Hilfstransport Slowakei/Ukraine – on the road again!

Die Sonne sendet bereits ihre letzten wärmenden Strahlen zur Erde, als wir in unserem ‚Nachtlager‘ eintreffen. Der Motor der RespekTiere-Mobils murrt noch einmal kurz – ganz so, als ob dem Orangen die Ruhepause zuwider wäre – als sich der Zündschlüssel im Schloß dreht und beim Abziehen ein stilles Versprechen nach ein paar Stunden Erholung abgibt.

Wir sind wieder unterwegs – und dieses Mal wird uns der Weg in die Slowakei führen. Dort, wo Frau Havranovra mit ihrer Katzenschaft schon sehnsüchtig auf die so dringend benötigte Unterstützung wartet, und wo wir wieder eine riesen Menge an diversesten Hilfsgütern zum Partnerverein ‚Sloboda Szvierat‘ bringen wollen!

Hilfstransport SlowakeiUkraine
Alex bei Spendenausladen

Fotos: einmal mehr bis obenhin vollbeladen – Hilfstransport in die Slowakei/Ukraine!

Schon früh am nächsten Morgen sitzen wir erneut im orangen Ungetüm. Alex, RespekTiere-Hilfsfahrten-Veteran, hat nun ab Wien am Beifahrersitz Platz genommen und wir finden uns alsbald in tiefesinnigen Gesprächen verwickelt wieder. Es gilt heute keine Zeit zu verlieren, derart viel wäre zu erledigen, sodass der Tag am besten 48 Stunden haben sollte… Vorbei geht es an den ‚grünen Industrieparks‘, wo Windräder inzwischen mehr als alles andere das Landschaftsbild prägen. Über dutzende, ja langsam sogar hunderte Kilometer hinweg verunstalten sie die Ebenen, längst zur tödlichen Gefahr besonders für Vögel geworden. Leider mangelt es uns aber an Alternativvorschlägen, um überhaupt nur Kritik anbringen zu dürfen. Dennoch beobachten wir die Szenerie mit einem gewissen Grummeln in der Magengegend. Und dies hat selten etwas Gutes für die Zukunft bedeutet…

Sei es wie es sei, gebaut wird gerade an vielen weiteren der stählernen Monstern, und passend dazu verkündet das Radio, Bayern macht es sich im selben Augenblick zur Vorgabe, im kurzer Zeit mehr als 500 Mega-Räder zu errichten. Jeweils mit einer Höhe von 200 Metern. Mindestens 2 Kilometer haben diese dann außerhalb von Ortschaften zu stehen, warum wohl? Um die Menschen vor den schädlichen Einflüssen zu schützen. Wer aber bitte beschützt die ohnehin äußerst bedrohte Tierwelt? 2 Kilometer, was bedeutet, die letzten entlegenen Orte werden dann von der Technik erobert sein… schöne neue Welt.

on the road again

Fotos: ab Wien geht es gut voran, bei bestem Reisewetter! unten: Windrad-Wahnsinn im Pannonischen Becken…

Windraeder Wahnsinn

An der Grenze gibt es keinerlei Probleme, sehr zu unserer Freude. In Fakt, es wird an österreichischer Seite nur bei der Einreise kontrolliert, an slowakischer ist weit und breit überhaupt niemand zu sehen! Bald sind wir nun in Bratislava, der Boomenden, eine Stadt, welche in emsigen Bautätigkeiten geradezu erstickt. Überall Kräne, überall wird errichtet, gegraben, abgetragen und aufgetragen. Die Metropole des Landes, wohin es die Menschen aus allen Teilen der Republik verschlägt. Gut 450 000 Bewohnende gibt es inzwischen, und die Zahl ist eine stark steigende. Darunter dann auch geschätzte über 6 000 Obdachlose, ein Tribut an die weitverbreitete Armut im Land…

Bratislava

Foto: Bratislava, eine Stadt beherrscht von Baukränen!

