Weihnachtlicher Hilfseinsatz – wir sind in Ungarn!

Der Wettergott meint es gut mit uns; noch in der Nacht hat es in Strömen geregnet, ein Stakkato von schweren Tropfen auf dem Fensterglas der Zwischenherberge. Ja, im Inneren sollte es gemütlich gewesen sein, so gemütlich, dass man in den frühen Morgenstunden kaum den Kopf aus der Decke strecken wollte – noch ein bisschen Schlaf, wie gut würde das den alten Knochen tun! Aber faul sein gilt nicht, dazu ist der Einsatz einmal mehr zu wichtig – nach Ungarn wird uns die Fahrt führen, und vor zwei Tagen sind wir hierfür aus dem tauenden Salzburg aufgebrochen. Tief im Herzen des Magyarenlandes wartet Gabi von der Hundehilfe Nordbalaton auf uns, und noch mehr die Hunde im vereinseigenen Asyl: der Futtervorrat neigt sich dort nämlich gefährlich dem Ende zu! Also gilt es anzupacken, auch wenn der Körper müde ist; wenigstens der Geist scheint bereits wieder hellwach. Fit, die Herausforderungen des kommenden Tages zu bewältigen. Zumindest ein schönes Vorzeichen, jetzt, nachdem ganz Vieles in den letzten Tagen schiefgelaufen war; doch darauf kommen wir vielleicht später zurück, gerade eben im behaglichen Moment, den duftenden Bohnenkaffee in den Händen, ist der Blick schon wieder ausschließlich nach vorne gerichtet.

Hilfseinsatz in Ungarn!

Fotos, oben: Im Lager von Bruder Charly, welches sich mehr und mehr zum richtigen „Umschlagplatz“ entwickelt! Unten: Das erwartet uns – herzallerliebste Hunde, welche so dringend Hilfe benötigen!

Hilfseinsatz in Ungarn!

Noch am Morgen hält der Regen an, obwohl langsam schwächer werdend. Nichtsdestotrotz sind wir schon wieder am Beladen, jetzt, wo wir den ganzen gestrigen Nachmittag bereits damit verbracht hatten, verschiedenste Hilfsgüter in der Waldviertelregion zusammenzusammeln. Voll ist der Van, bis zur Dachkante; alles andere entspräche aber auch gar nicht der RespekTiere-Philosophie…

Hilfseinsatz in Ungarn!

Noch gilt es einiges zu erledigen, bevor das RespekTiere-Mobil endgültig die Front in Richtung Osten richtet. Wir freuen uns auf den Einsatz – immerhin, gestern hatten wir wunderbare Bilder betrachtet, von Menschen in entlegenen ungarischen Dörfern, welche mit den zuletzt gebrachten Hilfsgütern beschenkt worden waren – denn genau das ist das Versprechen von respekTIERE IN NOT, wir helfen punktgenau, bringen für  Tier UND Mensch so viel wie möglich an Waren, weil Tierhilfe eben bestenfalls auch immer Menschenhilfe sein sollte; dann nämlich, mit der Mitnahme von Kleidung, Grundnahrungsmitteln, Dingen des täglichen Bedarfs, stärken wir die Stellung unserer MitstreiterInnen in den Ostländern, welche ausschließlich in den wenig begüterten Gegenden „operieren“; so zum Beispiel ist es um Vieles einfacher, Hunde aus Romadörfern zu bergen, wenn man den dort lebenden Menschen für deren Mithilfe ansonsten schwer zu bekommende Güter überreichen kann! So etwas macht auch künftige Einsätze wesentlich einfacher…

Ein neuer Fixpunkt bei Reisen wie diesen ist ein ganz großartiger – wieder dürfen wir Brot und Gebäck aus Langenlois abholen, dort von der weithin bekannten Bäckerei Schalk (www.baeckerei-schalk.at), und die nach Gewürzen und Heimat duftenden Köstlichkeiten am Zielort verteilen – herzlichsten Dank dafür, Ihr Lieben! Es ist wie immer die Sabine, die unfassbar aufopfernde Tierschützerin, welche so viele Hunde – allesamt schwer beeinträchtigte – bei sich beherbergt, die uns die Delikatessen überreicht!

Hilfseinsatz in Ungarn!

