Die Hunde von Temeswar brauchen uns – der Bericht!

 

Der Morgen hatte trüb begonnen. Gevatter Frost sandte erstmals seinen Gruß aus dem Hohen Norden, wo er verschanzt in der Eiswelt seit Monaten mit angespannter Geduld auf seinen neuerlichen Auftritt, auf sein glorreiches Comeback, gewartet hatte. Jetzt langsam fühlt er sich stark genug für eine Wiederkehr, welche der alte Riese mit lautem Getöse vor allem in höhergelegenen Regionen pompös vollzog; ja, dort auf einer Seehöhe ab 800 Meter waren seine kleinen kristallenen Soldaten bereits eingefallen, Myriaden winziger Eiseskrieger, dem Herren in blinder Gehorsam voraus eilend. Sie hatten seinen Weg bereitet, sich vor seinen Schritten zusammengeballt zu einer weichen Decke glitzernden Schnee, dem Mächtigen einen würdigen Teppich zu Füßen gelegt.
 
Gegen Mittags jedoch begann sich die Wolkendecke etwas zu lichten, und zaghaft, ganz vorsichtig, kitzelten sogar ein paar Sonnenstrahlen das Antlitz von Mutter Erde. Wieder waren wir unterwegs, nun bereits auf der Ostautobahn, immer in Richtung der untergehenden Sonne. Das RespekTiere-Mobil schien die schüchternen Temperaturen geradezu zu genießen, und trotz der Ladung von rund 1000 kg an Gebrauchsgütern aller Art, besonders aber an Hundenahrung, spielte das 136-PS-Ungetüm seine unbändigen Muskeln aus.
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Bis spät in die Nacht hinein hatten wir gestern die Fracht zusammengetragen; und wie viele Menschen dabei halfen, einfach wunderschön! Selbst im letzten Moment noch meldeten sich TierfreundInnen, brachten große Mengen an Hilfsgütern vorbei. Stofftiere, Hygieneartikel, Kinderspielsachen, Kleidung, Süßigkeiten für die Kinder, alles sollten wir dabei haben, und ganz, ganz viel Hundenahrung: wie die schon erwartet werden würde, wer mag es erahnen? Aber nicht nur Nahrung selbst, auch Dutzende Futterschüsseln, Leinen, Halsbänder, Körbe, Decken – und vor allem Parasitenbekämpfungsmittel, zur Verfügung gestellt von unseren wunderbaren Partnerorganisationen um Salzburg und Krems – all das hatte im riesigen Laderaum des Sprinters Platz gefunden! Wir möchten den Moment nicht missen, um unseren tiefsten Dank für diese kompromisslose Unterstützung auszudrücken; es ist so wunderschön, Tieren und Menschen in Not helfen zu können, aber es wäre für uns gänzlich unmöglich, wenn es da nicht Sie gäbe… ein Gedanke, der uns mit tiefer Demut zurücklässt, im Wissen der Verantwortung, wir sind Ihre ausgestreckten Hände, welche den Notleidenden gereicht werden…
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Fotos: bis obenhin vollgestopft treten wir die Facht an!

 

Frau Opreas Hunde, Ihr erinnert Euch bestimmt noch an unsere ersten Berichte, wie dringend benötigen sie all die mitgebrachten Güter!

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 Fotos: diese Hunde brauchen unsere Hilfe – Jetzt!!!
 
Neben mir im Bus sitzt Christian, mein wohl ältester (an Jahren des gemeinsamen Weges gerechnet) Freund; er, im selben Jahr das Licht er Welt erblickend wie ich selbst, ist er seit 42 Jahren ein fixer Bestandteil meines Lebens; wie viele Freundschaften gibt es heute noch, welche eine so lange Zeitspanne überdauern? Zum ersten Mal ist es sich ausgegangen, dass er eine unserer so zahlreichen Hilfsfahrten begleitet – und dann aber gleich eine solche, zu dieser Annahme bräuchte es keine prophetische Gabe, welche uns bestimmt an die Grenzen der Belastbarkeit führen würde…
 
