wenn die Werbung die Realität sowas von ausblendet – der Skandal im Rinderstall in ‚Blau-Weiß‘!

RespekTiere deckt auf!

Wieder mussten wir entsetzliche Bilder sortieren; die Dokumente waren in einem Rinderstall aufgenommen worden, und sie zeigen dortige dramatische Zustände. Die Rinder stehen auf Vollspaltenboden, sind extrem verschmutzt und was sie da zum Essen vor sich haben, das spottet jeder Beschreibung.

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Fotos: AUFGEDECKT – wieder müssen wir über eine entsetzliche Rinderhaltung in Bayern sprechen! Sämtliche der folgenden Bilder zeigen einen Stall im Rupertiwinkel, dem ‚Feinkostladen‘ Deutschlands. Ähnlich wie in Österreich passen solche Bilder sowas von überhaupt nicht zu jenen, welche die Landwirtschaftskammer gerne verbreitet sieht. Wenn nämlich der Vorhang der ‚rosa Idylle‘ fällt, bleibt meist nur ein Grau in Grau der Triste und der Tierqual…

Besagter Stall befindet sich in Bayern. Ähnlich wie Österreich beweihräuchert sich der Freistaat in Punkto bäuerliche Produkte gerne als ‚Feinkostladen‘ Deutschlands. Ja, auch in blau-weiß, den Landesfarben, sehen wir ausschließlich rosa Bilder in der Werbung, von Kühen auf der Alm, von frischem Gras, gesunder Milch und schier unbegrenzten Weiden. Von landwirtschaftlicher Idylle, ganz so wie sie die Verbrauchenden gerne glauben möchten,

Aber auch hier hält die vorgezeigte Bauernhof-Romantik der Realität nicht stand. Um die Vergleiche abzurunden: in Bayern genau wie in Österreich haben wir bereits viel zu viele Fälle aufgedeckt, um voller Inbrunst behaupten zu können, es besteht der dringendste Tatverdacht der organisierten Kundentäuschung in ausuferndem Maße!  Wobei, kann und darf man überhaupt noch von bloßem ‚Verdacht‘ sprechen, wenn entsprechende Vorwürfe derart lückenlos dokumentiert sind? Kein Zweifel an der Richtigkeit besteht? Bei Interesse fragen Sie bitte mal die Nachbarn vieler ‚Kuhbauern‘, Sie werden eindeutige Antworten erhalten!

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Auch in Deutschland ist die Anbindehaltung noch immer weit verbreitet. Dort wie ‚bei uns‘ gilt es zu beachten: nicht die Anbindehaltung selbst steht für den Gesetzgeber überhaupt nur zur Diskussion, sondern bloß die ‚dauernde‘. Und genau hier fängt das Problem mit dem Tierschutz an.

Besagte ‚dauernde Anbindehaltung‘ ist nämlich alleine jene, wo die armen Kühe an 365 Tagen im Jahr festgekettet sein dürfen. Mittels ‚Ausnahmegenehmigung‘ ist diese Tierquälerei in Österreich nach wie vor gang und gäbe, und wie leicht man eine solche bekommt, wir haben es oft genug aufgezeigt. Im Prinzip genügt das on-line-Ausfüllen eines Kurzfragebogens zur Situation; ist in zwei Minuten erledigt…

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Die ‚Kombinationshaltung‘, also nicht ‚dauernde Anbindehaltung‘, wird uns inzwischen als wunderbarer Fortschritt verkauft; ist sie das tatsächlich, oder eher eine reine Augenauswischerei, welche kaum Mehrwert besitzt, also eine belanglose Floskel? Entscheiden Sie!  Jedenfalls, während es in Deutschland zur Rinderhaltung überhaupt nur ‚Empfehlungen‘ gibt, gilt in Österreich: Kühe müssen an mindestens 90 Tagen im Jahr von der Kette gelassen werden. Oder, wie bei manchen ‚Tierwohl-Anbietern‘, gar an 120 Tagen. Also 25 oder 33 Prozent der Zeit; hört sich gar nicht einmal so schlecht an, möchte man meinen. Im wirklichen Leben aber kann und wird niemand diese Perioden kontrollieren; nicht zuletzt auch darum, weil es selbst beim besten Willen von vornherein praktisch unmöglich wäre. Also muss man sich auf das Gutdünken des Landwirtes oder der Landwirtin verlassen. Gehen wir einmal vom Idealfall aus – wird also von deren Seite die Vorgabe tatsächlich eingehalten, ist dann alles ‚im Reinen‘? Noch lange nicht! Denn, werden wirklich alle Kühe gemeinsam oder rotierend aus dem Stall rausgelassen? Oder nur jene zwei, drei‚ vier, wievielauchimmer Vorzeigerinder‘, die den Bauern nach außen hin als ‚tierfreundlich‘ ausweisen, und dann vielleicht besonders leicht im Umgang sind, daher jederzeit einfach wieder an die Kette gelegt werden können? Nimmt Besagter auch jene gleichwertig an die Reihe, welche widerspenstig sind, sich eventuell wehren gegen die erneute Anbindung? Schwer zu sagen, und noch schwerer zu kontrollieren.

