Zurück aus Bulgarien – Einsatzbericht, Teil 2!

 

Einsatzbericht, Teil 2!
So sitzen wir mit müden Augen am beginnenden Morgen bei einer Tasse vor sich hin dampfenden Instantkaffee. Selbst das braune Getränk hat aber alle Mühe, die bleierne Mattigkeit aus den alten Knochen auch nur ansatzweise zu vertreiben. Es hilft dennoch nichts, der Versuchung von Ruhe nachzugehen, diese Frage ist eine irrrelevante – dazu haben wir heute einfach viel zu viel vor.
Am vergangenen Abend konnten wir uns Satellitenbilder von der Umgebung runterladen, auf welchen besonders zwei Plätze ins Auge stachen, Orte, die am ehesten den Umrissen einer Pelztierfarm nahekommen könnten. Beide wollen wir noch ausfindig machen, als treibende Bestimmung für den auf uns wartenden Tag; erschwerend für die ohnehin harsche Aufgabe kommt, so stellen wir bald fest, das unwegsame Gelände hinzu.
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Foto: überall entlang der Straßen begegnet man Tierleid… die Ohrenstellung verkündet den ganzen Kummer dieses Esels, der, in der prallen Sonne angebunden, wohl den Tag an wenigen qm Fläche verbringt!

Erstere Anlage finden wir dennoch rasch; ein mehrere Kilometer langer Feldweg führt uns zu einer offensichtlichen Tierhalte-Anlage. Wir durchqueren ein Waldstück, als plötzlich eine Kuh-Herde unseren Weg kreuzt; die Tiere tauchen einfach vor dem Auto aus dem Wald auf, wechseln die Seite und verschwinden gegenüber wieder im Gebüsch verschwindet. 2 Pferde haben sich dem ‚Gänsemarsch‘ angeschlossen, und am Ende des Zuges trabt ein Deutscher Schäferhund und leitet die Nachzügler, mehrere Kälber! Immer wieder sehen wir die Gruppe schemenhaft durch die Zweige und Blätter, bis sie schließlich erneut im Freien erscheint. Unfassbar, welch tollen Job der Schäferhund erledigt. Plätzlich erblicken wir auch weit vorne den Hirten selbst, der nur darauf achtet nicht überholt zu werden; alle anderen Aufgaben übernimmt der alte, längst ergraute Gefährte!

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Dann, wie von Geisterhand hingestellt, erscheint die gesuchte Anlage vor uns, aus dem Nichts auftauchend; Unmengen von Strohballen sind vor ihr aufgestapelt, was zur Annahme verleitet, hier handelt es sich um einen Kuhhalte-Betrieb. 9 riesige Hallen sind in der Landschaft verstreut, sämtliche Wege dazwischen von Gestrüpp überwuchert. Trotzdem wird in ihnen ‚produziert‘, zumindest parken einige Autos davor – was den Eindruck erhärtet, dass trotz der Entlegenheit und trotz des offensichtlichen Verfalls immer noch Arbeiter und somit auch tierliche Gefangene anwesend sind. Das Tor steht offen, kein Wächter ist in Sicht, so fahren wir einfach auf ein Geradewohl in die Fabrik hinein.
Tatsächlich ist bald ein LKW-Fahrer mit dem Aufladen von Tieren beschäftigt, welche es sind erkennen wir nicht. Aber es riecht stark nach Huhn, zumindest Geflügel. Wir beschießen den Ort vorzumerken und irgendwann in der Zukunft mit einem kleinen Rechercheteam wiederzukommen.
Beim Rausfahren allerdings steht ein Mann am Eingangstor; seine Blicke verheißen nichts Gutes, so stellen wir uns ein wenig dumm, fragen nach dem Weg zum nächsten Ort. Nun hellt sich seine Mine auf, er erklärt in gebrochenen Englisch dass wir wieder umkehren müssten, die ‚Straße‘ würde ins Nirgendwo führen. Neugierig, wie TouristInnen mal sind, fragen wir, welche Tiere denn hier gehalten werden würden; ‚Quack‘, ist seine Antwort. Enten! Wohl tausende davon… Ob wir die denn einmal kurz sehen könnten? Nein, das wäre verboten, ist die Antwort. Wohl aus gutem Grunde!
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Am Weg zurück kommt uns auf der völlig zerfurchten Straße ein LKW entgegen; ‚Animals‘ steht auf der Plane, und Enten oder Gänse sind darauf abgebildet.
Nun suchen wir noch die 2. Anlage. Dem Bild nach müsste sie ebenfalls in einem Waldstück sein, doch auf angegebener Route gibt es nur eine Zufahrt, und die führt direkt in einen Eisenbetrieb. Wir wollen sie dennoch versuchen, aber ein grimmiger Wärter gibt uns mit bösem Blick zu verstehen: kein Zutritt!
So leicht wollen wir uns aber nicht geschlagen geben, und deshalb parken wir den Van entlang der Hauptstraße; schließlich schleichen mutige AktivistInnen den elendslangen Zaun entlang durch den angrenzenden Wald. Wie mühsam das ist, werden vielleicht nur jene verstehen, welche irgendwann einmal ihren Weg durch wucherndes Gestrüpp bahnen mussten…
Zu guter Letzt finden wir eine verlassene, ehemalige Straße, die wohl einst die Zufahrt zu einem Betrieb war. Nichts deutet zuerst darauf hin, dass sie noch genutzt wird, aber nach einigen hundert Metern sehen wir plötzlich unfassbar lange Hallen vor uns, umgeben von einer gut 2,5 Meter hohen Stahlmauer. Später soll sich herausstellen, die Verfallene ist ein Verbindungsweg, der letztlich in eine neue Asphaltbahn mündet – und diese leitet sich weiter durch eine große Anlage hindurch, bis sie – geradewegs in den Eisenbetrieb führt!!! Der Verdacht liegt nahe, die Tierqualeinrichtung ist ein Teilbereich dessen, alles zusammen wohl ein großer, auf breiter Basis errichteter Konzern…