In schnellem Tempo durchqueren wir Wien, umgehen geschickt den alltäglichen Stau-Wahnsinn auf der Südost-Tangente;  wir freuen uns aber zu früh über den vermeintlichen Erfolg, denn das Verkehrschaos holt uns dann doch noch ein. So verlieren wir schließlich eine gute halbe Stunde auf der Ostautobahn, aber plötzlich sind die Straßen wie von Geisterhand wieder leergefegt; vorbei geht es am überdimensionalen Industriepark, die Halbwahrheiten von der ‚ach so grünen‘ Energie hallen bei diesem Anblick wie zum Hohn in unseren Ohren; ja, es ist nicht der rechte Weg über etwas zu schimpfen, ohne, wenigstens gedankliche, Alternativen aufbieten zu können, aber in diesem Falle lehne ich mich aus dem Fenster – ganze Landstriche mit Betonsockeln zugemauert, riesige Fundamente für windkraftbetriebene Riesen, nimmermüde in Bewegung, welche die sanften Hügel für immer verändern. Wie Soldaten ernster Minen stehen sie da, den Wind in sich gefangen, seine Freiheit längst in Monotonie verblasst. Wie vielen Vögeln haben sie den Tod gebracht, tun es unablässig, wie viele Tiere meiden ihre Nähe ob des Lärms und der grauenhaften Schatten, welche wie ruhelose Geister an sonnigen Tagen über das Gras unter ihnen huschen? Wenn das unsere Zukunft, unsere ‚bessere‘, ‚fortschrittlichere‘, bedeuten soll, dann haben wir uns selbst überlistet, die Natur endgültig mit Füßen getreten, auf nicht mehr Wiedersehen ausgeschaltet. Ich frage mich, was bleibt an Natürlichkeit am Ende des Tages, wenn diese gegossenen Armeen täglich größer werden, das Land unter sich begraben, ihre Fundamente den Boden erdrücken, ihre Monsterarme nach der belebten Mitgeschöpfen ausstrecken?
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Als wir die ungarische Grenze erreichen, fällt bereits Dunkelheit ein. Irgendwie bringt die beginnende Abendstunde eine gewisse Erleichterung mit sich, verbirgt sie doch die Wirklichkeit hinter ihrem Schleier. All die Tierfabriken, das ausgebeutete Land, die weiten, tierleeren Ebenen, welche doch immer nur an das erinnern, was hätte sein können, all das uns gnädig verborgen bleiben…
 
Im Eiltempo geht es durch das Magyarenland, und auch die staugeplagte rumänische Grenze passieren wir ohne Probleme. Plötzlich aber fällt dichter Nebel ein, undurchsichtige Schwaden, welche letztendlich unsere Pläne verändern; zum ersten Mal werden wir heute nicht ab Szeged über die Bundesstraßen fahren, sondern den Umweg über die neu errichtete Autobahn wagen. Der Weg ist zwar etwas länger, nebenbei ist nicht ganz sichergestellt, ob die gierigen Asphaltschlangen sich in ihrem Heißhunger bereits bis in die Metropole Temeswar vorgegraben haben, aber in Anbetracht der geisterhaften Schleier entscheiden wir uns dennoch für diese, im Augenblick wohl einzige Wahlmöglichkeit; die kleinen Straßen mitten durch die Dörfer, einsame Verkehrswege durchzogen von aberhunderten Schlaglöchern, erscheinen uns in Anbetracht des Nebel als nicht lohnende Alternative…
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Tatsächlich funktioniert die neue Route gut; auch hier behindert die Wetterkonstellation das Vorankommen, und 26 Kilometer bevor ‚TomTom‘ ‚Sie haben Ihr Ziel erreicht‘ verkündet, müssen wir endgültig auf kleine Nebenstraßen ausweichen. Die Schwaden werden nun zeitweilig so dicht, dass der Sprinter mit nicht mehr als 25 km/h bewegt werden kann. Zudem tauchen nun auch einzelne Hunde auf, wie aus dem Nichts kommend, aus einer menschenleeren Umgebung ausgespuckt. Sie suchen wohl die Ränder der Straßen ab, nach weggeworfenen Nahrungsmitteln, die in dieser kargen Welt ihr Überleben bedeuten. Wie unsagbar traurig…
Gegen 1 Uhr morgens erreichen wir dann doch das Haus unserer Frau Doina, der Fels in der Brandung, die Ruhe in sich selbst – welche Wiedersehensfreude trotz der späten Stunde! Wie großartig ist so ein Netzwerk, wo man weiß, man wird mit Freuden aufgenommen, noch dazu von Menschen, welche derart Großartiges tagtäglich leisten (Frau Doina hat 20 Jahre lang im Kloster von Temeswar gearbeitet und dabei unzähligen Menschen einen Sinn im Leben gegeben; selbst heute noch, nun bereits in den 70ern, hilft sie, wo immer Hilfe gebraucht wird)?
 
