Hundemord – es ist wieder passiert!

Es ist wieder passiert. Mitten unter uns, am helllichten Tag. Vor den Toren Salzburgs. Kila ist verschwunden, und sie wird nie wieder auftauchen. Kila, die immer unter uns war, nie weg. Auch wenn sie manchmal die Nachbarn besucht hat – welche sich übrigens immer und allesamt über die Stippvisite gefreut hatten. Sie umschmeichelten, ihr kleine Köstlichkeiten gaben. Kila, die Freudenspenderin. Kila, die Seelentrösterin. Der Sonnenschein.

Hündin will zu Sunny

Foto: Die süße Kila wartet auf Einlass. Sie kam immer wieder bei uns vorbei, um Sunny zu besuchen. Jetzt ist es still geworden.

Alle im Dorf erfreuten sich an der so wunderschönen Hündin, welche wir vor ca. 8 Jahren aus Bulgarien mitgebracht hatten. In ein neues, perfektes zu Hause. Dort von den Erwachsenen hochgeschätzt, von den Kindern zutiefst geliebt, als ihresgleichen betrachtet. Die gute Seele der Nachbarschaft. Die Verbindende.

Sagte ich „alle“? Nein, da gibt es auch einen etwas grantigen, älteren Mann. Alleine lebend. Inmitten eines Paradieses auf Erden. Ein riesiges Grundstück, mehrere Häuser darauf. Und Platz ohne Ende. Und all das in einem der ansonsten am dichtest besiedelten Gebiete des Landes. Unmittelbar vor den Toren der Stadt. Er könnte es gut haben, fantastisch sogar. Stattdessen aber spricht er kaum mit jemanden, nicht einmal mit der eigenen Familie. Die nebenan wohnt. Ein Einsamer. Trotz seines Eldorados. Welches psychische Spuren nicht imstande zu verwischen ist, wir wissen es alle. Denn was bedeutet alles Geld der Welt gegen ein bisschen Freude? Gegen ein herzhaftes Lachen, gegen echte Freundschaft, gegen Liebe? Gegen Zufriedenheit? Nichts.

Der Mann hat ein Hobby. Die Jagd. Die übt er leidenschaftlich aus. Leidenschaft, die Leiden schafft. Besonders in diesem Falle. Denn Kila hatte auch ihn besucht. Angeblich mehrmals. Dann, wenn er beispielsweise gerade seine Opfer aus dem Wald geschleppt und zu Hause zerteilt hat. Vom Geruch angelockt. Einmal auch, als Essenreste in Papier gewickelt im Abfalleimer geblieben waren. Die Hündin konnte nicht anders, packte die Leckerbissen, zerriß das Papier. Worauf besagter alter Mann tobte. Und Drohungen ausstieß. Kila’s Halter, er entschuldigte sich aufrichtig. Würde, so sagt er es dem Wütenden, sofort vorbeikommen, um sämtlichen Schaden abzudecken, aufzuräumen. Wobei, von „Schaden“ war sowieso keine Rede; bloss ein paar Fetzen Verpackung im Garten. Nur, der Hass schwelte. Von diesem Tag an ganz besonders.

Hündin will zu Sunny

Da gibt es noch einen „Gemeindejäger“, einer unter vielen, wie in jeder anderen Ortschaft auch. Der besuchte Kila’s Familie. Schroff, wie selbstverständlich. Ohne Grußworte betritt er das Haus. Er, der Sheriff. Wie wir sie halt kennen, die Grünröcke. Das Gesetz oft genug in die eigene Hand zu nehmen versuchend. Obwohl sie sowas von keinem Recht dazu besitzen. Gegenstandslos. Persönlich gibt es eine ähnliche Geschichte zu erzählen. Auch wir mussten vor einigen Jahren einen solchen Besuch über uns ergehen lassen. Damals war gerade Blue angekommen; Blue, der ein furchtbares Schicksal hinter sich hatte. Gefangen in einem rumänischen Tötungslager. Woraus wir ihn im letzten Moment befreiten. Und der sich jetzt nicht sofort an die Enge eines Einfamilienhaus-Gartens gewöhnen wollte. Der ausriss, um dann von besagtem Jäger beschuldigt zu werden, einen stattlichen Rehbock getötet zu haben. Er, der beim Zurückkommen eine strahlend weiße Brust zeigte. Kein Blutfleck, wo auch immer. Noch interessanter – er, der zwei krumme Vorderbeine sein eigen nannte, als Kind waren die Knochen gebrochen worden. Und mehr schlecht als recht wieder zusammengewachsen. Dort, im Elend auf der Straße. Wo die Bruchstellen schließlich nie mehr wieder richtig zusammenheilen sollten. Der sich deshalb schwer tat beim Gehen, beim Laufen erst recht. Aber Argumente zählen in der Welt der Grünberockten anscheinend eher weniger. „Wenn er nochmals draußen rumläuft, wird er nicht mehr nach Hause kommen“, sagt der Sheriff. Und er meint es ernst. Todernst. Keine Frage.

