das Salzburger-Lungau-Schweinepest-Jägerlatein…

Kürzlich konnte ein sehr interessanter Artikel auf ORF.at gelesen werden. Es ging dabei um Wildschweine, welche in einem Salzburger Gebirgsgau einen neuen Lebensraum zu erobern scheinen. Die Salzburger Jägerschaft macht im Zuge dessen auf eine damit einhergehende Thematik aufmerksam; jedenfalls, „Lungau: Wildschweine sorgen für Probleme“, war da in dicken Lettern zu lesen.

RespekTiere-Jäger-Aktivist

Foto: Wie sagt der Volksmund? Wer lügt, dem wächst eine lange Nase…

Warum geht es also? Beginnen wir: Tatsächlich sollen sich nicht zuletzt aufgrund der unbestreitbaren Klimaveränderung Wildschweine im vermehrten Ausmaß nun auch in gebirgigeren Landschaften anzusiedeln versuchen. Während Forstleute, so der Bericht, sich über die Zuwanderung sogar freuen, weil  doch die Schweine auf der Suche nach Zirbenzapfen die Böden umwühlen und dadurch Sämlingen das Anwurzeln erleichtern, sieht die Bauernschaft die Sache naturgemäß „distanzierter“. Freundlich ausgedrückt. Ja, LandwirtInnen sind – wie scheinbar fast immer, wenn es um eine Tierart geht, welche bisher fremde Territorien zu erobern bereit steht – weniger begeistert, Schäden an den Äckern und Wiesen werden bereits gemeldet. Zurück beim alten Thema: Stimmt es vielleicht, ist da was Wahres dran, was viele Menschen meinen – nämlich, dass es den LandwirtInnen  zuallermeist viel lieber wäre, sämtliches, was kreucht und fleucht und nicht zu ihrem Nutzen bereitsteht, müsse bekämpft und vernichtet werden? Hat kein Recht, da zu sein? Gehört vielleicht geschützt, aber ganz sicher nicht vor die eigene Haustür, sondern immer nur anderswo, am besten in einen anderen Bezirk, noch besser in ein anderes Land, gar auf einen anderen Erdteil? Jedenfalls, je weiter entfernt, desto mehr kann man sich mit der Sache solidarisieren!

Getötetes Wildschwein

Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof trägt zur Debatte bei; die Population (der Wildschweine, Anm.) werde sogar stark zunehmen, so seine Worte, nicht umsonst wären heuer schon die enorme Anzahl von 100 Tieren im angrenzenden Bezirk Murau in der Steiermark erlegt (sprich, getötet) worden!

Getötetes Wildschwein

Die Jagenden, so der ORF weiter, unterstützen mit den zusätzlichen Abschüssen aber nicht nur die Grundbesitzer (was für ein Widerspruch? Mit den Grundbesitzern müssen im Zusammenhang ja offensichtlich vornehmlich die Waldbesitzer gemeint sein, denn die Bauern werden im Report später extra angeführt – und gerade eben hatten wir doch gehört, die freut die Ankunft der Wildschweine…), sondern – und jetzt kommt’s – auch die Landwirte und „ihre Tiere“. Denn, es wird nun fraglos ein bisschen skurril, Wildschweine sind Überträger der afrikanischen Schweinepest, was für Schweinezuchtbetriebe eine große Gefahr darstellt. Skurril deshalb, weil wir hier vom Lungau sprechen, eine Region, welche für vieles, aber ganz sicher nicht für die Schweinehaltung bekannt ist. Die Helden in Grün sind nichtsdestotrotz gerade dabei, bei den Behörden „erweiterte Abschussgenehmigungen“ zu beantragen, um den Sinnesbrüdern und –schwestern Seite an Seite beizustehen in der Stunde der tödlich lauernden Gefahr… ORF-online zitiert Landesjägermeister Max Mayr-Melnhof erneut: „Es ist für uns ganz wichtig, das Schwarzwild auf Grund der afrikanischen Schweinepest scharf zu bejagen. Sie steht vor den Türen Österreichs. Sie ist zwar nicht das ganz große Problem, weil es nicht auf den Menschen übergeht, aber gerade was Hausschweine betrifft, kann es ein ganz großes Problem für die Bauern werden“, sagt der Oberjäger.

