Mauretanien-News, Interview mit Mohammed!

Heute möchten wir die Gelegenheit nutzen und Ihnen wieder einmal Neues aus Mauretanien berichten! Das Projekt ‚Esel in Mauretanien‘ entwickelt sich stetig weiter, und so ist die ‚Mobile Klinik‘ nun erstmals mit einem eigenen Fahrzeug ausgestattet – dieses, je zur Hälfte von Dr. Dieng und von uns bezahlt, gestattet der Mannschaft nun völlig unabhängige, flexiblere Wege! Außerdem gibt es jetzt fortlaufende Team-Sitzungen, wo allfällige Besonderheiten, Probleme und Wünsche auf direktem Wege besprochen werden. So ist sicher gestellt dass wir uns jederzeit am Puls befinden und sehr schnell auf jegliche Entwicklungen reagieren können.

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Foto: Barbara Bitschnau, Mohammed, Moussa, Zappa, Dr. Dieng, Saleckdas RespekTiere-Team

Leider gibt es auch traurige Nachrichten – es tut uns vom Herzen leid Ihnen mitteilen zu müssen, dass das Krokodil, Gandou, verstorben ist; sein Ableben macht uns umso trauriger weil wir es nach jahrelangem Kampf endlich geschafft hatten ihn aus dem unfassbar tristen ‚Zoo‘ von Nouakchott in ein neues zu Hause zu bringen, wo er erstmals in seinem Leben Ruhe und vor allem Sicherheit fand. Selbst Paten hatten wir schon für ihn gefunden, welche diese Sicherheit mit garantierten.
Gandou wurde rund 40 Jahre alt, und der einzige Trost der uns bleibt ist jener, dass wenigstens seine letzten Wochen frei waren von Hunger und Gewalt! Wir werden Dich nie vergessen!

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In der von Ihnen mit Begeisterung aufgenommenen Interview-Serie, gestaltet und durchgeführt von unserer unentbehrlichen Mitarbeiterin und Afrika-Expertin Mag. Barbara Bitschnau, kommen die Veterinäre der RespekTiere-Mobil-Klinik zu Wort und erörtern Ihnen dabei authentisch und unverfälscht ihre Anschauungen, geben Einblick in das tägliche Leben; heute setzen wir die Reihe mit unserem Tierarzt-Assistenten Mohammed Abdullah fort!


‚Jeder Mitarbeiter unseres Eselprojekts in Nouakchott hat seine eigene, spannende Geschichte zu erzählen – jene von Dr. Dieng kennen wir bereits schon. Um unseren Lesern einen regelmäßigen Einblick zu ermöglichen, war für den Monat Jänner Mohammed, einer unserer Veterinärmediziner, bereit, ein Interview zu geben.

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Foto: Mohammed im Einsatz

Was wollen unsere Leser hören? Sie wollen realitätsnahe und wahrheitsgetreue Informationen von der direkten Quelle. Wann und vor allem wie unsere Mitarbeiter zu dem Eselsprojekt gefunden haben, wie sie über die lokale Tiersituation denken, was sie an ihrem Arbeitsplatz an Tierleid erleben, etc. – nicht alles kann auf Bildern festgehalten werden. Erzählungen erwecken diese oftmals erst zum Leben.  Mohammeds Erlebnisse und Gedanken übersetzte mir Saleck (Saleck Najem, unsere rechte Hand vor Ort, Anm.) im Zuge des Interviews von Hassaniya ins Deutsche.
Im riesigen, sandigen Garten vor  Salecks Appartement, machten es wir, d.h. Saleck, Mohammed und ich, uns auf der Treppe zum Wohnzimmer gemütlich. Ganz auf mauretanische Art und Weise – unkompliziert und chillig – konnte es mit dem Interview losgehen.

DSC 5420(1)Mohammed, 1972 in Mederda geboren, war bereits vor seiner RespekTiere-Zeit ein zwischen diversen Wasserstellen pendelnder Veterinärassistent in Nouakchott. Man könnte es Zufall nennen, dass dieser „Pendler“ eines schönen Tages im März 2012 beim Impfen von Schafen auf ein paar Leute aufmerksam wurde, die sich um Esel kümmerten. Sein Interesse war sofort geweckt und so beschloss er kurzerhand, auf einen Sprung hinüber zu sehen und mal zu gucken, „was denn die da so machen“.
Vielleicht ist es auch als Schicksal zu bezeichnen, dass gerade zu diesem Zeitpunkt hoher Besuch aus Österreich an eben dieser Wasserstelle anwesend war: Mohammed traf niemand geringeren an als Thomas Putzgruber, der Hauptverantwortliche des Projekts, der hier nach dem Rechten sah. Die beiden Herren kamen ins Gespräch, welches länger und länger und länger wurde; Mohammed war begeistert und meinte schlichtweg: „Da will ich auch mitmachen!“

Tom, ein Mann der Tat, war ergriffen von dem entgegengebrachten Enthusiasmus und der Leidenschaft, die Mohammed an den Tag legte und sorgte dafür, dass dieser bei seinem Projekt einen einmonatigen Probevertrag bekam.
Mit einem Praktikum bei „El Chefe“ Dr. Dieng fing folglich Mohammeds Karriere bei RespekTiere an. Die beiden waren von Beginn an ein wunderbares Team und wären es wohl heute immer noch, wenn es da nicht eine klitzekleine Änderung vor wenigen Monaten gegeben hätte: RespekTiere wurde im Oktober um einen Mitarbeiter reicher und seither gibt es zwei verschiedene Ärztemannschaften, was zur Folge hatte, dass Mohammed nicht mehr mit Dr. Dieng zusammen arbeitet, sondern mit seinem Teamkollegen Moussa.