Hündin will zu Sunny

Ein solcher Mann besucht nun also auch Kilas Familie. Sie hätte ebenfalls gejagt am Berg, dabei bereits 7 Rehe getötet. Sieben. Warum kommt der Gute dann erst jetzt? Nach dem angeblich siebenten Opfer! Wäre in dem Fall Zuwarten eine gute Idee?  Wo er doch auch ein Beweisfoto sein eigen nennt, dieses auch vorlegt. Darauf sieht man einen Hund im Wald. Aufgenommen von einer Wildkamera. Und ja, es ist EIN Hund darauf zu sehen. Aber es ist nicht Kila. Eindeutig sind die Streifen andere. Der Gesichtsbereich. Die Brust. Trotz der Unschärfe deutlich zu erkennen. Nur , offensichtlich nicht für Jägersmann. Der ruft ein paar Tage später nochmals. Um, so schleicht sich der Verdacht ein, eine Legitimation zu haben, das Unaussprechliche anzudenken? Denn das Gesetzt sagt, im Falle eines Haustierabschusses muss der Halter oder die Halterin zuvor „mehrmals“ kontaktiert werden. Zweimal ist mehrmals. Strenggenommen.

An einem Donnerstagabend kommt Kila nicht nach Hause. Kila’s Familie beschließt am Freitag, den alten Mann mit der Geschichte zu konfrontieren. Der bestreitet aber, die Vermisste gesehen zu haben. Obwohl es AugenzeugInnen gibt, welche den, so scheint es mehr und mehr gewiss, letzten Weg der Hündin nachzuzeichnen imstande sind – und der hat sie dem Bericht nach direkt zum Bauernhaus geführt…

Am Samstag fällt bei besagtem Anwesen ein Schuss. Kurz zuvor wurde eine Zielscheibe aufgestellt. Zielübungen, rechtfertigt sich der Grantige. Zielübungen, nach einem Schuss beendet? Zweiter Jäger will ebenfalls unschuldig sein. Weiß von nichts. Die Polizei wird eingeschaltet. Sie kann wenig erreichen. Außer, zu bestätigen, dass der Hund am Jäger-Foto nicht Kila ist. Was aber wenig weiterhilft. Die Hündin bleibt verschwunden. Zu diesem Zeitpunkt, so wissen wir heute, ist sie wahrscheinlich längst tot. Irgendwo vergraben, in namenloser Grabstätte. Oder brutal entsorgt, in einem der umliegenden Gemeindecontainer, wo „organische Spuren“ beseitigt werden können. Weggeworfen wie Müll. Weggeworfen vom Müll, vom Müll der Gesellschaft. Der sich in dem Falle in grünen Loden tarnt?

Zusatz: Es reihen sich Geschichten über den Jäger aneinander. Es wird erzählt, er hätte in der nahen Siedlung seine einstigen Damhirsche erschossen. Weil sie aus dem Gehege ausgebüxt waren. Mitten in der Anlage. Ist’s nur ein Gerücht? Zumindest ein Zusammenhang mit verschwundenen Hunden ist aber unbestreitbar, ein Opfer offiziell zugegeben. Welches ebenfalls zu Kila’s nunmehrigen Halter gehörte, damals als „sein Hund“ beim Onkel lebte. Zweimal dieselbe Tragödie durchlebt, zweimal so viel Schmerz und so viel Leid. Sinnlosestes Leid. Nur für den Stolz eines einzelnen Mannes, der den Blick für das Gemeinsame längst verloren hat. Noch dazu, der, glaubt man dem dörflichen Gerede, schon einmal seine Jagdberechtigung für ein Jahr verlor. Angeblich, weil er seines Chefs Gehege, jene unselige „Gatterjagd“, geöffnet, Wildschweine rausgelockt und dann auf offenem Feld erschossen hatte. Vorgeschichten, die – wahr oder nicht – einen unbestreitbaren Pfad legen hin zur jeglichen Bezweiflung von Unschuld. Unschuldig sind sie sowieso nie, jene, deren liebstes Hobby das Töten ist.

