„Metzgersprung in Salzburg“ – was für ein Protest!

Der „Metzgersprung“ ist eine jahrhunderte alte Veranstaltung der Fleischerinnung; tatsächlich lassen sich die Wurzeln bis ins Jahr 1512 zurückverfolgen. Aber was ist sein eigentlicher Sinn? Leicht erkärt: Es wird ein Becken gefüllt mit Wasser an zentraler Stelle – im Stiftshof zu St. Peter – aufgestellt und angehende Fleischer, solche, welche die Lehrzeit beendet haben, sollen sich nach einem Umzug durch die Altstadt mittels eines Sprunges ebendort hinein von den Sünden der Lehrzeit reinwaschen können. Vielleicht geht es Ihnen so wie uns, denn warum ein solches Event Jahr für Jahr tausende B esuchende anzieht, verschließt sich uns ein bisschen. Oder ist es doch lustig, wenn die Burschen in ihrer weißen Berufskleidung – welche im Alltag meist von Blut triefend rot ist – in vorgewärmtes Wasser begeben? Manchmal freut man sich ja auch über Kleinigkeiten…

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Foto oben: Aufbauarbeiten – der heftige Wind sollte unser größeres Problem werden…

Jedenfalls, das Event hat große Tradition – fast ebensogroße haben aber bereits auch die RespekTiere-Aktionen vor Ort. Auch heute waren wir wieder zahlreich gekommen, wie immer in Salzburg mit der unersetzlichen und unermüdlichen Unterstützung der AktivistInnen vom VGT-Salzburg (ein herzlichstes Dankeschön dafür)!

Der Andrang von Besuchenden sollte trotz des zu Beginn starken Regens ein großer gewesen sein, wahrscheinlich geschuldet der Tatsache, dass auch diese Veranstaltung in den letzten Jahren der Corona-Hysterie zum Opfer gefallen war. Sei’s wie’s sein, nicht nur Zaungäste waren zuhauf gekommen, auch die Polizei hatte ihr Aufgebot deutlich verstärkt. Salzburger PolizistInnen sind aber durchwegs cool, das weiß die Erfahrung, und so ist es dann auch heute gewesen. Obwohl… aber bitte hören Sie! 

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Die ganze Franzisaknergasse in der altehrwürdigen Innenstadt sollte von einem Fahnenmeer, in dicken Lettern geschriebenen Tierrechtsslogans, durchzogen sein; zudem konnten sich die vorbeistömenden Menschen anhand zahlreichster Fotos ein Bild davon machen, wie es den sogenannten „Nutztieren“ in unseren Ställen zumeist ergeht. Es folgten wirklch einfühlsame Gespräche, und viele der Besuchenden gaben den Tierschützenden durchaus recht: „Ja, da muss sich was ändern. Weniger Fleisch essen wäre ein Ansatz. Vegetarisch oder gar vegan zu leben vielleicht ein noch besserer!“

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Und dann verkündeten die Klänge der Blasmusik das sich Nähern des Festtagsumzuges. Davor die Polizei, dann die Kapelle, dahinter die FleischerInnen. Zuletzt der Tross von Zaungästen. AktivistInnen in Tiermasken standen Spalier, als der Zug direkt an uns vorbei musste. Musste er, sonst gibt es keinen Weg in den Innenhof – der übrigens Tabu-Zone für AktivistInnen ist. Die sind längst zu „Unerwünschten Personen“ auf heiligem Boden, unter Hausrecht der katholischen Kirche, erklärt. Meinungsrecht mit Füßen getreten? Irgendwie schon. Andererseits, durch Aussperren wurde ein Probelm noch nie aus der Welt geschafft. Vielleicht sollte man einen anderen Zugang versuchen: Beispielsweise einen Platz direkt am Ort des Geschehens zu erlauben, im Gegenzug dafür könnten wir unsererseits anbieten, den Protest dann als stummen, als Mahnwache abzuhalten…

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Foto: während wir noch besprechen, ist schon die Kapellenmusik zu hören – noch ahnten wir nicht, es wird gleich richtig turbolent werden!