So sitzen wir dann noch bei einer gemütlichen Tasse Tee, bis die Anstrengung des Tages letztendlich Tribut fordert; gegen halb 3 Uhr fallen wir völlig übermüdet in die wartenden, herrlich weichen Betten!
 
Früh am nächsten Morgen finden wir uns in der Küche von Frau Doina’s so gastlichem Haushalt wieder. Ihr Sohn ist auch gekommen, er spricht ebenso fließend Deutsch wie die Mutter, und auch er hat viele Geschichten zu erzählen, wie ihm das Leben übel mitgespielt hat. Immer wieder ist er aber auf die Beine gekommen, nur um zunehmend zu wissen, er möchte der Gesellschaft ausweichen, die kein Herz mehr und auch keinen Platz für Menschen hat, welche nicht länger im Einheitsbrei marschieren möchten. So ist er zum Hirten geworden, sein liebstes Sein unter den Schafen und den großen Hütehunden, sein Leben nebenbei der kleinen Tochter widmend…
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 Foto: schon bei Frühstück kreisen unsere Gedanken: was genau wird uns wohl in den nächsten Stunden erwarten?

 

Nach ausgiebiger Mahlzeit brechen wir auf; es geht los zu Frau Opreas Asyl, wo es so schwer ist, die Grenzen zu bestimmen zwischen Herberge und Hoffnungslosigkeit. Frau Oprea selbst erwartet uns bereits sehnlichst; drei ihrer Mitarbeiter sind ebenfalls vor Ort, jene Männer – wir hatten im Zuge der letzten Reise berichtet – welche mit ihr die wohl letzte Stütze im Leben, die einzige Stabilität in einer sich stetig verändernden Umgebung, gefunden haben. Auch ihr Mann ist zugegen, er selbst genau wie sie in den 80ern, mit schweren gesundheitlichen Problemen gestraft. So kann er kaum aufstehen, sitzt die ganze Zeit über auf seinem Sessel, mit Müh und Not ringt er sich Worte des Dankes ab. Dank für unser Einschreiten, für das Einhalten des Versprechens vom September, bald wieder hier zu erscheinen und zu helfen, helfen, helfen. Ohne nach dem Wenn und Aber zu fragen, einfach da zu sein, in der Stunde der größten Not. Einen Harnbecher trägt er ständig bei sich, von Prostataproblemen gezeichnet, mit gebrochener Hüfte und diversesten anderen ernsthaften Erkrankungen des Körpers und der Seele geplagt. Mit Tränen in den Augen versucht er zu erklären, wie dringend jedes Händereichen erforderlich ist, er und seine Frau, sie schaffen die unfassbare Aufgabe nicht länger. Mit 30 Hunden schlafen die beiden in einem kleinen Zimmer, alles teilend, buchstäblich das letzte Hemd.
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 Foto: selbst unter dem alten Bett tummeln sich noch einige Hunde…

 

Die von ihnen bezahlten helfenden Männer würden selbstredend – und das kommt erschwerend zu den gesundheitlichen Problemen des Ehepaares hinzu kommen, in sozialen Problematiken verstrickt sein , erzählt er schweren Herzens, und es gäbe keinen Tag, an dem er nicht Gott bitte würde für eine Zukunft – nicht für ihn oder seine Frau, sondern für die Hunde…
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Und die umlagern uns sofort in Scharen. Allein am Zufahrtsweg, über Stock und Stein, ausgewaschene Furten, über beinahe unwegsames Gelände hinweg, tauchen sie zu Dutzenden auf – und diese sind nicht einmal jene, welche in der Ummauerung des Oprea-Geländes ein zu Hause haben… es sind jene aus der Umgebung, die hier nach einigen Bissen essen suchen, ausgehungert, von der Gesellschaft verlassen, ausgestoßen.