Hündin will zu Sunny

Vielleicht führt die Spur aber doch in andere Richtung, in „offiziellere“. Wie gesagt, es gab da auch die offene Drohung, das Vorlegen eines Bildes. Welches zwar nicht Kila zeigte, der Sache mit der vermeintlichen Schuld aber keinen Abbruch tat. Sei es wie es sei, die Wahrscheinlichkeit, dass Kila einem Verbrechen zum Opfer fiel, sie liegt bei nahezu 100 %. Sie ist mehr oder weniger unbestreitbar.

Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof ist gefragt. Wird er Untersuchungen einleiten? Wird er die Jägerschaft konfrontieren? Wird er seinem Eid zur Jagdethik nachkommen? Er, der möchte, dass durch Transparenz und Ethik der mehr als nur angekratzten Ruf der Jagenden wieder einen Aufschwung erfährt. Hier hat er die Chance dazu. Verstreicht die ungenützt, wissen wir alle, woran wir sind.

Auch Du kannst mithelfen! Bitte die Jägerschaft um Antworten. Bitte Herrn Melnhof um Aufklärung. Um nachvollziehbare. https://www.mayrmelnhof.at/de/kontakt      info@sbg-jaegerschaft.at

Hündin will zu Sunny

Welcher Schmerz angerichtet wurde, es ist unfassbar. Nur deswegen, weil jemand glaubt, er würde das Recht besitzen, Leben einfach so auszulöschen. Sei es nun die eine, schwer in Verdacht geratene, oder auch die andere Seite, dort, wo Drohungen ausgestoßen worden waren. Jäger hier, Jäger da. Wer Hass sät, darf sich nicht wundern, Hass zu ernten. Darf sich nicht wundern, dass die Menschen mit den Fingern zeigen. Was bleibt, ist aber auch Mitleid. Mitleid mit jemanden, der sich wohl selbst nicht mag. Dieser oder jener.

Älterer oder jüngerer Jäger – oder jene eventuell verantwortliche dritte Person, Anm. – es könnte das Schlimmste noch abwendet werden. Indem man ehrlich zugibt, was sich an jenem verhängnisvollen Tag zugetragen hat. Und um Verzeihung bittet. Damit kommt Kila zwar nicht ins Leben zurück, aber eine solche öffentliche Aufarbeitung rettet vielleicht zukünftig Hundeleben. Könnte interne Diskussionen auslösen, sofern das jagende Element involviert ist. Befreiende. Denn, eines ist so sicher wie das Leben selbst: Es gibt auch Gute, Ehrliche und Besonnene unter den Mitgliedern der Risikogruppe (Risikogruppe? Googlen Sie mal nach, welch schreckliche Dinge passieren, wenn Waffen so einfach verfügbar sind…). Dann, wenn offen über die Thematik gesprochen wird, hätte die ganze unendlich traurige Geschichte letztendlich doch noch ein bisschen Sinn gehabt. Nur dann.

Es sei aus rechtlichen Gründen an dieser Stelle dezidiert darauf hingewiesen: Natürlich gilt in jedem Falle die Unschuldsvermutung. 

Kila, die Wunderschöne!

Kilas Geschwister, der Sohn und die Tochter des Halters, wird auch dies nicht das Lächeln zurückbringen. Wird nicht deren bittere Tränen trocknen. Aber wir alle wissen es, der Schmerz wird eine Spur erträglicher, wenn man wenigstens weiß, was geschehen ist. Was sich zugetragen hat. Damit man für sich persönlich vielleicht doch noch einen Weg findet mit der Tragödie abzuschließen. Zumindest diesen einen Trost, den sind der oder die Täter den Trauernden schuldig. Zutiefst schuldig. Und wird auch dieser nicht gewährt, dann mögen die Verantwortlichen endgültig in der Hölle des Verderbens schmoren. Das Schicksal vergisst nie, und Karma lässt sich nicht betrügen. Kila, wir werden Dich nie vergessen!

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