Ein vorsichtiger Blick über die Stahlummantelung verrät – da sind Tiere drinnen! Außerdem surren die Ventilatoren und ein Traktorfahrer geht seiner Arbeit nach. Wir tasten uns vorsichtig bis ans Ende der Anlage, da erkennen wir dahinter nochmals mehrere Hallen, allerdings in verfallendem Zustand. Jetzt sind wir wirklich neugierig geworden, wollen uns überzeugen, was denn hier passiert. Und plötzlich erscheint ein Arbeiter auf seinem Bagger. Der Fahrer scheint uns nicht zu beachten, wir grüßen, er erwidert die Freundlichkeit nicht. Die Hallen sind leer, an ihnen wird aber offensichtlich für spätere Zwecke gebaut. Ein weiterer Arbeiter kommt, der spricht uns an, auf Bulgarisch, aber als er merkt wir verstehen ihn nicht, lässt er uns ebenfalls unbeachtet weiter ziehen. Was ins Auge sticht: überall liegen neue Gitter herum, ein Umstand, der den Verdacht nahelegt, hier werden Käfige errichtet. Tatsächlich findet sich auch ein fertiger solcher, ein Nerzkäfig!

Nun gehen wir zurück zu den besetzten Hallen; noch vor wenigen Minuten wäre ich jede Wette, hier sind Hühner oder Puten gefangen, eingegangen. Jetzt bin ich da nicht mehr so sicher, gewiss ist der Jagdinstinkt vollends erwacht. Ein Stück weiter wagen wir uns vor, und dann erkennen wir: nein, kein Geflügel, hier sind tatsächlich Nerze eingesperrt, dem Anschein nach tausende!!!! Wir haben sie also wirklich gefunden, die unnahbare Tierfabrik, die selbst die TierschützerInnen hier nur aus Berichten kennen!
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Aber wir brauchen für spätere Recherchen einen echten Beweis – und so überklettern wir den unüberwindlich scheinenden Zaun, der ungebetene BesucherInnen zwar reinlässt, doch ein späteres Rauskommen, das wäre unter normalen Umständen nicht möglich. Der Erfahrung sagt aber, es gibt immer eine Schwachstelle – und die finden wir dann tatsächlich auch hier! So stehen wir Minuten später in der riesigen Halle, schließen das Tor hinter uns. Unfassbar, bis zum Ende ist sie gefüllt mit mehreren Reihen von Nerzkäfigen, allesamt besetzt. Wir möchten in diesem Newsletter gar nicht näher auf die nicht zu übertreffende Grässlichkeit solcher Anlagen eingehen, dazu wird bald mehr Zeit sein, dann, wenn wir in wenigen Monaten wieder gekommen sind und über ausreichendes Bildmaterial verfügen!!!
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Jedenfalls, der Rückzug tut gut – im selben Moment, als wir uns wie zufällig zurück auf dem Weg befinden, kommt auch schon ein Mann in einem Pickup auf uns zu. Er, offensichtlich der Inhaber oder zumindest in einer leitenden Funktion, ist nicht erfreut über die Begegnung; ‚this is private property‘, herrscht er uns an, und was wir denn hier wollen, ist seine erste Frage. Wir sind deutsche Touristen, die eine lange Reise hinter sich haben und sich nur die Füße vertreten wollten; irgendwie seinen wir auf diese Straße gelangt und dann – wegen der Einfachheit – lieber ihr gefolgt als durch den unwegsamen Wald zu schlendern. Diese notdürftig erfundene Erklärung scheint ihm zu genügen; dennoch, so bittet er uns, ‚geht zurück auf die Hauptstraße, das hier ist ein Tierhaltebetrieb‘. Nun lassen wir die Neugierde spielen; welche Tiere würden sich denn hier befinden, fragen wir unschuldig. Hühner, in der Mehrzahl, meint der Tierausbeuter…
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Endlich sind wir zurück beim Wagen; eine kurze Pause, die haben wir uns redlich verdient! Ein paar Züge aus einer Manitou-Zigarette lassen das Gesehenen leichter verdauen, dazu ein zuckersüßer Kaffee! Der Mann vom Stand gegenüber, er verkauft Militärkleidung, kommt auf uns zu. Der Gute interessiert sich für den Sprinter, bekundet seine Vorliebe für diese Art von Wagen. Wir fragen, was denn die Jacken und Shirts in Tarnfarbe kosten würden – vorausdenkend natürlich, denn die wären bei der anstehenden Recherche ebenfalls von großem Nutzen! 🙂
Schon kaufen wir auch wirklich bei ihm ein; 2 Jacken, Tarnhosen – und 2 wunderschöne, uralte Gasmasken, die wir bei unseren ‚Hier stinkts nach Tierquälerei-Demos‘ immer gut gebrauchen können!!!