Bald passieren wir nun die Bundeshauptstadt; vorbei geht es an der neuen Skyline, immer mehr an amerikanische Großstädte erinnernd. „Wien darf nicht Chicago werden“, hieß einst ein (wenn auch völlig übertriebener) populärer Polit-Sager, und heute ist zumindest tatsächlich eine optische Ähnlichkeit gegeben! 🙂

Hilfseinsatz in Ungarn!

Bald tauchen wir ein in das pannonische Becken; Windräder säumen den Weg, stählerne Monster, welche die Landschaft längst erobert haben; für alle Zeiten verunstaltet, auch das muss ausgesprochen werden dürfen. Selbst wenn ein derartiger Satz nicht gerne gehört wird, ist er dennoch pure Wahrheit. „Grüne Energie“, nennt man es, aber wie „grün“ ist es, wenn dafür abertausende Quadratmeter Bodenfläche verbetoniert, versiegelt werden? Aber ja, Sie haben recht – solange man keine Alternative nennen kann, solange sollte man das Bedauern über dieses Faktums hinunterschlucken.

Hilfseinsatz in Ungarn!
Hilfseinsatz in Ungarn!

Bald erreichen wir die Grenze; wie immer nehmen wir jene kleine bei Andau, und dieses Mal auch noch aus gutem Grunde – ich habe leider meine Papiere zu Hause vergessen, und so ist es von Vorteil, wenn besser keine Kontrolle stattfindet; zumindest bei der Ausreise, morgen dann, beim Zurückfahren, wir die Problematik eine andere sein, denn besonders die Kleinbusse werden in Zeiten der Menschenschieberei standardmässig einem Check unterzogen. Aber noch sind wir im Heute, überladen mit Problemen genug, zu vielen, um sich jetzt schon über das Morgen Sorgen zu machen…

Hilfseinsatz in Ungarn!

Doch auch bei der Ausreise stehen die GrenzbeamtInnen, allerdings nur auf der österreichischen Seite – und wohl auch hier vornehmlich, um den Rückreiseverkehr abzudecken. Niemand hält uns auf, und so entern wir unangetastet, trotz unzureichender „Grundausstattung“, das Magyartenland. Vorbei geht es nun an den vielen Tierfabriken; manche davon werden noch ein erklärtest Ziel sein, aber nicht im Jetzt – so viel sei bereits verraten!

Hilfseinsatz in Ungarn!

Foto: Tierfabriken finden sich entlang des Weges viele…

Das Land war offensichtlich ebenfalls von den Wetterkapriolen betroffen; hier allerdings dürfte es weniger der Schnee gewesen sein, dann der Regen. Deshalb gilt für weite Teile „Land unter“, die Felder voller kleiner Seen. Weiter geht es über die Ebenen, und langsam verliert der Tag gegen die Nacht, die Dämmerung setzt ein.

Schließlich taucht der Mond am Firmament auf, zaghaft nur, aber bestimmt. Wir nutzen die Gunst der Stunde, und an der vielbefahrenen Landstraße können die PassantInnen alsbald Gevater Tod sehen, wie er ein Transparent enthüllt: „There is no excuse for animal abuse“. Neben uns ist ein gut besuchter Weihnachtsmarkt, der Zugang von mehreren Männern in Uniformen und leuchtenden Warnwesten bewacht. Das Sicherheitspersonal erspäht uns; und schon beginnen die üblichen Mechanismen zu greifen – wir werden fotografiert und mit unfreundlichen Worten bedacht; so ziehen wir uns lieber zurück, doch einem Beamten genügt die Beweisaufnahme noch immer nicht; er kommt nach, hält den vermeintlichen Terroranschlag bis zuletzt auf Speicher fest. Andersherum: es ist seine Arbeit, und wenn wirklich etwas passieren würde, man wäre froh, über solch eifrige Mitarbeitenden.

Hilfseinsatz in Ungarn!

Foto, oben: Protestkundgebung vor der ungarischen Flagge! Unten: „Land unter“, die heftigen Regenfälle haben Spuren hinterlassen…

Hilfseinsatz in Ungarn!

