„Bettel-Huskys“ – nächster logischer Schritt ist österreichweites Verbot!

Seit Ende Jänner 23 ist das Bettelverbot mit Tieren in Salzburg in der Verfassung verankert. Exekutiert soll das neue Gesetz ab dem 1. April 23 werden. Im Falle von Verstößen droht in erster Linie eine Geldstrafe oder in weiterer Folge die Abnahme der betroffenen Tiere.

Angesichts dieser zeitnahen Änderung im Umgang mit den Hunden der Notreisenden in Salzburg haben wir das MoSES Streetwork Team aufgesucht, welchen die sogenannten Bettlerhunde natürlich ebenfalls seit Mai 22 aufgefallen sind. Die SozialarbeiterInnen der Caritas sind in der Stadt Salzburg unterwegs, um obdach- und wohnungslosen oder armutsbetroffenen Menschen Hilfe anzubieten. Das Team unterstützt beispielsweise bei akuten medizinischen Notfällen oder im Falle von Behördenwegen. Und bietet weiters materielle Hilfestellung in Form von Schlafsäcken, Decken oder Isomatten an; gibt Informationen zu rechtlichen Fragestellungen, zeigt Verpflegungsmöglichkeiten auf, hilft bei medizinischer Basisversorgung (Virgilbus) und mittels Notschlafplätzen.

Bettel Huskys 18

Notreisende aus den neuen EU-Ländern nehmen aber beispielsweise das Angebot an Notschlafplätzen nicht immer an. Warum? Weil sie zunehmend Hunde mit sich führen. Und die sind an jenen Plätzen nicht erlaubt. Die uns bekannten BettlerInnen nächtigen deshalb mit ihren Vierbeinern im Freien, eben weil es verboten ist, Tiere in die Notunterkünften mitzunehmen. So auch dieser Tagen – wo ein junger Mann mit einer erneut von Parasiten schwer befallenen Hündin in der Altstadt angetroffen wurde. Nicht nur das, wie wir bald feststellen mussten… Anmerkung: Nur in Graz gibt es österreichweit eine Notschlafstelle, in die auch Haustiere mitgenommen werden dürfen.

Für viele Menschen, welche in ihrer Heimat unter Armut und Ausgrenzung leiden, ist das Betteln laut dem MoSES Streetwork Team jedenfalls die einzige Möglichkeit für sich und ihre Familien das Überleben zu sichern. Sprachliche Barrieren, Unsicherheiten aufgrund des „Fremdseins“, sowie fehlende bzw. nicht ausreichende Angebote zur Sicherung der Grundbedürfnisse führen dabei jedoch zu Schwierigkeiten im Zusammenleben mit der Bevölkerung.

Bettel Huskys Salzburg 7
Bettel Huskys Salzburg 8
Foto Irmi

Zur neuen Situation in Salzburg: Aus den Gesprächen mit den BettlerInnen wissen wir, dass diese ab April andere Städte ohne ein entsprechendes „Bettelverbot mit Tieren“ aufsuchen werden. Oft fragen wir uns, welche nachhaltigen Lösungen noch umgesetzt werden könnten; im Prinzip gibt es für die Problematik aus Sicht der betroffenen Tiere aber nicht zuletzt aufgrund der Entwicklung ohnehin nur ein zulässiges Fazit: Ein österreichweites Verbot des Bettelns mit Tieren, genauso notwendigerweise, wie es ein solches mit Minderjährigen gibt.

Mit dem MoSES Streetwork Team sind wir uns einig: Die Ursache des Dilemmas von Mensch und Tier ist die Armut. Die BettlerInnen versuchen alles, um an Geld zu kommen. Dafür bieten sie die mitgebrachten Hunde dann auch zum Kauf an, obwohl das Verkaufen solcher auf offener Straße laut Tierschutzgesetz streng verboten ist.

So sehr wir die Native-American-Weisheit „Großer Geist, bewahre mich davor, über einen Menschen zu urteilen, ehe ich nicht eine Meile in seinen Mokassins gegangen bin“ auch befürworten, ist es dennoch unsere Aufgabe für die Tiere zu sprechen. Auf Nachfrage, ob das gemeinsame Aufsuchen (RespekTiere und MoSES, Anm.) der BettlerInnen mit DolmetscherInnen zur Bewusstseinsbildung in Sachen allgemeiner Anforderungen an die Hundehaltung möglich wäre, spürten wir Vorbehalte. Das Team wolle und müsse ihre KlientInnen schützen, dies stehe im Vordergrund. Verständlich, natürlich, aber andererseits: Jetzt, im 3. Jahrtausend, ist es endlich höchst an der Zeit, auch grundlegende Rechte für die Tiere nicht hinten anstehen zu lassen sondern gleichermaßen zu behandeln. So zumindest sieht RespekTiere die Ausgangslage.

Bettel Huskys 21

Wir tauschten uns dann auch noch über Anzeichen aus, welche den StreetworkerInnen helfen könnten, zu erkennen, ob ein Hund leidet oder nicht. Wohl wissend dass diese Fragestellung nicht ganz so einfach wie sie sich vielleicht anhören mag zu beantworten ist. Dass weitere Bettlerhunde, in Fakt praktisch alle, unter den an Freigekauften nachgewiesenen Krankheiten wie Herzwürmer, Babesiose und Anaplasmose leiden, ist höchst wahrscheinlich, kann aber nur mittels einer Blutabnahme festgestellt werden. Auch durchwegs vorgekommende Ohrenentzündungen, Bronchitis, Giardien und Ekto- und Endoparasiten sind für Laien im ersten Zusammentreffen oft schwer zu diagnostizieren.