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Fotos: unfassbar… tote Hunde finden sich überall. Wie jener auf dem Bild gestorben ist? Einfach nur furchtbar!

Dann hat uns der Highway wieder – wir wollen noch Didi besuchen, die junge Tierärztin, ihrerseits ein unentbehrliches Mitglied aller Kastrationsprojekte! Mit Vanjas Koordination finden wir die Adresse auch prompt, obwohl in Bulgariens zweitgrößter Stadt!

Am Weg zum Stadtzentrum, noch weit außerhalb der Metropole, halten wir. Eine besondere Situation hat unser Interesse erweckt – ein Mann nämlich , der an seinem Stand am Straßenrand Fische zu verkaufen versucht. Tatsächlich betreibt er eine etwas abgehalfterte, schmutzige Teichanlage, gefüllt mit Karpfen.

Einige der Tiere sind im einem schmutzigen Glasbecken zur ‚Ansicht‘ gehalten, wo das Wasser ob der Hitze und der nicht vorhandenen Sauerstoff-Zufuhr bereits eine grünliche Farbe angenommen hat. Sofort, als er uns erblickt, fängt der Verkäufer einen Karpfen und präsentiert uns den im Netz zappelnden Fisch…
Als er merkt, wir wollen den Fisch nicht kaufen, erlischt sein Interesse in selber Sekunde wieder an uns und er wendet sich anderen Dingen zu.

