Slowakei – der Hilfseinsatz!

Es ist also wieder soweit. Das RespekTiere-Mobil scharrt bereits in den Startlöchern, voll beladen bis oben hin. Was haben wir nicht alles zusammengetragen; dutzende Schachteln an Kleidung, Dinge des täglichen Bedarfs, Hundebetten, Leinen, Decken und natürlich jede Menge an Tiernahrung. Gut 700 kg fanden zusätzlich zu den Gütern Platz im riesigen Laderaum. Und jedes einzelne davon wird auch dringend benötigt – respekTIERE IN NOT ist einmal mehr am Weg in den Osten, dieses Mal ist die Slowakei das auserkorene Ziel!
Frau Havranovra hatte uns vor einigen Tagen informiert, die Vorräte für ihre Katzenschar würden beängstigend schnell zu Ende gehen. Ihr wisst, die herzensgute Tierschützerin betreibt in der Metropole seit vielen, vielen Jahren ein einzigartiges Asyl für die Stubentiger, gut 50 davon sie im Moment völlig von ihrer Hilfe abhängig. Die Hälfte, 25, leben fix in der Herberge, andere, zu scheu um im Inneren zu verweilen, werden bestmöglich im Märchengarten der Katzenstation mitversorgt. Doch damit nicht genug – aufgrund vieler verschiedener Faktoren – auch Corona zählt hierzu, weil die immer verheerender werdenden Auswirkungen der Pandemie die Menschen mehr und mehr zum Sparen zwingen (und die deshalb unfassbarer Weise immer öfters vierbeinige GefährtInnen einfach vor die Türe setzen…) – ist die Stadt übervoll mit Streunertiere, die kein zu Hause mehr haben! Übrigens: Unter Tags ist es Frau Havranovra dann so ganz nebenbei fast unmöglich, Essen für die Armen bereitzustellen, weil die direkten Anfeindungen durch MitbürgerInnen beim Füttern von Straßentieren untolerierbare Ausmaße angenommen haben (ein Phänomen, welches auch in Österreich kein fremdes ist; haben Sie schon mal versucht, in einem Park den Tauben Körner zu geben?)…
Wenn wir dann schon mal den weiten Weg auf uns nehmen, ist ein Besuch im Vorzeigeasyl der Slowakischen Republik, im Hundeheim von Sloboda Zvierat (www.slobodazvierat.sk) längst obligatorisch, zur Pflicht geworden! Warum? Weil an jener Adresse zum einen ganz fantastische Arbeit geleistet wird und zum anderen, weil dort immer wieder auch Vierbeiner von obdachlosen Menschen zumindest zwischen-untergebracht werden müssen; und so gibt es ganz nebenbei auch eine Kleiderkammer für Bedürftige – was unsere Ansichten von direktem Tierschutz dick unterstreicht! 🙂 Genau deshalb nämlich haben wir den Van auch wieder zusätzlich mit Gewand und Dingen des täglichen Bedarfes bis unters Dach vollgefüllt.
Die Nacht war eine kühle gewesen, und so lassen sich die ersten Sonnenstrahlen des aufgehenden Feuerplaneten besonders genießen. Sie vertreiben langsam die bleierne Müdigkeit und wohlige Wärme breitet sich aus, füllt langsam die Fahrerkabine. Der nahende Tag verspricht trotz des fortgeschrittenen Kalenderdatums sogar ein besonders sonniger zu werden, die erneut prognostiziert hohen Temperaturen sind nichtsdestotrotz aber auch mit einem fahlen Beigeschmack versehen – senden sie doch einen weiteren warnenden Gruß von der drohenden klimatischen Apokalypse…
Der erste Zwischenstopp passiert in Herzogenburg, einer Kleinstadt unweit der NÖ-Metropole. Dort betreibt mein Bruder Charly eine eigene Spedition, und in seiner Firmenhalle dürfen wir seit Jahren dankenswerter Weise Spendengüter zwischenlagern; dieses Mal laden wir eine Palette Hundenahrung bzw. Tierheimbedarf zu, bevor die Fahrt weitergeht. Gegen Mittag passiert das orange Ungetüm bereits Wien, entert mit gemächlich stotterndem Motor die Ostautobahn und alsbald nehmen wir die ersten Überkopfanzeiger ‚Bratislava‘ mit erleichtertem Kopfnicken zur Kenntnis. Aberhunderte Windräder begrüßen uns jetzt, sie säumen den Weg wie riesige Soldaten, stahlbepanzert, jede Bewegung unter sich beobachtend. Es ist ein geknechtetes Land zu ihren Füßen, jeder Natürlichkeit längst beraubt und nur mehr in der langsam verblassenden Erinnerung seiner Bewohner immer noch ein grünes El Dorado.
