Einsatz in Mauretanien – Teil 2!

Dienstag – was für ein Tag! Heute soll es also starten, das erste mauretanische Kastrationsprojekt! Allerdings, das Schicksal hat anderes vor; wie denn das? Der Einsatz beginnt mit ersten Problemen – ja, wir wären hier nicht in Mauretanien, wenn alle pünktlich am Start wären. Dr. Dieng und Moussa stehen bereit, auch Zappa, Ali und Mohamed kommen zur rechten Zeit; fehlen tut alleine der Fahrer von der städtischen Kommune. Es gibt hektische Beratungen, dutzende Telefongespräche. Schließlich fährt der gute Mann doch noch vor, in Pickup mit dem großen Emblem der Stadtverwaltung, hinten auf der Ladefläche zwei Hundetransportboxen. Auch den gestern reparierten Fangstab hat er dabei. Endlich geht es los – aber schon bald gilt es erneut innezuhalten. Wir brauchen noch Desinfektionsmittel, dazu geeignete Bänder, um die Beine der Hunde am OP-Tisch festzubinden. So bewegt sich der Konvoi Richtung Apotheke. Zur ersten, hat sowas nicht (DESINFEKTIONSMITTEL!!!), zur zweiten, ebenfalls Niete, die dritte schickt uns in Spital. Dort darf nur unser Fahrer von der Kommune rein, mit Dr. Facharani und mir im „Gepäck“. Es ist übrigens das „National Hospital“, ein riesiger Komplex, hunderte, tausende Leute überall, wie in einem Bienenstock. Der Fahrer fragt drei Krankenschwestern, die schicken uns zur Spitalsapotheke. Dort, vergittert wie ein Hochsicherheitsgefängnis, drängen sich bereits ein Dutzend Menschen; und hat man hier nicht eine gewisse Ellbogenmentalität, man kommt gewiss nie voran! Denn immer rückt wer von hinten nach und schiebt einfach alles zur Seite. Schließlich geben wir auf. Es ist uns unmöglich, bis wenigstens zum Schalter vorzupreschen.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2

Fotos: Salek, der ehemalige RespekTiere-Mitarbeiter, ist inzwischen Vizebürgermeister vom einflussreichsten Bezirk Tevragh-Zeina; nur deshalb wohl ist diese wunderbare Zusammenarbeit zustandegekommen! Unten: Am Gelände des „National Hospitals“…

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
Mauretanien, der Einsatz - Teil 2

Ok, Dr. Dieng kennt eine andere Apotheke; dort werden wir nun ebenfalls weitergeschickt, aber nur ein paar Hauseingänge; dann ist da wieder eine, und in dieser gibt es endlich die begehrte Flüssigkeit. Aber zu welchem Preis? Horrend! Jetzt, wo wir schon – nochmals, wir sind in Mauretanien, wo alles ganz sicher viel langsamer geht als Ihr Euch das vielleicht vorstellt – so viel Zeit verloren haben, beschließen wir im Angesicht des Wuchers es so zu machen wie früher: Wasser kochen und die OP-Bestecke dann darin eintauchen!

Der Weg führt uns nun quer durch die Stadt, in Richtung Flughafen. Es ist windig heute, die Luft so voller Sand, dass das Atmen schwerfällt. Die Umgebung gelb gefärbt, wie durch grellen Wolkenschleier zu betrachten, unwirklich.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2

Eine Polizeikontrolle; ein Polizist winkt uns an den Straßenrand, der Fahrer fährt einfach weiter; der Uniformierte pfeift hinten her, keine Reaktion. Zwei weitere Kappenträger springen jetzt auf die Straße, halten uns endgültig an. Ein heftiges Streitgespräch folgt. Unser Fahrer telefoniert mit dem Bürgermeisteramt, was zuerst nicht hilft. Im Gegenteil, die Zeichen stehen auf Eskalation. Letztendlich aber, nach bangen Minuten, dürfen wir doch weiterfahren. Eine Strafe von 75 Euro steht im Raum, ob und wann und wer die bezahlt bleibt offen.