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Unmittelbar vor dem parkenden Auto liegt ein lebloser Hund, wie er umgekommen ist, wir wollen es gar nicht wissen; an diesem Tag sollen wir noch mehrere sehen, manche von Autos überrollt, andere auf unbekannte Art und Weise ums Leben gekommen (Bild oben)…
Didi arbeitet in einem von deutschen Organisationen finanzierten Kastrationszentrum; das Tierkrankenhaus ist ganz neu errichtet, relativ klein, aber wunderschön. Die begnadete Tierschützerin versorgt gerade ein Kätzchen, aber als sie den überraschenden Besuch erkennt, unterbricht sie sofort ihre Arbeit und wir fallen uns in die Arme – es ist wirklich eine Riesenfreude, die Mitstreiterin so vieler Kastrationsprojekte wiederzusehen!
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Später zeigt Didi uns auch schon die Räumlichkeiten, wo man in erster Linie auf Katzenhilfe spezialisiert ist; ein Sponsor hat das ausdrücklich so gewollt, deshalb ist ein zweiter eingesprungen der dann die Finanzierung der Hundekastrationen übernimmt; eine perfekte Symbiose!
Ein Hund ist mit Didi; er war vor ca. einem Monat hier gelandet, von der Straße weg, hätte kastriert werden sollen. Leider hat es Komplikationen bei der Betäubung gegeben, nicht jeder Hund verträgt diese Medikamente gleich. Jedenfalls musste Bennie, so heißt der Süße, lange wiederbelebt werden. Die Bewusstlosigkeit führte aber dazu, dass sein Gehirn über einen Zeitraum hinweg mit Sauerstoff unterversorgt war, woraufhin leichte epileptische Anfälle auftraten. Dem Himmel sein Dank hat der Allerliebste keinen dauerhaften Schaden davon getragen, er wird wieder ganz gesund. Doch bis die Anfälle gänzlich verschwinden, wird er bei Didi, die nebenbei auch noch 7 andere Hunde sowie drei Katzen und ein Kaninchen versorgt, bleiben.
Wenn Sie Benni adoptieren möchten, bitte sagen Sie uns Bescheid! Er ist wirklich der süßeste Hund, den man sich vorstellen kann, verträgt sich mit jedem/jeder anderen seiner ArtgenossInnen und mag auch Katzen!!!
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Fast 500 Kastrationen hat das 2-Frau-Team um Didi seit der Eröffnung vor 60 Tagen bereits durchgeführt – eine ganz unglaubliche Leistung, welche schrecklichstes Tierleid von vornherein verhindert!
Jetzt, am Abend, sperrt die junge Tierärztin die Ordination zu; wir packen Benni ins Auto, sind eingeladen, an einem weiteren Einsatz teilzunehmen. Dort wo Didi wohnt, in einem kleinen Dorf rund 10 Kilometer von der Arbeitsstätte entfernt, hält ein altes Ehepaar Schafe; mehrere der Tiere sind an Huf-Räude, einer schrecklichen Erkrankung, die im Endstadion die Hufe gänzlich wegzufressen vermag, erkrankt. Die Veterinärin kommt jeden Tag, unentgeltlich, vorbei, wechselt die Verbände, trägt die entsprechende Medizin auf und verabreicht ein Antibiotikum. Wir können bei der Arbeit helfen und stellen schnell fest – es ist tatsächlich nicht ganz einfach, ein Schaf so festzuhalten, dass die Ärztin ungehindert arbeiten kann!
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Das nette Pärchen lädt uns auf eine Tasse Kaffee sowie Kuchen ein; die Süßigkeit müssen wir verweigern, da mit Milch hergestellt, aber er Kaffee sollte der Beste sein, welchen wir seit vielen Tagen genossen! Es stellt sich heraus, die beiden Menschen sind unglaubliche 75 Jahre alt; sie sind herzensgute, beschenken uns schließlich mit allerlei Feldfrüchten und dem obligatorischen Selbstgebrannten – dennoch aber, und diese Einsicht erfüllt uns mit tiefer Traurigkeit, verstehen auch sie nicht die Sorgen von TierschützerInnen, sowie die Bedürfnisse von Tieren. So zum Beispiel fördert Nässe die Erkrankung der Schaf-Hufe, aber nichtsdestotrotz stehen die Tiere trotz mehrmaligem Aufmerksammachens des Nachts im nicht ausgemisteten Stall. Genauso schlimm: während ein kleiner Hund ein freies Leben genießt, hängt ein großer bulgarischer Hütehund sein Leben lang an einer kurzen Kette. Die Hündin ist wunderschön, natürlich bellt sie uns an; ich frage, ob ich sie denn streicheln dürfte, der Mann meint, lieber nicht, sie würde mich wahrscheinlich beißen. Da von ihr aber nur Beschwichtigungssignale ausgehen, nähere ich mich, lasse sie an der Hand schnuppern – und siehe da, plötzlich schleckt sie mein Gesicht, legt sich auf den Bauch, weiß gar nicht, wo sie als erstes getätschelt werden möchte – einfach nur allerliebst! Die Frage, die sich in diesem Zusammenhang aber stellt – wie falscher kann ein Hundehalter die Reaktionen seines Schützlings einschätzen? Er hatte bisher bestimmt alle Fremden abgehalten, welche vielleicht den Versuch unternommen hätten  – falls ein durchschnittlicher Bulgare denn dann einen Hund überhaupt anfassen würde – der Liebesbedürftigen Streicheleinheiten zukommen zu lassen, obwohl sie doch so eine Süße ist und sich geradezu nach Aufmerksamkeit sehnt!
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Didi verspricht nochmals mit ihm zwecks der Freilassung – im eingezäunten Garten!!!! – zu sprechen; sie hat es natürlich schon öfters versucht, doch die Antwort ist immer die gleiche gewesen: frei gelassen würden sie die Gemüsebeete zerstören, und außerdem, der Hündin geht es doch gut, die fühlt sich wohl, das ist ihr Platz….
Später fahren wir noch zu Didis kleinem Heim; sie wohnt in einem winzigen Haus mit größerem Garten, befeindet von der Nachbarschaft ob ihrer vielen Hunde; ganz schnell werden Menschen hier für verrückt erklärt und öffentlich angeprangert, gemieden, wenn sie sich der Tiere annehmen.
Wie bescheiden man leben kann, die Tierärztin zeigt es an diesem Platz vor. Nur für das Notwendigste eingerichtet, aber dennoch urgemütlich und effizient!
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Nun drängt die Zeit aber wirklich; wir dürfen die Nacht in Alekos leerstehender Wohnung in Sofia verbringen, hätten aber einen Treffpunkt gegen 17 Uhr abgemacht – jetzt, mindestens 2 Stunden von der Hauptstadt entfernt, ist es ob der Fülle der Aufgaben bereits nach 18 Uhr…
Nochmals aber zeigt uns Didi einen besonderen Ort; dort hat ein Mann eine Umzäunung für seine Schafe errichtet. Davor ist ein weißer Hütehund angepflockt, seit 7 vollen Jahren an einer nicht einmal 2 Meter langen Kette. Didi erzählt, als sie hier angekommen ist, vor 2 Monaten, war die Hündin nur mehr ein Knochengerüst, völlig abgemagert. Sie hatte den Tierhalter selbst gebissen, seither wagt er sich nicht mehr wirklich an sie heran. Füttert tut er sie nun auch nicht, das hat Didi übernommen. Der Mann ‚erlaubt‘ es, ‚duldet‘ es, verhält sich aber so, als ob er damit der Tierärztin einen Gefallen macht…  gleich gegenüber ist ein Pferd angekettet, der prallen Sonne schutzlos ausgesetzt. Auch hier springt Didi mit der Grundversorgung ein – aber was, wenn sie diesen Ort in Richtung Sofia, oder das Land überhaupt, verlässt? Das wird sie nämlich früher oder später tun, auch wenn sie das im Augenblick vielleicht selbst noch nicht weiß, gleich allen hoffnungsvollen jungen Menschen, denn die Perspektiven im ‚Land der Ruinen‘ sind ernüchternd!
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Einfach schrecklich, wo hört das Tierleid auf? Wohin man auch immer das Auge wendet, überall Kummer, überall Situationen, welche tierliebe Menschen einfach verzweifeln lassen. Und man steht diesen zumeist ohnmächtig gegenüber, es gibt fast keine gesetzliche Handhabe gegen Tierquälerei. Doch, die gibt es schon, werden Bulgarien-KennerInnen nun vielleicht einwenden; es hat ein – sogar ganz gutes – Tierschutzgesetz! Ja, stimmt, aber leider nur am Papier ist dem so, ist die deprimierende Antwort!
Wir verabschieden uns; Didi ist eine ganz besondere junge Frau, der ohne jeden Zweifel eine grenzenlose Karriere bevorsteht; eines Tages, dafür würde ich meine Hand ins berühmte Feuer legen, wird sie zu den besten Veterinären zählen, welche auf diesem Planeten zu finden sind!
Etwas ruhiger als zuletzt finden wir uns schließlich am Highway wieder; die Sonne gibt ihren täglichen Kampf einmal mehr auf, langsam breiten sich die Schleier der Nacht über das Land. Wir hängen den Gedanken nach, viel ist heute passiert; und eine Unzahl von schlimmen Bildern prägt sich tief ins Gedächtnis ein…
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Erst gegen 9 Uhr abends erreichen wir den Zielort; der so nette Aleko erwartet uns bereits, zeigt uns die Wohnung. Sie liegt in einer nicht so ermunternden Umgebung, und tatsächlich ermahnt uns der Gute, doch vielleicht die Autobatterie abzuschließen, um damit Diebstahl vorzubeugen. Im von Zahn der Zeit zernagten Plattenbau sind dann die meisten der Eingangstüren mit mehreren Schlössern abgesichert, manche gleichen den Stahltoren von Tresoren, massiv, schwer, nicht aufbrechbar. Wohl aus gutem Grunde, denken wir, und ein etwas flaues Gefühl befällt uns dann doch noch…
Die Wohnung gleicht einer solchen aus den Fernsehbildern von Dokus über die 50-Jahre; aber für uns ist sie bestens geeignet, wir fühlen uns wohl!
Schließlich bringen wir Aleko zum Bahnhof, er fährt zurück nach Pernik; wir werden den guten Mann morgen wiedersehen. Selten noch haben wir jemanden getroffen, der auch nur annährend so gastfreundlich ist!!!
Für uns ist der lange Tag noch nicht zu Ende; wir suchen nun einen Platz, wo wir ins Internet können, so viel muss noch für den Hundetransport organisiert werden! Schließlich werden wir an einer Tankstelle fündig, und so sitzen wir bis fast Mitternacht vor den Computern.
Gegen halb 2 Uhr fallen wir in die weichen Matratzen – endlich Schlaf!!!!
 
