Wie schon im Vorjahr haben wir die letzten Tage rund 800 Kilometer auf kleinen Seitenstraßen in Niederösterreich zurückgelegt, um nur ja bei möglichst vielen Schächtbetrieben (also jenen, welche um die Bewilligung für ein betäubungsloses Schlachten angesucht hatten) direkt vor Ort zu sein. Wie wichtig das ist, es lässt sich kaum in Worte fassen – denn tatsächlich führte in der Vergangenheit alleine unsere Präsenz dazu, dass mehrere Schlachthöfe bereits das rituelle Schlachten ausgesetzt haben. Es geht dabei nämlich auch um Prestige, um Ansehen, und das wird in den meist kleinen Gemeinden (Schächten soll so versteckt wie möglich passieren) durch die Bereitschaft, zumindest für jene Tage neben dem ohnehin immer qualvollen Töten auch noch jenes ohne vorangegangene Betäubung in den eigenen Räumlichkeiten zuzulassen, sehr in Mitleidenschaft gezogen. Gar keine Frage, wir wissen von Augen- und OhrenzeugInnen, dass unsere Einsätze wochenlang Gesprächsthema in den Ortschaften bleiben, die Verantwortlichen durch das Aufmerksam-machen mit Konfrontationen bis hin zur sozialer Ächtung zu rechnen haben. Fazit: Wie kaum sonst wo haben diese Proteste einen Effekt, der wirklich nachhaltig ist. Die Wirkung setzt unmittelbar ein, und sie ist eine anhaltende. 🙂 |
Foto: Protest bei Klosterneuburg! |
Unser erster ‚Besuch‘ in diesem Jahr galt einem alten Bekannten – dem kurdischen Schlachthofbetreiber in Bruderndorf bei Stockerau. Dort hatten wir heuer im Gegensatz zum letzten Jahr keine Kundgebung gemeldet, und dass, obwohl wir 2018 so einige Missstände aufdecken mussten. Missstände, welche zu Anzeigen und einem Einsatz der Polizei sowie des Amtstierarztes geführt hatten, welcher seine Aufgabe dann übrigens mehr als bravourös erledigte. Dennoch aber oder gerade deswegen kam es in Folge zu direkten Gesprächen, die im Großen und Ganzen dann auch ganz gut verliefen. Gut deshalb, weil von Seiten des Schächters eine klare Bereitschaft zu erkennen war, seine Schafe wenigstens bis zum grausamen Ende möglichst angstfrei zu halten. Der Schlachthofbetreiber versicherte uns sogar, wir dürften jederzeit wiederkommen, er würde uns seine Tiere gerne zeigen und etwaige Probleme direkt besprechen. |
Von dieser Zusicherung wollten wir nun Gebrauch machen, und so gingen wir ohne Umschweife geradewegs ins Zentrum der Schächterei, nur um vom Chef persönlich mit einem wüsten Schimpfkonzert empfangen zu werden. Ja, aus dem Versprechungen des Vorjahres war offensichtlich nichts mehr in Erinnerung geblieben, im Gegenteil. Wir wurden des Geländes verwiesen, sogar die Benützung der öffentlichen Straße wolle man uns untersagen. |
So einen Affront, so einen Bruch der Handschlag-Qualität, lassen wir natürlich nicht auf uns sitzen; und so stand bald entgegen der Absicht ein blutübergossener Metzger sowie ein kunstblutiges Schaf an der Straße, ein Transparent verriet: Religionsfreiheit ist keine Rechtfertigung für Tierquälerei! Mit Argusaugen verfolgten die Anwesenden den Protest, welcher später auch an der Ortseinfahrt sowie vor dem Gemeindezentrum fortgeführt wurde. Herr Schlachthofbetreiber drohte mit der Polizei, ob er sie tatsächlich rief oder nicht, entzieht sich der Kenntnis. Jedenfalls, wir konnten die Kundgebungen ungestört durchführen, keine Beamten erschienen. |
Den Rest des Tages sowie den nächsten verbrachten wir mit Recherchearbeiten auf verschiedensten Höfen; quer durch das Land, überall dort, wo betäubungslos getötet werden sollte. Allerdings präsentierten sich die meisten der Betriebe einsam und verlassen, ohne Bewegung, andere zeigten sich abgeschottet und ließen kaum eine Chance zu, die Todgeweihten auch nur zu sehen… Am Montag standen wir dann schon früh morgens vor einer großen Landwirtschaft in Maria Gugging bei Klosterneuburg. Dort erwartete uns bereits die Polizei, welche während der gesamten Versammlung anwesend blieb. Der Bauer hatte