Schande!!! Nach Niederösterreich nun wieder Salzburg – Anzeige wegen schlechter Haltung von Rindern!

Nachdem wir in den letzten Tagen eine Anzeige gegen einen Stiermast-Betrieb in Niederösterreich einbringen mussten, erreichten uns jetzt aus Salzburg ganz ähnliche Bilder. Da sieht man männliche und weibliche Rinder bunt gemischt in einem alten, verfallenden Stall stehen, allesamt an Stricken festgebunden, manche in Reih und Glied, andere wiederum einfach nur an den Wänden gefesselt. Mittendrinnen findet sich ein Kälber-Iglu, ein Tierbaby streckt vorsichtig den Kopf aus dem engen Verlies in eine traurige Welt, die so gar nichts mit ‚artgerecht‘ zu tun hat.
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Die Fenster der Stallungen sind zerborsten; rundherum sind sie deshalb mit Plastikplanen verhangen, ein Umstand, der die ohnehin düstere Atmosphäre noch trüber gestaltet. Außerdem lässt er die Frage offen, ob denn nun überhaupt genügend Licht im Stall verbleibt, was wohl jetzt ein Lichtstärken-Messgerät; ein sogenanntes Luxmeter, festzustellen hat.
Dabei liegt der Hof eigentlich in wunderschöner Lage, umgeben von Wiesen und Wäldchen im Überfluss. Geradezu idyllisch. Wunderschön. Ein Hauch von ‚Bauernhofromantik‘ kommt bei Betrachten auf. Allerdings, die rosa Nebel verflüchtigen sich schnell und ansatzlos, sobald man einen Blick ins Innere der Tierbehausung wirft. Da erinnert der Anblick dann viel eher an einen Kerker, wo hilflos Gefangene ein Leben in absoluter Triste fristen. Angekettet sind sie allesamt, dazu liegen sie auf kalten Betonböden, die notdürftig mit ein paar Halmen Stroh bedeckt sind. Schmutz beherrscht die Szenerie, ein Gemisch aus den Ausscheidungen der Tiere, gepaart mit dem bisschen Einstreu, welches selbstredend sofort der Nässe Tribut zollt und in sich zerfällt; so erweckt die Kloakenbrühe eher den Eindruck eines dampfenden Komposthaufens, denn einer, wie vom Gesetz eingeforderten wärmenden und weichen Unterlage.
Während die Rinder in der Mitte der Stallung wenigstens noch direkten Sozialkontakt zu ihren GefährtInnen pflegen können, ist die Situation für jene entlang der Wände festgezurrten eine noch trostlosere. 24 Stunden am Tag derart gefesselt, ist ein solches Dasein nach den Worten des hochverehrten Dr. Gunter Bleibohm’s vielleicht der wahre ‚Fluch der Geburt‘; wie treffender sollte man es sonst ausdrücken?
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Foto: verschärfte Einzelhaft – festgebunden an der Wand…
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Später hören wir, die Bauernleute wären ältere Menschen, ein bisschen gebrechlich bereits; bestimmt herzensgute Landwirte, etwas überfordert wohl; und vielleicht auch, die Vermutung liegt nahe, verhangen in längst überholte Konzepte einer landwirtschaftlichen Tierhaltung. Die wichtigste Frage ist aber: darf uns in einer Urteilsfindung eine derartige Ausgangslage beeinflussen? Darf all solche Überlegung, wenn auch in Ansätzen nachvollziehbar, weil von menschlicher Problematik geprägt, als Argumentation dazu dienen, das Schicksal dieser Kühe unbeachtet zu lassen? Die Antwort ist eine klare, einfache: Nein, darf sie nicht! Wir sind den Tieren verpflichtet, ohne Wenn und Aber. Natürlich befassen wir uns auch mit der humanen Komponente, aber die darf nie so weit führen, dass ohnehin minimalste Rechte der Tiere noch weiter eingeschränkt werden. Würden wir das zulassen, wir wären fehl am Platz.
Was sagt eigentlich das Gesetz dazu?  Wir lesen darin, dass die dauernde Anbindehaltung von Rindern in Österreich verboten ist; Rinder müssen an zumindest 90 Tagen im Jahr Zugang zu Weiden haben, steht da schwarz auf weiß gedruckt. Und Wiesen liegen, das ist das wirkliche Malheur, in diesem Falle auch direkt vor ihrer Nase, getrennt vom Grün nur durch eine dünne Ziegelmauer – und doch ist der Duft der Freiheit unerreichbar entfernt!
Ja, es sind Stiere unter den Eingesperrten, solche, wo es bestimmt nicht ganz einfach ist, sie gegebenenfalls von der Wiese zurück in den Stall zu führen. Und genau hier liegt der Fehler im System – der da heißt: ‚Ausnahmegenehmigung‘! Denn befreit von der für die LandwirtInnen oft unbequemen Regelung des Freigangs sind jene, welche ‚zwingende Gründe‘ vorbringen können, warum es gerade bei ihnen halt nicht geht, dass die Tiere dem Gesetz entsprechend ins Freie gebracht werden; beispielsweise ist ein solcher Grund dann gegeben, wenn eine Straße (es genügt schon ein Weg) vom Stall vorbeiführt, wo man einwenden kann: ‚Wenn ich die Kühe ins Freie bringe, muss ich den Weg queren. Da laufen aber auch FußgängerInnen vorbei, oder AutofahrenInnen, oder Fahrrad-FahrerInnern, oder… – aus diesem Fakt kreiert sich vielleicht eine Gefahrensituation.‘ Oder, bauliche Gegebenheiten‘ erschweren den Zugang ins Freie; noch skurriler: ‚Ich hab Angst vor den Rindern!‘ Sie hören richtig, auch das kann ein Motiv für eine Ausnahmeregelung sein.
Würden Sie aber Brot von einem Bäcker kaufen, der sagt, er hat Angst vor Mehl? Oder Ihr Auto in eine Werkstatt bringen, wo die Mechaniker Panik vor Fahrzeugen haben? Würden Sie solchen Menschen zutrauen trotz ihrer Phobie eine gute Arbeit zu leisten? Wahrscheinlich nicht! In den Beispielen handelt es sich aber bloß um den Umgang mit leblosen Waren, während es auf der anderen Seite um beseelte Wesen, ausgestattet mit gleichem Gefühlsleben wie wir es besitzen, geht! Warum also dann sollte jemand dort Fleisch oder Milch kaufen, wo der Bauer Angst vor den eigentlichen ‚ProduzentInnen‘ hat? Kann der oder die in so einem Falle überhaupt entsprechend für die ihm Ausgelieferten sorgen? Dürfte der oder die dann überhaupt solch fühlende Wesen ‚betreuen‘? Noch eine Frage: würden Sie Ihre Kinder einem Hort übergeben, wo das Betraeuungspersonal Ihre Lieblinge nur mit Respektabstand versorgt?
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Jedenfalls, wenn ein Mensch nun auch schon älter und nicht mehr wirklich gut bei Fuß ist, dann kann man erst recht eine Ausnahmeregelung erlagen. Tatsächlich gibt es nämlich IMMER Ursachen, wenn man denn die Tiere lieber im Stall behalten möchte, ihnen den gesetzlich verpflichteten Ausgang dauerhaft zu verweigern. In Wahrheit ist der der Bauer selbst die ‚heilige Kuh‘, aus irgendeinem Grunde viel zu oft unantastbar. Manchmal, weil die Familien besonders einflussreich sind, manchmal aus dem Gegenteil heraus (‚die armen Bauern‘); dem Tier aber ist der Grund für die Schlechterstellung völlig egal, es leidet einfach darunter, wenn entsprechende Vorlagen aus diffusen Gründen außer Acht gelassen werden. Und das ist das eigentlich Traurige in unserem Land: es stehen gute Gesetze schwarz auf weiß zum Schutz der Tiere in den Büchern, aber viel zu oft sind sie nicht das Papier wert, worauf sie geschrieben wurden…
 