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Foto oben: soll dieser Haufen Mist als Futter gereicht sein? Das Bild ist übrigens extrem aufgehellt, um die üble Masse zu erkennen – in Wahrheit ist es außerhalb des ‚Tür‘-Bereiches mehr oder weniger düster in dem Stall…

Aber nochmals davon ausgegangen, ‚alles passt‘, was bedeutet ‚an 90 Tagen‘? Jedenfalls nicht ‚90 Tage‘! Was ein kleines Wörtchen nämlich ausmachen kann, wird hier vor Augen geführt. ‚An 90 Tagen‘ heißt nichts anderes, als eine beliebige Zeitspanne an 90 Tagen. 30 Minuten vielleicht, während eines Einstreuens? 45? 2 Stunden? 6 Stunden? Es obliegt dem Tierhalter.

Nirgends wird die Dauer nämlich erörtert. Rechnen wir neu; gehen wir einmal von 30 Minuten aus. Mal 90 Tage sind das 2700 Minuten, also 45 Stunden. Bei 120 Tagen sind es 60 Stunden. Im Jahr. Dieses setzt sich aus 525 600 Minuten zusammen. Also gut 8760 Stunden. 45 Stunden aus fast 9 000 sind dann ein halbes Prozent; 60 0,75% – im Vergleich zu den suggerierten 33 ein zu vernachlässigender Faktor, im Vergleich zu 25 nicht minder. 0,5 bzw. 0,75 % der zur Verfügung stehenden Zeit. Und das ist völlig legal. So biegsam sind die Gesetze, vergessen wir es niemals!

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Und ja, selbst hier haben wir noch nicht einmal das Ende der Fahnenstange erreicht! Denn, eine berechtigte Frage bleibt, eine Frage, an welche man erst einmal gar nicht denkt; was heißt denn ‚Freilauf‘ im Falle von Kühen überhaupt? Tja, obwohl wir in der Werbung immer nur saftige Weiden auf den Bergen zu sehen bekommen, genügt hier selbstverständlich auch jenes kleine Fleckchen eingezäunter Beton mit Stallanschluss, welches Sie alle bestimmt schon einmal bei den neueren Höfen gesehen haben. Da drängt sich doch die nächste Problematik direkt auf, sitzt wie ein Stachel im gequälten Fleisch: wie ist das Verhältnis zwischen ‚Weide‘ und bloßen ‚Auslauf‘? Weil es für die Kuh doch bestimmt einen ganz großen Unterschied macht, ob sie auf einer Weide grasen darf oder am Betonfleckchen steht. Und wenig überraschend, obwohl die Tatsächlichkeit zwischen den beiden genehmigten Möglichkeiten bestimmt im überwältigendem Ausmaß zu Gunsten des betonierten Auslaufes ausschlägt, wird in den Werbebroschüren fast ausschließlich die Kuh auf der Weide gezeigt. Auch eine Art der Irreführung, irgendwie schon. Oder finden Sie nicht?

In Germanien erscheint die Situation noch trister; denn, tatsächlich, es existiert wie gesagt lediglich eine allgemein gehaltene Empfehlung des Europarates zur Rinderhaltung, die dann auch noch aus dem Jahr 1988 stammt. Also satte 34 Jahre alt ist. Keine Vorschrift, eine reine Empfehlung, um es nochmals hervorzuheben. Jedermann/frau kennt die Agrarlobby, die Mächtigkeit deren. Vielleicht deshalb hat sich bis heute die Politik nicht wirklich an die Behebung des offensichtlichen Wahnsinns herangewagt. ‚Obwohl diese Art der Haltung (Anbindung, Anm.) einer verhaltensgerechten Unterbringung zuwiderläuft, gibt es in Deutschland keine genauen Mindestanforderungen an die Haltung von erwachsenen Rindern, weshalb auch die Anbindehaltung gesetzlich bislang nicht explizit verboten ist‘, erklärte etwa die Landestierschutzbeauftragte Dr. Julia Stubenbord noch im März 22.