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Wir beginnen den Van zu entladen; gut 700 kg an Futter haben wir gebracht, gut 200 werden wir am späteren Nachmittag noch kaufen gehen; dazu an die hundert Essensnäpfe, Parasitenbekämpfungsmittel, Leinen, Brustgeschirre, Decken, Hundekörbe – die allesamt alsbald regelrecht von der Masse belagert, beliebäugelt und schließlich von den Selbstsichereren auch sofort besetzt werden!
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Ein unfassbares Elend breitet sich vor unseren Augen aus; allesamt leiden die Armen an ärgstem Parasitenbefall, manche mit kaum mehr einem Haar am Körper; einige haben sich soweit aufgekratzt, sodass bereits blutige Wunden ihre Körper zeichnen. Andere humpeln, pergamentene Haut spannt sich nahezu bis zum Zerreißen über abstehende Knochen. Unfassbar, Frau Oprea beginnt die Hunde zu füttern, und es gibt kaum ein Gerangel dabei, obwohl Dutzende ausgezerrte Körper an jedem Fütterungsplatz nach Nahrung gieren…
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Was uns ganz besonders am Herzen liegt: dem alten Ehepaar die Schuld an der Misere zuzuschieben wäre ein Leichtes; dennoch entbehren solche Gedanken jeglicher Realität, wären zutiefst unmenschlich und unfair. Ganz sicher haben diese Menschen ihre eigene Zukunft geopfert, weil sie das allgegenwertige Leid nicht mehr mit ansehen konnten. Sie haben armen Tieren eine Heimat gegeben, und – dem kosmischen Gesetz getreu – wo Hilfe geboten wird, da wird diese überstrapaziert. Es ist einfach, aus mitteleuropäischer Sicht und Denkweise zu agieren, aber hier sind die Gesetze nunmal anders: nimmt man einen Hund nicht auf, so kann man ihn mit großer Wahrscheinlichkeit bald tot neben der Straße finden. Herr und Frau Oprea hätten ein gänzlich anders Leben haben können, sie entschieden jedoch für die Hunde dazusein. Sie bezahlen sämtliche Ausgaben aus eigener Tasche, und natürlich führt ein solcher Idealismus ganz schnell in die Ausweglosigkeit. Hilfe ist keine zu erwarten; die Behörde, würde Sie jetzt vielleicht fragen? In Deutschland, er Schweiz oder Österreich schon, aber in Rumänien? Würde man die einschalten, Sie können sich ausmalen was das Schicksal all dieser kranker und alter Hunde wäre…
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Morgen, ja morgen, da werden wir einen großen Einsatz starten, zusammen mit der einheimischen Ärztin von Netap,  jener Organisation aus der Schweiz, welche durch ihre Gründerin Frau Esther Geiser direkt in Temeswar eine Kastrationsklinik aufgebaut hat (www.netap.ch)!!! Großartige UnterstützerInnen haben weiters neueste Medikamente bezahlt, die Tablette um gut 25 Euro, welche aber mit einer einzigen Dosis für Monate hinweg die Räudemilben in den Griff bekommen werden!!!! Soooooo schön, auch hierhin geht unser gnz großer Dank!  
 
Nirgends, wirklich nirgends, kann die Hilfe im Moment dringender sein als an diesem Ort, jetzt, wo zudem der erste Kälteeinbruch Spuren hinterlässt, wo Gevatter Frost vor der Tür steht – stellen sie sich vor, all die haarlosen Hunde, der Unwirtlichkeit des rumänischen Winters hilflos ausgeliefert…
 