Wir haben deshalb einmal mehr ungeachtet der vielzitierten und nicht immer schlüssig nachvollziehbaren ‚menschlichen Tragödie‘ Anzeige erstattet und berichten sobald als möglich über den weiteren Verlauf der Geschichte!
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Bundestierschutzgesetz, §16, ‚Bewegungsfreiheit‘:

„(4) Rindern sind geeignete Bewegungsmöglichkeiten oder geeigneter Auslauf oder Weidegang an mindestens 90 Tagen im Jahr zu gewähren, soweit dem nicht zwingende rechtliche oder technische Gründe entgegenstehen.
Solche Gründe sind:
1. das Nicht-Vorhandensein von geeigneten Weideflächen oder Auslaufflächen
2. bauliche oder sonstige technische Gegebenheiten am Betrieb oder in einem bestehenden Ortsverband,
3. das Vorliegen öffentlich rechtlicher oder privatrechtlicher Beschränkungen oder
4. Sicherheitsaspekte für Menschen und Tiere, insbesondere beim Ein- und Austreiben der Tiere.“
„(4a) Für die Inanspruchnahme der in Abs. 4 genannten Ausnahmen gilt Folgendes:
1. Die Haltung von Rindern in zum In-Kraft-Tretens-Zeitpunkt dieses Bundesgesetzes bestehenden Anlagen unter Gegebenheiten, die als zwingende rechtliche oder technische Gründe anzusehen sind, die der Gewährung geeigneter Bewegungsmöglichkeiten oder geeigneten Auslaufes oder Weideganges an mindestens 90 Tagen im Jahr entgegenstehen, ist der Behörde vom Halter bis zum 31. Dezember 2019 zu melden.
Achtung, Achtung! Am kommenden Dienstag, dem 14. Mai, findet ab 19 Uhr im ‚Shakespeare‘ in Salzburg die Veranstaltung ‚WIDERständig‘ des Friedensbüros statt. Die Moderatorin Desiree Summerer führt dabei ein themenbezogenes Gespräch mit DDr. Martin Balluch! Freier Eintritt, um Anmedlung im Friedensbüro wird gebeten (www.friedensbuero.at)!
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