Es ist schließlich stockdunkel, als wir nach langen weiteren Stunden Fahrt bei Gabi einlaufen; das Auto wird noch in den Innenhof geparkt, die 12 Hunde der Tierschützerin begrüßen uns stürmisch, und dann sitzt die kleine Gruppe auch schon beisammen am Tisch, in Geschichten verfangen; sogar ein wunderbares veganes Menü wird serviert, und bis in den Morgen hinein könnte in der so netten Unterhaltung verharrt werden; aber die Vernunft siegt letztendlich – nach ein paar Stunden Schlaf warten ohnehin arbeitsreiche Stunden, und so finden wir uns noch vor Mitternacht in den weichen Betten wieder.

Hilfseinsatz in Ungarn!

Foto: Die unvergleichliche Gabi mi tihren Lieblingen – der Eindruck täuscht, denn obwohl es allesamt so wunderschöne Hunde sind, stammen sie bis auf den letzten aus katastrophalen Verhältnissen!

Ein halbes Dutzend der kleinen Hunde nutzt die Gunst der Stunde und verbringt unter der Einforderung von andauernden Streicheleinheiten die Nacht mit uns – in den frühen Morgenstunden gesellt sich auch noch die Katze hinzu. 🙂

Der Tag beginnt sonnig; auch die Temperaturen steigen in frühlingshafte Bereiche, was weniger gut für das Wohlbefinden ist. Dennoch, alsbald lässt sich ein wunderbares Frühstück genießen und schon beginnen wir mit dem Ausräumen der mitgebrachten Sachen – was da wieder alles zusammenkommt, man glaubt es kaum! Sack um Sack, Karton um Karton, und zuguterletzt auch noch das Hundefutter, ein paar hundert Kilo bestimmt.

Hilfseinsatz in Ungarn!

All die Güter, bis auf das Hundefutter, welches für das eigene Asyl gebracht wird, werden schließlich wieder weiterversendet. In verschiedene Richtungen, von verschiedenen Organisationen übernommen; auf Umwegen landeten die letztgebrachten Kindersachen sogar jenseits der Grenze – in einem Kinderheim in Rumänien! Auch einen Einsatz mit „unserer“ Ware in einem kleinen Dorf hat es gegeben, ein Einsatz, der sogar mit Fernsehkameras begleitet worden war – Sie sehen, Ihre Spenden, sie erfüllen allesamt und immer einen ganz und gar wunderbaren Zweck!

Hilfseinsatz in Ungarn!
Hilfseinsatz in Ungarn!

Foto rechts: Staubsauger brauchen wir keinen mehr für das Mobil! 🙂

Es ist fast Mittag, als wir schließlich in das Tierheim aufbrechen. Die Herberge liegt am Rande der Stadt, unweit des weltberühmten Plattensees. Straßenhunde gibt es in der Gegend kaum welche, so landen dort höchstens hin und wieder solche von privaten Haltern, welche ihre Schützlinge derart schlecht behandelt hatten, dass die Behörde sie schließlich beschlagnahmte. Wie hoch der Grad der Vernachlässigung hierfür sein muss, man mag nicht darüber nachzudenken!

Am Rande der städtischen Müllkippe liegt der Ort; wie so oft im Osten, auf Land, welches sonst niemand brauchen würde. Aber immerhin – hier finden 60 Hunde und mehr neben Verköstigung und Schutz dann auch noch eines vor: eine echte riesen Chance! Denn der Verein Hundehilfe Nordbalaton, die meisten der Schützlinge stammen übrigens wie gesagt nicht aus der Umgebung, sie werden zuerst aus dem tiefen Osten, meist nahe der Grenze zu Rumänien oder der Ukraine, geborgen und hierher in Sicherheit gebracht. Die Hundehilfe setzt nun alles in Bewegung, um die Armen zu vermitteln, fast immer nach Deutschland. Und so nehmen schließlich die Allermeisten diesen Weg – in den noch immer goldenen Westen!

Hilfseinsatz in Ungarn!

Fotos: Zugang zum Asyl – an der Front befindet sich das städtische Tierheim, wo die Verhältnisse „sehr ausbaufähig“ wären…

Hilfseinsatz in Ungarn!
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Das Asyl ist zweigeteilt; vorne gibt es Hunde, über welche die Stadt die Hand hält. Allerdings leben diese zumeist in kleinen Zwinger, nur wenige dürfen frei laufen. Die Zwinger, es muss gesagt sein, sehen dann leider sehr oft … erbärmlich aus. Herzzerreißend. Es gibt Eingesperrte, welche seit vier oder fünf Jahren auf dem einen Quadratmeter Boden leben. Wie anders als praktisch unvermittelbar muss ein Hund werden, der solchen Torturen ausgesetzt ist?