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Foto: Zuladung in der kleinen TLP-Spedition (Transport-Logistik-Putzgruber)!
Alex, der die Reise einmal mehr begleitet, ist in Schwechat zugestiegen; die Fahrt vergeht nun, passend zum Standort, wie im Flug (zur Erklärung: Flughafen Wien-Schwechat), und alsbald verrät ein Autokorso die nahende Grenze. Corona-Kontrolle, welche aber besonders auf slowakischer Seite doch etwas halbherzig betrieben wird. Zöllner, die nichts wissen möchten, Soldaten, die anstatt mit den Menschen lieber mit ihren Handys kommunizieren. Uns soll’s recht sein, so benötigt der Übertritt wenigstens kaum Zeit!
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Foto: Dauerbaustelle Ostautobahn! Im Hintergrund die Armada der Windräder!
Der Tag ist bereits ein fortgeschrittener, als wir endlich Frau Havranovras Asyl, die erste und einzige Katzenherberge Bratislavas, erreichen. Mit Tränen in den Augen werden wir empfangen, eine deftige Umarmung folgt. Wie Familie, ein längst überfälliges Treffen unter Blutsverwandten; ja, es ist tatsächlich mehr als bloße Freundschaft, was die Beteiligten verbindet.
Frau Havranovra und Karlos, ihr treuer Helfer, sie sind uns im Laufe so vieler Jahre wirklich zutiefst ans Herz gewachsen. Er, der ehemals Obdachlose, hat doch in der Herberge ebenfalls längst ein echtes zu Hause gefunden, ganz ähnlich den Streunerkatzen, und zusammen bilden sie nun eine geschlossene Einheit, wo der Herzensgute zum unverzichtbaren Bestandteil des gesamten Projektes geworden ist.
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Foto oben: auch die Skyline von Bratislava wird von Bau- und Flusskränen beherrscht! unten: Alex beim Ausladen – eine riesige Menge an Katzenfutter durften wir Frau Havranovra bringen!
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Viel an Katzennahrung haben wir mitgebracht, sehr viel sogar. So schleppen wir schon im nächsten Augenblick die schweren Säcke, immer beobachtet von den Samtpfoten, welche bereits zu ahnen scheinen: alsbald gibt es ein Festmahl! 🙂
Nach getaner Arbeit sitzen wir zusammen, in der Unterhaltung gefesselt; tatsächlich ist die psychologische Unterstützung, so zumindest empfinde ich es persönlich, fast genauso wichtig wie jene durch die mitgebrachten Güter. Es ist tatsächlich unfassbar, mit welchen Hürden die TierschützerInnen im Osten zu kämpfen haben. Barrikaden errichtet durch die Behörden, aber auch durch die Zivilgesellschaft. Wir alle sind unvermutet zu Abrissbirnen geworden, gedrängt in eine Position, in welche wir gar nicht reingeraten wollten – nämlich neben all dem Stress mit dem Tierwohl auch noch ständig damit befasst, die unvermutet und noch mehr unverschuldet entstehenden Mauern wieder einzureißen…
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Foto: Tom im Gespräch mit Frau Havranovra!
Frau Havranovra ist angeschlagen, gar keine Frage. Die vielen Jahre des Widerstandes gegen Bürokratie und geduldete Tierquälerei haben ihr schwer zugesetzt, dazu – Ihr erinnert Euch bestimmt – der körperliche Angriff vor drei Jahren, wo sie noch immer schwer an den Folgen leidet. Gepaart mit einer schweren Erkrankung der betagten Mutter; all das hat Spuren hinterlassen. Wäre dem nicht genug, fasste sie zusätzlich eine schwere Corona-Erkrankung aus; 8 volle Wochen war sie daraufhin ans Bett gefesselt, und nur Karlos alleine hatte es geschafft (mit unserer und daher Eurer tatkräftigen Hilfe), das Asyl überhaupt nur am Leben zu erhalten. Jetzt wartet zudem der Prozess mit der Stadt, der alles entscheidende über die Zukunft des Asyls. Die Verhandlung hätte zwar längst stattfinden sollen, wurde und wird aber immer wieder verschoben, einfach, weil aufgrund der Pandemie sämtliche Bereiche außer Rand und Band geraten ist.
