die ‚Nacht des Fuchses‘ ist eine Nacht des Blutes….

Die Salzburger Jägerschaft hatte auch in diesem Jahr wieder aufgerufen zum traditionsreichen Massaker der Winter-Vollmondnächten in den eigenen Wäldern, welchem sie einst in einem Anflug von bitterem Zynismus einen gar mystisch klingenden Namen verliehen: die Idee zur furchtbaren ‚Nacht des Fuchses‘ war geboren! Mystisch allerdings klingt dann nur der Name, in Wahrheit ist es nämlich viel mehr ein Gemetzel ohnegleichen, ein sinnentleertes Blutbad, das in diesen Tagen über die Füchse hereinbricht.
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Für die grünberockten Mordmannsbrüder und –schwestern allerdings ergeben sich als grausame Anekdote das ganze Jahr über Gründe genug um Meister Reineke nachzustellen – nun aber fühlen sie sich durch die ‚Nacht des Fuchses‘ zusätzlich gar mit einem Freibrief ausgestatten, alle angetroffenen Angehörigen jener Gattung zu töten, völlig unterschiedslos deren Alters und Geschlechtes; das Jägerlatein, eine niemals aussterbende Sprachverwirrung, die sie allesamt befallen hat, spricht dann selbstverständlich nicht von Schießvergnügen oder Blutlust, nein, natürlich wird hier vielmehr hehrerem Gedankengut gefrönt: man hört vom Schutz des Niederwildes, der Tollwutbekämpfung, vom Fuchsbandwurm oder der Fuchsräude …. oder von tausenden anderen Ursachen, welche wie selbstverständlich barbarische Riten und Freude am Töten, ja selbst das Zurückversetzen ins steinzeitliche Gebaren, geradezu verlangen, rechtfertigen! Ja, lauscht man ihren Reden, müssten wir Ihnen sogar dankbar sein, den Hegern und Pflegern, weil sie uns beschützen vor der unbändigen Gefahr, welche vom tiefen, düsteren Wald ausgeht, sie, die – natürlich immer für uns – das gesamte ökologische Gleichgewicht in der Waage halten. Tatsächlich, sie regulieren die Balance, die so fragile Harmonie im Forst, versorgen und umhätscheln die dort lebenden Tiere – allerdings in der Regel nur jene, die sich später auch abknallen lassen – und verhindern ganz nebenbei das Wiederansiedeln von Raubtieren: denn vielleicht, so ist es im hintersten Winkel ihrer angestaubten Gehirne verborgen, vielleicht würden diese viel besser, gerechter, die Ordnung im Gehölz aufrecht erhalten; vielleicht auch würde eine natürliche ‚Auslese‘ ihre letzten Argumente, wie z. B. Wildtierverbiss, sehr schnell zu Fall bringen und damit die öffentliche Meinung endgültig zu ihren Ungunsten kippen lassen; jetzt, nachdem sie uns über die Jahrhunderte hinweg – ja, das Jägerlatein ist eine uralte Sprache – fast davon überzeugt hätten, dass ihr Dasein doch ein klein wenig Sinn ergibt!
