Tierwohl-Bewusstsein? Bei meiner Ehr‘!

Immer wieder hört man aus Landwirtschaftskreisen, dass die Bauern ‚die eigentlichen Tierschützer‘ sind; sie haben die Kompetenz, die Erfahrung, das Wissen und vor allem den täglichen Umgang mit den Tieren. Deshalb sind es auch sie, welche die Bedürfnisse der Ihnen Ausgelieferten am allerbesten verstehen. Und diese deshalb dementsprechend bedienen können. Zumindest in der Theorie.

So weit, so gut. Jetzt möchten wir Ihnen von einem jüngsten Fall erzählen. Bereits im April 2020, mitten im 1. Lockdown, entdeckten wir einen Milchhof, der an Salzburg’s größte Molkerei liefert. Das alleine ist natürlich nichts Ungewöhnliches, gibt es doch im Umland gut 2500 solche. Hier aber fielen sofort zwei Kälberboxen ins Auge, platziert im Freien, am hinteren Ende des Stalles. Die Ausmaße besagter
Verschläge präsentierten sich herzzerreißend – hölzerne Särge, auf beinahe Körpergröße zugeschnitten…
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Fotos: April 2020  Wir schrieben damals:
‚Todtraurig ist auch der Fakt, dass so viele unserer zurzeit wieder hochgelobten Agrarwirte – und selbst wenn weitläufige Weiden um die Höfe liegen – ihre Kälber in winzigen Boxen nahezu fixieren. Selbst jetzt, bei strahlendem Sonnenschein, sieht man die Armen überall in minimale Gefängnissen gezwängt entlang der Stallungen. Warum das so sein muss, dass soll uns wirklich mal jemand erklären; wir versprechen aber schon jetzt, das Gesagte kann und wird wohl niemals zufriedenstellend ausfallen… Was den WerbemacherInnen Gewissheit sein sollte, solange Kälber in derartigen Verhältnissen leben müssen, genauso lange muss der Werbe-Tenor ‚Danke an unsere Bauern‘ doch ein ernsthaft hinterfragter sein. Genauso lange hat auch das aufpolierteste Image der Landwirtschaft unentfernbare Kratzer. Denn alleine ‚Gewinnmaximierung‘ kann wahrlich kein Grund sein, Tierkindern ein solch unwürdiges Dasein zu bereiten…
Wir haben den Amtstierarzt um Kontrolle gebeten, ob hier wenigstens die Mindestanforderungen erfüllt sind…‘
Ob und wie die Behörde aktiv wurde, wissen wir natürlich nicht. Als Anzeiger hat man keine Parteistellung in einem Verfahren, man wird alleine aus Datenschutzgründen höchstens über unwichtige Nebendetails aufgeklärt. Allerdings, die SalzburgMilch hat reagiert, und zwar schnell. In Fakt schon ein paar Tage später erhielten wir von dort Nachricht; zum einen erfuhren wir nun, dass – sehr enttäuschend – die Ausmaße der Boxen den gesetzlichen Anforderungen entsprechen (eigentlich unfassbar…) – zum anderen aber auch, dass keinerlei Sichtkontakt der Kälbchen untereinander ermöglicht wurde; was dann nach dem Bundestierschutzgesetz wiederum erforderlich ist.  Die Lösung war gleich passiert: ‚Der Bauer hat umgehend reagiert und als erste Sofortmaßnahme ein Brett herausgegeben, sodass die Kälber in die nächste Box Kontakt mit dem Nachbarn haben können, was auch gleich genutzt wurde‘. Ein Foto (unten) belegte die neuen Gegebenheiten.
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Jetzt sind wir wirklich sehr froh, dass uns mit der SalzburgMilch eine unkomplizierte Kommunikation verbindet. Dass man Fehler und Fehlgegangenes ansprechen, dass man sich austauschen kann. Weil ein solcher Sachverhalt immer zugunsten der Tiere ausfällt. Und genau das, die Situation jener zu verbessern, ist unser beider Anliegen. Passt! So soll es auch sein.
 
