespen- und Hornissenvölker anzieht; ganz zu schweigen von Nagetieren!

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So war ein dann wenigstens riesiges Gehege im alten Gehöft errichtet worden; gut 3,5 Meter hoch, den ganzen Innenhof ausfüllend, doppelt gesichert. Eine Anlage wie in einem Zoo. Aber dennoch nicht mehr als ein Käfig, und noch dazu ein tristes Grab – ohne Abwechslung, ohne Anreiz, ohne jegliche Beschäftigungsmöglichkeiten vegetierten die Primaten jahrelang vor sich hin.

7 waren es anfangs gewesen, 5 davon sind verstorben. Als wir den Hof das erste Mal betraten, besser, als wir das erste Mal anonyme Bilder daraus zugesandt bekommen hatten, trauten wir unseren Augen nicht, lagen doch zwei der Berberaffen tot im Zwinger, einer völlig skelettiert, der andere fast mumifiziert… Sofort setzten wir alle Hebel in Bewegung, wir besetzten sogar unter großer medialer Aufmerksamkeit den Hof. Ein Umzug wurde uns schließlich versprochen, wir fanden auch entsprechende Plätze für die armen Tiere. Nur, die Sachwalterschaft entschied entgegen den Abmachungen leider anders…

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Aber es gab nun wenigstens echte Verbesserungen; das Gehege wurde ausgestaltet, Heu und Stroh dienten nun als Unterlage, die Fütterung wurde überwacht und das Zuviel jeweils entfernt. Letztendlich kam auch ein Tierhalteverbot ins Gespräch, dem wurde aber ein neuer offizieller Halter entgegengesetzt.

Im letzten Herbst besetzten wir die Anlage aber dennoch ein zweites Mal – wieder waren die Zustände gekippt. Allerdings, im Gegensatz zu früher konnte nun eine gute Basis zur zuständigen Behörde aufgebaut werden, ebenso zum Tierhalter. Wir dürfen jetzt auch jederzeit zur Anlage, es gibt keinen Grund mehr Bilder über anonyme Quellen und Wege zu erhalten. Spürbar ist die Erleichterung über diese Entwicklung, auf allen Seiten, und seither funkeln doch echte Hoffnungsschimmer am Horizont!

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Ein wichtiger Schritt für uns war die Mit-Einbeziehung primatenerfahrener Personen. Da wir einen guten Draht zum Wiener Tierschutzhaus haben, und uns nebenbei die dortige Präsidentin, die so großartige Madeleine Petrovic, im hiesigen Falle über die Jahre hinweg stets gut beraten hatten, fragten wir dort um eine Einschätzung der Situation. Tatsächlich erklärte man sich von Seiten des WTV auch sofort bereit nach Ried zu kommen und gemeinsam an einer Lösung zu arbeiten!

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Freilich, mehrere Versuche und Anläufe hat es dennoch gebraucht, um ein Meeting zwischen den drei verschiedenen Parteien zu organisieren. Endlich sollte ein Termin für gestern allen passend sein, und so trafen wir uns um die Mittagszeit im verregneten Ried. Eigentlich hätte auch noch eine Juristin der Behörde dabei sein sollen, welche aber im letzten Moment wegen einer Erkrankung absagen musste – wir wünschen an dieser Stelle gute Besserung!

Dr. Breuer, der von uns inzwischen hoch geschätzte Amtstierarzt, sowie der offizielle Tierhalter waren gekommen, vom Wiener Tierschutzverein die stellvertretende Geschäftsführung, Frau Mag. Baum, ebenfalls die Primatenpflegerin Isabella, sowie wir von RespekTiere – insgesamt dann doch 11 Personen, drei davon menschlicher Abstammung plus drei vierbeinige BegleiterInnen! 🙂