Auch unsere laufenden Beobachtungen und Informationen (oder Des-Informationen) hinsichtlich fehlender veterinärmedizinischer Versorgung, zu den HalterInnen, zur Bewegungseinschränkungen, Schlaf, Auslastung, Verkehrsemmissionen, Lärm, menschliche Übergriffe, Reizüberflutung und die Auswirkungen von Witterungseinflüssen wurden im Gespräch thematisiert.

Bettel Huskys 29

Fotos, oben und unten: Proteste vor dem Landtag stellten sicher, dass die Problematik von der Politik nicht überhört wurde!

Neben der Aufklärungsarbeit hinsichtlich artgerechter Hundehaltung und der Leidminimierung arbeiten wir nun an einem österreichweiten Bettelverbot mit Tieren!  Wo Tiere nur als Mittel zum Zweck missbraucht werden, sollen Abnahmen helfen, die Situation der Hunde zu verbessern. Zwischen Obdachlosen oder BettlerInnen, die tatsächlich mit ihrem eigenen Hund unterwegs sind einerseits, und Menschen, die ihre Hunde einfach austauschen und als „Mitleidsmasche“ nutzen andererseits, soll jedoch klar unterschieden werden.

An dieser Stelle möchten wir uns herzlichst für den interessanten Austausch beim MoSES Streetwork Team bedanken.

Bettel Huskys 22

Wenn Ihr selbst Beobachtungen in Eurer Stadt gemacht habt oder macht, Tipps und Anregungen habt, Ideen, Einwände oder Vorschläge, bitte schreibt’s an info@respektiere.at, Betreff „Betteln mit Tieren“! Wir freuen uns sehr auf Euren Input!

P.S.: Besonders berührt hat uns der Fall der fünfjährigen Huskyhündin „M“, die in der Salzburger Innenstadt seit Ende Jänner 23 zum Betteln „gebraucht“ wurde. Der Versuch, die Hündin mittels eines Scheinkaufs mithilfe der Behörden von der Straße zu holen, schlug fehl. Nicht seitens der Notreisenden, sondern aufgrund der Amtsvorschriften, die das Bestrebens von M’s Halter, die Arme zu verkaufen, unverständlicherweise als „animiert“ qulifizierten. Hätte sie das nicht getan, hätte die arme Hündin einfach beschlagnahmt werden können/müssen und wäre somit wesentlich schneller in medizinische Versorgung geraten. So aber oblag die Aufgabe der Befreiung einmal mehr Privatpersonen.

Bettel Huskys 17
Bettel Huskys 20
Bettel Huskys 25
BVDT2317

Als M vergangene Woche auf ihrer Pflegestelle plötzlich drei Babys gebar, war das Erstaunen groß. Die slowakischen Notreisenden, die die hochschwangere Maggy nicht länger behalten wollten, hatten nämlich zuvor angegeben, dass die Hündin längst kastriert sei. Auch während  der Geburt wurde schnell klar, dass M eine erfahrene Mutter ist und wohl schon öfters Welpen hatte. Lösung, die wahrscheinlich einzige? Bettelverbot mit Tieren in ganz Österreich… Denn bitte überlegt: Was wäre wohl geschehen, wäre M in ihrem Zustand auf der Straße geblieben? Was wäre mit ihren Welpen passiert? Leider deutet die Anzahl der gerade Geborenen, 2 Mädchen und ein Junge, auch auf eine katastrophale Versorgung der Mutter hin. Sie hätte während ihrer Schwangerschaft ohne jede Frage so viel mehr an Aufmerksamkeit, an Pflege gebraucht – wir wollen hier niemanden etwas unterstellen, aber ganz sicher wurde in dieser Zeit so überhaupt nicht auf wenigstens ihre Grundbdürfnisse geachtet. Zum Beispiel auf den erhöhten Vitamin- und Futterbedarf, auf Rückzugsmöglichkeiten, vermehrte Ruhe und, und, und… Wohl als direkte Folge all dieser Versäumnisse: Der Junge ist wenige Tage nach der Geburt trotz des umfassenden Einsatzes einer Tierklinik verstorben. Genauere veterinärmedizinische Untersuchungen werden über mögliche Ursachen Auskunft geben.

Aber zurück zum Gedankenspiel: Was passiert mit auf der Straße geborenen Welpen, wer würde sich dort um solche kümmern? Oder werden die Säuglinge – weil der Fall tritt ohne jede Frage öfters ein – vielleicht sogar einfach zurückgelassen, „entsorgt“? Ein dahingehender Verdacht liegt jedenfalls nahe. Fazit: Auch nicht zuletzt deswegen – organisiertes Betteln mit Tieren ist genau wie Betteln mit Minderjährigen eine nicht zu duldende Form der besonders brutalen Ausbeutung Unschuldiger. Und MUSS deshalb ganz einfach von einer um die Rechte von Hilflosen besorgten Gemeinschaft als Unmenschlichkeit enttarnt und daher grundlegend untersagt werden. Ohne Punkt und Komma. Und genau JETZT!

M und ihre wenige Tage jungen Mädchen suchen in ca. zwölf Wochen ihre Lebensmenschen. Wer möchte die Pflegestelle bei den unerwarteten, höheren  Futter- und Tierarztkosten unterstützen? Bei Interesse meldet euch bitte!

Nach oben scrollen