Die letzten Tage hatten erneut eine Andeutung davon gegeben, was uns vielleicht noch bevorstehen wird – die Sonne als brennender Ball am Himmel, ausgedörrte Erde, verzehrende Hitze. Aber solange noch immer ganz viele Menschen ein solches Szenario sogar beklatschen, und mit ‚für mich könnte es immer so heiß sein‘-Phrasen das Endzeit-Momentum kaum im Ansatz zu begreifen scheinen, solange wird die Spaßgesellschaft keine ernsthaften Bemühungen machen, um eine Kehrtwende in der Klimakrise zu erreichen. Jedenfalls, nach dem erlösenden, schweren Regen gestern Nacht zeigt sich heute der Himmel bedeckt und noch immer fällt das lebensspendende Nass gelegentlich als Heer von Myriaden von Tropfen auf einen die Feuchtigkeit gierig aufsaugenden Boden. Man kriegt wieder Luft, vorbei die sengende Wetterperiode; allerdings, das wahre Katastrophenszenario ist ohnehin erst für den Juli und den August angekündigt, dann mit Prognosen von wochenlangen über-30-Grad-Temperaturen…
Foto, oben: Sunny Tierschutzhund überwacht das Einräumen des RespekTiere-Mobils! Unten: Wir bedanken uns von ganzem Herzen bei unseren deutschen TierfreundInnen aus dem Berchtesgadener Land, welche einmal mehr hunderte Kilos an Hundefutter gesammelt und gespendet hatten – Ihr seht, wie wichtig Eure Initiative ist – lebensrettend!!!
Für den Augenblick jedoch müssen die quälenden Gedanken beiseite geschoben werden. Wieder sind wir unterwegs, der Auftrag einmal mehr ein unfassbar wichtiger. Ja, das RespekTiere-Mobil bahnt sich erneut den Weg in den Osten, das Navi hat als erkorenes Ziel die Slowakei gespeichert, und die Hilfsfahrt wird eine schicksalshafte sein – warum? Unfassbar, das Katzenparadies bei Frau Havranovra steht nun endgültig am Scheidewege, die Stadt Bratislava verlangt das Grundstück zurück… ohne Wenn und Aber. Ob sich da noch etwas machen lässt? Wohl eher ‚leider nein‘…
Fotos: dramatischer Himmel um Wien und im Pannonischen Becken!
Nicht ‚nur‘ Frau Havranovra und ihrer Katzenschar werden wir ansteuern‚ auch Sloboda Szvierat, ‚Freiheit für Tiere‘, steht wie immer bei einer Slowakei-Fahrt am Programm. Ihr wisst, die großartige Organisation betreibt am Rande der Metropole ein wunderschönes, großes Tierheim, Hundenahrung ist deshalb ständig gefragt. Zudem, auch die Tiere von Bedürftigen und Obdachlosen – es gibt in Bratislava den Schätzungen nach mehrere tausend Menschen in solch prekärer Lage – betreut man mit großem Aufwand, wobei Kleidung und Dinge des täglichen Bedarfs gleichzeitig an die HalterInnen ausgegeben werden – die respekTIERE IN NOT-Idee in purer Umsetzung! Natürlich ist zur Unterstützung unser Laderaum zum Bersten voll, hunderte Kilos an Tiernahrung haben Platz darin gefunden, dazu Kisten über Kisten mit Kleidung, mit Hygieneartikeln, Kindersachen, und allem sonst noch, was die Not lindert…
Foto: langsam füllt sich das Mobil!
Ab Wien steigt einmal mehr Alex zu, der sich nun schon bei so viele Hilfsfahrten als völlig unentbehrlicher Begleiter herausgestellt hat; die Wiedersehensfreude ist eine entsprechend große! Im nächsten Augenblick besinnen wir uns aber auch schon auf den Moment – zuerst, bevor wir den Highway ‚entern‘, gibt es nämlich ein langersehntes Treffen in Wien: Rabbiner Schlomo Hofmeister von der Israelitischen Kultusgemeinde erwartet uns, wir wollen ein gemeinsames Tierschutzprojekt ausloten!