Die Besprechung verlief genau nach den in das Treffen gesetzten Erwartungen; die Hauptfrage, welche es nun primär zu klären gilt, ist wohl jene: sollen, können die beiden letzten verbliebenen Berberäffchen im jetzigen Gehege bleiben – vielleicht ja, mehrere Gründe würden dafür sprechen, alle natürlich nur unter der Voraussetzung, wenn, ja wenn, es uns gemeinsam gelingen würde, deren Umgebung primatenfreundlicher, spannender für die so neugierige Natur der Makaken, zu gestalten – oder sollte doch lieber eine rasche Umsiedlung in das in Niederösterreich beheimateten Wiener Tierschutzhaus forciert werden. Dafür würde sprechen, dort wäre die Betreuung einfacher, die medizinische Versorgung lückenloser, sowie die Pflege der Tiere wohl artgerechter; dagegen aber spricht andererseits das hohe Alter der Berber (sie sind auf jeden Fall über 20 Jahre, die Lebenserwartung wird in Wikipedia mit ca. 23 Jahren angegeben…), leider auch zu einem gewissen Grade die kostenintensive Umsiedlung, vor allem aber der ab einem gewissen Alter nicht mehr auszuschließende Gefährdungszustand durch eine allfällige Betäubung; dazu kommen noch mögliche Eingewöhnungsproblematiken (welche wiederum prozentual steigend mit zunehmenden Alter schlagend werden können), sowie andere Gründe, welche mit dem Gesetz und mit der Sachwalterschaft der ehemaligen Halterin zusammenhängen.

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Foto: jetzige Situation

Für eine allfällige Umsiedlung spricht die Tatsache, dass, wenn eines der beiden Äffchen sterben würde, das andere sowieso nicht alleine im Käfig belassen werden dürfte und könnte, spätestens dann also eine Abwanderung stattfinden müsste. Allerdings, auch in jenem Falle gilt zu bedenken, wenn beide ein Methusalemalter erreichen würden, dann wäre der schlimmst anzunehmende Ernstfall auch relativ zu betrachten, weil dann die Lebenserwartung des überlebenden Äffchens nur noch eine anzunehmend sehr geringe sein könnte und man dann ganz sicher eine ebenfalls passende Lösung in irgendeiner Form finden würde.

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Fazit, und so sind wir verblieben: das Wiener Tierschutzhaus um die großartige Politik- und Tierschutzikone Madeleine Petrovic wird mit Rat und Tat zur Seite stehen, Anregungen liefern, Vorlagen bieten, sogar einfache Schulungen in Bezug auf Primatenpflege im Stammhaus versprechen. Wir werden inzwischen zusammen mit dem Tierhalter in den nächsten Monaten an einer intensiven Gestaltung des Geheges arbeiten; weiters, ganz wichtig, soll dann eine RespekTiere-Aktivistin – in Form der so engagierten Elisabeth – besagte ‚Einschulung‘ im Tierschutzhaus bekommen und in weiterer Folge ein- bis zweimal wöchentlich nach den Äffchen sehen, dort für größtmögliche Abwechslung für die Tiere sorgen!

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Fotos: links oben, die Beiden freuen sich sehr über mitgebrachte Leckerlis, wie etwa Nüsse; rechts: Besichtigung; links unten zeigt die eine Hälfte des Geheges, die andere kann mit einer Schiebetüre verschlossen werden – was früher immer wieder notwendig war, wenn es beispielsweise zu Streitereien zwischen den Männchen kam, konnten die Kontrahenten einfach räumlich voneinander getrennt werden, solange, bis sie sich wieder beruhigt hatten. Heute steht die Tür natürlich immer offen, zusätzlich steht ein großer Innenraum den Äffchen zur Verfügung.
Jedenfalls, kaum je zuvor hat die Kommunikation zwischen Behörde und Tierschutz so gut funktioniert wie nun hier in Ried; ein Fakt, der uns sehr dankbar macht und uns die wartenden Aufgaben mit umso größerer Hoffnung und größerem Eifer anpacken lässt – so kann Tierschutz aussehen, so kann man für die Zukunft (natürlich auch in Bezug auf andere Problematiken, zum Beispiel die Rinder- und Schweinehaltung im Bezirk) aufbauen, so soll und muss es sein – einfach super!!!!

Wir freuen uns auf die Herausforderung und darauf, Ihnen in den nächsten Wochen Bilder von den Bauarbeiten senden zu dürfen!

 
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