Die weithin bekannte „Attraktion Rösslmarkt“ im im Salzburger Tennengau gelegenen Abtenau ist als Fixpunkt im RespekTiere-Demokalender notiert! Seit vielen Jahren begleiten wir die Veranstaltung nun schon, allerdings sollten uns die Präsenz in den vergangenen 4 aufgrund der pandemiebedingten Absagen und dann wegen der Kollission mit anderen Terminen nicht möglich gewesen sein. Umso gespannter also blickten wir dann auch dem heurigen Protest entgegen!
Am Demoplatz angekommen wartet gleich die erste Überraschung – der übliche Standort ist zugeparkt, keine Möglichkeit ein Zelt oder auch nur einen Tisch aufzustellen. Die Ordner zeigen sich dann auch etwas genervt, aber nicht wirklich unfreundlich. Der Bauer, welchem die Wiesen gehören, der müsse entscheiden, ob und wo wir Aufbauen könnten, so die einheitliche Meinung! Aber auch diese Hürde war dann schneller als erwartet überwunden und im Nachhinein muss man den Grundstücksbesitzenden schon ehrlichen Dank aussprechen – denn selbstverständlich ist es nicht, auch dann nicht, wenn die Protestfreiheit in der Verfassung steht, dass jemand erlaubt, anderen – noch dazu jenen, welche nicht die gleichen Gesinnungen hegen – einen Platz für deren Sache zur Verfügung zu stellen…
Schnell hatten wir in Folge den Stand errichtet – nicht nur dass, auch auf der einzigen Zufahrtsstraße konnte bald ein Meer aus Stoffbannern mit deren jeweiligen Botschaften gesehen werden; „Geschlossen wegen Tierquälerei“, „Hier stinkts nach Tierqual“, „Rösselmarkt – Todesmarkt“ und dergleichen Transparente standen alsbald Spalier, säumten den Weg, und das wirklich Coole an er Situation: sämtliche Besuchenden müsen in der Sackgasse naturgegeben mittendurch!
Vorbei dann sogar an Gevatter Tod, in seinen Händen neben der Sense ein Schild, „Welcome to my paradise“. Auf der anderen Straßenseite sitzt eine Aktivistin im Pferdekostüm; ihre Tafel verrät: „Welcome to my hell“…
Pferdemärkte sind immer besonders emotional; man muss verstehen, hierher werden die Mütter mit ihren Fohlen gebracht, die Fohlen werden verkauft und letztendlich von den sich wehrenden und nach ihnen schreienden Elterntiere getrennt. Passieren tut das folgendermaßen: Beide führt der Transporteur zum wartenen LKW, beide werden mit mehr oder weniger Druck auf die Rampe geleitet, die Mutter wird schließlich im letzten Moment zurückgehalten, das Kleine im selben Atemzug vorwärtsgeschoben. Hinein in den Anhänger, wo die einen sofort aufgeben, ihre Welt im Hauch des Moments zusammengebrochen, verängstigt und verzagt, während andere sich jetzt umso heftiger zu wehren beginnen und mit aller Kraft die Ladewand mit den Hufen bearbeiten. Unentwegt, oft über die ganze Zeit hinweg. Selbst wenn der Transporter dann losfährt, verhallt der Donner ausgelöst von verzweifelten Versuche, doch noch dem Schicksal zu entrinnen, nicht. Draußen stehen die Mütter, welche nicht müde werden, nach dem Nachwuchs zu weinen…
Plötzlich spaltet sich die Menge der Kaufenden und Verkaufenden, der Besuchenden, und mitten hinein in die Masse führt ein blutverschmierter Metzger an einem Strick eine Aktivistin im Pferdekostüm. Im Anliegen, aufmerksam darauf machen zu wollen, was das Schicksal für einige der Verkauften in naher Zukunft bereit hält…
Foto: Auch das Fernsehen ist heute vor Ort. Die Erfahrung sagt, das TV bringt lieber Berichte über das schöne Brauchtum, da werden derartige Situationen, Proteste gegen die vermeintliche Tradition, oft und gerne ausgespart. Ob es dieses Mal annders sein wird? Wir werden sehen.
