unfassbare Bilder-eine Tragödie, die sich lautstark anbahnt, die dennoch kaum wer hört…

Es ist eine wahrhaft unfassbare Geschichte, welche sich da vor unseren Augen auftut – in Fakt könnte sie sogar in einer Tragödie epischen Ausmaßes enden, einer Tragödie, die sich zwar mit lauten Schritten anbahnt, die aber auf fast ironische Art und Weise genau bei jenen, welche zu guter Letzt wieder in vorderster Reihe groß den Mund auftun werden, trotz allem Lärm und längst zerbrochenem Porzellan, bis dato völlig ungehört zu bleiben scheint. Fast reaktionslos harren bäuerliche ‚WürdenträgerInnen‘ der Ereignisse, im Wissen, welches Gewaltpotential da aufzubrechen droht. Warum aber reizt man die Grenzen des Ertragbaren derart aus? Wohl, weil es für sie offenbar erst dann interessant wird, wenn sie die entsprechende Berichterstattung wittern, könnte der Schelm vermuten…

Tatsächlich steht im Salzburger Flachgau ein Bauernhof praktisch unter Quarantäne; alle Infos, welche wir bisher in mühevoller Kleinarbeit zusammentragen konnten, ergeben ein erschrecklichendes Bild. Beginnen wir am Anfang: seit vielen Jahren bemerken Menschen rund um den Ort die Veränderung; der Bauer wirkt zunehmend verstört, er verwickelt die Nachbarschaft in nicht enden wollende Streites, beschuldigt andere wann immer es geht am Niedergang seines Hofes. Es geht dabei mehr und mehr um Dinge, die 90 Jahre und länger zurückliegen, um epische Familienstreitigkeiten, um Zwist und Hader, welcher lange vor unser aller Geburt begonnen hatte; Geschichten, deren Wahrheitsgehalt kaum mehr überprüfbar ist, wo sich der Bodensatz längst im Nebel der Legende aufgelöst hat. Trotzdem, oder gerade vielmehr deswegen, brechen zunehmend Narben auf. Mehr als genügend Stoff also für den nervenzerreißenden Land-Krimi made in Austria, längst reif zur Verfilmung.
e894bbff 2357 40d0 b279 16af9ea18401
Fotos: vor dem Hof ein Güllesee…
6684c938 75a1 4f58 a114 f6bb1418907a
Der hart arbeitende Mann verliert zunehmend den Boden unter den Füßen, er schreit, immer öfters und bei jeder Gelegenheit, schreit mit Anrainern, schreit mit vor dem Hof Vorbeiwandernden, schreit mit den Kühen; lebt in, soweit wir das nachvollziehen können, permanenter Angst, dass ihm ‚jemand was wegnehmen‘ möchte. Wittert hinter allen Aktion Verrat, verkauft bald keine Kühe mehr, weil ihn die Seelenhändler allesamt ‚übers Ohr zu hauen‘ versuchen. Er ist alleine, ganz alleine. Die Zukunft erscheint düster. Und immer düsterer. Manchmal verschwindet er einfach, für mehrere Tage. Wohin, weiß nur er selbst. Jedenfalls veranlassen die Behörden bei einer solchen Begebenheit im Sommer sogar die Notfütterung der vor Hunger schreienden Tiere, die Nachbarn springen ein. Als Dank beschuldigt er solche, dass sie es nur ‚auf den Hof abgesehen‘ hätten. Der Ton wird rauer, Drohungen folgen Taten, da wird Benzin verschüttet, mit der Absicht, Feuer zu legen. Was Gott sei Dank im letzten Augenblick verhindert werden kann. Oder mit der Mistgabel attackiert, die dann nach einem verzweifelten Ausweichmanöver im Türrahmen stecken bleibt. Es geht zur Nervenheilanstalt, und bald wieder zurück. Die Schreie werden lauter, die Angst wird greifbarer, das Drama spürbar. Eine höchst gefährliche Atmosphäre von Missgunst, Misstrauen, Wut, Rage. Ein Warten auf die Explosion. Wie im Hollywoodfilm – nur ist das hier alles echt, geschieht jeden Tag. Jeden verdammten Tag ein neuer Stein im Mosaik. Die Tragödie nimmt ihren Lauf, wenn auch nicht im LA, sondern im Salzburger Flachgau.
All diese Dinge werden im Ort erzählt, all das wird auch der Polizei berichtet. Datenblätter füllen sich, aktenkundig. Die Hände der Exekutive sind allerdings gebunden; es gibt Verfahren, aber solange nicht tatsächlich ‚was passiert‘, solange nicht tatsächlich ein Haus brennt oder gar Schlimmeres geschieht, kann man nichts unternehmen. So ist das Gesetz. Wir wissen es selbst aus leidvoller Erfahrung, fast immer, wenn es um die Tiere geht.