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Die Nacht des Fuchses ist nichts anderes – so wie all ihre Gewaltorgien, völlig egal welche Bezeichnung sie auch für derartig absurde Anlässe dann immer auch finden – als eine Nacht des Blutes in unseren Wälder; dann, wenn der Vollmond den Weg für die Heuchler erhellt, einen Pfad des Todes kreiert, bis sich sein Leuchten in sonnendurchhellten, nebeligen Morgenschwaden wieder verliert, wird der zynische Mythos zur eiskalten Realität – ja, sie nennen es die Nacht des Fuchses, diese Vollmondnacht; allerdings, wenn der Morgen anbricht, ist es totenstill, denn dann gibt es in jenen Gebieten fast keine Füchse mehr …

 
‚Streckenlegung‘ in Scheffau bei Hallein: die Jägerschaft hat sich versammelt, um ihre Helden zu küren; jene Schützen, die sich Auge um Auge der Gefahr stellten, welche einem echten Teufelskerl in einem Kampf auf Leben und Tod mit dem blutrünstigen Monstern des Waldes begegnen. Technisch weit unterlegen, ausgestattet mit bloßen Händen und einer supermodernen Schusswaffe mit Zielfernrohr, der Kälte der Nacht schutzlos ausgeliefert in wattierter Winter-Spezialbekleidung, im manchmal sogar geheizten Hochstand der Kälte trotzend den Mann/die Frau stehend, mit Nachsicht-Fernglas durch das Land spähend, nehmen sie die letale Konfrontation auf. Sie wissen: die Ausgangslage ist für beide Seiten dieselbe, jeder falsche Schritt, jede falsche Bewegung, kann zur Tragödie führen – die Opferzahlen beweisen es! Wie viele Ihresgleichen sind nicht mehr heimgekehrt, den nächtlichen Strapazen erlegen, im Alko-Bad ertrunken – aber wie anders als die Flucht in die Welt der Spirituosen soll ein einfacher Geist die Fülle der Aufgabe, die Rettung der Welt, bewältigen? Wie viele der Ihren wurden getötet, nun ja, vielleicht nicht unbedingt von jenen reißenden Bestien denen sie nachstellen, niedergerungen von krallen- und zähnebewehren Monstern wie Feldhasen, Fasane, Rebhühner oder gar riesigen, kniehohen Rehen, aber von verirrten Kugeln ihrer Brüder und Schwestern, die sie – trotz supermoderner Waffen mit Zielfernrohr und Nachtsichtgerät – für Wildschwein oder Hirsch gehalten hatten, in einem Augenblick höchster Anspannung, erträglich gemacht nur durch einen Schluck vom Hochprozentigen?
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Der einsame, müde wirkende Redner begrüßt die Versammlung, etwas verschämt scheinend, und viel zu viele sind gekommen; besonders schmerzhaft für einen fühlenden und (mit)leidenden Menschen ist dabei wohl der Anblick jener, welche nur die reine Schaulustigkeit hierher geführt hat; Familien mit Kindern, Männer mit Gamsbärten an den seltsam geformten Hüten, in Leder und Loden, Frauen im Pelz, Frauen mit umgehängten Fuchsfellen samt Kopf und Pfoten, Kinder, denen das Töten irgendwie schmackhaft gemacht wird, mit Mären von Abenteuer- und Angstmach-Geschichten. Eine Blasmusikgruppe steht Spalier, dazwischen der Auflauf der Interessierten, mit ziemlicher Sicherheit allesamt der Jägerschaft zugetan. Der Ort dieser Zurschaustellung konnte wohl nicht herabwürdigender gewählt werden – gleich gegenüber der Dorfkirche, der heiligen katholischen Betzentrale, wo der einfache und sehr unzweideutige Satz ‚Du sollst nicht töten’ in den heiligen Büchern zu den absolut unantastbarsten Insignien in der Glaubensschrift niedergeschrieben steht….
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Und ja, da liegen sie dann, auf nassem, mit Tannenzweigen abgedeckten Boden; hier und da färbt sich der Asphalt unter ihnen blutig rot, hinterlassen ihre Körper triefende Pfützen. 24 Füchse an der Zahl. Auch 7 Mardern und einem Iltis ist die ach so hehere Absicht, dass ‚Niederwild’ zu retten, zum Verhängnis geworden. Manche der Tiere mit im Todeskampf weit aufgerissenen Mäulern, manche mit furchtbaren Wunden, welche einen tiefen Einblick in das Innenleben gewähren, wieder andere zusammengekauert, so als ob sie bloß schlafen würden. Im Getanze der Lichter, erzeugt aus Dutzenden Fackeln, mutet die Szenerie geradezu gespenstisch an, leichenstarre Wesen, ausgestellt von ihren Häschern, beraubt jeden Funken Lebens, rundherum ein Gewühle von Imponiergehabe und seelischen Abgründen. Mitten darunter wie gesagt auch viele Kinder, welchen diese erste Lehre in der absoluten Lauterkeit, der unabdingbaren Grausamkeit der Kreatur Mensch, wohl für die nächsten Jahre im Gedächtnis bleiben wird; einige davon werden sich von diesem Schock, den der Anblick so gnadenlos getöteter Mitgeschöpfe wohl auslösen muss, schwer erholen, von Alpträumen geplagt – einige andere werden diese Hürde dann überspringen, um nicht zuletzt auf Grund des frühkindlichen Ereignisses zu ähnlichen Gefühlskrüppeln wie die so selbstherrlichen Töter, die eigentlich ihre Vorbilder sein sollten, zu werden.
