Alles BIO? Nein, leider Vollspaltenboden!

Offenbaren diese uns anonym zugespielten Bilder aus einem Salzburger Schweinehof eine – formulieren wir es vorsichtig – neuerliche Diskrepanz in der landwirtschaftlichen ‚Nutz’tierhaltung? Zumindest stellen sie brisantes Material dar, bergen erheblichen Zündstoff. Aber worum geht es? Um eine sehr bekannte Tennengauer Dorf-Käserei, beheimatet nahe der Mozartstadt. Jetzt würde man annehmen, bei der betreffenden Kritik handelt es sich bestimmt um eine diskutable Kuhhaltung. Doch weit gefehlt.

Im Zuge der Käseherstellung entsteht Molke, welche die Dorfkäserei in der eigenen Schweinemast verfüttert. So weit, so gut. Der alt-eingesessene Betrieb, seit 1886 beschäftigt man sich mit der Herstellung von ‚köstlichem Käse aus naturbelassener Heumilch‘ (Homepage, Anm.), bedient sich außerdem ausgiebig am Bio-Label. Schön, das ist gut so, denn ohne Frage steht die biologische Erzeugung für hochwertige Lebensmittel. Damit lässt sich auch eine anspruchsvolle Kundschaft begeistern, die genau solche Forderungen an die Landwirtschaft stellt und die dann selbstverständlich bereit ist, mehr Geld für die Produkte auszugeben. Was letztendlich im Umkehrschluss und im besten Falle allen Beteiligten zugute kommt, Mensch, Tier und Umwelt.
0124a075 b620 429e a876 67fd9148ae6f
5d491883 921d 46fa a3bd 781788349d3a
Im Käseladen, dem Direktvertrieb der Käserei, gibt es eine große Auswahl an typisch österreichischen Schmankerln. Darunter neben den Milchprodukten auch solche aus Schweinefleisch. Hauswurst, zum Beispiel, oder Haussülze. Die Bezeichnung und die spezielle Konstellation legen nun den Verdacht nahe, dass zur entsprechenden Fleischerzeugung Tiere aus dem eigenen Haus verwendet werden.
Hier beginnt das Problem: denn genau von solchen stammen dann eingangs erwähnte Bilder. Ganz plötzlich eröffnet sich bei deren Anblick aber eine Gewissensfrage, die angesprochen werden muss: denn weil BIO ohne jede Frage der prägnante Begriff im gesamten Umfeld ist, dürfte man – und werden wohl die allermeisten KundInnen – den nicht weit hergeholten Schluss ziehen, dass neben dem allgegenwärtigen Käse auch die Fleischspezialitäten unter ’speziellen Auflagen‘ produziert wurden. Besondes, wenn nichts Gegenteiliges an den Endprodukten vermerkt ist. ‚Tierwohl‘ zum Beispiel ist ja im Moment in aller Munde. Bessere Bedingungen für die Tiere sind also ein echtes Verkaufsargument, und im selben Moment begnügen sich leider schon wieder viele AnbieterInnen mit dem bloßen Suggerieren eines solchen. Wissen wir, tausendfach, aus der Realtiät, bittere Erfahrung. Wer anderes behauptet, lügt.
a5a998fb 3a5c 4429 b282 14439821a684
be4be16c b609 4585 b9b0 7aa209669dd9b465b279 2614 42ea 85b6 6a3d63bc195b
071fa115 b3f3 4856 b6ba 573def23a51707980737 9a2e 4c89 aebc 12d9904ca774
92bed5ba 0f93 43a1 b5d7 6bf749d0c509
Jedenfalls, die Fotos zeigen eine andere Wahrheit, eine, fern der BIO-Vorstellung: auf ihnen sieht man strukturlose Buchten, Schweine im Kot, keinerlei Beschäftigungsmöglichkeiten und durchgehende VOLLSPALTENBÖDEN. Hat eine solche Haltungsform etwas mit ‚tierfreundlich‘ zu tun? Selbstverständlich nicht! Derartiges Zustände sind – obwohl (noch) nicht dezidiert verboten – schon in der konventionellen Tierhaltung immer mehr ein arges No-Go. Und sie sind es erst recht, wenn KundInnen durch einen Internetauftritt (ob gewollt oder ungewollt ist Nebensache) in Versuchung geführt werden, zu glauben, die Produktpalette basiere auf Bio-Qualität.
eff0224f 2a74 492b 9fed c249d2da19e9
Verstehen Sie uns nicht falsch; nie und zu keiner Zeit behauptet die Käserei, dass die im geschäftseigenen Käseladen verkauften Schweinefleischprodukte aus Bio-Haltung stammen. Allerdings, sie verweist auch nicht auf das Gegenteil. Zumindest gibt es keine entsprechenden Hinweistafeln. Keinen Aufdruck oder dergleichen. Und da ja anscheinend das Drumherum so ziemlich ausnahmslos mit diversen Gütesiegeln – Ama Bio Siegel, Bio-Austria, Heumilch, Genuss-Region Österreich, Salzburger Land, etc. – geschmückt ist, drängt sich die Bio-Assoziation bei KundIn geradezu auf. Ob bewusst oder unbewusst suggeriert…