Wir sind mehrere Stunden im Asyl, helfen, die mitgebrachten Güter an sichere Orte zu bringen. Selbst die große Anzahl von Hunden, mittlerweile sind es knapp 150, hält die Ratten nicht fern von diesem verwunschenen Platz, an dem die Elemente nagen, der Zerfall an Material und auch an Leben omnipräsent ist…
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Sehr ruhig, in Gedanken versunken, machen wir uns am Nachmittag auf den Weg zurück in die Stadt; wir möchten gerne noch die Netap-Klinik besuchen, wo uns Dr. Noemi Kiss bereits erwartet. Die hochambitionierte junge Veterinärin leitet die gar nicht kleine Rettungsinsel bravourös als ‚Ein-Frau-Betrieb‘, kümmert sich vom Einfangen der Straßentiere über OP’s bis hin zur Reinigung der Räume sowie der Unterbringungsorte der tierlichen PatientInnen einfach um alles! Stolz verrät sie uns, sie macht 4 000 derartige Eingriffe im Jahr, mindestens 10 davon jeden einzelnen Tag. Einige Frischoperierte schlafen noch in ihren Boxen, andere sind bereits aufgewacht, wieder andere warten auf die Freilassung in ihre gewohnte Umgebung. Jedermann/frau kann seinen/ihren besten Freund/Freundin vorbeibringen, die Station ist offen vor allem für jene, welche selbst fast nichts haben. So werden dann nur wenige Euro für die OP verrechnet, manchmal auch passiert sie völlig kostenlos; für die Bringung von Straßentieren sowieso – einfach nur wunderbar dass es solche Orte gibt!
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Wir verabschieden uns schließlich von der großartigen Ärztin, morgen werden wir uns früh wiedersehen – in der unumstößlichen Hoffnung, dass unser Einsatz für Frau Opreas Hunde dann einen wesentlichen Unterschied ausmachen wird!!!!
 
Jetzt geht es noch zum Kloster – langjährige Newsletter-LeserInnen erinnern sich, jener Ort, wo wir früher immer übernachten durften – wo wir endlich, endlich wieder Pater Berno, die Lichtgestalt schlechthin, wiedertreffen! Der gute Mann, Gründer so vieler hochnotwendiger Institutionen – vom Obdachlosenheim übers Waisenhaus, Notschlafstelle, Mutter-Kind-Haus bis zum Hospiz – ist gesundheitlich schwer angeschlagen; vor kurzem wurde ihm, dem 84-jährigen, in einem deutschen Krankenhaus noch jegliche weitere Reise nach Rumänien untersagt, mit einer Herztätigkeit von knappen 10 %, er, der Dialyse-Patient, doch nur Tage später war er erneut aufgebrochen in seine Wahlheimat; Pater Berno, immer am Puls der Zeit gewesen, keine Arbeit – und war sie auch noch so schmutzig oder schwer – hat er andere machen lassen, einer der letzten 100 % echten ‚Anpacker‘, ein wahrer Jünger Gottes! Dieser segnete seinen Weg, wem, wenn nicht ihm!!! Hoffentlich bleiben ihm noch viele Jahre, denn wo er wandelt, da ist es gut zu sein – und so viele Wesen, menschliche wie tierliche – sie brauchen ihn so sehr!

Auch im vom Pater Berno gegründeten Hospiz machen wir noch einen Zwischenstopp – eine herzensgute Ärztin aus dem Salzburger Großgmain hat uns viele Schachteln mit Windeln in allen Größen mitgegeben!

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Kurz sind wir dann noch am Tiermarkt, Hühner und andere Gefiederte, sogenannte ‚Ziervögel‘, werden in engsten Gefängnissen zu Spottpreisen angeboten – schäbig ist ‚Mensch‘, der seine Mitgeschöpfe derart behandelt…
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Letztendlich steht noch ein weiterer Weg bevor – Ihr lieben UnterstützerInnen, welche Eure Hilfe im Kauf von Hundenahrung umgesetzt haben mochtet –  wir fahren also noch zu einem Kaufladen und werden morgen erneut hunderte Kilos an Überleben zu Frau Oprea bringen!
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Es ist bereits stockdunkel, als wir nach getaner Arbeit Frau Doina’s Haus erreichen; schnell landet frisches Gemüse im Kochtopf und dann genießen wir eine köstliche Mahlzeit!
 
