Schächtprozess – Proteste und Urteile!

RespekTiere und der Verein gegen Tierfabriken (www.vgt.at) waren wie schon an den vorangegangenen Verhandlungstagen auch gestern beim abschließenden Prozess im Schächtskandal in Wiener Neustadt mit einem aufsehenderregenden Protest am Ort des Geschehens (einen ausführlichen Bericht hinsichtlich des vorangegangen Prozesstages findet Ihr hier: https://www.respektiere.at/2023/03/31/schaechten-ist-immer-massivste-tierquaelerei-nur-halt-staatlich-erlaubte-2/ ).

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Wenden wir uns aber gleich dem Prozessverlauf selbst zu: Begonnen hatte die Gerichtsverhandlung mit den abschließenden Stellungnahmen der angeklagten Schlachter. Allesamt bekannten sich die Männer schon beim letzten Mal „schuldig“; auf die nunmehrigen Fragen der Richterin (der, es sei vorweggenommen, für die sehr detaillierte und punktgenaue Prozessführung großes Lob gebührt), ob ihnen denn der Sachverhalt im Rückblick gesehen „leid täte“, antworten sie unisono mit einem „Ja, natürlich“. Wie glaubhaft die Antworten gewesen sein mögen, muss jedermensch für sich selbst entscheiden. Nichts würde uns mehr Freude machen, als wenn dem in der Tat so so ist. Jedenfalls aber bleibt ein fahler Beigeschmack, denn es klang irgendwie eher danach, als ob genau so zu antworten ihnen von ihrem Anwalt zuvor eingebläut worden war. Zu gleichförmig klang die Bekundung, sogar der Wortlaut in den nachfolgenden Ausführungen unterschied sich in keiner Nuance – aber man soll an das Gute glauben, deshalb gehen wir davon aus, dass zumindest ein Funken Reue mitspielte. Durchwegs gaben die Schlachter auch an, nun nicht mehr an rituellen Schächtungen teilzunehmen (einer meinte, etwas verwirrend, auf jeden Fall nicht mehr an solchen nach österreichischem Recht; mittels „PostCut Stunning“ also der Betäubung NACH dem Schächtschnitt – an anderen also schon?).

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Persönlich wäre es interessant gewesen, die Fragestelllung umzuformulieren; denn allem Anschein nach taten den Angeklagten zwar vielleicht noch die Folgen des Geschehnes leid, also der Verstoß gegen österreichisches Gesetz und die damit einhergehenden Verfolgung, eher aber weniger – und mit der Feststellung wage ich mich aus dem Fenster zu lehnen – das verursachte Leid an den Tiere. Eine fast offensichtliche Bestätigung für diese These fand sich spätestens dann, als ein Video einer betäubten Schlachtung gezeigt wurde (zum Vergleich, Anm.) und sich einer der Angeklagten darüber mokierte, dass auch da anscheinend (das Video wurde nicht dem Publikum gezeigt, weil darauf Gesichter erkennbar waren) nicht nur geschnitten, sondern ebenfalls mit dem Messer nach außen gestochen wurde – allerdings, so führte die wie gesagt sehr gewissenhafte Richterin aus, wenn, dann auf jeden Fall NACH der Betäubung. Was ja einen riesen Unterschied ausmacht. Weil das Tier eben nicht mehr bei Bewusstsein sein konnte. Aber Beispiele wie jenes lassen doch den Verdacht aufkommen, dass das Unrechtbewusstsein bezüglich der auf besonders brutale und hoch tierquäerisch passierten eigenen Schlachtungen gelinde gesagt ein vergängliches ist. „Ich habe die Gesetze nicht gekannt, nicht gewusst, dass das Vorgehen wie geschehen verboten ist“, kann wohl ebenfalls als Entlastungsgrund nicht gelten. Denn die hundertfachen Tötungen passierten ganz nebenbei ja nicht einmal „nur“ gegen heimische Gesetze, nein, sie passierten auch gegen jegliche islamische! Auf dieses Faktum wurde stillschwiegend vergessen. Aber ist es nicht absoluter KundInnenbetrug, was da vonstatten ging? Wenn solche mit gutem Gewissen religiös behaftetes „halal“-Fleisch kaufen, und die Männer in der Vorbereitung dessen aber vielmehr völlig „haram“ vorgehen, damit die Fleischspeise entweihen? Und weiters: Ein solcher Entschuldigungsversuch führt vor Augen, dass es für die Angeklagten im Prozess vielmehr rein um rechtliche Dinge ging, um den Tatbestand der Tierquälerei aber weniger bis gar nicht. Ob sie sich einer solchen schuldig fühlten, dass wäre daher eine wichtige Frage gewesen; die sie eherliecherweise, so wie es der Verlauf nahe legt, wahrscheinlich mit „nein“ hätten beantworten müssen…