Polizeibewachung, fast sämtliche Kundgebungsteilnehmenden mit uniformiertem Bodyguard. Der Zug kommt näher, noch 20 Meter, noch 10 – da plötzlich strauchelt eine Aktivistin, eine zweite, hinein in den Weg der Prozedur. „Unser Metzger“, der blutüberströmte, löst sich aus der Reihe, will Kuh und Schwein helfen – und findet sich plötzlich und unvermutet als Anführer des gesamten Umzuges wieder. Das Schicksal ist manchmal doch fein… Sofort setzen Sprechchöre ein, laute; „Es hat gelebt, geamtet so wie wir, Fleisch ist ein Stück ermordetes Tier“, schallt es durch die Gassen, aus einem Dutzend Kehlen wiederholt. „Tiere fühlen, Tiere leiden – Stoppt, sttoppt das Tiertöten“ folgt, ebensolaut. Die Polizei hat alle Hände voll zu tun. Sie versucht die Tierschützenden abzudrängen, verhält sich dabei bestimmt, aber wirklich fair.

„Fair“ ist allerdings ein Wort, von welchem ein Zaungast wahrscheinlcih noch nie gehört hat. Gleich zu Beginn der ganzen Aktion tut er sich schon hervor als Brachialtäter, wird aber leider nicht aus den Reihen der AktivistInnen verdrängt (wir dachten, es handle sich um einen Zivilpolizisten). Stößt mehrere Personen, eine Tierschützerin geht zu Boden, Ellbogenstoß. Er nimmt ihr Schild „Abgesagt wegen Tierquälerei“ an sich, zerreißt es. Hindert die im Schweinekostüm Gekleidete am Austehen, stößt nochmals nach. Dasselbe hat er zuvor schon mit dem Metzger gemacht, einen Wimpernschlag bevor dieser sich an der Spitze des Zuges wiederfand. Ein Ellbogencheck, einfach so. Unfassbar! Tatsächlich stellt sich später heraus, besagter Mann ist selber Metzger. Ein stadtbekannter noch dazu; einer, der selber Schweine hält, auf der firmeneigenen Homepage auf Stroh. Schön, nicht? Allerdings, in der Realität – so deckten wir erst kürzlich gemeinsam mit dem Verein gegen Tierfabriken auf – aber dann vielmehr auf purem Spaltenboden. Auch eine Art der Kundentäuschung, oder nicht? Manche, nicht wenige, sogar die Allermeisten, würden dies sogar als eine ganz massive bezeichnen!

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Foto: Standesgemäß – der Metzger in blutigrot führt den Zug an!

Noch ist das Drama aber nicht vorbei; eine Aktivistin in Schafmaske, sie hält ein Schild „Du sollst nicht töten“ in die Höhe. Auch diese Tierschützerin wird unsanft gestoppt, die Maske zu Boden gerissen, ein Wüterich springt auf sie, zertritt sie. Erinnerungen werden wach an jenen Tag, wo wir das Becken gestürmt hatten – auch da wandte sich das Publikum gegen den Tierschutz, beschoss die Tierschützenden mit Schneebällen, gespickt allerdings mit Streusplit…

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Fotos: Oben, nach der Attacke. Das Schild ist deutlich lädiert. Unten rechts: Herr Täter (ganz links) ist ein Unschuldslamm…

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Foto oben: Diskussionen mit der Polizei – es geht um die Gewalttaten, die geahndet werden müssen!

Wunden lecken angesagt. Im Moment noch befinden sich die beiden verletzten KundgebungsteilnehmerInnen im Unfallkrankenhaus auf Untersuchung. Fazit: eine sehr coole Aktion mit völlig unnötigem Ausgang. Es kann ja wirklich nicht sein, dass ein Mann wie der Metzger sich nicht zuletzt aufgrund seiner Prominenz über das Gesetz stellt und sogar im Beisein von einem Dutzend PolizistInnen Selbstjustiz übt; nur, weil er die Zeichen der Zeit nicht lesen kann und letztendlich, als einzeige Gerechtigkeit, von der als Ewiggestriger ausgespuckt werden wird. Jedenfalls, das letzte Wort ist hier noch nicht gesprochen – die Polizei nahm die Anzeigen auf und wir werden sofort berichten, sobald es Neues zu dem Fall gibt!

Foto unten: Aufnahmestelle im Unfallkrankenhaus; wer hätte gedacht, dass dort heute friedliche AktivistInnen landen werden?

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