Schließlich erreichen wir den von Salek vorgeschlagenen Ort; es ist eine Enklave in der Wüste, von einer Mauer umgeben, hunderte Eselkarren und dergleichen dahinter abgelagert; dazu jede Menge Tische, Stühle, Eisen und Schrott. Am Rande gibt es ein paar Hütten wo Menschen wohnen, kleine Kinder laufen durch den Sand, spielen mit selbstgebasteltem Spielzeug. Ein paar Angestellte der Stadt erscheinen, zeigen uns den besagten Container. Doch, der ist ohne Fenster, innen glühend heiß, ohne jegliche Ausstattung. Kein Strom, kein Wasser. Trotz der gestrigen, gegenteiligen Versprechen.

Wir holen ein paar Tische aus dem Abfallhaufen, die müssten als OP-Tische funktionieren. Aber die Hitze im Inneren, nein, das ist nicht gut! Auch der fliegende Sand, wie sollen wir jenen abhalten von offenen Wunden? Zudem, scheinbar sind dann auch keine Hunde hier! Ein paar Ziegen, aber das war’s schon. Haben sich die Guten versteckt vor der glühenden Hitze des Tages? Wahrscheinlich!

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Wir überlegen, dazwischen vertreiben wir die Zeit mit „sozialem Verhalten“; ein kaputter Ball ist gefunden, der dient als Football, und bald laufe ich den ersten Touchdown! 🙂 Auch das Ausprobieren des Fangstabes sorgt für viel Gelächter. Aber zum Scherzen sind wir nicht hier.

Jene französische Tierärztin, welche helfen möchte, wartet unweit auf Abholung. Sie wird heute dabei sein, ebenfalls kastrieren; allerdings findet der Fahrer sie nicht. Letztendlich fahre ich mit ihm nochmals los. Ich kenne den Platz, genau dort haben wir uns ja kürzlich bei der Flughafenfahrt getroffen und ich habe dabei die Coronatests übergeben. Endlich steigt die Ärztin ins Auto, ein bisschen böse, weil es so lange gedauert hat. Einmal mehr, Mauretanien, das Land, in dem man eines lernen muss: Geduld zu haben! Am besten ganz viel davon 🙂

Zurück bei den anderen, vorbei an festgebundenen Pferden, nimmt die Diskussion nochmals Fahrt auf; entschieden wird dann, wir brechen hier ab und machen die ersten Eingriffe erst morgen – dann in der kleinen Ordination von Dr. Dieng! Hier, so die einstimmige Meinung, hat es keinen Sinn…

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Zusammen mit Anna gehen wir aber noch zu Fuß zu umliegenden Ruinen. Dort wohnen einige Pferdehalter, sie nutzen die Tiere, um am nicht allzu weit entfernten Strand Menschen gegen Entgeld reiten zu lassen. Ob wir die große luftige Halle eventuell für die Kastrationen nutzen könnten, übermorgen vielleicht? Natürlich, dies hier gehört jeden, der oder die es besetzt, ist die Antwort! Wie im besten linkslinken Viertel von Berlin! 🙂

Dr. Dieng verlässt uns; auch der Fahrer der Kommune fährt Richtung Stadt, nimmt Mohamed mit sich. Den Rest des Teams kutschiert Zappa zum Hafen; wir wollen wenigstens noch einen Einsatz für die Esel tun, nicht zuletzt, um den Tag der verlorenen Chancen vielleicht doch noch zu retten. Allerdings, das Pech haftet auf den Fersen. Zum Fischmarkt geht es durch ein Tor; und dort werden wir erneut aufgehalten. Wieder lange Diskussionen. Nun müssen wir aussteigen, alles wird kontrolliert. Dr. Facharani hat allerdings die NGO-Bescheinigung mit; die nimmt ein Beamter, verschwindet damit in einem Gebäude. Ein anderer deutet uns mitzukommen. Fragen werden gestellt, dann platzt der Beamte von vorhin in den Raum. Ihm gilt es jetzt zu folgen, zusammen mit uns fährt er direkt zum Hafengebäude mit. Dort befiehlt der Uniformierte das Team in ein weiteres Gebäude, das Stockwerk hinauf. Am Gang der offiziellen Liegenschaft liegen Menschen, schlafend. In ein Direktorbüro, wir ahnen Schlimmes, auf jeden Fall Probleme – aber sehr zur allgemeinen Freude sitzt dort ein Mann, der mit uns im Flugzeug von Istanbul kommend war! 🙂 Der uns nach dem Respektiere–Eselklinik-Emblem auf der Kleidung gefragt hatte, und der sich jetzt sofort erinnert! Natürlich, kein Problem, wir dürfen zu den Eseln!