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Unfassbar auch ein weiteres Faktum, welches im Zuge des Prozesses zum Vorschein kam; tatsächlich, als Entlastungsgrund genannt,  versicherte einer der Männer, man hätte ganz nach Islamischen Recht verletzte Tiere nicht zum Verkauf an die anwesenden Menschen freigegeben. Verletzte Tiere, es soll schnell erklärt sein, sind nach den Ausführungen der Religion „haram“, also keinesfalls für das Opferfest zugelassen; aus demselben Grunde wird dann auch die Betäubung abgelehnt, weil, so sagen einige Gelehrten, es nicht zu 100 % sichergestellt werden kann, dass nicht alleine durch diese schon eine Verletzung passiert…). Jetzt wurden aber verletzte Tiere geschlachtet, jedoch daraufhin nicht weitergegeben, sondern „als Ganzes in den Containern mit Schlachtabfällen entsorgt“. Darauf war man offensichtlich stolz. Warum aber wurden diese Tiere denn nicht einfach verschont, warum mussten auch die trotz deren Verletzungen, dann völlig umsonst, völlig für nichts, sterben? Und den dafür Verantwortlichen nimmt man nun ab, dass ihnen die Sache der Tiere „leid tut“? Mit jenen vier Worten, die stereotyp wiederholt, ist alles aus der Welt geschafft, Recht gesprochen? Schade, dass niemand solche Dinge hinterfragte.

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Einer der Angeklagten meinte zudem, dass man bei der Schächtung als Schlachter einen zweiten Schnitt machen dürfte, wenn denn beim ersten nicht alle Gefäße durchtrennt worden waren. Aber das Gesetz sieht vielmehr vor, die Schächtung MUSS in einem Zug passieren, so der Einwand. Deshalb wäre das extrem scharfe Messer ja auch Vorschrift. „Aber was, wenn das Messer aufgrund der vielen Schnitte nicht mehr scharf ist, so wie geschehen“, wollte ein Schlachter wissen. Genau das dürfte nicht sein, die Messer haben bei der Schlachtung – übrigens selbstverständlich auch nach islamischen Gesetz und nicht nur nach der Schlachtverordnung im Allgemeinen – natürlich immer und ausnahmslos scharf zu sein. Das müsse auch ständig überprüft werden, wäre zum Beispiel Aufgabe des Tierarztes gewesen. Welcher der Vorgabe aber nicht nachgekommen war – oder, nach seinen Worten, doch, „allerdings außerhalb der mitfilmenden Kamera“…

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Beispiele wie diese zeigen einmal mehr, dass die ausführenden Menschen oftmals überhaupt keine Ahnung von Vorschriften haben, weder den gesetzlichen noch den religiösen. Was ein vernichtendes Urteil erlaubt, so oder so. Und auch einen dunklen Schatten auf die Behörde wirft, welche ja für eine entsprechende Aufklärung zuständig wäre.

Letztendlich wurden dem Quartett eine Diversion angeboten, mit Bußgeldstrafen zwischen rund 500 bis zu knapp 4000  Euros, je nachdem, wie  groß der jeweils individuelle Anteil an den Schlachtungen war. Anmerkung: Die Diversion ist die Möglichkeit der Staatsanwaltschaft oder des Gerichts, bei hinreichend geklärtem Sachverhalt auf die Durchführung eines förmlichen Strafverfahrens zu verzichten.