48d5a0cb 9e66 44e8 b920 1a81805a900a
Fotos: einmal mehr Kühe in ihren Fäkalien angekettet; dazu die gott-verdammten Kurzstände, wo die armen Tiere oft bis zur Körpermitte auf purem Metall(gitter) zu liegen kommen…
c5ffbdad 499f 48fa 906f 5450b00be66b 06ba9fba 03e6 4713 a5e6 dfec9ccaef6e
MilchabnehmerInnen gibt es anscheinend keine mehr; die SalzburgMilch war Vertragspartner, ist aber – auch das wird erzählt – im letzten Sommer aus dem Kontrakt ausgestiegen. Die Kühe versinken im Dreck; tote werden vor dem Hof gefunden. Eine liegt tagelang im Freien, aufgebläht bis zum Platzen. Jetzt darf niemand mehr in den Stall; die Behörde prüft offiziell wöchentlich, aber eine entsetzte Zeugin berichtet, selbst die würde nun keinen Zutritt mehr haben. Denn der Bauer sieht jetzt endgültig rot, schreit das Dorf zusammen, verhindert deren Einsatz. Woche für Woche.
Der Bestand an Kühen ist ein enormer; es wird von rund 70 Tieren gesprochen. Gut 15 oder mehr Stiere leben tagsüber auf der Wiese vor dem Hof. Das ist zwar wunderschön, weil jedoch nicht gewechselt wird, gleicht diese an den meisten Tagen einem Morast. Essbares wird da kaum mehr gefunden, eine Mondlandschaft. Verletzte Tiere sind darunter, das Knie eines Bullen ist seit Wochen dick angeschwollen. Andere zeigen Abschürfungen, der Ernährungszustand bei so manchen: mangelhaft. Noch dazu, oft brechen die großen Tiere einfach aus. Wahrscheinlich, weil sie der Hunger treibt. So wachen AnrainerInnen des Nachts auf, der Hund bellt. Und beruhigt sich nicht. Wie auch, im Hof steht ein Bulle und sucht nach Futter. Oder als wir jetzt nochmals vor Ort sind, um endgültig abzuklären, ob es unseren direkten Einsatz sofort benötigt, auch da irrt ein junger Stier am Nachbargrundstück herum. Als er uns sieht, läuft er kreuz und quer über die schmale Straße. Einmal möchte er zurück zu den Leidensgenossen, dann wieder wechselt er die Wiese, dorthin, wo das Angebot an Essbarem noch größer ist als ‚zu Hause‘. Im selben Moment kommt ein Auto um die Kurve, der Fahrer bremst instinktiv. Wie gefährlich, wie unübersichtlich. Tatsächlich treffen wir dieses Mal auch den Landwirten selbst; er wirkt verstört, verbittert; bleibt aber freundlich. Jedenfalls, auf unsere Mithilfe zum Einfangen des Stieres verzichtet er; kein Problem, so seine Einschätzung der Lage.
0b8f6747 e1b1 4474 91e8 e9d63ceeb215
Foto oben: immer wieder laufen einzelne der Tiere frei auf der Straße – unfassbar gefährlich, genau in der Kurve! Auch von hinten kommend steht ein Jungstier mitten am Verkehrsweg!
d6649b45 3b1d 4cf1 9752 3cd3f29aee0d
Im Stall selbst, auch von dort erhalten wir Bilder (und zwar, um zu beweißen, dass die Zustände fortwährende sind, von verschiedenen Tagen), sind die allermeisten der Kühe angekettet. Trotz des dauernden Putzens des bestimmt längst Verzweifelten leben sie in ihren Fäkalien. Wie soll er die Herausforderung aber auch bewerkstelligen, ohne techniche Hilfe?  Sein Tun erinnert an jenes des Sisyphus, mit der kleinen Schiebetruhe gegen den großen Güllesee… Die Stände sind zudem viel zu kurz. Der halbe Körper der Kühe breitet sich deshalb über die Kotgitter am Boden aus. Ein Liegen zur Hälfte auf Beton, zur Hälfte auf Eisenrosten, zur Gänze in der Gülle. Ein paar laufen frei, aus welchen Gründen auch immer. Sie strecken sich dann aber auch, völlig verschmutzt, in den jämmerlichen Grünfutter-Resten aus; wo der Vorrat davon ebenfalls alsbald zu Ende geht, hören wir aus wissender Quelle.
Vor dem Stall breiten sich die flüssigen Fäkalien aus. Die Umweltbehörde müsste da langsam aktiv werden. Wird sie auch. Wenn es dann allerdings nur nicht zu spät ist.