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Foto: oft hilft einfach nur zuhören…
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Einige Katzenteenager gesellen sich zu uns, herzallerliebst; sie wurden allesamt in den letzten Tagen einfach über den Zaun des Asyls geworfen. Überhaupt scheint die Tierschutz-Situation im Moment sehr angespannt, eine ‚Katzenschwemme‘, so bezeichnet es Frau Havranovra, sei über das Land hereingebrochen.
Ja, wir werden schon alsbald wieder hier sein, versprechen wir schließlich. Nicht zuletzt gerade darum, weil es gerade so viele Katzen auf der Straße gibt, wird Futter derart dringend gebraucht – und jetzt naht auch noch die kalte Jahreszeit. Schon im Oktober, spätestens Anfang November, wollen wir uns deshalb erneut auf den Weg begeben, um dann die Vorratskammer an Nahrungsmitteln für den kommenden Winter ordentlich zu füllen!
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Zu Herzen gehende Worte und feste Umarmungen später sitzen wir schon wieder im Van. Gedankenschwer, in uns gekehrt. Immer noch, gar keine Frage, ist der Osten – und selbst wenn er einen Steinwurf weit entfernt von Wien beginnt – das Stiefkind des Tierschutzes…
Ing. Pavla (Paula) Dugovicova, die Vorsitzende von Sloboda Zvierat, empfängt uns mit ihrer unnachahmlich herzlichen Art! Ein duftender Kaffee wartet bereits, doch zuvor wollen wir noch das RespekTiere-Mobil entladen. Ungemein freundliche Helfer stehen hierfür bereit, und so nötigt uns der Einsatz schließlich nur kurze Zeit ab; kurze Zeit, welche dennoch die Grenzen der Lagerkapazität aufzeigt, so viel an Gütern haben wir wieder mitgebracht! Liebe RespekTiere-Familie, es geht nicht anders: wieder einmal müssen wir ein herzlichstes Dankeschön für all die Unterstützung aussprechen! Unmöglich wäre es, so viele Sachen so oft im Jahr zusammenzutragen, wenn wir nicht als großes, hoch professionelles Team arbeiten würden – ein tiefer Respekt sei an dieser Stelle einmal mehr kundgetan!
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Fotos: Frische Kleidung und Dinge des täglichen Bedarfs – besonders in Anbetracht der nahenden kalten Jahreszeit umso wichtiger!
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Paula erzählt später vom Alltag im Tierheim; von tierlichen und menschlichen Schicksalen, markerschütternd, so schwer und oft überwältigend wie das Leben selbst. Von der Notwendigkeit der Unterstützung, der gegenseitigen, von der Wichtigkeit der mitgebrachten Güter für Bedürftige. Von welchen es in der Slowakei so viel zu viele gibt. Von solchen, die ihre vierbeinigen Gefährten nicht mehr ernähren können, aber auch von denen, welche zwar den Mercedes in der Garage geparkt haben, aber den tierlichen Begleiter einfach an der nächsten Tankstelle festbinden. Und davon, dass diese Dinge letztendlich dennoch, als Hoffnungsschimmer, mehr und mehr unmöglich werden, weil langsam aber sicher auch in slowakischen Gefilden Chip und Registrierung unumgänglich werden!
Von 12 000 ‚Papierhunden‘, solchen mit Zuchtnachweis, die jährlich ‚produziert werden; vom Welpenhandel und brutalen Machenschaften der Tiermafia, aber auch vom wachsenden Tierschutzgedanken in der Bevölkerung selbst.
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Fotos: ohne jede Frage – es ist ein Vorzeige-Asyl! Großartig auch die ständig präsente Information!