Die Zahl der Abschüsse ist in Salzburg deshalb von wenigen Dutzend auf ebenfalls mehr als 100 Tiere angestiegen.

Jäger lügen nie!

So weit so gut. Die Jäger wollen also vermehrte Abschussgenehmigungen, weil sie die Schweinebestände der Bauern im Lungau beschützen wollen. Nochmals, weil es doch gar sonderbar anmutet – gerade im Lungau? Eine bessere Finte ist den Grünberockten da tatsächlich nicht eingefallen? Sie versuchen uns da ja mit einem geradezu beschämenden Täuschungsmanöver abzulenken vom eigentlichen Ansinnen; und das muss aufgrund der Faktenlage einmal mehr beim Namen genannt werden dürfen, ohne jetzt die Vorurteilsmaschine anzuwerfen: abzulenken von deren purer Lust am Schießen, am Töten…

Denn, ganz ehrlich, meine Damen und Herren, welche Schweinebestände im Lungau meinen Sie denn da? Weiß man doch, dass es laut Statistik Austria in ganz Salzburg nur rund 6 300 Schweine insgesamt gibt – ein Vergleich macht sicher, wie gering denn diese Zahl überhaupt nur sein kann: Im angrenzenden, jedoch wesentlich flacheren Oberösterreich sind es dagegen weit über eine Million Tiere!!!

RespekTiere-Jäger-Aktivist

Dann: Salzburg hat ja fünf Gaue und dazu die Landeshauptstadt. Wo nun, aufgeteilt auf 7156 Quadratkilometern, glauben Sie, werden die allermeisten der ohnehin bloß 6 000 Schweine eher in den Ställen stehen – im wie es der Name schon verrät, vergleichsweise flachem Flachgau, rund um die Stadt Salzburg, vielleicht auch noch im angrenzenden Tennengau, aber dann allerhöchstens in wenigen hundert-Kopf-Zahlen in den Gebirgsgauen, im Pinz- und Pongau, oder eben im Lungau.

Getötete Wildschweine

Genau das ist es, was das Ganze so hoch polemisch für Außenstehende erscheinen lässt; egal, um welche Abschusszahlen es sich auch handelt, überall wird mit bodenlosen Übersteigungen gearbeitet, um diese zu rechtfertigen. Manchmal sogar mit glatten Lügen – wie oft haben wir schon die Geschichte mit dem Fuchs erörtert? Fuchsbandwurm, Fuchsräude, der Schutz des Niederwildes, alles haben wir 1000-mal gehört – und 1000-mal berichtigt. Beispiel Niederwild: Fuchs, der Schlimme, tötet Hasen (obwohl ganz nebenbei seine Beute zu über 90 % aus zum Beispiel Mäusen besteht…); Hasen stehen doch auf der berüchtigten Roten Liste, sind potetiell gefährdet! Also brauchen sie unseren ganzen Schutz. Tötet also den Fuchs, unterschiedslos – und dann, wie geht denn das jetzt zusammen??? – aber auch weit mehr als 100 000 Feldhasen…. Trotz Roter Liste, trotz Gefährdungsstatus…

Und nun hören wir, das Wildschwein im Lungau muss sterben! Wegen der afrikanischen Schweinepest! Zum Schutz gegen diese, zum Schutz unserer LandwirtInnen – obwohl es im besagten Gebiet praktisch überhaupt keine Schweinehaltung gibt…

Jägerlatein, welch schwere Sprache. Wer mag den Kauderwelsch verstehen????

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