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Schließlich sollte noch der für den Bezirk zuständige Amtstierarzt in den Zeugenstand gerufen werden; seine Aussage deckte sich im Prinzip mit jener des „amtlichen Tierarztes“ – das Fazit beider: Schächten ist alles in allem gesehen staatlich geduldete Tierquälerei. Er kam dann auch zu dem Schluss, dass die Bestimmungen in den Richtlinien für rituelles Schlachten in der Praxis so nicht umsetzbar wären. Würde zum Beispiel die im Gesetz festgehaltene Fixierung für Wiederkäuer tatsächlich verlangt, würde er als Reaktionen darauf keine Bewilligungen mehr ausstellen wollen oder können. P.S.: Im Gesetz steht, die „mechanische Fixierung“ ist für Wiederkäuer zwingend vorgeschrieben. Warum dann das Nichtvorhandensein einer solchen nicht beanstandet gewesen war, wollte die Richterin wissen. „Auch die Körperkraft ist eine mechanische Fixierung“, antwortete der Amtstierarzt. Ist sie nicht, stellten die ExpertInnen daraufhin fest; liest man die entsprechende Verordnung genau, geht daraus eindeutig hervor, dass eine solche nur durch ein speziell für diesen Zweck gedachtes Gerät gesetzeskonform zustande kommt. Offensichtlich hatte der ATS die entsprechenden Stellen bisher aber immer übersehen (was ihm auch nicht gerade zur Ehre gereicht, so ehrlich muss man sein); jedenfalls, so stellte er in Folge fest, ein derartiges Gerät gibt es seines Wissens nach überhaupt nicht. Fazit: Alleine deshalb sind selbst behördlich genehmigte Schächtungen dann paradoxerweise eigentlich allesamt illegal, müssten demnach von der Bezirkshauptmannschaft und ihren ausführenden Organen gestoppt werden. Was diese aber, anhand aller Beispiele eingehend belegt, nicht tun. In „unserem“ Falle, so bemerkt der ATS, hätte eine Beendigung des Tötens im Angesicht all der anwesenden KundInnen vielmehr zur Folge gehabt, dass der „amtliche Tierarzt“ gleichzeitig mit dem Einstellen der Schächtungen Polizeischutz für sich hätte beantragen müssen… Eigentlich auch eine Sache, über die man nachdenken müsste, finden Sie nicht? Angesichts solcher Ängste, läuft da nicht etwas gewaltig verkehrt im Staate Österreich?

Jedenfalls, weil es so wichtig ist, sollte es nochmals festgehalten werden: Unisono mit seinem angeklagten Kollegen betonte der Veterinär, dass der Staat für das betäubungslose Schlachten Regelungen gemacht hat, welche in der Praxis gar nicht eingehalten werden können. Und, ebenso im Gleichtakt: Schächtungen dürfen nicht in einem Zuge mit Tierwohl genannt werden. Weil sie, als Faktum, immer extremes Tierleid mit sich bringen. Beängstigend auch: Die für den Schächter benötigte Halalermächtigung für den Schächtschnitt wird von der IGGÖ, also der Islamischen Glaubensgemeinschaft, ausgestellt; das Papier benötigt aber keinen Schlachtkunde-Nachweis oder eine Schulung in irgendeiner Art, ist daher gerade deshalb in keinster Weise ein ernsthafter Befähigungsnachweis. Für, so der ATS „600 Euro auf oder ab“ bekommt man die entsprechende Genehmigung nämlich, ohne überhaupt nur speziell für den Schächtschnitt geschult zu sein. Das Papier wirkt sich auf diese Art und Weise entsprechend „nicht positiv“ auf die Qualität der Schlachtungen aus. Demnach: Der entscheidende Schnitt durch den Hals, der dürfe also von allen Personen, welche die Bescheinigung aus welchem Grunde auch immer erworben, besser gekauft, haben, durchgeführt werden. Es benötige hierfür keine weitere Qualifikation; „was dann nicht im Sinne des Tierschutzes sein kann, aber Realität ist“, betonte der Amtstierarzt nochmals.