Nach endlos langer Parkplatzsuche und mit einer guten halben Stunde Verspätung ist es schließlich geschafft; wir sitzen in einem einfachen, aber zutiefst charmanten Kaffeehaus Rabbiner Hofmeister, dem weithin bekannten Oberrabbiner von Wien, gegenüber und entschuldigen uns zuallererst für die in diesem Ausmaß wirklich peinliche Unpünktlichkeit. Der Geistliche nimmt die Indisposition dem Himmel sei’s gedankt nicht weiter übel und so finden wir uns alsbald in aufregenden Gesprächen gefangen wieder – vielleicht erinnert Ihr Euch, bei unserem letzten Treffen hatten wir vereinbart, jeder für sich über ein gemeinsames Projekt im Tierschutz nachzudenken. Der Rabbiner erfreut uns nun mit einer fantastischen Idee: gemeinsam könnten wir in Zukunft verschiedene diesbezügliche Thematiken angehen, Eier- oder Milchproblematik etwa, sozusagen unter einem Dach; Ungerechtigkeiten gegenüber dem Tier, Schritt für Schritt abarbeiten, das wäre sein Gedanke, sein Zugang.
Ja, mit einer solchen Voraussicht könnten wir uns selbstredend zutiefst anfreunden – die Gründung einer Plattform mit möglichst vielen Verbündeten aus den unterschiedlichsten Bereichen! VertreterInnen aus der Theologie, aus dem Tierschutz, Umweltschutz, aus der Politik oder sonst wo könnten in der Initiative eine Heimat finden, ein Sprachrohr, und gemeinsam würde wahrlich viel erreicht werden, weit mehr als jeweils alleine.
Gute eineinhalb Stunden später verabschieden wir uns in aller Freundschaft, mit dem Versprechen, uns alsbald erneut zu einem Brainstorming zu treffen. Bis dahin soll über grundlegende und organisatorische Dinge nachgedacht werden; fix ist schon jetzt, einer ambitionierten Partnerschaft im Sinne der Tiere steht nichts mehr im Wege – Ihr werdet also alsbald von den konkreten Plänen hören!
Inzwischen hat sich das Wetter geändert, es ist wieder sonnig geworden. Frohen Mutes lenken wir das RespekTiere-Mobil nun endlich und endgültig gegen Osten. Raus aus der Stadt, vorbei an den hunderten Windrädern der Pannonischen Tiefebene, die Motorhaube immer in Richtung Slowakei zeigend. Alsbald passieren wir dann auch schon die Grenze zum Nachbarstaat, wo nach den Pandemiejahren wieder freier Verkehr herrscht – tatsächlich, sämtliche Corona-Auflagen scheinen der Vergangenheit anzugehören, ja nicht einmal eine kurze Kontrolle gibt es – ein Umstand, so befreiend wie die vom Regen reingewaschene Luft!
Am frühen Nachmittag, hinweg über von den Elementen zerfressenen Straßen, erreichen wir ein nächstes Zwischenziel: das wunderbare Tierheim von Sloboda Szvierat, ‚Freiheit für Tiere‘! Dort fühlen wir uns nach so vielen Jahren der Zusammenarbeit doch fast schon wie zu Hause; wie selbstverständlich fahren wir deshalb mitten hinein ins Asyl, finden die richtige Abladestelle auf Anhieb und – mithilfe des immer freundlichen serbischen Mitarbeiters – entladen wir auch schon den Van. Der ist, wie könnte es anders sein, auch dieses Mal bis unter die Dachkante vollbeladen mit Hilfsgütern. All die mitgebrachten Sachen, besonders die hunderten Kilos an Hundefutter, werden hier dringendst gebraucht, versorgt das Asyl doch auch andere, kleinere solcher Gnadenorte bis hin zur Grenze zur Ukraine mit. Und darüber hinaus – tatsächlich wird ein Teil der Ladung nämlich einmal mehr ins vom Schicksal so unfassbar hart getroffene blau-gelbe Land gebracht werden!
Später, nach unserer obligatorischen Runde im Heim – rund 150 Hunde warten hier auf eine neues zu Hause – geht sich sogar ein kurzes Zusammensetzen mit Pavla, der großartigen Leiterin dieses Hoffnungsortes aus (einige der Hunde werden allerdings ihr ganzes Leben im Tierheim verbringen; solche, welche aus diesen und jenen Gründen nicht mehr vermittelbar sind; oder auch alte und kranke, die aufgrund ihrer Gebrechen – noch schlimmer als in Österreich oder Deutschland – in der Slowakei leider niemand mehr bei sich aufnehmen wird. Fakt ist aber, bei Sloboda Svierat sind sie bestens versorgt, lebenslang natürlich! Beim Anblick des prächtigen Tierheimes kann man dann tatsächlich ins Schwärmen geraten; besonders schön: Sloboda Szvierat darf sich über ganz viele TierfreundInnen freuen, welche in ihrer Freizeit ins Asyl kommen, um die tierlichen BewohnerInnen ‚Gassi‘ zu führen – siehe Foto unten).