Bizarr, aber der Redner begrüßt selbst uns, das RespekTiere-Team, nur um später zum Schluss zu kommen, dass ‚auch der Herr Putzgruber und seine Mannschaft die Welt nicht ändern werden‘ können; aber vielleicht, so übersieht es der gute Mann, hat dieser Prozess dennoch schon begonnen, setzt sich fest zuerst als winziger Keim, nur um in den viel zu oft überanstrengten Gehirnen ständig weiter zu wachsen, denn alleine dass er und die seinen offensichtlich darüber nachdenken, kann der erste Schritt dazu sein…
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Wieder hören wir von den Gefahren des Fuchsbandwurmes, der zwar, zumindest wissentlich, seltsamerweise noch nie menschliche Opfer gefordert hat, und von der für die Füchse so grausamen Räude – die, wiederum äußerst seltsam, keine der toten Füchse vor uns befallen hatte; eine dringende Frage, welche zum Milbenbefall so oder so erlaubt sein muss: was ist es für eine Methode Füchse von der Räude befreien zu versuchen, indem man alle, ohne Ausnahme, niederschießt, um sich dann im Nachhinein zu vergewissern, ob denn das Opfer überhaupt an dem Befall litt???!!! Wie gesagt, Jägersprache, wir, die Unfähigen, sie zu verstehen….
Ja, ja, es ist ein Faktum, der ständige Kampf zwischen JägerInnen und ihren Opfern ist ein ausgeglichener, Auge um Auge, Zahn um Zahn.
Davon konnte man sich in Scheffau erneut überzeugen, bei der Präsentation der Blutzeugen, Ausgeglichenheit auf ganzer Linie: 24 Füchse wurden gemetzelt, 7 Marder und 1 Iltis, die in der Nacht der Füchse – im Dunkeln sind alle Schatten gleich – eben genau wie diese anmuteten; Kollateralschaden, nichts desto trotz ein Grund, deren Ableben nicht gebührend zu feiern! Apropos Ausgeglichenheit: doch, dieses Mal sind die JägerInnen alle wohlbehalten zurückgekehrt; überraschender Weise war niemand mit einem Schwein oder einer Hirschkuh oder einem Wolf verwechselt worden, hatten Mr. Jonny Walker und Mr. Jack Daniels keinen zusätzlichen Blutzoll gefordert. Ok, es gab neue Kerben an den Seelen, ein weiterer Teil deren in den klirrenden Nächten verkümmert ist; jedoch kein Grund zur Verzweiflung, für jene, welche keine Bestie erlegen konnten, denn für sie, vielmehr Heger als Jäger sind sie doch alle, gibt es noch immer die Chance, eine Jagdreise ins Ausland zu buchen, wo extra gezüchtete Tiere direkt vor ihre Flinten getrieben werden! Dem Aufpolieren des Egos steht also nichts mehr im Wege!
So wurden die Opfer ausgelegt, sehr passend direkt vor der Ortskirche, wo einige der Täter frühmorgens am nächsten Tag vielleicht eine Messe besuchen werden, um ihren Gott zu huldigen; einem Gott der einst ‚Du sollst nicht töten‘ zum höchsten Gut erkoren hatte.
Kläglich wimmernd werden sie ihn um Verzeihung bitten, ihre vom Blut Unschuldiger getränkten Hände falten; aber nicht wegen des Morden zuvor, denn so weit reicht der Gedankenfluss meist nicht; vielmehr werden sie für Ruhe und Frieden bitten, für sich und ihresgleichen, werden ‚Du sollst Deinen Nächsten lieben wie Dich selbst‘ wie mechanisch vor sich herkauen, und dabei keine Gedankenbrücke zu ihrem Tun herstellen; ‚San eh grod Vicha‘, wird die einzige Feststellung sein, sollten sie sich an Pulverrauch und Büchsenknall in sentimentalen Momenten überhaupt erinnern.