Den heutigen Tag möchten wir gerne langsamer angehen, immerhin steht morgen die große Reise bevor – zusammen mit 8 Hunden geht es dann zurück nach Österreich und Deutschland. Zwischen ‚sich etwas vornehmen‘ und der Tatsächlichkeit besteht aber ein großer Unterschied, wie wir bald wieder einmal feststellen werden!
Zuerst geht es zu jener Tankstelle, wo es ‚WiFi‘ gibt; wir wählen uns mit den Geräten ein und erledigen kurz wenigstens die unaufschiebbare Internetarbeit, welche derartige Einsätze mit sich bringt. Dann schon steht er erste wirklich wichtige Programmpunkt des  erneut sehr heißen Tages am Programm – wir fahren zum städtischen Asyl der Stadt Pernik, welches mit riesigen Problemen zu kämpfen hat; zum einen kommt die Stadt nie ihren Verpflichtungen nach, zum anderen werden angesehen TierschützerInnen der Kommune davon abgehalten, dort ihrer (ehrenamtlichen) Arbeit nachzugehen. Der letzte ‚Pächter‘, eine Frau mit dem Hintergrund einer einheimischen Organisation, soll dem Vernehmen nach wie alle anderen BetreiberInnen zuvor viel Geld gescheffelt und nichts für die Hunde gemacht haben. Jetzt wird jemand Neuer gesucht, aber wie gesagt, die Stadt ist mit allen, die bisher vorstellig geworden sind, nicht zufrieden; vielleicht, so der Verdacht, hat man andere Pläne, oder der Sohn, Neffe, Cousin, Freund eines höheren Beamten will aus irgendeinem Grunde den Platz für sich behaupten. Korruption ist das vielleicht größte Problem Bulgariens, sie hemmt das Wirtschaftswachstum, lässt kaum jemanden außerhalb eines elitären Kreises eine Chance, völlig egal worin auch immer…
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Jedenfalls sieht das Asyl nicht so schlecht aus wie wir aus den Erzählungen von AugenzeugInnen eigentlich befürchtet hatten; zur Zeit wird es von ca. 20 Hunden bevölkert, darunter einige Junghunde. Die Heimatlosen werden von einer Privatperson versorgt, diese bekommt von den ansässigen TierschützerInnen Unterstützung in Form von kleinen Geldbeträgen und Hundefutter. Was in Bulgarien passieren würde, wie unfassbar schrecklich das Hundeschicksal im Allgemeinen sein müsste, wenn es nicht überall dann auch selbstlose Menschen geben würde, die sich bis zur Selbstaufopferung des Übels annehmen; einige davon, in Fakt alle Anwesenden – Toni die Hundehotel-Besitzerin, Toni von Dai Lapa, Reni, eine Freundin von ihr, Aleko, die Pflegerin der armen Tiere – stehen versammelt vor uns!
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Fotos: es gibt auch kranke HeimbewohnerInnen… die Kühltruhe im Bild rechts versprach nichts Gutes, zumal sie noch immer am Strom hing… die Befürchtung sollte sich leider bewahrheiten! unten: die inneren Räume sind eine Katastrophe, außen – mit Freilauf unter Tags – gibt es schrecklichere Orte in Bulgarien…

Während die äußern Zwinger in halbwegs brauchbaren Zustand scheinen, wohl verrostet und klein, aber dennoch nicht völlig kaputt und immer noch viel besser als an so manchen Plätzen die wir bisher gesehen hatten, sind die inneren Räume eine bloße Katastrophe – schimmelige Wände, dunkel, mit einer Glühbirne an der Decke und einem kleinen Loch in der Mauer, welches wohl ein Fenster darstellen soll, präsentieren sie sich als echte Folterzellen. Dem Himmel sei Dank sind sie seit längerer Zeit leergeblieben, aber auch der renovierte Raum für den Chirurgen hat lange kein Leben mehr gesehen. Darin sticht eine Kühltruhe, immer noch unter Strom, ins Auge – wie oft haben wir solche in Rumänien gesehen, und immer waren….tote Hunde drinnen. Ich wage zuerst gar nicht den Deckel aufzumachen, aber der berühmte ‚ich möchte es unbedingt wissen-Moment‘ obsiegt dann doch und wir öffnen den Eisschrank; Gott, darin sind tatsächlich schwarze Leichensäcken aufbewahrt, gefüllt, mehrere davon… (laut einer offiziellen Statistik wurden in Pernik zwischen 2005 und 2010 – also selbst zwei Jahre nach dem gesetzlichen Tötungsverbot – rund 5 000 Hunde ermordet; inoffiziell darf diese Zahl dann als gut doppelt so hoch vermutet werden).