Fakt ist aber auch, dass der Schweinestall der Nachbarschaft seit längerem sauer aufstößt. So erschienen zur Thematik bereits bitterböse Leserbriefe in den ‚Salzburger Nachrichten‘. Weil die BetreiberInnen, so ein Schreiber, ‚eiskalt die Stallluken  öffnen und den enorm aggressiven Gestank ins Freie entlassen‘.
aaf334e8 122e 4956 b6c5 f692c6f1d291
Sätze wie folgender aus der Käseladen-Homepage tragen zu diesem Wohlfühl-Gefühl das ihre bei: „Natürlich alles nachhaltig hergestellt aus der eigenen Käserei und Landwirtschaft von den Dorf-Bäuerinnen.“

Wie sich besagter Betrieb wohl zu den Vorwürfen äußert? Er sei erinnert, aus jeder Situation kann man auch Gutes entstehen lassen; hier wäre die Chance zu einer dementsprechenden Umstellung, was wiederum die – bestimmt angestrebte und nun vielleicht doch etwas erschütterte – eigene Glaubwürdigkeit erhöhen würde, eine große! Gewiss ist, die KundInnen erwarten von regionalen Einkaufsläden zumindest eine tierfreundliche Tierhaltung. Sonst können sie ja gleich in den Supermarkt nebenan gehen. Also stellen wir eine Mutmaßung auf: ohne jede Frage würden sie deshalb einen Schritt hin zum Tierwohl – in dieseme Falle in der hauseigenen Schweinehaltung – mehr als nur begrüssen. Alle anderen Überlegungen seitens der BetreiberInnen wären ansonsten bloße Makulatur. 
Also, wenigstens eine BIO-Haltung muss die Folge all dessen sein, noch besser, ein echtes Vorzeige-Tierwohl-Projekt – oder, wenn man sich dazu nicht durchringen kann, zumindest ein Hinweis auf den hauseigenen Schweinefleischprodukten ‚aus konventioneller Vollspaltenboden-Haltung‘! Hin zum Biologischen müsste aber den Firmengrundsätzen nach sowieso Pflicht sein; und hätte auch etwas Befreiendes:  nichts mehr müsste danach im Versteckten passieren… Wir sind jedenfalls gespannt!
e1d209e9 4e31 4a9a b395 94cafb9350190b5f8a4b 08c7 40f6 9858 a724c419a989
46b4b947 f83b 45d4 8aca 10b31ba045aa
Fotos: alles BIO? Leider nicht (Bild unten; auch wenn man diese armen Wesen gerne beschönigend ‚Molkenschweine‘ nennt; als ob das den Vollspaltenboden rechtfertigen würde…)!
a699de2b 06d7 4ead 8700 83d1d5f4f080
Achtung, Achtung! Wir haben aufgrund der Rumäneinfahrt die Ankündigung für das Radio RespekTiere vergessen… aber es gibt noch die Chance, die Sendung in der Wiederholung nachzuhören – Samstag, 11.07., 9 Uhr vormittags, auf der Welle der Radiofabrik 97,3 und 107,5, auf Cablelink 98,3 oder natürlich über den Live-Stream (www.radiofabrik.at)! Thema der Sendung ist wieder einmal unser Projekt ‚Esel in Mauretanien‘!
8546fb85 6be0 4515 b2e7 fc92056e9b92
Nach oben scrollen