0f6796ec 5ee0 43e8 bb7d 1f71855c5177
Fotos, oben: Um Weihnachten ist eine Kuh im Freilauf, nun die Stiere, welche wohl eine Absperrung von der Wiese her durchbrochen haben. Noch ein paar Schritt, und sie stehen allesamt auf der Straße… im Hintergrund der Bauer selbst, der ohne Frage hart arbeitet, aber die Misere nie und nimmer in den Griff bekommt…
d86b1d08 6315 4e03 af15 113768505da8
497f388f 994b 4613 b8eb c1f31cb7c450
Wie gesagt, der Fall ist kein unbekannter. Nur durch Zufall sind wir zwar auf ihn gestoßen, die Situation hat sich aber bereits über die letzten Jahre hinweg derart zugespitzt. Seit mindestens einem halben Jahr und wohl schon länger weiß die Molkerei Bescheid, so zirka wohl ebenso lange die Behörde. Diese wahrscheinlich seit noch mehr Zeit, diverse Zuständigkeitsbereiche davon ohne jede Frage. Offenbar verschiedenste Verhandlungen vor Gericht sprechen eine klare Sprache. Während die Vet-Behörde allerdings offensichtlich bemüht scheint, kommt demzufolge wieder einmal keinerlei Unterstützung von ‚weiter oben‘. Wenn man von solchen Entwicklungen weiß, müsste man da nicht längst gegensteuern? Müsste man da nicht alles unternehmen, um die menschliche sowie auch die tierliche Tragödie abzufangen, noch bevor die Situation gänzlich eskaliert??? Ein Maßnahmenprogramm erstellen, wo Zukunftsaussichten wenigstens eine Perspektive bilden?
Hier ist so ein Fall, zu welchem später alle so viel zu sagen haben werden. Aber meist eben erst, wenn die Öffentlichkeit aufmerksam geworden ist. Nach dem allgemeinen Aufschrei. Vorher scheint sich der Einsatz weder in Wähler- noch in Medienstimmen auszuzahlen. Und so verhält man sich eben erst mal ruhig. In sicherer Deckung. Jede Aufmerksamkeit ist zu vermeiden. Vielleicht löst sich alles durch ein Wunder in Wohlwollen auf, dann wäre jede Anstrengung unnötig gewesen. Tut es das aber nicht, explodiert das Pulverfass, dann haben es andererseits alle eh immer gewusst; eh immer ‚alles Erdenkliche‘ getan. Dann spricht man Stereotypen folgend halt wieder von Überforderung, von der sofortigen Hilfsbereitschaft durch die Politik und die Bauernkammer, vom Zusammenhalt und Beistand – ganz so, als ob all diese Werte DAVOR noch nicht benötigt worden waren. Die Frage, die bleibt, ist allerdings: wo ist die Soforthilfe der Bauernkammer JETZT, bevor noch Schreckliches passiert???
2d09ec7b faa8 4fbb b514 c598a0ff8594
Wo bitte sind sie, die vielen, vielen Einflüsterer Salzburg’s? Die Bauernkammer, der Bauernpräsident, der Landesrat? Jene also, die TierschützerInnen so gerne beflegeln, welche solche Fälle aufzeigen. Warum sie das tun? Weil die nämlich ihr internes Unvermögen aufzeigen. Ihren Hang zur Schönfärberei. Ihr Stillschweigen, wenn es ‚bloß um Mitgeschöpfe‘ geht… Weil die immer und immer wieder in verzweifelten Versuchen darauf hinweisen, dass es Probleme in der landwirtschaftlichen Tierhaltung gibt. Dass dort nicht ‚alles eitle Wonne‘ ist, so wie es die Verantwortlichen gerne präsentieren. Taucht ein Fall von schrecklicher Kuhhaltung auf, anstelle sich dem Problem zu stellen, wird erst einmal sofort der Bauer in Schutz genommen. Im gleichen Atemzug werden dann die Aufdecker verdammt. Die ‚menschliche Tragödie, welche ‚die Tierschützer‘ – wer auch immer damit gemeint ist – nicht sehen. Die nur auf ‚Schlechtmachen‘ aus sind, so zumindest stellen sie es in der Öffentlichkeit dar. Diese Methode hat sich nämlich über die Jahre bewährt, sie ist die perfekte Ablenkung vom eigenen Versagen.