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24 Füchse, 7 Marder und 1 Iltis liegen am tannenzweigbedeckten, sich unter ihnen langsam blutrot verfärbenden Asphalt, das Kreuz Christi im Hintergrund. Die Jägerschaft besinnt sich, lauscht den Ansprachen ihrer Anführer, bizarre Momente im Fackelschein dutzender Kerzenlichter.
 
An der gegenüberliegenden Seite haben wir Stellung bezogen. Die sehr entgegenkommende Polizei hat diesen Standplatz klug gewählt, genau zwischen den Grünröcken und dem Gasthaus, dem Ort, wo später literweise Alkohol enthemmte Seelen beruhigen wird.
Ehrfurcht vor dem Leben bedeutet Abscheu vor dem Töten‘, ‚Schande, Schande, Mörderbande‘ und dergleichen steht auf unseren Transparenten geschrieben. Auch wir haben eine Aufbahrungsstätte aufgebaut, blutige Leintücher sind auf dem vom sturmartigen Wind längst trockengeblasenen Boden ausgebreitet. Ein Schild ‚Überpopulation‘ weist auf unsere Opfer hin: 2 JägerInnen liegen im rot gefärbten Leintüchern, Blut aus tödlichen Wunden verlässt ihre Körper; einer davon hat sich offensichtlich selbst gerichtet, ein Schild ‚Ich konnte die Schande nicht länger ertragen ein Lustmörder zu sein‘ unterstützt diese Annahme! Ein toter Hund liegt ebenfalls dort, ebenso eine Katze, ‚Ich habe Angst vor Jägern‘ weist darauf hin, dass die ‚Waidmänner‘ jedes Jahr auch tausende Haustiere töten.
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Auch Gevatter Tod ist in doppelter Ausführung vorhanden, 2 Sensenmänner spannen eine Botschaft in großen Buchstaben. ‚Impotenz braucht Waffen‘ ist auf Schildern zu lesen. Insgesamt haben sich fast ein Dutzend TierschützerInnen in Scheffau eingefunden, welche – seit vielen Jahren erstmals bei Tauwetter und Plus-Grad-Temperaturen im ‚Eiskasten Tennengau‘ – um die 32 neuen Opfer der Jägerschaft trauern.
Noch umspielt ein Lächeln die Mienen der JägerInnen, wie sie da stehen, ihre Opfer am blutbeflecktem Asphalt betrachtend, das Lächeln eines Siegers, eines Beherrschers; dass sie aber vielmehr längst vom vermeintlichen Goliath zum verächtlich betrachteten Wicht mutiert sind, ist ihnen im Moment vielleicht noch gar nicht bewusst -allein die Geschichte wird den unvermeidlichen Abstieg zeigen, auf schwarzen Seiten dokumentieren… Die Todesschützen werden geehrt, mit einem Tannenzweig reich beschenkt (???), welk wie ihr Haupt, mit Handschlag geadelt – bluttriefende Hände schütteln ihresgleichen, und dann machen sie sich auf in Richtung Gasthaus, der Alkohol, der Stoff des Vergessens, wartet bereits. Überdies: sie, die sich so gerne als Naturmenschen wähnen, hart im Umgang mit sich selbst und allem Leben, frieren nun bereits, sich bibbernd nach der Wärme der Gaststube sehnend wandern sie derselben mit schnellem Schritt entgegen.
Am Weg zum Paradies, zum Alkohol, der das Vergessen verspricht, mit so wenig kann ein kleiner Geist zufrieden sein, gab es allerdings noch ein Parcours zu meistern: wie sie da an den TierschützerInnen vorbei schleichen, mit lautem Mund, aber stillem Herzen, werden sie erinnert daran, wie die Welt außerhalb ihres ewig gestrigen Kosmos über sie denkt: ‚Schande, Schande Mörderbande‘, ist da ohne Unterlass zu hören, oder ‚Tiere haben Rechte – Jagd ist Mord!’….
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Für die Grünröcke selbst war diese Kundgebung doppelt lehrreich: zum einen wurden sie auf die Nichtselbstverständlichkeit ihrer Taten hingewiesen, und zum anderen darauf, dass es immer mehr Menschen gibt, die diesem Treiben nicht länger tatenlos gegenüberstehen!

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