Später gilt es noch die tägliche Arbeit zu erledigen, an diesem Newsletter zu basteln, sowie die Ereignisse auf die Facebook-Seite zu platzieren. So sollte es letztlich wieder eine recht kurze Nacht werden, sich zu Bett begeben nach Mitternacht, Tagwache um 6.45 morgens. Eine schnelle Tasse duftenden Kaffee, ein herrliches Frühstück, und dann geht es los! Die Tierärztin wartet schon auf uns, mit ihr sind ein Freund, Bulzan Andrei,  sowie Diana Bucsa, ihres Zeichens Krankenschwester im städtischen Spital, als unentbehrliche HelferInnen mitgekommen.
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Vor dem Asyl werden später die benötigen Dinge ausgelegt; wir zerschneiden Köstlichkeiten für Hunde, geben die Medikamente aus der Verpackung und stecken sie in die Delikatessen hinein. Überschuhe aus Plastik schützen vor Keimen, dann beginnt die Arbeit. Einzelne Gruppen von Hunden werden ausgesondert und jeweils extra gefüttert. Dann kommen die ‚schwierigeren‘ Fälle, besonders jene Hunde, welche sich auf dem Gelände im Gestrüpp verstecken. Jeder Patient muss nach getaner Arbeit noch markiert werden, Spraydosen und grün und rot sind zu diesem Zweck vorbereitet.
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Auch im Haus selbst, wo Herr und Frau Oprea wohnen, gibt es viele Hunde, in jeden der Zimmer der Beiden um die 30! Unfassbar, unter welchen Bedingungen Menschen leben müssen; Herr Opreas Bleibe, nur wenige Quadratmeter groß, hat ein Bett und einen Ofen in sich, dazu einige überfüllte Regale. Teller und Töpfe stehen herum, und dazwischen liegen Hunde – überall, unter jedem der Möbelstücke, auf diesen, neben und manche ober ihnen in den wenigen Regalfächern…
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Wir arbeiten schnell und hoffentlich effizient; ganz sicher erwischen wir nicht alle Tiere, aber wie denn auch? Es gibt hundertausende Versteckmöglichkeiten.. Dennoch loten wir alle Möglichkeiten aus und letztendlich – so denke ich – wird die Rate jener, welche das Medikament tatsächlich schlucken, eine annähernd vollständige sein!
 
Bloß einige Hunde im hinteren Bereich der ummauerten 1-Hektar-großen Anlage sind so scheu, dass wir nicht sicherstellen können, ob die meisten der ihren die so wichtige Pille auch wirklich verschlucken. Allerdings, und das ist das Positive, sind die Hunde hier ein bisschen abgesondert von den anderen und sehen nicht zuletzt vielleicht deswegen besser aus; zumindest tragen die meisten davon noch ihr Fell…
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Schließlich entdecken wir unter dem Haus einige weitere Räume, nur ca. 1 Meter hoch; das Gebäude war einst – wir berichteten nach der 1. Reise – auf einem Sumpf errichtet worden, die Familie Oprea hatte 40 Tonnen Erde und Geröll zur Befestigung hierher bringen lassen; so dienen die Unterschlüpfe offensichtlich als Bollwerk, zur Abhaltung des Grundwassers, welches ansonsten überall eindringen würde. Genau hier leben, vegetieren, die schlimmsten Fälle… Haut und Knochen, fast ohne jeglichen Fell, manche mit Wunden, hinkend, verletzt. So schlimm! Wir schaffen es aber, die Medikamente geschlossen zu verabreichen – wenigstens ein kleiner Hoffnungsschimmer erhellt unsere mehr und mehr angespannten Minen…
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Es ist wunderbar wie das Team, obwohl heute erst zusammengetroffen, als Mann- und Frauschaft arbeitet; alles läuft rund, schnell, professionell, einfach cool! 🙂
 
Chris erledigt seine Arbeit, wie gesagt zum ersten Mal dabei, mit großer Bravour; er ist die Ruhe selbst, mit geschultem Auge erkennt er, wo seine Hilfe gebraucht wird, ist hier und dort und immer mittendrinn.
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Nach einigen Stunden Einsatz macht sich der Stress und die permanent geforderte Aufmerksamkeit bemerkbar. Die gewisse Erleichterung ob der getanen Arbeit lässt uns langsam aber doch durchatmen! Im Bewusstsein, die alten Menschen nur ja nicht überfordern zu dürfen – was schlimme Folgen haben könnten, denn Ost-Erfahrene wissen: schon kleine Fehler können Türen für immer verschließen – packen wir nun langsam zusammen. Frau Oprea bringt Dr. Kiss noch einen Welpen, der Arme ist in besorgniserregendem Zustand; er wurde gebissen, ist schrecklich dünn, fast ohne Fell und hat eine Körpertemperatur von nur mehr 33 Grad. Die Ärztin zögert nicht, packt den Patienten warm ein und nimmt ihn letztendlich mit in ihre Klinik – ob er überleben kann, wir wissen es nicht (leider stellt sich nur 2 Tage später die Hoffnung als trügerisch heraus; ohne je gelebt zu haben, ohne jede Chance im Dasein, erliegt der Kleine schließlich seinen Krankheiten…). Auch einer großen Jagdhündin, inmitten ihrer Periode, nimmt sich die Veterinärin an; sie wird sie so bald als möglich sterilisieren!
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 Fotos: Dr. Noemi Kiss

 

Zudem wird sie am nächsten Tag noch einen weiteren Welpen bergen –  beten Sie mit uns dass diesem nun ein Weg in eine bessere Zukunft geebnet ist!!!
 
