Folgenden Bericht über diesen Markt haben wir bereits 2018 veröffentlich: ‚Das Ziel ist der große Markt von Novi Sad, wo leider auch immer viele Tiere unter katastrophalen Umständen zum Verkauf angeboten werden. Die ganze Stadt scheint an den Markttagen auf den Beinen, die Wege zwischen den aberhunderten Ständen sind von der Menschenmasse dicht bevölkert. Alles gibt es hier zu kaufen, angefangen von der Kleidung bis hin zu jeglich denkbarem Werkzeug, dazwischen Dutzende Essensstände, VerkäuferInnen von Mais und Limonaden schieben ihre mobilen Wägelchen durch die verstopften Gassen, Kinder, die sich an Süßigkeiten wie Zuckerwatte laben; die Veranstaltung bietet alles, was als Gesamtes dann doch nett anzusehen ist. Fündig kann man auch werden, Dinge, welche man aus der Kindheit kennt und welche bei uns zu Hause gar nicht mehr erhältlich sind, werden angeboten. Und alles zu wirklich guten Preisen, eine ‚echte‘ Ray Ban-Sonnenbrille beispielsweise, hergestellt wahrscheinlich irgendwo in einem verlassenen Hinterhof in Vietnam oder Kambodscha, für ganze 2,50 Euro. Aber leider sind eben auch Tiere zu finden, und dann noch wirklich viele davon. Vor allem Hunde, gedrängt in winzige Käfige, selbstredend immer nur Welpen, verschiedenster Rassen. |
Ein alter Mann hat ein Dutzend Kaninchen in einen Käfig gestopft, ein anderer bietet Wasservögel in winzigen Drahtverliesen feil. Dazwischen sitzt ein von illegalen Substanzen gezeichneter Mensch, zitternd und offensichtlich krank; er versucht, Kätzchen und Straßenhund-Welpen aus Pappkartons anzubieten. Sein Blick ist gehetzt, er kann kaum eine Sekunde ruhig sitzen. Die Hände bewegen sich fiebrig, wie in Trance, ständig wippt er mit den Beinen. 500 Dinar kostet ein Stück Leben, nicht mehr als 4 Euro. Die armen Tierkinder sind in denkbar schlechtem Zustand, kümmern tut die Zurschaustellung von Leid und Elend die vorüberschlendernde Menschenmenge wenig. Hunderte Kinderhände langen nach den Kleinen, welche wiederum nur eines möchten – diesen für sie so schrecklichen Platz schnellstmöglich zu verlassen. Ab und zu versucht ein Kätzchen aus dem Karton zu klettern, ein vorhaben, welches der selbst so Hilfsbedürftige mit einem Schlag auf den Kopf quittiert. Was wohl passiert mit jenen, welche er hier nicht verkaufen wird, und dies werden sehr wahrscheinlich fast alle mitgebrachten sein? Man wagt nicht darüber nachzudenken… Abkaufen kann man sie nicht, zum einen würde der Mann nächste Woche wohl noch mehr Tiere anschleppen, ein Geschäft witternd. Zum anderen wüsste man aber auch gar nicht wohin damit; die Grenze ist dicht, die wenigen Asyle im Land brechend voll – es ist eine schier ausweglose Misere. |
Aber auch die anderen Hundeverkäufer kümmern sich nicht um ihre Schützlinge; sie alle sind der prallen Sonne schutzlos ausgeliefert, Essen oder Wasser? Fehlanzeige! In engsten Käfigen sitzen sie, zwei Schäferhundwelpen beispielsweise, so knapp aneinandergedrängt, dass ihnen die Luft zum Atmen fehlt. Oder drei Sarplaninaz, serbisch-mazedonische Hirtenhunde, wo der Verkäufer unsere gestellten Anfragen mit unfreundlicher Gestik quittiert. Es ist einfach nur fürchterlich anzuschauen, was hier passiert; Entenkinder, Hasen, Kaninchen, Hühner, allesamt in engste Gitterverschläge versperrt, nach Luft ringend, vor Durst nahezu ohnmächtig. Serbien, es strebt die Mitgliedschaft in der Europäischen Gemeinschaft an. So nicht, nicht unter diesen Umständen, möchte man meinen. Andererseits, die Behandlung von Tieren war hierfür noch nie ein Kriterium für die feinen Herren und Damen mit ihren geschleckten Haaren und in den aalglatten Anzügen, in riesigen temperaturklimatisierten Büros irgendwo in Brüssel sitzend.‘ |
Wir haben nun 2020. Und man kann diesen Bericht eins zu eins stehen lassen, so wie er ist. Nichts hat sich geändert, sogar der besagte Drogenabhängige sitzt noch immer an selber Stelle, dieses Mal bietet er Hundewelpen für 1500 Dinar feil. Knapp über 10 Euro für eine Handvoll zitterndes Leben. All jene, die er nicht verkauft, was passiert mit diesen? Versorgen wird der Gebrechliche sie nicht, denn das kann er offensichtlich kaum für sich selbst bewerkstelligen. Sie im abkaufen? Keine gute Idee, denn zum einen: wohin damit? Ein Land, welches überquillt von Welpen, da findet sich selbst bei den allergrößten TierschützerInnen keine Pflegestelle, weil all jene, die sich um Tiere kümmern, so viele davon haben, dass deren ureigene Existenz stark gefährdet ist. Mitnehmen? Ebenfalls keine gute Idee, denn fast unweigerlich würden die Armen am Zollbalken – die EU-Außengrenze ist gnadenlos, und JEDES Fahrzeug wird kontrolliert – beschlagnahmt, dann einem höchst unsicheren Schicksal asugeliefert. |
Zum anderen, und dieser Punkt ist vielleicht noch wichtiger, noch schrecklicher, macht der Verkäufer ein Geschäft, egal welcher von den vielen, wird er nächste Woche noch mehr Tiere in dieselbe schreckliche Lage bringen. So sicher wie das Amen im Gebet. Angebot und Nachfrage, wie in allen Bereichen, regeln den Markt. Je mehr Hunde man verkauft, desto mehr wird man anschleppen. Mitleid ist also kein guter Ratgeber… Novi Sad ist 2021 Kulturhauptstadt Europas (sowie Temeswar übrigens auch). Vielleicht ergibt sich hierin eine Chance. Denn ein mittelalterlich anmutender Tiermarkt ist so weit von Kultur entfernt wie der Homo Habilis vom Homo Sapiens. Und den Vergleich mit dem Urmenschen, der passt dann so gar nicht ins Bild pan-europäischer Festlichkeiten. Der EU als Initiatorin und Titelvergeberin wird das Vorhalten des Spiegels, der Blick hinter die Kulissen, nicht sonderlich behagen. Ein Strohhalm zumindest, den es festzuhalten gilt. Wir werden jedenfalls an den richtigen Rädern zu drehen versuchen und dann sehen was dabei rauskommt! |
Sobald wir wieder zurück von der Hilfsfahrt und in heimatlichen Gefielden sind, freuen wir uns darauf, Euch den großen Aktionsbericht nahelegen zu dürfen! |