Vorkehrungen getroffen; sein Grundstück war mit einem Absperrband sowie ‚Betreten Verboten‘-Schildern umgeben, und so blieb uns nur ein schmaler Streifen Asphalt. Aber der genügte, um große Aufmerksamkeit bei den AnrainerInnen und PassantInnen hervorzurufen, welche – wie fast überall sonst auch – die Aktion zum überwiegenden Teil mit Beifall und hochgestreckten Daumen quittierten! Schließlich kam der Landwirt selbst; er bot uns zwar Wasser, allerdings kein Verständnis für die Aktion an. Es wäre besser hier zu schächten, anders würden die Leute ihre Tiere in den angrenzenden Nachbarstaaten mit noch lascherer Schächtvorschrift töten lassen – was dann die Tierqual erhöhen würde. Die bösen ehemaligen Ostblockstaaten, Slowakei, Ungarn, usw., immer müssen sie für das selbe Schreckensszenario herhalten, ob nun bei den Hühner-, bei den Puten- oder Schweinehaltern, und jetzt auch bei den Schächtern! Allerdings, der Bauer vergaß sich zu erinnern: nur weil es auch anderswo Tierqual gibt, rechtfertigt das nicht die (zusätzlich zum normalen Schlachtbetrieb) selbst verursachte. Ja, und das Argument ‚Ich muss ja auch von etwas leben‘, ist dann ebenfalls kein wirklich verständliches, denn selbiges könnte doch beispielsweise auch ein Drogendealer behaupten. Der ja auch nur das verkauft, was die KundInnen haben wollen, also bloß deren Wünsche erfüllt… |
Am späteren Nachmittag dann die nächste Station auf unserer Anti-Schächt-Tour; der Ort: Kirling, der Bauer ein ÖVP-Ortsvorsteher. ÖVP? Ist das nicht jene Partei, die sich bei den allermeisten Bemühungen um den Tierschutz querlegt? Wo die Bauernkammer anscheinend alle Macht in Händen hält und die Parteibasis diesbezüglich in Geiselhaft hält? Ja, wen wunderts, wenn ihre Mitglieder doch auch nur einen Teil des Kuchens vom blutigsten aller Geschäfte abbekommen wollen, wen wundert’s, dass die Österreichische Viehquälerpartei (ÖVP, so der grausame Volksmund), die christlich-soziale, keinerlei Absichten hegt, gegen das betäubungslose Schlachten einzutreten! |
Wunderbar: einige Menschen kamen extra zu uns, bedankten sich für den Protest, zeigten sich angewidert von der Tierquälerei in ihrer Mitte. Ja, ein Mann sollte sogar den Polizeiposten aufsuchen, um sich über das Tun am hiesigen Bauernhof zu beschweren. Ein Anderer bot uns tatsächlich sein Haus als Erholungsort an, wir dürften uns dort selbstständig bewegen, Toilette benutzen, Getränke auswählen! Einfach großartig! Später tauchten einige Bilder aus dem Stall auf, da erkannte man einige Schafe. Und Kühe. Der Bauer sollte aber später behaupten, es wäre bloß am Sonntag bei ihm geschächtet worden, und da dann ‚nur‘ 10 Schafe. Warum er wegen 10 Schafen diese Tortur duldet, warum er auf das bisschen Zusatzgeld dafür nicht auf diesen Affront, den direkten Angriff auf sämtliche Errungenschaften des Tierschutzes, verzichten kann, darauf blieb er eine Antwort schuldig (wohin soll das führen, wenn man ein gegebenes Gesetz, eine pure Selbstverständlichkeit – also wenigstens eine Betäubung vor dem Töten – umgeht, und Ausnahmeregelungen in diesem so sensiblen Punkt zulässt? Dafür darf es kein Verständnis geben, egal aus welchem Grund, egal von wem auch immer durchgeführt)! Für ein paar Euro mehr in der Tasche das Gesprächsthema im Ort zu sein, ja, wenn es ihm das wert ist?! |