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Wieder zog sich das Gericht zurück. Mit Spannung erwartete man nun die Urteile gegen den Hauptangeklagte, dazu gegen jenen Schächter, der alleine für den Tod von über  170 Schafen verantwortlich war, und gegen den Verband selbst.

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Es sei vorweg genommen; letztendlich fielen die Strafen aus Tierschutzsicht gesehen leider viel zu mild aus. Die Richterin bemerkte zwar noch, dass der im Gesetz verankerte Strafrahmen insgesamt nicht mehr hergeben würde, aber warum dann dennoch nicht wenigstens die gebotenen Möglichkeiten ausgeschöpft wurden, sollte unerörtert bleiben. Bis zu  2 Jahren Freiheitsstrafe für derartige Vergehen führt der Gesetzgeber nämlich an, für den  amtlichen Tierarzt wurden daraus 11 Monate Gefängnis – bedingt auf  3 Jahre. Jener Schlächter, der die meisten der Schafe getötet hatte – nachweislich mindestens 2/3 davon davon nicht dem Tierschutzgesetz entsprechend – erhielt 6 Monate bedingt und rund 500 Euro Bußgeld. Alle Urteile sind nicht rechtskräftig.

Ein „Tierquäler“-Ruf aus dem Publikum folgte der Urteilsverkündung; die Richterin ließ wissen, so etwas wäre nicht zulässig und bei Wiederholung müsste die Rufende den Saal verlassen. Daraufhin stand ein RespekTiere-Aktivist auf, um seinerseits Tierquälende wissen zu lassen, dass sie Tierquäler sind; als Protest gegen das Urteil ging er daraufhin mit den Worten „…und ich verlasse den Saal freiwillig“ zur Tür und schloss diese tief enttäuscht hinter sich.

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Was bleibt, ist nun einerseits ein weinendes Auge, wegen des unserer Meinung nach viel zu geringen Strafausmaßes; eine riesen Chance wurde vertan, um künftig wirklich abschreckend für derartige Gesetzesbrüche zu wirken. „Es tut mir leid“ ist wohl zu wenig, wenn man das unfassbare Leid und den entsetzlichen Tod von über 200 Schafen vor Augen hat, die da in einem Blutmeer – völlig empathielos von Seiten der Beteiligten begleitet – ihr Leben aushauchten. Ein lachenes bleibt aber auch; denn der Betrieb hat nach eigenen Angaben sämtliche Schächtungen eingestellt und schlachtet jetzt nur noch mit vorangegangener Betäubung (es geht also doch…). Besagter Schlachthof ist somit die bereits siebente Stätte, welche nach unseren Protesten innerhalb von wenigen Jahren das rituelle Schlachten ausgesetzt hat. Ohne Frage positiv ist dann nach einer Nacht des darüber Schlafens auch die aufgewendete Energie für den Prozess von Seiten der Staatsanwältin, der Sachverständigen sowie der Richterin. Das „Frauen-Power-Trio“ ließ wirklich kein Detail unbeachtet und agierte einerseits mit Fingerspitzengefühl, andererseits aber dennoch mit aller Deutlichkeit. Ein Dank sei hierfür ausgesprochen, denn ganz gewiss wurde zumindest eines erreicht: Der Öffentlichkeit konnte aufgezeigt werden, dass das betäubungslose Schlachten ein Verbrechen gegen die Menschlichkeit darstellt und regelkonform gar nicht vonstatten gehen kann. Was sowas von eindeutig beweist, welch immenser Diskussionsrückstand hier besteht. Und dass es letztendlich nur eine einzige Konsequenz aus all den aufgezeigten Erfahrungen geben kann: Ein umfassendes Verbot eines betäubungsloen Schlachtens! Bitte unterschreibt deshalb unsere dahingehende Petition!

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