Der hintere Bereich ist der Hundehilfe vorbehalten. Auch hier gibt es viele Zwinger, auch hier fehlt es oft an Mitteln; aber dennoch ist eines spürbar: die unerschöpfliche Liebe zu den Mitgeschöpfen! Die Hunde dürfen tagsüber allesamt aus den Umzäunungen, zumindest solange jemand von den Mitarbeiterinnen vor Ort ist. Im Moment gibt es mehr als 40, und allesamt sind sie herzallerliebst! Und so verlassen wir den Ort wieder eine Stunde später – von Kopf bis Fuß in Matsch getaucht, denn es hatte hier die letzten Tage durchgeregnet. Wir allerdings, wir haben die Sonne mit uns gebracht gehabt – im Herzen und am Himmel! 🙂

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Gegen vierzehn Uhr verabschieden wir uns von der so ans Herz gewachsenen Gabi. Seit wie vielen Jahren unterstützen wir uns nun schon? Seit fast 15! Eine lange Freundschaft, die so viel Gutes gebracht hat – und hoffentlich noch bringen wird!

Uns bleibt die Straße; und einmal mehr, wie schon öfters in der Vergangenheit, führt uns das Navi, wohl aufgrund der dutzenden Baustellen, über endlose Feldstraßen, oft über 10 oder 15 Kilometer hinweg. Die Wege sind dann gebrochen, mit Schlaglöchern versehen, eimertiefen. Die Ränder zerfurchten, das Ausweichen bei dem Himmel sei Dank nur sehr gelegentlichem Gegenverkehr wird zum Wagnis. Felder mit riesenhaften Ausdehnungen, gesäumt von reinen Laubwäldchen, allesamt für den Nutzen des Menschen gerichtet. In Reih und Glied stehen sie, die Bäume, wie künstliche Armeen. Ohne erkennbares Leben in sich.

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Foto oben: Gibt es dieses Verkehrszeichen „bei uns“ überhaupt? Traktor, Radfahrende und Pferdekutschen verboten! Unten: Kilometerlang sind solche Wege, welche uns letztendlich Stunden abnötigen.

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Wir halten wieder einmal bei einer der vielen Rinderfarmen. Die Kühe haben zwar Zugang ins Freie, aber die Enge der Anlage ist dennoch herzzerreißend. Doch dazu später einmal, dann in einem Sonderbericht.

Hilfseinsatz in Ungarn!
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Die Sonne zieht sich hinter den Horizont zurück, die Felder durchtränkt vom Regenwasser. Chemtrails spiegeln sich in den Pfützen, das Land in sanftes rot getaucht.

Stockdunkel ist es bereits, als wir die Grenze passieren. Das Zollgebäude ist von den Ungarn verlassen, auf österreichischer Seite patrouilliert eine Handvoll PolizistInnen. Welche uns aber – Ihr erinnert Euch, ein Mangel an Papieren – dann doch nicht aufhalten.

Hilfseinsatz in Ungarn!

Beton- und eisenstarre Riesen empfangen uns im pannonsichen Becken, mit Leuchtaugen versehen; Ihre Schaufelräder drehen sich immerwährend im Kreis, selbst der Wind ein Sklave seiner selbst, zur unablässigen Arbeit gezwungen.

Hilfseinsatz in Ungarn!

Es geht alsbald über die österreichischen Autobahnen, und mehr angeschlagen und müde als wir zugeben möchten, erreichen wir gegen 21 Uhr das Zwischenziel. Noch einmal rekapitulieren wir, wie wichtig denn der Einsatz überhaupt nur gewesen war; was die Hundehilfe Nordbalaton für wundervolle, absolut unersetzliche und unverzichtbare Arbeit leistet. Und über unser aller Beitrag, der doch mehr als nur ein bisschen stolz und glücklich macht!

Hilfsfahrt Impressionen

Hilfseinsatz in Ungarn!
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