Am selben Abend starteten wir dann noch eine spektakuläre Aktion auf einem gänzlich anderen Feld, nämlich vor einem Gourmet-Restaurant am Göttweiger Berg in der Nähe von Krems, hier bezüglich Hummer. Der spektakuläre Protest, inklusive Polizei- und Amtstierarzt-Einsatz sollte ein riesen Erfolg werden – aber darüber berichten wir in einem eigenen Newsletter! 🙂 Nächster Tag; nach einer weiten Anreise von gut 200 Kilometern fanden wir uns vor dem großen Schlachthof in Kirchschlag in der Buckligen Welt wieder. Sehr zur Überraschung erwarteten uns dort bereits liebgewonnene AktivistInnen aus der Umgebung! Wie schön! So mahnte bald ein Fahnenmeer die SchlachthofmitarbeiterInnen; ‚Geschlossen wegen Tierquälerei‘, war da zu lesen, oder ‚Hier stinkts nach Tierqual‘. Aber auch ‚Wir sterben täglich für Eure Ernährungssünden‘ und ‚Stoppen sie die Barbarei – Jetzt!!!‘ Natürlich prangerten wir an jenem Ort auch das betäubte Schlachten an, Transparente wie ‚Meat Kills!‘ oder ‚Wir kreuzigen Jesus jeden Tag – in unseren Schlachthöfen!‘, kündeten davon! Das Personal in blutbespritzer weißen Kleidung verhielt sich bemerkenswert ruhig; der Chef hat Urlaub vorgezogen, wohl um dem Protest auszuweichen, und davor dem Anschein nach die Parole ausgegeben: ‚Kein Kontakt mit den TierschützerInnen‘! |
Vor dem firmeneigenen Restaurant brachten wir schließlich genau zur Mittagszeit das Megaphon zum Einsatz (selbstredend, weil dann dort die Versammlung am größten war); Sprechchöre erfüllen jetzt die aufgehitzte Luft, ‚Tiere haben Rechte, Fleisch ist Mord‘, war da zu hören, oder ‚Grandits (Schlachthof) ist schuldig, Grandits macht mit, auf Kosten der Tiere ein Mordsprofit‘. Aus der Entfernung nahm’s die Belegschaft zur Kenntnis. Bei jeglicher Annäherung unsererseits verschwanden die Mitarbeiter aber sofort ins Gebäudeinnere. Wir werten es als persönlichen Erfolg und Schritt in die richtige Richtung: die Bezirkshauptmannschaft erklärte, Grandits wird ab dem nächsten Jahr keine unbetäubten Schächtungen mehr für ‚Kurban Bayram‘, das Islamische Opferfest, durchführen!!! (Allerdings, mehr als ein Wermutstropfen, hat der Betrieb nach Auskunft von frustrierten MitarbeiterInnen ohnehin eine dauerhafte Genehmigung für das betäubungslose Schlachten, welches er ganzjährig für die Israelitische Kultusgemeinde durchführt. Dieses Faktum schmälert aber den Erfolg nicht – denn zumindest das zusätzliche Geschäft zu den Opfertagen dürfte damit wirklich ein vergangenes sein) |
Am späten Nachmittag erreichten wir dann die letzte Station der Aktionsreihe. Ein ‚Lämmerschlachthof‘ (ja, der Grausamkeit sind keine Grenzen gesetzt) in Ritzendorf, unweit der Landeshauptstadt St. Pölten, hatte sich ebenfalls dazu entschieden, Teil des Unausprechlichen zu werden! Dort hatten wir nicht angemeldet, deshalb waren dann auch nur zwei AktivistInnen am Protest beteiligt (ab drei Personen gilt es als Versammlung, welche dann anmeldepflichtig wäre, Anm.). Offenbar sollte man im Schlachthof selbst noch in Arbeit, jedenfalls erkannte man aus der Entfernung einen blutbespritzten muslimischen Schächter. |
Allerdings, anders als in den anderen Ortschaften, zeigte sich die – hier durchwegs bäuerliche – Bevölkerung nicht solidarisch mit uns. Im Gegenteil, vorbeifahrende AnrainerInnen hatten offensichtlich kein Verständis, ein Nachbar schwang sich sogar sogleich auf sein Fahrrad, um den Betriebsführer vom Vorgang zu unterrichten. Der wiederum verständigte ansatzlos die Polizei; doch bevor die BeamtInnen noch erschienen, gesellte er sich zu uns und begann – beileibe nicht unfreundlich – ein Gespräch. Ja, er lässt Schächtungen durchführen, weil ansonsten die dafür ausgesuchten Schafe bei einer anderen Metzgerei landen würden. Natürlich, kein geschächtetes Schaf leidet, der Schnitt erfolgt zeitgleich mit der Narkose, hörten wir – eine Aussage, die uns einigermaßen erstaunt zurückließ; später veränderte sich die Version, dann sollte der Schächtschnitt sogar nach der Anästhesie passiert sein (Originalzitat der Bäuerin: ‚Während das Schaf umfällt (also nach dem Einsatz der Elektrozange) folgt auch schon der Kehlschnitt‘. Eine äußerst dubiose Darstellung, allerdings. Denn wie bitte soll man sich das vorstellen? Erstens – könnte man dann nicht gleich ’normal‘ betäuben und den Schächtschnitt am liegenden Tier durchführen? Zweitens: die KundInnen akzeptieren somit also die Betäubung vor dem Schnitt, nehmen das Fleisch trotzdem als ‚halal‘ an? Wenn dem so wäre, wo hätten wir ein Problem? Dann könnten wir ja schon morgen das totale Schächtverbot ausrufen, und wir somit ein unrühmliches Kapitel in der Tierschutzgeschichte Österreichs abhaken! So einfach könnte es sein (übrigens, für all jene, welche im betäubungslosen Schlachten keine Tierquälerei sehen: warum ist es wohl in der Schweiz, in den Niederlanden, in Polen, Dänemark, Island, Norwegen, Liechtenstein, sowie in Flandern, Belgien, ausnahmslos verboten?)