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2

Fotos, oben: Ob wir hier Kastrationen durchführen könnten? Im Feldeinsatz natürlich, besser sogar, als im stickigen, heißen Raum!

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Fotos: Das sind die Pferde, welche am Strand arbeiten. Ihre Halter haben sich in den umliegenden Ruinen einquartiert.

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Der Polizist begleitet uns dennoch; fotografiert schließlich das Tun und scheint sehr zufrieden damit! 🙂

Fast alle Esel hier sind hektisch und nervös. Die Arbeit ist gefährlich, ein hochsteigender Esel lässt mich die Balance verlieren und rückwärts gegen eine Betonplatte stolpern.

Besonders Hufproblematiken gibt es hier; der Sand bietet zu wenig Abrieb für Eselhufe. Verletzungen sind ebenfalls zu behandeln, etwas mehr als am „Festland“. Ein Welpe läuft einsam am Strand. Er scheint die Mutter zu suchen, ich nehm‘ ihn zu mir; wie unfassbar süß. Eine Gruppe deutet, sie würden sich um den Armen kümmern. Anna, meint ebenfalls „il va bien“, es geht ihm gut, der wäre hier nicht so schlecht aufgehoben. Weil es überall zu essen gibt, vor allem natürlich Fisch. Ich bin erleichtert, hätte ohnehin nicht gewusst, wie man denn helfen sollte…

Die Arbeit ist unfassbar fordernd; Hitze, Schmutz, Gestank, alles vereint an einem Ort. Oft bleibt „Mensch“ die Luft weg, beim Anblick von so viel Elend.

Am späten Nachmittag sind wir zurück im Motel. Endlich Ruhe. Der Geist hat längst w/o gegeben. Das Funktionieren erfolgte nur mehr mechanisch.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Fotos: Es gibt Schwierigkeiten am Fischmarkt; die Behörde will uns nicht einlassen. Schließlich klärt sich alles – ein leitender Angestellte, welchen wir vorgeführt werden, war mit uns von Istanbul hierher geflogen; Dr. Facharani hat sich mit ihm über das Projekt unterhalten, ohne dass wir wussten, wer er denn war! Unten: Die Arbeit am Strand ist traditionell schwierig, weil die Esel dort besonders misstrauisch sind! Man muss sehr aufpassen, damit nichts passiert.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Doch der Tag ist lange noch nicht zu Ende. Ich sitze am Computer und verfasse mit letzter Kraft die nötigen Berichte, da ruft Salek an; ob ich denn mit ihm mitkomme, nochmals zum Platz wo wir kastrieren hätten sollen. Jenen ein weiteres Male begutachten. Ich sage zu, und bald sitzen wir in seinem großen Toyota. Ein weiterer Mann aus der Kommune wird abgeholt, dann geht es erneut Richtung Flughafen. Der Verkehr ist ein erdrückender, die Sonne brennt nach wie vor heiß vom Himmel, obwohl vom vielen Sand in der Luft mehr und mehr verdeckt. Über eine Piste fahren wir nun in Richtung eines Reitvereines, ein riesiges Gebäude inmitten der Wüste. Dort nehmen wir Dr. Anna Bouscho mit, sie war nach der Arbeit noch am Fischmarkt geblieben, um zu essen und einige Sachen zu erledigen.

Das Gelände ist jetzt leer, eine Frau öffnet uns das Gate. Salek lässt sich erklären, warum im Container Kastrationen zu vollziehen fast unmöglich ist. Zu heiß, zu sandig.

Die ganzen Eselkarren am Gelände sind übrigens konfiszierte; genauso wie die Berge von Kleidung, die vielen, vielen Reklametafeln und Tische. Allesamt waren diese illegal im Einsatz, ohne Konzession, und da macht der Staat anscheinend kurzen Prozess…

Ok, wir werden morgen bei Dr. Dieng zu Hause arbeiten, in seiner Praxis das Projekt im Projekt beginnen! Anna wird von Salek zurückgebracht in ihre Herberge, abseits des Geschehens. Und dann fahren wir wieder in die Stadt.