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Das Asyl beherbergt lauter tragische Fälle; der traurigste wird wohl durch einen etwas 6 Jahre alten Schäferhund verkörpert, der praktisch blind ist. Sein Besitzer hatten ihn all die Zeit bei sich gehabt, aber nach der Augenerkrankung war er ihm nichts mehr wert; so brachte er ihn ins Asyl, nur um ihn gegen einen jungen, gesunden Hund einzutauschen! 🙁
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Wir sitzen noch gut eine Stunde, die Frauen erzählen gar schreckliche Dinge, so tieftraurig, dass wir sie gar nicht wiedergeben möchten; hier hat die Hoffnungslosigkeit ihr zu Hause gefunden, so viel steht fest, und das Sprichwort ‚die Hoffnung stirbt zuletzt‘ ertrinkt in einem Meer der Tränen…
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Wir verlassen den trostlosen Ort; Fotos haben wir viele gemacht, die TierschützerInnen sind sich sicher, wenn wir keine Plätze für sämtliche Arme finden, dann laden sie allesamt sehr bald auf der Straße; zusätzlich erschwerend, um der Tragik die Krone aufzusetzen, niemand weiß woher diese Hunde überhaupt kommen, also kann man sie in eintretendem Falle auch nicht in die angestammten Reviere bringen; was bedeutet, sie werden, egal wo abgeladen, immer die Verstoßenen bleiben; solange, bis sie ihr zuallermeist grausames Schicksal ereilt…
Dann geht es zu Tonis Hundehotel, welches inzwischen auf über 80 ‚Gäste‘ angewachsen ist; soooo schön, wir sehen nun einige alte Bekannte aus dem Kastrationsprojekt wieder – Richi, der inzwischen erfolgreich am verletzten Bein operiert ist, die kleine Maus, welche direkt vor dem Behandlungssaal abgeladen worden war, Bonnie – und Tom! Unfassbar wie er sich freut uns zu sehen, zu traurig, dass er wieder nicht mit uns kommen kann! Aber es gibt Interessenten aus Deutschland, und so wird er alsbald ebenfalls nach Germanien reisen… Der Wunderbare läuft den Gang auf und ab, springt hundertmal auf uns, drückt sich hingebungsvoll an die Menschen, welche er sofort wiederzuerkennen scheint; in der Tat, er kann gar nicht genug der Streicheleinheiten bekommen! Wie könnte es anders sein, letztendlich verlassen wir mit Tränen in den Augen seinen Freilauf, Toms Blick im Rücken wie ein scharfer Dolch. Das Herz zerreißt, ihn erneut zurückzulassen!  
Wir beginnen die Transportboxen in den Van zu laden, mit Heu und weichen Unterlagen auszustopfen. Schwer finden die riesigen Dinger Platz, besonders zwei davon, aber diese müssen auch die fünf Teenager und deren Mama beherbergen…
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Bis die Pässe vervollständigt sind und alles Organisatorische ausgeredet, dauert es seine Zeit. So ist es wieder nach 18 Uhr, als wir Tonis wundervolles Hotel verlassen.
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Foto: dieser Hund wurde von Aleko gerettet und in Tonis Herberge gebracht – Unbekannte hatten mit einer Gewehrkugel sein rechts Vorderbein zertrümmert…

Noch gibt es Arbeit zu tun, und so stehen wir eine halbe Stunde später vor der Filiale eines Kaufland-Geschäftes (weil dort die größte KundInnenfrequenz herrscht) im Gevatter-Tod- bzw. Hundekostüm, mit unserem Transparent ‚Stopp killing Straydogs – now!!!‘.

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Am Heimweg geht sich vor einem Imbisstand sogar noch ein Protest –  sowie im Todeskostüm als auch mit Schweinemaske und ‚Meat-Eating Kills‘-Transparent – aus!
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Am Abend steht in der uns von Aleko so dankeswerter Weise zur Verfügung gestellten Wohnung ein hoher Besuch an – Emo, der Held vieler Kastrationskampagnen, jener junge Mann, der mit sicherer Hand so viele scheinbar nicht einzufangende Hunde mit  dem Pfeil aus dem Betäubungsgewehr zum Einschlafen und in Folge in den OP-Raum gebracht hatte, wird uns beehren! Schließlich sitzen wir dann bis weit nach 1 Uhr morgens zusammen, um über dies und jenes, vor allem aber über Strategien usw. für sein Heimatland in punkto effektivem Tierschutz zu plaudern…
Am nächsten Tag, heute steht die Abreise bevor, bereuen wir die späte Stunde des Schlafengehens etwas; vor 2 sind wir erneut nicht ins Bett gekommen, so reiben wir uns den Schlaf aus den müden Augen, beobachten schlaftrunken das sprudelnde Wasser im kleinen Kocher. Der Kaffee holt uns schließlich zurück ins Leben, und bald sitzen wir im Sprinter, Tonis Hundeherberge als Ziel! Aleko, Toni und Reni werden uns dort erwarten, die begnadete Tierärztin Didi hat sich auch angekündigt.
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Fotos: Pferdefuhrwerke sind auf bulgarischen Straßen eine echte Gefahrenquelle für Mensch und Tier…