… Drittens: warum dann aber der ganze Aufwand mit Bewilligung, Tierarzt vor Ort und dergleichen? Wo liegt in dieser Vorgangsweise dann der Unterschied zum ‚normalen‘ Töten, welche all die genannten Maßnahmen erfordert? Und viertens: eine Überlegung also: jemand hält die Zange an den Kopf, das Schaf fällt, und noch im Fallen schneidet ein anderer die Halsschlagader durch. Allein, wie geht sich das überhaupt nur platztechnisch aus? Diese Version sollte doch vielleicht nochmals überdacht werden, gelinde gesagt, an ihr kommen gewisse Zweifel auf… |
Der Landwirt fragte uns schließlich sogar, ob wir denn eine Schlachtung sehen wollen, um uns zu überzeugen, dass alles ganz schnell und ‚tierfreundlich‘ passiert (keine Schächtung, ein narkotisiertes Schlachten). Es wäre IHM egal, er hätte zwar die Arbeit für heute beendet, aber letztendlich würde es keinen Unterschied machen, ob dann ein totes Tier mehr im Kühlraum hängt. Wir vereinten selbstredend, denn damit würden wir einem Schaf zumindest 15 Stunden Lebenszeit stehlen. Und das wäre UNS nicht egal. Dann erschien die Polizei; Ausweiskontrolle. Was wir ablehnten. Nein, dazu ist man nicht verpflichtet, wir würden also keine Namen nennen. Ohne Umschweife sprach der eigentlich ganz nette Polizist nun ansatzlos die Verhaftungen aus. Wir machten uns schon bereit ins silber-blaue Auto zu steigen, schließlich aber musste die Aktivistin beigeben – sie war aus verschiedenen Gründen in äußerster Zeitnot, sollte eigentlich schön längst am Heimweg sein; also gab sie doch lieber ihre persönlichen Daten bekannt. Ob dies ‚Gevatter Tod‘ auch tut, erkundigte sich der Beamte? Es würde uns allen eine Menge Zeit und Papierkram ersparen, setzte die Polizei nach. Die Antwort war dennoch ein klares ‚Nein‘. Also dann ist zumindest der verhaftet, folgte die klare Ansage. Man notierte erst die entsprechenden Personalien, das ganze dauerte samt Überprüfung eine Weile. Dann nochmals die Frage: ‚Also Sie machen keine Angaben zu Ihrer Person?‘ Nein. ‚Ok, dann kommen sie mit uns mit.‘ |
Letztendlich aber berieten sich die beiden BeamtInnen untereinander. Ja, nun, da sie wenigstens einen Namen hatten, würden man sich auch damit begnügen. Für alles andere wäre der Aufwand zu hoch! So war die kürzeste Verhaftung meiner Aktivistenlaufbahn auch schon wieder Geschichte! 🙂 |
Hoch anstrengende und emotionale Einsatztage neigen sich nun dem Ende zu. Ein Fazit bleibt: nächstes Jahr werden wir erneut mit aller Vehemenz vor den betroffenen Betrieben stehen, denn eines ist wohl völlig sicher: gerade im Moment wird neben der Beendigung der Opfertage-Schächtung bei Grandits auch bei allen anderen reges Diskussionsklima herrschen. Und wir wetten darauf: zumindest ein weiterer Hof der ‚besuchten‘ wird 2020 keine Schächtungen mehr durchführen! Vielleicht also schaffen wir das betäubungslose Schlacht-Verbot selbst ohne Eintrag in die Gesetzbücher; nämlich dann, wenn sich kein Landwirt und kein Schlachthof mehr bereit erklärt, das grausame Ritual in den eigenen vier Wänden zu dulden! Und selbstverständlich werden wir auch ‚dazwischen‘ unsere Bemühungen fortsetzen: am Herbst wird es eine neue Regierung geben, und der/die dann zuständige TierschutzministerIn sollte auf die Thematik vorbereitet sein – denn erst wenn sich Österreich in die zuvor genannten Länder mit einem ‚betäubungslosen Schlachtverbot‘ einreiht, kann diese Kampagne als abgeschlossen gelten!!! |