Unfassbare Bilder aus einem Kuhstall haben uns wieder erreicht… die Salzburg Milch ist gefordert!

Besorgten Menschen ist ein Hof im Salzburger Umland schon seit Jahren aufgefallen – die dortige Rinderhaltung wäre grenzwertig, wurde uns da mitgeteilt, trotz des dauernden Anbindeverbotes wären über viele Jahre hinweg noch nie Kühe im Freien gesichtet worden. Und das, obwohl der Hof umgeben von Wiesen ist; direkt angrenzend an den Stall! Zudem, so das Vernehmen, fährt der Wagen der Tierkörper-Entsorgung verdächtig oft vor. Vor kurzem wurde nach einem AugenzeugInnenbericht auch noch der Bauer selbst gesehen, als er mit dem Traktor ein offensichtlich verstorbenes Kalb wegtransportierte.
So, und jetzt sind Bilder aus dem Inneren des Stalles aufgetaucht. Und die sind, es sei vorweggenommen, schrecklich; sie zeigen eine herzzerreißende Realität! Viele der Kühe sind über und über mit Kot verschmiert, was auch kein Wunder wäre – denn die Liegeflächen sind extremst kurz bemessen (nie und nimmer stimmt deren Größe mit der gesetzlichen Vorgaben überein), es gibt keinerlei Liegematte, von einer Stroheinlage gar nicht zu reden, und alle Kühe können nur liegen, wenn sie sich mit der hinteren Hälfte des Körpers auf die eisernen Kotgitter platzieren. Selbst beim Stehen, dann, wenn ihre Köpfe über den Stand vorne weit hinausragen, schneiden die Gitter in ihre Hufe. Auch die hygienischen Umstände sind nicht tolerierbar; einige der Kühe weisen offensichtlich zusätzlich zu all diesen Problematiken auch noch einen zumindest mangelhaften Ernährungszustand auf (siehe Bild).
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Erschwerend kommt hinzu, die Milch aus jenem Stall wird an die SalzburgMilch geliefert; gerade die beruft sich aber auf eine imageträchtige Tierwohl-Initiative, welche sich zumindest am Papier äußerst innovativ präsentiert. Das Projekt hebt sich deutlich von allen bisher getätigten Maßnahmen jeglicher GroßabnehmerInnen – also der Konkurrenzbetriebe – ab. So lesen wir dann auf der Homepage auch folgenden Satz: ‚Das Ergebnis (der Erarbeitung neuer Richtlinien zum Wohlergehen der Milchkühe, Anm.) ist die Tiergesundheitsinitiative von SalzburgMilch, welche sich auf die wichtigen Punkte Auslauf, Fütterung, Gesundheit und artgerechte Haltung der Milchkühe konzentriert.‘ Dabei werden gesetzliche (Mindest-)Vorgaben weit übertroffen, betont man stolz. Zum Beispiel verlangt die SM von ihren Bauern (mehr als 2600 VertragspartnerInnen), den Kühen einen Freigang von mindestens 120 Tagen im Jahr zu gewährleisten. Freilich, wie lange dieser dann zu sein hat, ist nicht geregelt. Was in diesem Falle bedeutet: selbst wenn es an jenem Hof eine typisch österreichische ‚Ausnahmeregelung‘ für die verbotene ‚dauernde Anbindehaltung‘ geben sollte – was, wäre dem tatsächlich so,  nicht zuletzt in Anbetracht der Möglichkeiten dann schon einen hohen Erklärungsnotstand in sich bergen würde – ist das permanente Anketten für einen SalzburgMilch-Lieferanten auf jeden Fall und zu 100 % verboten! Kurz: die armen Tiere dürfen laut SM-Regeln unter keinen Umständen immer an der Kette hängen. Wir sprechen hier also von geforderten mindestens 120 Tagen ‚Freigang‘, von 33% des Jahres; das hört sich erst mal gar nicht so schlecht an. Doch einer näheren Betrachtung hält dieses Versprechen dann auch kaum stand. Denn zum einen ist die Umsetzung beim besten Willen nur mangelhaft oder gar nicht überprüfbar, zum anderen schmilzt der Prozentsatz schnell ins verschwindend geringe; denn gehen wir jetzt mal von einer Stunde ‚Auslauf‘ aus, so entspricht das plötzlich nur mehr bestenfalls rund 120 Stunden Bewegung im Jahr. Dieses setzt sich bekanntermaßen aus 8760 Stunden zusammen. 120 Stunden davon sind grob gerechnet weniger als 1,5 Prozent, genauer 1,37%. Aus suggerierten 33… Apropos ‚Augenauswischerei‘: 1,37 % ‚Freigang‘ bedeuten im Rückkehrschluss auch (und jene Tatsache sollte beim Milchkauf mit überlegt sein) dass die Kühe selbst im Tierwohlprogramm 98,63 % ihrer Lebenszeit an der Kette verbringen könnten. Ohne jegliche rechtliche bzw. betriebsinterne Folgen. Und das ist schon eine mehr als heftige Zahl!
