Mutige RespekTiere- und Robin-Hood-AktivistInnen (www.robinhood-tierschutz.at) sind dieser Tage gemeinsam auf einem Recherche-Feldzug in unseren Nachbarländern, in Ungarn und in der Slowakei, unterwegs. Die wichtigsten Ziele sind dabei zum einen ein großer Welpenhändler, zum anderen der sich selbst so bezeichnende ‚größte Chinchillafarmer der Welt‘. Mehr zufällig stießen die TierschützerInnen gestern aber zuerst auf eine ehemals riesige Hühnerfarm, am Rande einer kleinen Ortschaft in der südlichen Slowakei; die, zum Teil aufgelassen scheinende, zum Teil mit neueren Hallen ausgebaute Anlage erstreckt sich über ein riesiges Areal. Todestrakt reiht sich dort an Todestrakt. Am Firmenschild prangt wie zum Trotz das EU-Logo, ‚Co-Finanziert von der Europäischen Union‘… |
Hier ist ein Augenzeugenbericht eines der Tierschützer: ‚Am späteren Nachmittag kreuzt die Monsteranlage unseren Weg. Sofort natürlich sind wir trotz des bereits langen und ob des Gesehenen höchst niederschmetternden Tages hellwach. Mehr noch als die neueren Gebäude, die zudem gut bewacht scheinen, ziehen uns die alten Hallen magisch an; sind dort etwa noch Tiere untergebracht? Wenn ja, unter welchen Bedingungen wohl? Ein erster Verdacht keimt, und so ist es schnell beschlossen – wir werden es herausfinden versuchen! Der Betrieb ist von einem meterhohen Zaun umgeben. Irgendwo im hinteren Bereich, dort, wo der Wald sich bereits neues Territorium verschafft, gibt es eine Schwachstelle im Gittergeflecht – ein umgestürzter Baum hat den metallenen Schutz etwas nach unten gedrückt; dennoch verlangt es uns ob des allgemeinen Verfalls größere Mühen ab, den Stamm zu erklimmen und über die Einfriedung zu steigen. Jetzt noch ein Sprung, und wir sind inmitten der Festung! Gepflegte Grasflächen lassen es erahnen – hier ist noch nicht das Ende des Tierleids passiert; warum sonst sollten die Betreiber sich um die Außenbereiche kümmern, wenn Innen kein Profit mehr abgeschöpft wird? Es stellt sich aber schnell heraus, zumindest zwei der drei Hallein in diesem Bereich sind tatsächlich leer; die an die furchtbarsten Konzentrationslager des 2. Weltkriegs erinnernden Silhouetten versprühen zwar fortwährend den puren Horror, ein Mahnmal des Bösen, aber der Niedergang hinterlässt schon deutliche Spuren. |
In einer jedoch lässt sich Ventilatorenlärm ausmachen – eigentlich ein sicheres Zeichen, hier ist noch immer Leben zu einem schrecklichsten Dasein verdammt… allerdings, die lange Halle bietet bis auf die obligatorischen Lüftungsflächen überhaupt keinen Aufschluss darüber, wie denn das Innere zu betreten wäre. Und die besagten Schlitze sind in unangenehmer Höhe und zudem fest mit Gittern versiegelt. Nebenbei wären sie ohnehin zu schmal und zu kurz, um einem erwachsenen Menschen Einlass zu bieten. Wenigstens erlauben sie aber einen Blick in die Magengrube des Elends – ja, dies hier war einmal eine ‚echte‘ Hühnerbatterie, die elendiglichen Käfigreihen, Ausgeburten der Fantasie Luzifers, stehen immer noch in Reih und Glied. Andererseits, Hühner kann man keine erkennen. Warum dann aber die Ventilation? Wurde einfach nur darauf vergessen den Strom abzuschalten? Wir kontrollieren also nacheinander sämtliche Gitterbereiche; gut 20 davon gibt es an jeder Seite des Kolosses. Schon wollen wir abbrechen; offensichtlich Fehlalarm. Buchstäblich in letzter Sekunde jedoch, bei den letzten beiden Schlitzen, trifft uns die Realität wie ein Hammerschlag! Hier, in der Nähe des einzigen Halleneinganges, lässt sich doch tatsächlich Hühnergeschrei ausmachen!!!! Ja, und selbst nun, da der akustische Beweis erbracht ist, glaubt man es kaum; solange, bis auch die Augen überzeugt sind: jetzt ist es fix, da sind Hühner drinnen! Wenn