Das erste Ziel lautet: Katzenasyl! Frau Havranovra erwartet uns dort bereits mit freudiger Mine, sie, welche nach Karols Tod (wir haben über die traurigen Ereignisse im Newsletter der letzte Reise ausführlich berichtet, nachzulesen unter https://www.respektiere.at/2021/12/31/on-the-road-again-auf-in-die-slowakei/) plötzlich wieder ganz alleine auf weiter Flur zurückgeblieben ist. Sage ich ‚ganz alleine‘? Nein, dem Himmel sei Dank scheint sie eine Meisterin der Improvisation zu sein, oft bewiesen, und so hat sich bereits erneut eine Zusammenarbeit mit einem jungen, katzenverrückten Mann ergeben, welcher in einer nahen Firma arbeitet. Jeden Morgen eines neuen Tages ist nun dessen erster Weg der ins Asyl, wo er sich sofort einmal um den Ofen kümmert, für Wärme sorgt. Dann hilft er Frau Havranovra bei verschiedenen Tätigkeiten rund um das Tierheim und nicht ohne noch jede Menge an Streicheleinheiten zu verteilen, begibt er sich erst danach zu seiner Arbeitsstätte! Super! 

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Frau Havranovra sieht mitgenommen aus; die Sorge spricht ihr aus dem Gesicht, wenn sie davon erzählt, sie hätte panische Angst davor, dass Russlands Putin als nächstes ihre Heimat besetzen könnte. Die Furcht ist allerdings so ziemlich unbegründet, werden wir nicht müde hinzuweisen, dann ein EU-Land anzugreifen, dass wagt wohl auch der gefallene rote Präsident nicht…

Im Asyl selbst laufen die Dinge inzwischen wieder ganz hervorragend – nur, das Damoklesschwert, das baumelt über dem von den Elementen in Mitleidenschaft gezogenen Häuschen weiterhin. Der Showdown steht jetzt sogar unmittelbar bevor: wieder einmal gibt es nämlich einen Gerichtsgang, dieses Mal soll es der, allerletzte, der entscheidende sein. Termin ist der 7. April, dann wird im Stadtparlament darüber gerichtet, ob das 1. und einzige Katzenasyl der Slowakei – seit 1996 betreut Frau Havranovra ihre Schützlinge, unentwegt, 24 Stunden Tag für Tag – eine Zukunft hat oder nicht. Schicksalstag. Steht tiefrot in unserem Kalender…

alex bei Frau Havranovra

Fotos: so viel haben wir wieder mitgebracht… sogar einen wunderschönen Kratzbaum! 🙂

tom bei Frau Havranovra

Erinnert Ihr Euch, Frau Havranovra war vor einigen Jahren direkt in der Herberge überfallen worden – noch immer glaubt sie Täter und Grund zu kennen, ihrer Meinung nach handelte es sich dabei um eine eindeutige Nachricht, sie möge das Katzenhaus endlich schließen und den wertvollen Baugrund schnellsmöglich verlassen; noch immer, selbst nach so langer Zeit, ist ihre linke Hand von einer aus dem äußerst brutalen Angriff resultierenden Verletzung schwer in Mitleidenschaft gezogen. Weder Heben noch Tragen kann sie damit, und sie wird es wahrscheinlich auch nie wieder können. Es ist wirklich eine pure Schande, einer Hilflosen derartiges anzutun. Unfassbar bis ins letzte Detail!

Trotz des Handicaps hilft sie aber fließig mit, die gebrachten Hilfsgüter entsprechend auszuladen; wir schlichten diese dann bestmöglich in den Vorraum, wo sich die Tiernahrung nun schnell stapelt. Auch Bettchen haben wir in petto, und einen wunderschönen Kraztbaum obendrein! Heizmaterial benötigt die Gute, aber leider reicht heute die Zeit nicht, um solches noch im Baumarkt zu besorgen. So versprechen wir mit der nötigen Überweisung auszuhelfen, und dann, nach dem Genießen eines Glases des berühmten scharzbraunen Brausegetränks, müssen wir tatsächlich schon wieder weiter! Eine letzte feste Umarmung, ein letztes Daumendrücken für den 7. April, und die Silhouette der herzensguten Frau verschwindet langsam im Rückspiegel.