Fotos: so viel haben wir weider mitgebracht! Die Kammer füllt sich (Bild oben)! 🙂
Bald müssen wir aber weiter; Frau Havranovra erwartet uns doch! Übrigens: Sloboda Szvierat hat uns schon ganz oft im Katzenasyl geholfen; beispielsweise, wenn es galt, mehrere Katzen auf einmal zu kastrieren. Auch nun wieder genügte ein Anruf von Frau Havranovra, und die Veterinärin des Vereins war auch schon am Weg, um eine kranke Katze abzuholen und zu versorgen. Jetzt wäre der arme Stubentiger am Weg der Besserung, und so fragt uns Pavla, ob wir ihn zurück zu der Katzenschützerin bringen könnten. Was wir natürlich gerne tun!
Foto: Hilfstransport im Hilfstransport!
Bei Frau Havranovra steht uns später ein echter Schock bevor! Seit Jahren, Sie wissen es, schwebt ein Rechtsstreit mit der Stadtregierung (welche die Besitzurkunde über das Grundstück hält) gleich einem Damoklesschwert über der Herberge. Diese möchte die Katzenliebhaberin loswerden, besser heute als morgen. Der Platz soll intensiver genutzt werden, so hört man. Bestenfalls neu aufgebaut, renoviert, um dann mit anderen TierschützerInnen von vorne zu beginnen, das ist es, was erzählt wird; allerdings, genauso gut könnte aber auch das komplette ‚Aus‘ als Katzenasyl bevorstehen… Frau Havraonovra hat die Gunst der Stadtregierung jedenfalls längst verloren, aus den verschiedensten Gründen (welche zu erklären hier der Platz fehlt). Offenbar, so sollen wir alsbald erfahren, wurde jetzt ein weiterer Prozess vor 1 Woche, in 2. Instanz, verloren – Frau Havranovra muss nun das Asyl räumen, binnen 60 Tagen!!!!
Foto: Die Freude ist riesengroß über die Rückkehr des vierbeinigen Patienten!
Tränenüberströmt erwartet uns die Liebe deshalb, von den Anstrengungen und Sorgen der vergangenen Wochen tief gezeichnet. Der Anblick der gesundeten Katze, welche wir gleich übergeben, lässt ihre Gesichtszüge zwar für eine Augenblick entspannen, aber die Realität holt den Moment natürlich schnell wieder ein. Selbstredend, es gibt heute nur ein Thema: die katastrophale Entscheidung des Richters! Die Möglichkeiten einer Anfechtung des Urteiles sind übrigens sehr beschränkt, soviel hatte uns schon Pavla verraten. Dennoch möchte die so Liebgewonnene – soweit ich mich erinnere, Frau Havranovra’s Katzenasyl war wohl das allererstes RespekTiere-Auslandsprojekt – es versuchen. Eine dritte Instanz gibt es noch, nun die Repräsentantin eines allerletzten Rettungsankers. Der abschließende Rechtsweg ist auch bereits auf den Plan gerufen, allerdings, die Erwartung sollte keine hohe sein: dass nämlich der Einspruch von vornherein ablehnt und somit das Urteil rechtskräftig wird, ist nämlich sogar sehr wahrscheinlich. Passiert ein solches Horrorszenarium dann tatsächlich, muss Frau Havranovra noch vor dem Sommer endgültig ihre Zelte abbrechen. Ob sie klein beigeben wird? Jede Wette, nicht. Ein echtes Drama bahnt sich an, eine Zwangsräumung steht bevor. Was in Folge einer solchen mit den Katzen passieren würde? Beschlagnahmung, meint Pavla, mit allen schrecklichen Nachwehen. 200 Kilometer entfernt ist die städtische Auffangstation, wohin solche Tiere gebracht werden. Mittels eines One-Way-Tickets…
Foto oben: die Verzweiflung ist ihr ins Gesicht geschrieben – das Katzenasyl ist so bedroht wie nie…
Es hilft alles nichts, und heute können wir die Situation sowieso nicht mehr ändern. Passend zur Stimmung hat plötzlich auch wieder Regen eingesetzt, das Nass fällt in ungeahnter Menge vom düsteren Himmel. Wir entladen das mitgebrachte Katzenfutter in aller Schnelle, so ist zumindest wieder einmal die Nahrungsmittelversorgung für die kommenden Wochen sicherstellt. Dann telefonieren wir gemeinsam mit einer Mitstreiterin, fassen einen Plan. In 4 Wochen werden wir uns wieder treffen, um dann endgültig zu entscheiden, ob und, wenn ja, was es zu unternehmen gilt…
Foto oben: Boom-City Bratislava!