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Fotos: quälende Enge, Liegen auf dem Gitterrost, kurze Ketten, Schmutz – darf so eine Kuhhaltung für den ‚Premium-Milchmacher‘ (wie sich die SalzburgMilch selbst bezeichnet) aussehen? Beurteilen Sie!
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Zudem: die wunderschönen Broschüren der Molkerei zeigen fast ausnahmslos Kühe auf der Weide. Das Vorgaben sprechen von ‚Auslauf und/oder Zugang zur Weide‘. Jetzt kennt man doch so einige SM-Ställe; sehr viele davon waren vor der Einbindung reine Anbindehaltungsbetriebe – aufgrund der Partnerschaft musste jetzt ein Freilauf errichtet werden. Der ist dann oft nur wenige Quadratmeter groß, noch dazu purer Beton. Von ‚Weide‘ ist da dann überhaupt keine Rede mehr. Viele würden einen solchen abgegrenzten Bereich als ‚reine Augenauswischerei‘ bezeichnen, als bloße ‚Beruhigungspille‘ für den Abnehmer. Anscheinend ist dem Zweck dennoch allemal genüge getan. Traurig genug, richtig interessant wird es aber zusätzlich, wenn man also auch noch das Verhältnis von Weidegang zum Auslauf abwägt. Denn wenn zu nahezu 100 % Kühe auf der Weide auf Hochglanzbildern gezeigt werden, dann müsste das Pendel hier doch im überwältigendem Maße zugunsten der Wiese ausfallen. Ist das aber so in der Realität? Tja, es finden sich leider keine diesbezüglichen Zahlen, zumindest sind wir im Netz nicht fündig geworden. Aber der Verdacht liegt nahe, und wir werden uns vermutlich hier nicht zu weit aus dem Fenster lehnen, wenn wir behaupten: ganz und gar nicht… wir lassen uns jedoch von den sicher existierenden SM-Statistiken gerne eines Besseren belehren. Fakt ist für uns jedenfalls, dass selbst der oft so winzig bemessene Auslauf bei einigen Höfen weitestgehend unbenutzt bleibt. Worauf wir auch mehrfach und in mehreren Fällen hingewiesen haben.
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Fotos oben: Werbebroschüren der SalzburgMilch; da sind die Kühe praktisch nie im Auslauf, ja nicht einmal auf der Wiese zu sehen; es müssen fast immer Almen sein! Freilich, die Realität spricht eine andere Sprache… rechts: vor dem Hof, wie zum Hohn! So viel sind die Gütesiegel wert?
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Jetzt möchten wir es dennoch klipp und klar sagen: es ist gut und unfassbar wichtig, was die SalzburgMilch versucht umzusetzen. Sie ist damit wie gesagt den allermeisten anderen Molkereien weit voraus. Andererseits, nach all den Fällen, mit welchen wir es bis zum heutigen Tag zu tun hatten, muss aber genauso strikt und mit eisernen Fingern in die Firmenphilosophie gekratzt sein: wenn schon so viel nachgedacht und (vor allem in die Werbung) investiert wird, dann sollte das Gesagte auch zutreffen. Man muss sich als KonsumentIn darauf verlassen können, ohne Wenn und Aber. Selbstverständlich, bei 2600 Betrieben wird es immer ‚schwarze Schafe‘ geben. Darum geht es aber gar nicht, denn niemand in der Welt ist perfekt und eine 100 % – Quote der Zufriedenheit wird bei derart vielen Einzelunternehmen kaum zu erreichen sein. Unabdingbarer Fakt ist jedoch: werden Verstöße bekannt, MUSS hart durchgegriffen und nicht der Tierschutz mit leeren Worthülsen abgefertigt werden! Nur so kann die Initiative letztendlich ernstgenommen werden. Jeder andere Weg ist kein Kavaliersdelikt. Nein, er würde vielmehr nichts weniger als Verrat an den Tieren und an den KosumentInnen bedeuten.