Es geht über das Teilstück der berstenden Autobahn, wo streckenweise keinerlei Begrenzung der Fahrbahn ersichtlich ist, die Ränder ansatzlos in Verbuschung übergehen; Tatsächlich gibt es ab und dann auch gar keine Boller zwischen den Fahrbahnen, nur Gras und Sträucher, wovon wiederum so mache bis weit hinein in die Überholspur wuchern!

Nach 30 Kilometern führt uns der Weg durch das wahrlich nicht sehr schön anzusehende Pernik, durch eine Wüste aus Beton-Plattenbauten, vorbei an von Roma-Angehörigen bewohnten Häusern, wo bunte Wäsche im lauen Wind trocknet.
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Foto: Perniks Gesicht ist wohl nicht das Allerschönste; Plattenbauten beherrschen die Umgebung!

Knapp vor Tonis Hotel liegt ein toter Hund, ein großer schwarzer, auf der Straße; wir halten kurz, auf Christines Wangen bahnen sich Tränenbäche ihren Weg über ein traurige Gesicht… so schlimm, ich mag gar nicht darüber nachdenken, wie viele tote Hunde, und noch mehr andere Tiere, wir auf dieser so intensiven Reise gesehen haben…

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Aleko hat ein typisch bulgarische Gericht – eine Art Zwiebelstrudel – für die lange Fahrt (welche nach unseren Berechnungen nicht unter 17, 18 Stunden zu schaffen sein wird) gebacken – wie nett der junge Mann ist, einfach unbeschreiblich. Ausführlich erklärt er nochmals die Route, zeigt uns alle Zwischenstationen auf seinem Handy. Ich muss mich wiederholen – ohne die Hilfe so großartiger Menschen, es wäre trotz der Möglichkeit von Mitteln nicht umsetzbar, tief im Osten effektiv zu helfen, so viel steht fest!
Nun soll es schnell passieren; die großartige Toni bereitet noch eine Tasse Kaffee für uns alle, dann geht es an die Arbeit! Die gestern ins Auto verladene Boxen werden nochmals geprüft, Ersatz-Heu zum Auslegen wird eingepackt; dazu frisches Brot für uns aus Tonis Bäckerei, ein echter Leckerbissen!!!
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Fotos: Bonni wird verladen – auf geht es in ein neues Leben! unten: erinnern Sie sich noch? Die kleine Süße wurde vor wenigen Wochen bei der Kastratinsaktion einfach vor unserem OP-Gebäude ‚entsorgt’…  rechts: Richi mit dem lästigen Kragen!

Reni, die so unentbehrliche Hilfe, bringt zuerst Richi; der, wie immer völlig relaxed, lässt sich in aller Ruhe in die Box befördern, offensichtlich erleichtert, dass wir ihn zuvor endlich von seinem Plastikkragen befreien – die Wunde aus der OP ist super verheilt. Dann folgt Bonnie, schließlich die Mutter mit ihren fünf Teenagern…

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Ja, jetzt gilt es endgültig Abschied nehmen, schnell sogar, die Temperatur bereits jenseits der 30 Grad Marke! Nun kommt aber auch noch Didi, und es ist eine ganz besondere Freude auch sie nochmals sehen zu dürfen! Letztendlich fallen wir uns alle in die Arme, drücken uns und dann, bevor die Rührung zu tief greift, dreht sich der Schlüssel im Zündschloss – mit kraftvollem Schnurren startet der Motor und los geht die Fahrt!
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Foto: Christine sagt ein letztes Mal ‚Goodbye‘!

Noch lange beobachte ich im Rückspiegel die so liebgewonnen Freunde, ganz sicher solche fürs ganze Leben!