Es ist jetzt bereits Nachmittag; Chris und ich haben einen weiten Weg zurück nach Hause und so verabschieden wir uns alle voneinander. Herr Oprea ist den Tränen nahe, bezeichnet uns nun gar als seine Brüder; wir versprechen hoch und heilig bald wieder zu kommen, natürlich dann erneut vollgepackt mit lebensrettenden Utensilien. Schnell hinterlassen wir noch ein bisschen Geld für was immer es gebraucht werden wird, dann, selbst übermannt von den Gefühlen, finden wir uns im Sprinter wieder. Bedrückt und in Gedanken versunken laufen die Gespräche über Belangloses, nur um ja nicht mit dem Moment konfrontiert zu werden…
 
Vor dem Nachhauseweg dürfen wir noch bei Frau Doina duschen, sie bereitet währenddessen ein köstliches Abschiedsmal. Die Umarmung wird dann eine lange sein, so eine tolle Frau sollte gar nicht mehr losgelassen werden…
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 Foto: Bilder wie dieses, sie bleiben einfach tief im Kopf…

 

Dann hat uns der Highway wieder. 1000 Kilometer liegen zwischen hier und der Heimat, 1000 Kilometer, welche viel Zeit zum Überdenken der Situation bieten. In solchen Augenblicken ist es wirklich ein Geschenk, mit jemand eine Unterhaltung führen zu können, der ebenfalls all diese Dinge gesehen hat! 
 
Die Grenze zwischen Rumänien und Ungarn nötigt uns erneut eine gewisse Zeit ab, doch wir haben sie noch im richtigen Moment erreicht – hinter uns beginnt sich ein elendslanger Stau aufzubauen, wir selbst schaffen nach einer guten halben Stunden den Übertritt.
 
Bald begleitet der Vollmond unseren Weg. Er erleuchtet den Pfad in eine andere Welt, die, obwohl es auch dort zunehmend zu elementaren Problemen kommt, immer noch eine Insel der Seligen ist. Wie viele können von solch einer Option, einer Heimfahrt in die Geborgenheit, nur träumen, gefangen in einem immerwährenden Albtraum, aus welchem es kein Entrinnen zu geben scheint?
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Fazit: eine Hilfsfahrt liegt hinter uns, welche erneut und dieses Mal so richtig an die Grenzen der Belastbarkeit geführt hat. Aber auch eine, die wieder einmal gezeigt hat, wie unfassbar wichtig unsere Arbeit ist! Wären wir nicht vor einem Monat hier gewesen, was alles wäre nicht passiert? Wie wäre es den Hunden wohl ohne unser Eingreifen ergangen? Woher wäre Hilfe gekommen, oder hätte überhaupt jemand das stille Sterben dieses Ortes bemerkt?

 
Und: wie viele Plätze wie diese gibt es wohl, Plätze, die niemandes Ohr erreichen? Wo das Verwelken lautlos passiert, wo keine helfende Hand gereicht wird?
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Es ist dennoch völlig unnütz, solch traurige Gedanken auch nur eine Sekunde länger zu verfolgen; sie halten uns ab von der Bestimmung, rauben Kraft und Elan, dann, wann diese am dringensten gebraucht werden. Konzentrieren wir uns auf jene Orte wo wir helfen können, und tun wir dies mit allen uns zur Verfügung stehenden Mitteln – dann, und nur dann, werden wir eines Tages unsere Augen schließen können in der Überzeugung das Richtige getan zu haben. Und nur darum geht es!
 
Bitte helfen Sie uns helfen, jener Ort bei Temeswar braucht uns so unfassbar dringend! Hier gibt es noch so viel zu tun, und nur gemeinsam können wir es schaffen, die Lethargie zu vertreiben und der Hoffnung die Türen zu öffnen!
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Die Hunde von Temeswar brauchen uns – und wir brauchen Sie, vielleicht dringender denn je!
 
 
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