Sie erinnern sich, kürzlich hatten wir einen Tiermarkt im Waldviertel besucht; jene Veranstaltung, ein Verkauf von Leben in Käfigen, Schachteln und Holzboxen wie vor hunderten von Jahren, findet einmal monatlich statt und sehr zu unserer Überraschung ist sie dem Anschein nach tatsächlich selbst im dritten Jahrtausend noch ein Publikumsmagnet. Jedenfalls, vor vier Wochen hatten wir den zuständigen Amtstierarzt gebeten, bestimmte Kritikpunkte doch so schnell als möglich zu überprüfen – was dieser auch zu tun versprach, ‚bei nächster Gelegenheit‘. Außerdem würde er, so die Zusage, mit dem Veranstalter umgehend ein ernstes Gespräch führen! Dieser Tage, bei wolkenverhangenem Himmel und dem der Jahreszeit entsprechenden Nebel ringsum, wollten wir uns vom Gesagten überzeugen. Weil man in solcher Umgebung natürlich sehr auffällt, noch dazu, nachdem wir beim letzten Mal eine Anzeige eingebracht hatten, kam uns die ab jetzt auch im Freien vorherrschende Maskenpflicht beim Unterfangen sehr entgegen. 🙂 |
Fotos: zwischen Ramsch und Gemüse – wieviel ist ein Leben wert? Manchmal nur, in der schrecklichen Welt der Menschen, 1 Euro (siehe letztes Foto)… |
Allerdings, geschuldet wohl den Wetterkapriolen sowie dem von der Regierung angekündigtem Lockdown, sollten dieses Mal deutlich weniger Aussteller anwesend sein; nichtsdestotrotz, es breitete sich dennoch eine große Anzahl von SeelenhänderInnen samt ‚ihren‘ Tieren auf dem Gelände aus. Interessant: während fast alle Events und Veranstaltungen im Bezirk bereits abgesagt waren, mit Verboten belegt, warum darf dann ausgerechnet ein Tiermarkt stattfinden? In einem auf ‚rot‘ geschalteten Bezirk noch dazu, wo die Ansteckungen zuletzt drastisch zunahmen? Die Überlegung steht doch im Raum: wenn im Moment eh schon alles so ziemlich demprimierend ist, wenigstens ein Gutes könnte die Pandemie mit sich bringen, nämlich, dass diese armen Wesen ein klein bisschen Ruhe vergönnt wird – aber nicht einmal das! Während sich die Menschen ringsum ungehalten über die Einschränkungen der persönlichen Freiheit echauffieren, nimmt man es im Gegensatz dazu beim Mitgeschöpf als gegeben hin, dass deren Leben in der Triste winziger Verschläge stattfindet! Angeboten auf einem Markt, zwischen Kartoffeln, Zwiebel, Kürbisse und Salben, Flohmarktartikeln und dergleichen… |
Wieder entdeckten wir viele Käfige, wo den Hilflosen nicht einmal Wasser dargeboten wurde; Sittiche, welche sich in einem Eck im Kleinstgefängnis zusammendrängten, von purer Angst gezeichnet. Eine andere Spezies daneben, ebenfalls den Sittichen zugehörig, würden sogar Minusgrade aushalten können, besagte jedoch sollten keinen Temperaturen unter 5 Grad ausgesetzt sein. So zumindest sagt es uns der Verkäufer. 5 Grad wurden am Markt zwar leicht überschritten, es hatte um die 7 oder 8, aber durch die steife Brise des Herbstwindes musste der ‚gefühlte Wert‘ wohl deutlich darunter liegen. Warum werden sie dann dennoch angeboten, jetzt, wo ein überschaubares Publikum kaum einen von ihnen erstehen wird? Weil es, wenn auch unwahrscheinlich, trotzdem sein könnte, dass sich ein/e KäuferIn findet, und dann um die 30 Euro in die Kasse gespült werden. Mögliche 30 Euro in Aussicht, die sind eine eventuelle tödliche Verkühlung dann wahrscheinlich schon wert… Kaninchen um rund 12 Euro, ‚Fleischkaninchen‘ für weniger als das; ‚Ja, man kann natürlich die Zuchtkaninchen auch essen, nur ist an denen weniger dran – ‚da würde man dann mehr brauchen als eines für eine Mahlzeit‘, hören wir. Während die Zuchttiere wenigstens zu zweit oder zu dritt im Stroh im Käfig sitzen, steckt der ‚Fleischhase‘, der wenikger Umsatz bringt, in einer körpergroßen Pappschachtel. Zugeklappt, im Finsteren, ohne jede weiche Einlage. |
Eine Ente im winzigen Käfig, Tauben zusammengedrängt im Minimalstverlies, Hähne hinter Gittern. Einer läuft sogar frei, ein japanischer Kampfhahn; er entfernt sich dennoch nicht vom Stand; warum sein Leidensgefährte im Käfig steckt? Weil die beiden sonst sofort raufen würden; ja, diese Rasse mit ihren muskulösen Beinen und rasiermesserscharfen Krallen wurde eigentlich für Hahnenkämpfe gezüchtet (ein Bild zeigt am Rücken des im Käfig sitzenden Blessuren – ob die wohl aus einer solchen Konfrontation stammen?)… Eine weitere Frau verkauft Kaninchen; die muss man immer zu zweit halten, meint sie. Ob es sichergestellt werden könne, dass Menschen nicht nur ein Tier kaufen und dieses später in Einzelhaft vegetieren lassen, fragen wir. Nein, natürlich nicht, da hätte man dann keinen Einfluss darauf. Ob es alleine aus diesem Grunde nicht zu hinterfragen wäre, überhaupt diese Armen zu verkaufen? Nein, überhaupt nicht, weil ‚ich züchte ja so gerne und stehe dann ebenso gerne hier. Es ist ein gutes Gefühl, schöne Kaninchen gezüchtet zu haben‘. Fassen wir zusammen: sich selbst wohlzufühlen mit einem ‚Zuchterfolg‘ und persönliche Eitelkeit steht weit über der Verantwortung für das Leben der Ausgelieferten – ja, so sind wir Menschen eben gestrickt. |
Wieder werden vor allem Hühner unsanftest gepackt, aus den Käfigen gezerrt, in die Boxen und einfachen Schachteln – gerne auch mal eine Plastiktüte – der KäuferInnen gesteckt. Besonders lustig dabei, wenn sich die Tiere zu wehren versuchen. Da wird gleich noch mehr gelacht und gescherzt… Last but not least – es gibt aber auch einen sehr positiven Aspekt an jenem Tag: tatsächlich begegnen wir den Amtsveterinär auf dem Gelände! Er hat also Wort gehalten, eine Nachschau gemacht. Und zumindest für das Heute wenigstens das Ausstellen von größeren Papageien vom Gelände verdammt… Bei all dem Leid und all dem Kummer ist diese Tatsache schon ein Lichtblick. Ein Lichtblick, der für die Zukunft vielleicht Besseres erhoffen lässt! |
Vor dem ‚Festgelände‘ enthüllen AktivistInnen mit aufgesetzten Gasmasken abwechselnd Transparente; ‚Hier stinkts nach Tierqual!‘, können die BesucherInnen lesen. Der/die eine oder andere wird neben dem gekünstelten Spott beim Betrachten einen Gedanken an die gequälte Kreatur verlieren. Und die Botschaft weitertragen. Steter Tropfen höhlt den Stein, wer mag es bezweifeln?! |