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Foto: Mohammed profitierte ungemein von der hervorragende Schulung durch unseren Chefarzt Dr. Dieng; er ist nun ein angesehner, kompetenter und nicht zuletzt sehr beliebeter Veterinär an den Wasserstellen, der zusammen mit Moussa Monat für Monat hunderte Esel behandelt!

Für unsere Leser, welche das Projekt lediglich von Fotos her kennen, wollte ich mal in Erfahrung bringen, welche Gefahren die Arbeit an den Wasserstellen mit sich bringt.  Aus Salecks Übersetzung geht hervor, dass viele Eselbesitzer ihre Tiere während der Behandlung nicht richtig festhalten und diese sehr wohl ausbrechen, ausschlagen oder zubeißen können. Fazit: Konzentration und ein gutes Reaktionsvermögen können bei dieser Arbeit nur von Nutzen sein!

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Fotos: Mohammed, Dr. Dieng, Irmi die Hufschmiedin – sie zeigt wie’s geht! rechts: Zappa (der von Irmi bei deren letzten Aufenthalt ausgebildete Hufschmied) und Mohammed haben viel von Irmi gelernt und arbeiten nun beide völlig selbstständig an den Eselhufen – eine immens wichtige, manchmal leider sogar unterschätzte Aufgabe, die aber nichtsdestotrotz oftmals über Leben und Tod entscheidet…

Bei dem Wort Eselbesitzer liegt einem ständig die Frage auf der Zunge: Wie kann es sein, dass die Tiere derart schlecht behandelt werden? Hier vertritt Mohammed dieselbe Meinung wie Dr. Dieng: Der Mangel an Bildung und das Unwissen, welche Schmerzen man dem Tier zufügt und welche Folgen diese Prügelei haben kann, sind die Hauptgründe für all die Krankheitsbilder, die die Ärzte tagtäglich an den Wasserstellen vor Augen geführt bekommen. Doch auch Mohammed beharrt darauf: Eine Besserung ist feststellbar!
Auf die Frage hin, ob er die Tierproblematik nur hier in Mauretanien oder auch global sähe, bekamen wir eine sehr eindeutige Antwort: „Ich war noch nie außerhalb Mauretaniens, aber hier…, hier ist es furchtbar!“

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Fotos: Mohammed am Eselmarkt

Es ist eine Tatsache, dass Menschen, welche ihr Leben einer solchen Berufsbranche widmen, viel erleben, viel verkraften müssen. Mohammed erinnerte sich an seinen alten Arbeitsplatz – eine Veterinärklinik, bei der eines Tages ein unverhoffter Kaiserschnitt an einem Esel auf dem OP-Plan stand. Wie es oft der Fall ist, gab es auch dort nicht die richtigen Mittel, um einen derartigen Noteingriff nach hohen Standards durchzuführen. Die Betäubung wirkte nicht, infolgedessen war der arme Esel kaum bis gar nicht unter Narkose gesetzt. Für Mohammed, der das Leiden der Eselmutter, welche jeden Schnitt und jeden Handgriff in und an ihrem Körper intensiv gespürt hatte, live mit ansehen musste, war dieser Tag der schrecklichste in seiner Karriere als Tierarztassistent. Was aus dem Eselbaby geworden ist, konnte er nie in Erfahrung bringen.
Mit dem letzten Sonnenschimmer wurde auch das letzte Worte für dieses Interview gesprochen – wie passend zu diesem traurigen Ende.

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Fotos, erste Reihe: Mohammed hilft einem Esel mit Verdauungsstörungen; rechts: er ist inzwischen, durch die Schulung der Biologin Silvia Reiter sowie der durch Irmi Forsthuber, staatlich geprüfte Hufschmiedin, auch selbst zu einem sehr guten Hufschmied geworden!
Fotos unten: ein schwer verletztes Bein; rechts beim Anbringen von ‚Nicht Schlagen‘-Stickern auf den Wasserkarren

Wir werden ab dem 9. Februar wieder zu einem besonders wichtigen Einsatz vor Ort sein, gemeinsam mit ‚unserem‘ so wunderbaren Tierarzt Dr. Matthias Facharani (www.tierarzt-facharani.de) aus Bayerisch Gmain! Bitte unterstützen Sie ‚Esel in Mauretanien‘! Die Esel brauchen uns – und wir Ihre Hilfe, denn ohne Sie sind wir hilflos!

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