Strassenkazten werden mitgefuettert

Fotos: Frau Havranovra versorgt auch viele Straßenkatzen mit; manche davon kommen in den Garten, manchen bringt sie Nahrung an die verschiedensten Plätze! unten rechts: hier hat Karol gewohnt; es sieht ganz so aus, als ob er noch immer hier wäre. Ist er auch, ganz bestimmt! Wir werden ihn nie vergessen! RIP

bei Frau Havranovra
katze bei Frau Havranovra

Foto: Tom im Gespräch mit Frau Havranovra!

tom im Gespraech mit Frau Havranovra

Wie die Slowakei-Hilfsfahrt zur direkten Ukraine-Hilfe wird!

Über verschlungene Pfade und zerborstene Straßen führt uns der Weg quer durch die Stadt an deren anderes Ende. Vorbei geht es an einem differenzierten Gesicht der Metropole, dem unpolierten. Hier herrscht kein Baubetrieb, im Gegenteil, hier ist es der Zerfall, der die Umgebung prägt. Lange Reihen bunter Grafittis unterstreichen den Eindruck, ganze Blocks dem sicheren Untergang, dem Investor preisgegeben. Melancholie liegt in der Luft, und wir atmen sie in tiefen Zügen.

Keine Zeit für Traurigkeit allerdings. Noch ein paar Kurven, dann erkennt man bereits die Umrisse des gesuchten Asyls. Tatsächlich, hier am Stadtrand, da befindet sich ein gar wundersames Tierheim, ein solches, welches vielleicht nicht jedermann/frau hier im Osten vermutet hätte. Ja, es ist ein Vorzeigeort, ein ziemlich beeindruckender sogar, perfekt gepflegt, eingebettet in eine sanfte Hügellandschaft. Zwar rückt das Industriegebiet stetig näher, aber noch scheint es Luft zum Atmen zu geben. Und Sloboda Szvierat, Freiheit für Tiere, nutzte die Gegebenheiten nahezu grandios! Den Hunden steht ein großzügiger Freilauf zur Verfügung, zu jeder Zeit sind die Gehege und die Boxen peinlich sauber, es mangelt den Tieren offensichtlich an nichts – außer, an einem endgültigen zu Hause! Ein kurzer Rundgang überzeugt: die vielen, vielen vierbeinigen Lieblinge, sie sind allesamt in guter körperlicher Verfassung, aber einigen merkt man deren Schicksal, deren meist so triste Vergangenheit, dennoch nur allzu deutlich an. Sie können gar nicht genug kriegen von Liebkosung, von Streicheleinheiten, von Berührung, welche ihnen das ganze bisherige Leben lang so gefehlt hatten. Ja, am allerliebsten, da möchte man jeden einzelnen dieser Süßen mit sich nehmen, sich kümmern, und alle Sorgen dieser Welt zu vertreiben versuchen. Nur leider, so funktioniert der ‚Humans Way of life‘ nicht, der ist vielmehr einer des ständigen Wettbewerbes geworden, des absoluten Kapitalismus, der bloßenUnmenschlichkeit…

altes Haus in Bratislava

Foto oben: abseits der Touristenpfade zeigt sich Bratislava oft von den Elementen zerfressen…

unten: im Tierheim der so großartigen Organisation ‚Sloboda Szvierat‘!

zerrissene Strassen in Bratislava
alex beim spendenausladen
Alex mit Futterspenden
gueter Ausladen bei Sloboda Szvierat

Die Sonne begint sich bereits hinter die Hügel zurückzuziehen, als wir mit dem Entladen beginnen. Zwei Mitarbeiter helfen uns dabei, und so entfleucht Karton um Karton, Sack um Sack dem riesigen Rachen des Vans. Neben der vielen Kleidung un den Dingen des täglichen Bedarfs haben wir selbstredend auch einige hundert Kilo an Hundefutter mitgebracht. Paula, die so souveräne Leiterin der Herberge – wie immer im verzehrenden Stress – nimmt sich dennoch ein paar Minuten, um mit Alex und mir zu plaudern. Beim nächsten Mal, so das gegenseitige Versprechen, da setzen wir uns wirklich zusammen, trinken eine Tasse duftenden Kaffee und schwatzen über dies und jenes; heute reicht die Zeit dazu nicht, weder für die Vorsitzende des Tierschutzvereins noch für uns. Und wahrscheinlich wird dies auch beim nächsten Besuch nicht anders sein. Aber das macht nichts, keine Abstriche, es ist ein Umgang mit großem Respekt vor dem jeweilig anderen Tun, und alleine dieses Wissen wärmt mehr, als es tausende Wörter je schaffen könnten. Es ist das Bindeglied, welches die tiefe Freundschaft mehr und mehr zusammenschweißt.