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Wieder geht es durch die herrliche Berglandschaft im Westen Bulgariens; später hoch nach Norden, in Richtung Vidin, der Grenzstadt zu Rumänien (wo ich leider meine Brieftasche an einer Tankstelle verlieren sollte…); ein letztes Mal Diesel zapfen im günstigen Bulgarien, dann setzen wir frohen Mutes  die Fahrt über die riesige Donaubrücke fort… aber leider nimmt die Gefühlsregung ein jähes Ende! Ein unendlich wirkender Stau bremst jede in der Zwischenzeit aufkeimende Hoffnung, die Heimat bald wiederzusehen! Tatsächlich stehen die Fahrzeuge warum auch immer, kilometerlang, eine zum vollständigen Erliegen gekommene Blechschlange… und wir mit 8 Hunden im Auto, bei mittlerweile gut 34 Grad!
Wir überholen schließlich wenigstens für die ersten Kilometer die Warteschlange, immer ‚Hundetransport‘ rufend, um die vielen erbosten Stimmen zu beruhigen; und wirklich, es winken uns nun AutofahrerInnen durch! Ein Mann – entgegen der landläufigen Meinung, bulgarische Männer hätten nichts übrig für Hunde – meint sogar, wir sollten bis ganz nach vorne, uns nicht abdrängen lassen, schließlich geht es hier um Leben…
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Dann findet der gute Wille aber sein plötzliches Ende, als die Lawine auf zwei Spuren zusammengeführt wird; es gibt kein Durchkommen mehr! Wir fragen den Van-Fahrer vor uns, ob wir uns denn vor ihm einreihen dürften; er fragt nach dem ‚Warum‘; ich sage, weil wir Hunde transportieren. Er antwortet: ‚Na und, ich transportiere Milch‘… unfassbar…
Schließlich finden wir uns im völligen Stillstand wieder; wir müssen notgedrungen den Motor laufen lassen, die Air-Condition auf Vollgas. Kondenswasser breitet sich am Boden aus, die abfließende Flüssigkeit hinterlässt ein flaues Gefühl. Richi und Bonni dürfen nun aber raus, an der Leine fühlen sich die beiden Braven aber inmitten der vielen Menschen und Motoren sehr unwohl. Dennoch, sie verrichten ihr Geschäft, aber die kleine Familie muss die ganze Zeit über im Auto bleiben – es handelt sich um sehr scheue Hunde, die Gefahr, sie rauszulassen wäre einfach zu groß. Würde einer der Tier-Teenager irgendwie die ‚Flucht ergreifen können, es gäbe keine Möglichkeit ihm oder ihr erneut habhaft zu werden…
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2 Stunden kostet uns der Verkehrszusammenbruch; dann sind wir in Rumänien. Die Sonne geht langsam unter, taucht die prächtige Donaulandschaft in herrlich weiche Farben. Überall sehen wir Hirten mit ihren Tieren, Ziegen, Schafe, Kühe und Pferde, vereinzelt Esel. Aber leider auch unfassbar viele Hunde entlang des Weges, überall starren leere Augen aus ausgehungerten Körpern auf die vorbei rasenden Autos, immer in der Hoffnung, einen weggeworfenen Bissen zu ergattern…
An einem Parkplatz halten wir erneut; es ist nun gegen 22 Uhr; sofort sind wir von einem Dutzend hungriger Mäuler umzingelt, füttern die Lieben mit den letzten Resten des mitgebrachten Hundefutters. Es ist einfach nur traurig, wie groß das Problem wirklich ist. Niemand kann es totschweigen, die Realität präsentiert sich hier jeden gefahrenen Kilometer auf drastische Art und Weise vor unseren Augen…
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Es wird Mitternacht, dann 1 Uhr morgens; wir passieren die rumänisch-ungarische Grenze ohne gröberen Zeitverlust, dann, gegen 2 Uhr morgens, beginnen die guten ungarischen Highways! Der Mercedes läuft und läuft, läuft in sein Jubiläum: der Tachostand zeigt die ersten 100 000 Kilometer! Viele werden hoffentlich noch folgen, denke ich! 🙂
An der ungarisch-österreichischen Grenze kämpfen wir erstmals erheblich mit zweierlei Dingen: nämlich der sich ausbreitenden Müdigkeit, sowie den ermattenden Grenzkontrollen… wo ist die vielgepriesene Reisefreiheit im europäischen Wirtschaftsraum geblieben, alles nur eine Seifenblase?
Ab 5 Uhr morgens wird die Fahrt dramatisch, durch die österreichische Metropole gelangen wir in halber Trance; das Radio spielt passend: ‚Der Himmel über Wien…‘
Gegen 7 erreichen wir dann das erste Ziel: das Haus meines geliebten Bruders bei Tulln! Dort dürfen wir uns kurz ausrasten, die Hunde in der Garage für ein paar Stunden freilassen! Welche Freude, vor allem für die Lieben! Wunderbarer Kaffee bringt dann die Lebensgeister erneut zu erwachen, dazu herrliches Brot und wohlschmeckende Marmelade!
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So schön, wieder hier zu sein! Noch dazu, wo das Haus immer mehr einer Tierherberge gleicht – rund 80 Schildkröten tummeln sich rundherum, dazu Katzen, Hund, Kaninchen, der Teich voller Fische und Frösche – einfach nur wunderbar!
Zusammen mit Max reinigen wir die Boxen, versorgen die Hunde, und dann gibt es eine Stunde Schlaf!
Unsanft werden wir aber schnell wieder aus den beginnenden Träumen gerissen; noch gilt des den letzten Abschnitt zu schaffen! So erreichen wir gegen Mittag St. Pölten, wo die so fantastische Gloria mit ihrem Pferdewagen auf uns wartet – schnell sind die Hunde umgeladen, Richi wird besonders begrüßt: darf er doch für immer bei Gloria bleiben!!!
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Die so gutherzige Tierschützerin wird die anderen Hunde nun nach Regau bringen, dort warten Viktoria und Günther. Gloria fährt mit Richie heim nach Bad Aussee, die anderen bringen den bulgarischen Import weiter zu den Endplätzen! Aber das ist eine andere Geschichte, die wir später noch ausführlich erzählen werden!!!

Achtung, Achtung! Besuchen Sie uns am kommenden Samstag am ‚Veganen Wiesnfest‘ in München! RespekTiere wird in der Bayern-Metropole einmal mehr mit einem großen Stand vertreten sein, wir freuen uns auf besonders nette Gespräche inmitten unserer Lieblingsnachbarn! Beginn 10 Uhr, bis ca. 18 Uhr!!!

 
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