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Foto: nur einen Hauch von Licht und Wärme und Luft entfernt, dennoch in eine gänzlich anderen Welt gesperrt – es wird höchst an der Zeit, die Einstellung zum Tier in der bäuerlichen Gesellschaft neu zu überdenken!

Anfang 2019 haben Milch.Bayern und der Bayerische Bauernverband vereinbart, gemeinsam eine Beschreibung der Kombinationshaltung zu erarbeiten. Grundsätzlich müssen die Milchkühe (‚müssen‘ auf freiwilliger Basis, Anm.) an mindestens 120 Tagen im Jahr ‚Bewegung‘ erhalten. Bewegung heißt dabei Laufhof, Weide oder Buchten, in denen sich die Tiere frei bewegen können. Aber ‚HALT‘! Hier ist schon der nächste Fehler im System offensichtlich, einer, der der Willkür Tür und Tor öffnet! Genüge tut nämlich auch die Abkalbe- oder Trockensteherbucht, jener kleine Platz, wo abgesonderte Tiere kurzfristig gehalten werden würfen! Womit wir wieder bei der Verwässerung der Auflagen sind… Apropos: Wenn Betriebe im Stall besondere Maßnahmen zur Verbesserung des Tierwohls nachweisen können, reichen insgesamt 90 Tage im Jahr ‚Bewegung‘ aus. Wie gesagt, alles auf freiwilliger Basis.

90 Tage also. Oder 120 Tage. Heißt andererseits aber auch, 275 bzw. 245 Tage Kettenhaft 24 Stunden täglich an 75 % bzw. 66 % aller Tage im Jahr null Bewegung, bis auf Aufstehen und Niederlegen. Vergessen wir es nicht. Und zusätzlich: ‚Bewegung‘, wir haben es gelesen, ist es schon, wenn die Kuh oder das Rind an jenen 120 Tagen kurz in eine ‚Abkalbbucht‘ gesperrt ist!!!!! Und das soll alles sein? Eine Augenauswischerei, eine besonders unwürdige. Unfassbar. Ein anderes Wort fällt dazu nicht ein.

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Sei es wie es sei. Den allermeisten BürgerInnen des Landes, genau wie jenen in Österreich, reicht diese Auslegung eines ‚Tierschutzgesetzes‘ schon lange nicht mehr. Sie erkennen auch ohne der ‚Hilfe‘ von Vater Staat Tierquälerei. Und Anbindehaltung von Kühen ist eine solche, ob nun an 365 Tagen oder ‚nur‘ an 275….

Jene Kühe, von welchen wir heute sprechen, sind aber gar nicht angebunden. Leiden tun sie trotzdem. Offensichtlich. Im finsteren Stall in Buchten gesperrt, auf Vollspaltenboden liegend in den eigenen Fäkalien. Wer wird da sagen ‚na wenigstens keine Ketten‘? Vor den Kühen, zumindest zum Zeitpunkt des Foto-Anfertigens, liegt Undefinierbares. Futter? Es schaut viel mehr nach Mist aus, und genauso einer dürfte ihnen da vorgelegt worden sein. Unfassbar, zum wiederholten Male!

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Und nochmals müssen wir das Adjektiv strapazieren. Denn rund um den Hof gäbe es mehrere eingezäunte Wiesen. Die sind aber in schlechtem Zustand und unbenutzt. Seit langem, offensichtlich. SpaziergängerInnen bestätigen: Hier sind keine Kühe draußen. Seit Jahren nicht. Nein, weil die vegetieren allesamt im dunklen Stall.

Das alles darf der Landwirt tun; vergessen wir nicht, es gibt nur ‚Empfehlungen‘ zur Rinderhaltung. Die Anzeige wird somit verpuffen. Aber, wir werden in solchen Fällen dennoch immer wieder eine machen. Weil, keine Frage, je mehr solche kommen, desto eher wird sich der Gesetzgeber zu einem Umdenken mühen. Je mehr Stimmen auf ihn einprasseln, desto eher wird den Kühen endlich geholfen werden in ihrer Misere. Wo sie über die Jahrzehnte hinweg ganz alleine gelassen worden sind. Aufgrund des Einflusses und der Stärke einer oft und oft scheinheiligen und maßlos überheblichen Lobby. Auch das ist eine Schande. Es wird höchst an der Zeit, dass wir dem ein Ende bereiten!

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