Es gibt aber leider wieder ein ‚Aber‘; nein, es ist vielmehr ein ‚aaaaaaber‘. Denn denkt man nun, der Bauer hätte aus der Sache gelernt oder gar darüber nachgedacht, selbst dann, wenn er vielleicht ein solches Verhalten hin zu mehr Tierwohl ohne Druck von außen nur mit einem Lächeln abtun würde, so irrt man. Dabei, die SalzburgMilch ist doch sein Abnehmer, sein Garant für das eigene Auskommen. Da muss man halt schon ein Stück entgegenkommen, auch wenn man selbst nicht an ‚Zauberworte‘ wie ‚Tierschutz‘ und ‚Tierwohl‘ glaubt; man macht es einfach, um jenen, die einen bezahlt, zufriedenzustellen. Hat der Bauer auch; indem, welche Innovation, welcher Aufwand, er EIN Guckloch, ca. 30 mal 30 cm, zwischen den Boxen freimachte. Aber immerhin. Zumindest nun dem gesetzlichen Standard entsprechend.
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Mitte November gibt es neue Bilder von besagtem Hof; die Boxen sind nun aus irgendeinem Grunde verstellt worden, wahrscheinlich, um sie sauber zu machen. Beim Rückstellen allerdings wurde die linke rechts und die rechte links platziert. Im Prinzip egal. Nicht allerdings in diesem Falle – denn nun sind die Guckfenster außen. Was bedeutet, der Sichtkontakt ist nicht mehr gegeben. Ok, so dachten wir, vielleicht ein Flüchtigkeitsfehler. Die werden schon wieder geradegestellt, sobald der Bauer den bemerkt. Mit zwei, drei Handgriffen, alles paletti.
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Fotos oben und unten: 28. November 2020; kaum Platz, um überhaupt nur gerade stehen zu können… Gucklöcher zueinander? Fehlanzeige! Nach außen gewandt, und da noch mit einem Holzstapel zugestellt…
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Aber, zum wiederholen Male; er bemerkt den Fehler nicht, auch am 28. des Monats stehen die Boxen wie gehabt. Am 2. Dezember immer noch. Was jetzt zum einen eine Anzeige zur Folge hat, zum anderen ein riesen großes Ärgernis darstellt: selbst eine derart kleine Herausforderung, nämlich zwei Gucklöcher für die Kälber so zu platzieren, dass sich die beiden Armen wenigstens in die Augen sehen können, wird auf Dauer und bei nicht nachhaltiger Kontrolle völlig unzufriedenstellend gelöst. Sogar bei Nichtbeachtung des Gesetzes und ohne auch nur einen Gedanken zu verlieren, wäre es eine 50/50 Chance gewesen, dennoch das Richtige zu tun. Es ist ein Puzzle mit bloß 2 Teilen. Auch für Lernschwache bewältigbar. Trotzdem kläglich daran gescheitert. Warum? Es gibt nur eine Erklärung: weil das Verlangte dem Landwirten am A… vorbei geht, wie man in Österreich so schön sagt. Es ihm völlig egal ist. Tierwohl? Was hab ich damit zu tun? Ich geb eh zu Essen und mist‘ ab und dann aus. Hat vor 50 Jahren so gereicht und wird deshalb auch heute noch reichen…
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Fotos: nach mehr als 2 Wochen immer noch keine Sichtkontaktmöglichkeit. Besonders das Kälbchen auf der rechten Seite ist nun schon so groß, dass es mit Kopf und Hinterteil an der körpergroßen Begrenzung ‚ansteht’…
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In Wahrheit ist ein derart uneinsichtiges Verhalten ein Affront gegen den Abnehmer. Damit zeigt der Bauer ganz eindeutig: rede Du nur, ich mach sowieso wie’s mir passt. Weil die Landwirte ja die Experten sind in Punkto Tierhaltung (zumindest sind es viele davon in der Tier-Ausbeutung; was braucht es mehr an Beweisen?).
Dass er damit das komplette, durchaus innovative und ohne jede Frage kostenintensive Programm seiner Molkerei ins Wanken bringen kann, ist ihm wohl auch Nebensache. Übertrieben, finden Sie jetzt? Ganz und gar nicht, denn Glaubwürdigkeit, ist sie erst einmal verloren, dann kommt sie nie zurück. Und was ist einem Konzern heutzutage teurer als Glaubwürdigkeit???
Der hat es allerdings, auch das muss gesagt sein, selbst in der Hand. Rigoroses Durchgreifen, dass ist es, was die KundInnen erwarten dürfen. An den eigenen Vorgaben festhalten. Im Ernstfall, wie im April, sofort zu reagieren – hat er getan – aber dann auch weiterhin zu überprüfen, ob Vereinbartes auch eingehalten wird; das hat er offensichtlich verabsäumt. Erinnern wir uns, als ‚ersten Schritt‘ wurde das Entfernen des Brettes bezeichnet; anstelle aber noch einen zweiten zu setzen, ging der Bauer selbigen wieder zurück. Und das kann die SalzburgMilch so nicht stehen lassen.

Das Beispiel zeigt zudem auf gar traurige Art und Weise, dass bei vielen Tierhaltern der Kundenwunsch nach mehr Tierwohl so ganz und gar nicht ernst genommen wird. Ja, es gibt auch andere Landwirte. Gar keine Frage. Solche, denen die Sache ihrer Schützlinge sowie ihrer Abnehmer und End-KundInnen am Herzen liegt. Diesem hier ist sie es anscheinend nicht.
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