auch wenige, aber was nutzt es dem einzelnen Huhn, wenn zwar viele Käfige in der Anlage leer stehen, es aber dennoch mit einem Dutzend ArtgenossInnen – es soll sich später herausstellen, es sind auch Hähne unter den Legehennen – in einem Kleinst-Gitterkäfig eingesperrt ist?! Sie wissen vielleicht noch, der Standard des Batteriehaltungskäfigs bedeutete einst ein Platzangebot von weniger als einer DIN-A4-Seite pro Huhn (ein Blatt Papier = 623,7 qcm) – hier sind es, zumindest in den ersten dreien der Käfigen, augenscheinlich noch weniger als die obligatorischen, unfassbaren 550 qcm … |
Natürlich wollen, müssen wir diesen Skandal dokumentieren. Seit 2012 – seit 8 Jahren!!!! – ist die Batteriehaltung in der EU sowas von verboten; warum gerade Ost-Länder derart oft eklatant gegen Tierschutzbestimmungen verstoßen, es ist uns ein Rätsel. Wir denken kurz zurück an das ‚Co-Finanziert von der EU‘-Schild; wie ein Hohn kommt uns dieser Wahnsinn nun einmal mehr vor… Das große Problem im Moment: es gibt nur eine Zugangstür, und die ist fest verschlossen; wie sollen wir rein in das Tier-KZ, ohne – wie wir es immer und ausnahmslos tun – in irgendeiner Form Gewalt anzuwenden? Das kleine Team zieht sich zur Beratung zurück; es beginnt dämmrig zu werden, und wir entscheiden, die Dunkelheit für unser Vorhaben zu nützen. So finden wir uns auf einem leeren Parkplatz wieder, wo wir zuerst Einsatzkleidung anlegen, dann ein paar Bissen essen; und einen Plan erstellen. |
Die Dunkelheit gewinnt nun langsam die Oberhand, der sterbende Tag verschwindet irgendwo im Nirgendwo hinter dem westlichen Horizont. Um sicherzugehen, die Farm liegt doch relativ gefährlich, lassen wir das Auto dann gut 700 Meter vom Hühner’hof‘ entfernt in einem Waldstück zurück; näher wäre es leichtfertig, denn dann gäbe es ob der Lage nur mehr die Möglichkeit praktisch direkt vor der Anlage zu parken. Den folgenden Gang hin zu den düsteren Hallen werden wir übrigens unser Leben lang nicht vergessen; der schlängelt sich seitlich an einem Baches, und nicht zuletzt deswegen sind wir bald regelrecht in Mückenschwärme getaucht. Unfassbar, so viele der kleinen Sauger haben wir noch nie auf einem Platz gesehen; sie sind überall, in den Nasenlöchern, in den Ohröffnungen, unter den Gesichtsmasken. Es gibt kein Entkommen, die Plagegeister besetzen jede freie Stelle, selbst das Equipment ist bald überzogen von einer lebenden Hülle krabbelnder Insekten. Gefühlte 10 000 Stiche später sind wir endlich, nun fast blutleer, am Ziel angelangt; doch nun folgt die große Einsicht – natürlich, wir hatten eine kleine Brücke überquert, um in den Wald zu kommen. Eine Brücke, die wiederum über einen breiten Bach führte, und genau diesen sind wir jetzt über fast einen Kilometer Wegstrecke entlang gegangen. Genau vor der Farm biegt das Gewässer links ab – und bildet daher eine unüberbrückbare Barriere zwischen uns und dem Vorsatz. Da hilft alles Lamentieren nichts, wir müssen umkehren… grrr…. Jede jemals begangene Sünde büßen wir am Rückweg; millionenfach. Endlich beim Auto angekommen, ist schnell klar: wir werden diese Tortur nicht nochmals in Angriff nehmen! Letztendlich passiert es so wie es fast immer ist: das brave Fahrzeug wartet gleich außerhalb der Anlage auf unsere Rückkehr… |