Dass Aktionen wie solche kontrovers aufgenommen werden, steht natürlich außer Frage. Provokant sind sie, allemal. Sollen sie auch sein. Das ist schließlich das Salz des Protestes. Denn letztendlich, und diese Tatsache untrstreicht sich vielleicht nirgends deutlicher als am „Rösslmarkt“, sind sie es, welche Veränderungen herbeiführen. Vielleicht nicht immer so schnell wie wir uns das wünschen, vielleicht nicht immer sofort sichtbar und allumwälzend; aber dennoch unverkennbar helfen sie Schritt für Schritt mit, die Welt zu mehr Menschlichkeit zu bewegen. Wer einen solchen Pferdemarkt vor 10 Jahren das letzte Mal besucht hat, der wird überrascht sein, wie stark diese Veränderung ist, zumindest hier in Abtenau – so viel steht fest. Natürlich, es tönt noch immer herzzerreißend, vor allem die Trennung und der Abschied, die spürbare Nervosität, die Angst und die Unsicherheit der tierlichen WeggefährtInnen – die Wut, die Schlaflosigkeit, welche ethisch denkende Menschen dabei befällt, in erster Linie wegen der für tierliebende Personen absoluten Unnötigkeit des Geschehens. Aber die oftmals in der Vergangenheit gezeigte Brutalität der menschlichen Akteure, die ist ganz sicher eine zumindest minimierte, so viel steht fest. Heute würde ein Mann, welcher die Tiere anschreit oder gar auf sie einschlägt wohl selbst in den eigenen Reihen geächtet werden, darauf gehen wir jede Wette ein. Was nicht heißt, dass dies nicht mehr passiert, möchte hier angemerkt sein. Zudem werden die Pferde im Gegensatz zu früher ordenlich versorgt, ihr ganzes Erscheinungsbild ist allgemein ein besseres. Heute wird viel mehr auf solche Dinge geachtet, die Tendenz ist seit einigen Jahren offensichtlich. Warum? Allein der Tierschutz war es, unsere Hartnäckigkeit, der eine solche Entwicklung erst in Gang gesetzt hat, gar keine Frage; auch wenn das der Pferdezuchtverband bestreiten wird. Und genau deshalb ist es so wichtig, dass wir immer noch derartigen Veranstaltungen beiwohnen. Immer noch aufzeigen, hinweisen, protestieren. Bei Vergehen agieren, konsequent und ungeachtet der Folgen vor Ort. Und wenn alles gut geht, werden wir vielleicht in 10 oder in 20 Jahren gar nicht mehr an solchen Orten stehen müssen (Träumen wird man noch dürfen, Anm. 🙂 ).
Das ist die gute Nachricht des Tages; noch dazu, dass es so viele höfliche und respektvolle Gespräche gab. Als unser Auto beispielsweise nicht mehr anspringen wollte, und wir sofort und ohne zu zögern Hilfe aus der Menge bekamen, war dies ebenfalls schön zu sehen. Dass Tierschutzvergehen gemeldet wurden, welche wir in Zukunft ansehen sollten. Dass „vegan“ nicht mehr verlacht worden ist, und dass es solche „komischen Menschen mit diesen komischen Ernährungsgewohnheiten“ plötzlich selbst in den meisten der Bauernfamilien zu geben scheint.
Die schlechte ist: Sätze wie „Wons ned aufpassts, don wiad eicha Hirn amoi aufm Beton pickn“ (für unsere deutschen LeserInnen: Wenn Ihr nicht aufpasst, dann wird Euer Gehirn eines Tages auf der Straße kleben, Anm.) muss man noch immer über sich ergehen lassen; aber Ausfälle wie jene sind seltener geworden, wesentlich seltener. Hitlerverherrlichungen hat es 2023 überhaupt keine gegeben, was besonders gut tat. Warum jedoch muss noch immer, jetzt längst angekommen im 3. Jahrtausend, ein solcher Markt, wo mit Leben geschachert wird, überhaupt nur stattfinden? Wo gezüchtet ist, obwohl der Bedarf an Teiren außerhalb der Fleischindustrie größtmöglich abgedeckt ist. Lasst es uns zusammen rausfinden und an einer Zukunft arbeiten, wo solches Leid zumindest deutlichst minimiert ist!
Foto unten: Die zusammengebrochene Batterie wird mittels Traktor aufzuladen versucht. Eine Hilfestellung, die Respekt gebietet – sind wir es doch in den Augen der Bauern, die deren Sicht der Dinge in Frage stellen. Dabei gibt es einfache Zauberworte: Das Gespräch, ohne Vorurteile, ohne Aggressionen. Allein das kann so vieles bewirken (ist aber leider nicht immer möglich, so ehrlich muss man auch sein; oft scheitert es an Vorurteilen, und zwar beiderseits).