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Wie gut, dass es SZ gibt, wie gut, dass die NGO den Gesetzgeber drängt, wie gut, dass neue Gesetze entstanden und im Entstehen begriffen sind! Wie gut, dass wir uns austauschen, dass wir zunehmend zusammen agieren können – ein Beispiel: die von uns ans Licht der Öffentlichkeit gezerrten Thematiken haben selbst das Schweizer Fernsehen auf den Plan gerufen – doch dazu, um an dieser Stelle nicht zu viel zu verraten, werden wir später noch kommen! Liebe Paula, eins steht jedenfalls fest, wir werden uns alsbald wiedersehen!
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Fotos: oben, als Zuchtmaschine missbraucht und von SZ gerettet:Slovakia-Qualzucht! unten: der Arme wurde erst kürzlich aus extremer Misshandlung geborgen; sein Hinterbein ist weg, der Stumpf entzündet, das Fell musste aufgrund schrecklicher Verfilzung und vieler Ekzeme an vielen Stellen komplett abrasiert werden. Der Fuß benötigt ein Nach-OP, dann hofft man auf ein baldiges zu Hause für den Süßen…
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Am späten Nachmittag finden wir noch eine geeignete Stelle für einen Protest; ‚There is no excuse for animals abuse‘ können PassantInnen an einer stark befahrenen Straße und in Front eines großen Einkaufszentrums alsbald lesen, dazu ein Aktivist in Hundemaske und im Knochenkostüm.
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Die Sonne sendet bereits ihre letzten Strahlen, als wir schließlich wieder die Grenze passieren; wohl auch durch das deutsche Kennzeichen des RespekTiere-Mobils sind dort aber alle Formalitäten schnell erledigt und so hat uns die Heimat wieder. Und weil wir schon zu Beginn des Berichtes das Wort ‚Apokalyse‘ in den Mund genommen haben, möchte ich den Begriff auch zu Ende nochmals bemühen: beinahe apokalyptisch mutet nämlich die Tatsache an, dass der Heimweg durch die seit Anbeginn der Zeit winddurchfurchten Pannonischen Tiefebenen, dort, wo die Luftströmung ansonsten ohne Unterlass und mit steter Intensität über die Landschaft herrscht, nahezu gespenstisch ruhig verläuft.  Kein Blatt regt sich, kein Grashalm, kein Biegen, kein Brechen; die Rotorblätter der Riesen harren bewegungslos in der untergehenden Sonne. Besiegten Heerscharen gleich. Mit hängenden Köpfen der Gnade des Triumphators ausgeliefert. Noch nie waren die Verhältnisse so gesehen…
Im burgenländischen Neusiedl treffen wir dann einmal mehr zum Abschluss einer Ost-Reise die ortsansässigen, unfassbar engagierten und herzlichen TierschützerInnen um Doris und Moni. Nicht missen möchten wir jene Begegnung, nie mehr wieder. Aus zwei überfüllten PKW’s entladen wir dutzende Säcke mit Kleidung sowie Hundenahrung, einmal mehr als direkte Bestätigung: ein Ende einer Hilfsfahrt ist bereits wieder der Beginn der nächsten! Mit Stolz verabschieden wir uns schließlich; ja, Stolz ist es, der in unserem Inneren wühlt, Stolz, solch wunderbare Menschen kennen zu dürfen! Herzlichsten Dank dafür, Ihr Lieben!
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Foto oben: Corona-Maßnahmenbedingter Stau an der Grenze bei der Rückfahrt; unten: es ist bereits liebgewonnenste Tradition: die Treffen mit den lokalen TierschützerInnen um Doris und Moni auf der Rückkehr aus den Oststaaten im Burgenland!
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Der Himmel über Wien ist ins schwärzeste Schwarz getaucht, als wir die Metropole erreichen. Die Lichter der neuen Skylines schimmern im Hintergrund, und ob der späten Stunde ist es beinahe Ruhe, welche eine angenehme Atmosphäre kennzeichnet. Es ist die Ruhe vor dem Sturm, denn fürwahr, es erwartet uns ein heftiger Herbst. Trotz menschengemachter Problematiken sind wir in den kommenden Wochen voll gefordert – und ganz besonders sogar. Aber Ihr wisst es, egal welche Herausforderung uns auch erwarten mag – wir sind bereit. Zu allem bereit. Mit Euch gemeinsam, die Erfahrung sagt’s, ist doch alles möglich!
Fotos: unten, links: Bratislava Bridge; rechts: spät nachts gehts von Wien zurück in Richtung Westen!
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