alex bei sloboda
hunde bei Sloboda Szvierat
Hunde bei Sloboda

Übrigens: all die mitgebrachten Güter, sie werden schon in den kommenden Tagen direkt an die slowakisch-ukrainische Grenze weiterbefördert! Dort gibt es einen Tierschutzverein, der in Verbindung mit ukrainischen Pedanten steht, und wo ein reger Austausch herrscht! Das gesamte Hundefutter ist also für ‚hinter die Grenze‘ bestimmt und wird in Folge ein Tierheim in der Ulraine überlebensnotwendig versorgen – wir werden darüber noch ausführlich berichten!

Aber wie wunderbar ist denn das, wie großartig ist die Solidarität international? Selbst hier, ohnehin im Osten, ohnehin in dauernder Tierschutzproblematik verstrickt, immer am Rande des Möglichen agierend, immer am Abgrund, selbst hier wird nochmals mit jenen geteilt, die die Unterstützung im Moment nötiger haben… in solchen Augenblicken, mit solcher Erkenntnis, da ist man so richtig stolz darauf, Teil dieser Bewegung sein zu dürfen!!!

Menschen gehen mit Hunden spazieren

Foto: das Asyl als gesellschaftlicher Treffpunkt! Immer sind ganz viele Menschen anwesend, welche mit den Hunden ‚gassi‘ gehen!

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Irgendwo in den Straßen Bratislavas schreit dann den vorbeieilenden Fahrzeuglenkenden ein Banner entgegen, das da sagt: ‚Stop Killing Stray Dogs – Now!!!‘. Gehalten wird das Transparent dieses eine Mal nicht von Gevatter Tod höchstpersönlich, sondern von einem unmaskierten RespekTiere-Aktivisten. Warum? Weil wir zum ersten Mal in der Geschichte die Demo-Utensilien zu Hause vergessen hatten! Grrr… aber andererseits, vielleicht ist es in Zeiten wie diesen ohnehin besser auf die Fratze des Todes zu verzichten. Also, letztendlich kann man jedem anfänglichem Ärgernis dann doch noch etwas Gutes, Versöhnliches abgewinnen…

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Apropos Solidarität: auf dem Weg zurück in die Alpenrepublik, vorbei an einer Grenze, wo man den Orangen wohl ob des deutschen Kennzeichens ohne zu zögern durchlässt, ereilt uns ein Anruf. Auf der anderen Seite der Leitung befindet sich MMag. Dr.in Madeleine Petrovic vom Wiener Tierschutzhaus, dem ‚Tierschutz Austria‘. Wir dürfen eine Ladung voll Hundefutter vom größten österreichischen Tierheim abholen, falls wir die Nahrungsmittel für den nächsten Hilfstransport in die Ukraine benötigen, sagt die Liebgewonnene! Denn im Moment spenden so viele Menschen, und so viele denken dabei auch an die Tiere – eine Tatsache, die doch Hoffnung für die Zukunft verspricht. Einfach nur schön!!!

Grenze zu Oesterreich

Foto: ungewollt landen wir auf diesem winzigen Grenzübergang… dennoch, nach dem Ortschild (im Bild ein blauer Container) soll uns tatsächlich eine Kontrolle erwarten!

Und so passiert auch dieser Zwischenstopp in Vösendorf. Gut 400 kg an Gütern laden wir zu, ein richtig netter junger Mann des Tierschutz Austria hilft uns dabei. Wie schön, wie verbindend, kann Tierschutz sein, denken wir, als die Dunkelheit Wien längst in schwarze Schatten hüllt. Es soll Mitternacht werden, bis die wärmende Decke und das Lodern des elektrischen Kamins auch uns eine gute Nacht versprechen!

spenden abholen im Tierschutzhaus

Fotos: bei den unfassbar netten MitstreiterInnen von Tierschutz Austria (www.tierschutz-austria.at) dürfen wir Futterspenden zuladen!

respekTIere Mobil beim Tierschutzhaus
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