Schnell haben wir trotz der Dunkelheit den gefallenen Baum gefunden, ihn mit erneut einigen Schwierigkeiten überklettert (so zum Beispiel hatte sich der Draht des Geflechtes beim Übersteigen irgendwie in der Öse eines Aktivistenschuhes verfangen und den Tierschützer festgesetzt; ohne Hilfe wäre er nun weder vor- noch rückwärts gekommen)… An dieser Stelle möchten wir jetzt nicht alle Einzelheiten verraten, welche sich ereigneten; jedenfalls bleiben wir dem Motto treu und schaffen es schnell und spurlos in die Halle zu gelangen. Profis am Werk, würde der/die Kundige sagen, und damit ein zwar verschämtes, aber doch stolzes Lächeln auf unsere (zerstochenen) Gesichter zaubern. Direkt in der Hölle angekommen, jedenfalls in jener der Hühner, müssen wir uns kurz fassen; die bezeugte Quälerei ist eine solche, die wie ein schwerer Schlag eines Boxweltmeisters mitten in die Magengrube Auswirkungen auf die Psyche genau wie auf die Physis hat, ‚Mensch‘ kurz die Ballance verlieren lässt. Es bleibt die Luft weg, es verkrampft sich jeder Muskel, man möchte sich gleichzeitig übergeben, laut aufschreien und in sich zusammenfallen. Kein Wort mehr sagen, bis ans Ende der Tage. Und dann doch die Stimme erheben, aber nur zur Anklage. Wie kann ein Indiviuum so etwas auslösen, ohne je dafür zu bezahlen? Wird es, keine Frage. Die Zeit soll kommen; und die Apokalypse hat bereits ihre Vorboten gesendet. Auch deswegen. Wegen unseres Verrates den Tieren gegenüber. |
Jedenfalls sind es um die 50, vielleicht 70 Hühner, die da in den Käfigen vor uns vegetieren; warum sie hier sind, noch mehr, warum derart eng gehalten, obwohl all die anderen hunderte Käfige leer stehen, es ist ein Rätsel. Ebenso, warum offensichtlich auch viele Hähne unter den des Daseins Beraubten eingesperrt sind; zur Mästung? Als ‚Reserve‘ für Vatertiere? Zur persönlichen Vorsorge, ein lebender Nahrungsmittelvorrat vielleicht? Nichtsdestotrotz tun wir, was wir am besten können; nämlich zu beginnen mit der Dokumentation! Das sanfte Licht an den Kameras eingeschaltet, um die Armen nicht zu erschrecken und dennoch den gruseligen Raum gerade genug zu erhellen, damit brauchbare Aufnahmen gewährleistet bleiben, ist schon im nächsten Moment die wichtigste Aufgabe. Immer mit einem Ohr und einem Auge zur Tür, denn, es sei erwähnt, nachtaktive Kameras hatten uns doch ein bisschen verunsichert. Manche der Hühner zeigen typische Batterie-Verletzungen; geschwollene Gelenke, Schmerzen an den Beinen aufgrund der Gitter (manche davon sind so arg betroffen, dass sie nur mehr auf einem Bein stehen), einige überzogen mit Wunden am Rücken, dicke Schorfbildungen sind zurückgeblieben. Einfach nur todtraurig. Einfach nur zum Schämen. Einfach nur Schande! Nach einer guten halbe Stunde im Inneren des Monsters treten wir den Rückweg an; stiller als zuletzt übersteigen wir bald erneut den gefallenen Baum, und nur wenig später führt uns der Highway auch schon wieder in Richtung Grenze. |
Gegen vier Uhr nachts sitzen wir an einer Raststelle noch kurz zusammen. Verarbeiten die Momente in Gesprächen. Worum es dabei geht, es ist gar nicht wichtig. Nur Reden. Und Zuhören. Sich ablenken. Im Wissen, zu Haus wird der Körper sich ohnehin nur im Bett wälzen, der Geist nicht zur Ruhe kommen. Aber auch im Wissen, es wird unsere Aufgabe sein, dieses Verbrechen anzuklagen. Bis die zuständigen Stellen reagieren. So lange zu kämpfen, bis Verbrechen wie dieses – an der Tierseele und an der Menschlichkeit – beendet ist. Ebenfalls ohne Rast und Ruh! |
Zusammen mit einer befreundeten slowakischen Organisation werden wir selbstredend Anzeige erstatten! Hühner derart zu halten, es ist nicht nur verboten, es ist ein unfassbarer Affront! Gegen jedes Gesetz, aber auch gegen die Humanität selbst. Es scheint, als wäre diese verloren, zumindest in vielen von uns. Ist sie das, ist es wie mit der Unschuld; dann kehrt sie nie zurück. Wir werden die EU-Kremien einschalten, sowie die Politik, die slowakische sowie jene auf Europa-Ebene; denn ein bereits seit 12 Jahren wirksames Verbot derat zu untergraben, das muss einfach Konsequenzen haben. Es gilt also als gewiss: Fortsetzung folgt! |