Stiller nun verlassen wir das Asyl; gut 15 Jahre waren wir alle paar Monate hier gewesen, und nun könnte es ganz leicht passieren, dass diese Ära unwiederbringlich zu Ende geht. Was haben wir nur alles erlebt an dem Ort, mit slowakischen Fernsehteams gesprochen, das Haus renoviert, Kastrationsprojekte durchgeführt, Zäune aufgestellt, tausende Kilos an Futter gebracht; Katzen bis nach Wien zum Tierarzt mitgenommen, andere vermittelt, die Sorgen gelindert, Strom bezahlt, Heizmaterial gekauft. Karols Tod beweint, Ihr erinnert Euch, der unfassbar gutherzige Helfer von Frau Havranovra war vor einigen Monaten in der Herberge an einer inneren Blutung verstorben… alles nur mehr Erinnerung? Es hilft nichts, die trüben Gedanken müssen für den Moment zur Seite geschoben werden. Durchatmen, überlegen, und dann weiterkämpfen. Das sollen und werden wir tun, das ist es, was wir in solchen Situationen immer getan haben, keine Frage.
An der Stadtausfahrt, an einer stark befahrenen Durchzugsstraße, spannen wir dann noch unser Transparent; hunderte vorbeieilende PassantInnen können nun einen Aktivisten im Hundekostüm sehen, der Banner verkündet ‚STOP Killing Stray Dogs – NOW‘!
Es wird langsam dämmrig, als wir die Grenze rück-überqueren; noch immer nicht ist alles Geplante für den Tag geschafft: ein Abstecher ins Burgenland, eifrige LeserInnen wissen es, dorthin, wo Doris, Anna, Moni und all die so wunderbaren TierschützerInnen seit vielen Jahren Spendengüter in wahrlich unglaublichen Mengen sammeln! Auch heute dürfen wir wieder eine halbe Busladung voller Kleidung sowie Hundefutter und Dingen des täglichen Bedarfs mit uns nehmen! Ihr Großartigen, allerherzlichsten Dank!!!
Foto: auch bei der Rückkehr gibt es keinerlei Probleme an der Grenze…
Es ist spät, als wir Wien erreichen. Ein letztes Treffen steht noch an, und dann ein umfassendes: Cosma Stöger vom Tierschutzforum (www.tierschutzforum.at) muss die Neuigkeiten um die geplante Plattform mit Rabbiner Hofmeister erfahren. Bestenfalls soll ihre Organisation die Initiative unterstützen, was die erhoffte Schlagkraft enorm erhöhen würde!
Foto oben: das Ende des Transportes ist bereits wieder der Beginn des nächsten: all diese Güter durften wir bei Doris und Anna im Burgenland am Nachhauseweg schon wieder zuladen!
Alex steigt dann bei sich zu Hause aus und nach einer herzlichsten Umarmung setze ich alleine den Weg zum Elternhaus fort, gefangen in den eigenen Gedanken. Was passiert mit Frau Havranovra’s Asyl, wann schaffen wir die neuerliche Ukraine-Hilfsfahrt, was wird aus der Plattform, wo sich nun auch Cosma Stöger sehr interessiert gezeigt hat? All das wird die Zukunft weisen; es ist Mitternacht, als ich das Elternhaus in der Nähe von Krems erreiche und noch weitere Stunde damit verbringe, über heute Geschehenes nachzudenken. Die nächsten Wochen, sie werden wohl alles, nur nicht langweilig…