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Ja, es ist sicher enorm schwierig, all die Forderungen an die Geschäftspartner durchzusetzen und auch zu überprüfen. Gelingt dies, ist es großartig. Gelingt dies nur ansatzweise, wie bisher, dann muss man entweder die Kontrolle verstärken oder den Wortlaut der Versprechungen abändern; Sätze wie ‚Mindestens 120 Tage im Jahr Auslauf und/oder Zugang zur Weide. Wir sind stolz darauf, dieses Ziel auf allen 2.600 Höfen unserer Bauern umgesetzt zu haben (auf allen 2600 Höfen dick hervorgehoben, Anm.)‘ können ansonsten von den KundInnen als Wortbruch, als KonsumentInnentäuschung, angesehen werden. Die SM verspielt derarts ganz schnell ihre Glaubwürdigkeit. Und das wäre schade; eben, weil sie nochmals betont der so ziemlich einzige Anbieter ist, der tatsächlich viel Geld in eine Verbesserung der Standards einbringt. Vielleicht also sollte die Darstellung überdacht werden, solange sich die Situation wie gegeben darstellt. AbnehmerInnen würde es wohl genauso honorieren können, würde da vorläufig einmal ‚nur‘ von der unabdingbaren Bemühung gesprochen, dass die schönen Worte so schnell als möglich auf allen Höfen umgesetzt werden. Die Zügel, ohne Frage, die hat die SalzburgMilch selbst in der Hand; ganz sicher sind die einzelnen Landwirte mehr von ihr abhängig als umgekehrt. Ist also ein Vertrag unterschrieben und wird er von einem Tierhalter oder einer Tierhalterin gebrochen, so muss das Konsequenzen haben. Ernste und offensichtliche Konsequenzen. Wenn nicht, dann sind die schönen Werbebroschüren das Papier nicht wert, auf welches sie gedruckt sind. Daran ist nicht zu rütteln, da gibt es nichts schönzureden.
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Soviel zur Theorie. Jetzt werfen wir aber einen Blick zurück in die Praxis, also in die jetzt betroffene Landwirtschaft. Weil wir an dieser Stelle vielleicht wieder hören werden ‚Was wissen schon die Tierschützer? Die kennen sich ja gar nicht aus‘, wollten wir zuvor noch wissen, was eine allgemein höchst anerkannte Autoriät dazu sagt. Der für RespekTiere so unentbehrliche beratende Experte, seines Zeichens der hochverehrten Prof. Dr. Rudolf Winkelmayer, unterzog die uns zugespielten Fotos deshalb einer ersten Analyse (wir bedanken uns hiermit einmal mehr für die andauernde Hilfestellung).
6379e8cc 1880 4019 802f 73ed70194458Prof. Dr. Winkelmayer schreibt also:
‚Die erste Frage ist: warum Anbindehaltung? Welche Rechtfertigung gibt es dafür? Ist die Ausnahme vom Anbindeverbot wirklich gegeben? Ist die Anbindehaltung alternativlos? Ich glaube nicht!
 Viele Tiere sind hochgradig verschmutzt. Mangelhafte Stallhygiene. Dadurch entstehen den Tieren Schmerzen, Leiden, und in der Folge auch Schäden!
Der Stand (die betonierte Fläche) ist für die Größe der Tiere viel zu kurz. Wenn sie stehen – und insbesondere, wenn sie liegen, befinden sich die Hinterextremitäten bzw. erhebliche Teile des Körperendes auf dem Kotgitter. Das ist völlig inakzeptabel, weil es wiederum den Tieren Schmerzen, Leiden und Schäden verursacht.
 Und ja, die auf dem Foto xxx gezeigten Tiere haben einen (für Fleckvieh) minder guten bis schlechten Ernährungszustand. Das weist auf eine grobe Vernachlässigung der Tiere hin!‘
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Mehr gibt es dazu wohl nicht zu sagen; wir haben umgehend Anzeige bei der Veterinärbehörde sowie bei der Bezirkshauptmannschaft erstattet! Was uns nebenbei am Herzen liegt: die SM sollte den Fall nicht als Problem sehen, sondern als Herausforderung. Nicht die ‚TierschützerInnen‘, die ihn in die Öffentlichkeit bringen, sind schuld an der Situation, sondern der Vertragspartner. Für den Milchkonzern bietet sich hiermit erneut die Gelegenheit zu beweisen, wieviel Ernsthaftigkeit hinter der ‚Tierwohl-Initiative‘ steckt. Eine echte Chance also, die eigene Glaubwürdigkeit zu unterstreichen. Eine solche sollte nicht vertan werden. Wir warten also gespannt auf die Reaktion!
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