Also, nochmals zurück zur Frage: nicht nur, wo seid Ihr, muss die lauten, sondern auch ‚warum, wenn Ihr davon wisst, unternehmt Ihr monatelang genau NICHTS?‘ Nur, um dann ein betroffenes Gesicht machen zu können und medienwirksam ‚Zuschüsse‘ zuzusagen? Jaja, und wir wissen, böse Leute, das sind einmal mehr nur jene aus dem Tierschutzkreis, welche solche Dinge benennen, Eurer Meinung aber doch nur die Bauernschaft in Verruf bringen; dabei kann die ein solches Szenarium nur selbst bewerkstelligen, denn wäre ‚alles in bester Ordnung‘, dann würde es Bilder wie jene, welche RespekTiere immer wieder veröffentlicht, gar nicht geben können.
c9f1849c 8ef7 4079 b51b 41e62f640422
93e9a566 a76b 4701 a890 4828748467a2 c388d2de f578 47ef b9ad 85b041f6bc68
9ef9e833 8580 4da0 84d1 e59f951331b2
Werden wir von einer Regierungspartei zu einer Landtagssitzung geladen, um dort vorzusprechen, mokiert sich ein Landesrat darüber – die, die in Ställe gehen, die sollten im Hohen Haus nicht zu Wort kommen dürfen. Zum einen aber, waren unsere Vorwürfen auch nur ein einziges Mal unberechtigt? Schweigen, wie gewohnt. Und zum zweiten: er selbst, obwohl er das sollte, geht dann anscheinend nicht in die Ställe, sonst könnte er die allermeisten dieser Tragödien, wo immer der ganze Ort, der ganze Bezirk davon spricht, lange im Vorfeld verhindern. So ist es demnach der Politiker, der nicht am Puls der Zeit lebt, den die Probleme der ‚kleinen Leute‘ scheinbar nicht interessieren – außer, es läuft eine Fernsehkamera oder ein Journalist ist anwesend. Bestes Beispiel: schaut euch diesen neuen Fall an; monatelang passiert nichts, rein gar nichts. Die Lage spitzt sich zu für Mensch und Tier, extrem gefährlich – und wer ist es, der agiert? Nicht die, die am Steuer sitzen, die es in der Hand hätten, die im Fernsehen schöne Bilder malen, die am allerliebsten einen ganzen Berufsstand in den Himmel heben, mit Schilderungen von grünen Wiesen und unantastbarer Idylle. Die sie heraufbeschwören, nicht, weil sie daran glauben, sondern bloß, weil sie sich damit Ruhe verschaffen. Warum tun, wenn eh alles in schönster Ordnung ist?
Nochmals die Frage: wo sind sie jetzt? Die Antwort ist eine traurige, eine deprimierende – beim Abwarten ab, beim Waschen der Hände in Unschuld. Und wenn dann ‚Material‘ auftaucht, wir wiederholen uns, dann klopfen sie vor Fernsehkameras Schultern und schimpfen auf die Tierschützer, unisono. Aber vergessen zu erwähnen, dass ihre ‚Soforthilfe‘ keine solche mehr sein kann, nach Monaten des Augenzumachens. Sie kommt genau um diese Monate zu spät.
Die Personen, die sich hier angesprochen fühlen, denen sei gesagt: hört auf die Leute zu belügen, hört auf, falsche Schuldige finden zu mögen, hört auf, von Idylle zu sprechen, dort, wo längst beinharter Überlebenskampf tobt! Und helft, dort wo Hilfe gebraucht wird; aber sofort, und nicht erst, wenn die ORF-Kamera mitläuft.
9303bdfe 35db 402a 8b22 4cd201d3dfcd
Die Regenbogenfarben, welchen wir alle so gerne Glauben schenken würden, die sind 50 Jahre alt, wenn es sie überhaupt je gegeben hat. Lasst uns endlich der Realität in die Augen schauen und gemeinsam Initiative ergreifen. Tierschutz, Bauernschaft, Politik. Hand in Hand. Im Prinzip wollen ja alle nur dass es allen gut geht, inklusive der Tiere. Wir aus dem Tierschutz setzten dem noch eins drauf, denn ‚gut gehen‘ schließt das Recht auf Leben mit ein. Aber ansonsten – lasst uns gemeinsame Nenner finden, jetzt und gleich.

Ach ja, eines sei noch gesagt: für uns braucht Ihr es nicht zu tun, tut es für Eure Leute, sonst werden selbst die, die aus irgendeinem oft unerfindlichen Grunde (noch) immer an Euch glauben, ihre Köpfe abwenden. Dieser Tag wird kommen.
Verschleiern, Beschönigen, andere Beschuldigen. Das ist nicht die schöne Art. Egal, von wem auch immer ausgeführt. Die Wahrheit ist nämlich, und wir alle sollten sie uns hinter die Ohren schreiben: Aus der Unverbindlichkeit, dem Schweigen zu einer Untat, die man weiß, kreiert sich wahrscheinlich die allgemeinste Art unserer Mitschuld.
Foto unten: würde man nicht wissen, dass sich hier eine fortlaufende Tragödie mit ungewissem Ausgang passiert, wäre der Anblick ein fast idyllischer… so viele Stiere im Freien hat man wahrhaft selten gesehen!
5ac35484 b6ce 4d73 a6d3 72202eb852f4
Nach oben scrollen