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Fotos, oben: Das ominöse Reitzentrum, ein gar prächtiger Bau! Unten: Alles konfiszierte Ware von Händlern, welche sich nicht an das Gesetz gehalten hatten! Ganz unten: Der fast gruselig deplazierte Vergnügungspark, wo wir zudem keine Besuchenden zu keiner Zeit feststellen konnten, wirkt im spukigen Licht noch unwirklicher.

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Salek erzählt schlimme Dinge; rund 1300 Hunde werden alljährlich getötet, erschossen, in Säcke verpackt und vergraben. All das soll enden, schaffen wir das so notwendige Kastrationsprojekt. Alle Kraft gilt es also reinzustecken, jetzt, wo die Stadtobersten endlich zugesagt haben, dann das große Töten abzuschaffen… welche Aufgabe…

Heute ist schon um 10 Uhr abends Nachtruhe. Begleitet von einem schnellen Eindösen, doch leider ist der Schlaf selbst ein kurzes Vergnügen. Bereits vor 5 wache ich auf und wälze mich im Bett, Gedanken quälen, welche ein weiteres Augenzuhalten verhindern.

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Um 8 Uhr, nach einem hastigen Frühstück geschuldet der Müdigkeit ohne viel Gerede, trifft sich das Team. Es geht los, auf in eine neue Ära- mit drei Wagen im Konvoi suchen wir die Straßen ab; halten bei verschiedenen Stellen, doch leider gelingt es uns nicht einen Hund einzufangen. Dr. Dieng kennt eine Adresse, dort würden wir einen Rüden mitnehmen dürfen. Gesagt, getan, doch ist der Hund nicht vor Ort. Am Markt sei er zuletzt gewesen, meint die Frau des Hauses, eine besonders nette Tierfreundin. Sie liebt ihren Hund offensichtlich, Usain Bolt ist dessen Name, benannt nach dem Sprintstar.

So fahren wir weiter, erneut ohne vom Glück begleitet zu sein. Hunde gibt es zuhauf, aber es mangelt ein bisschen an der Ausstattung. Ok, wir sind hier vor allem deshalb, um Erfahrungen zu machen. Das tun wir jetzt auch, unbeachtet dessen, dass es eine schmerzliche ist.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Fotos, links: All dieses medizinische Material ist rein für die Kastrationen gedacht! Oben: Hunde gibt es überall, aber sie ohne Betäubungsgewehr einzufangen, noch dazu in einer Umgebung, wo Tollwut allgegenwärtig agiert, ist wieder eine ganz andere Geschichte!

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Der Verkehr ist ein brechender. Dazu eine Luft so voller Sand, dass das ganze Land wie im Nebel getaucht wirkt. Eine Atmosphäre ähnlich der im Endzeitroman.

Dann ein Anruf, Bolt ist nach Hause zurückgekehrt! So fährt ein kleines Team zum Haus, wo wir den Gesuchten auch finden. Bald hat der Hund die Narkose bekommen, aber leider lässt ihn die Frau sofort nach dem kleinen Stich los. Der Patient ist blitzschnell dahin, Usain Bolt eben, alle vorangegangen Gespräche, wie denn mit einem gerade soeben narkotisierten Hund umgegangen werden muss, erwiesen sich als nicht zielführend – die umstehen Männer halten ihn weder auf, noch wissen sie ihn zu folgen. Wird der Hund nämlich von der Nadel gestochen, will er einem natürlichen Impuls folgend erstmal abhauen. Natürlich, das sagt ihm sein Inneres, irgendetwas ist nicht in Ordnung. Will man ihn jetzt fangen und läuft hinterher, wird er immer schneller; das Betäubungsmittel wirkt mit all dem Adrenalin im Blut aber nicht wirklich, im Gegenteil, es bringt ihn alsbald erst richtig zum Sprinten. Deshalb muss man ganz vorsichtig sein, ganz langsam folgen, wenn er stehen bleibt, muss man ebenfalls sofort stoppen, unbeteiligt tun. Ihn nicht anstarren, auf ihn zugehen. Auch wenn man das wie gesagt als Instinkthandlung gerne tun würde.

Dem Himmel seis gedankt, dreht Bolt schließlich um und versteckt sich im Haus; wo seine Lebensbegleiterin schnell die Tür schließt.

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Fotos: Usain Bolt, historisch, die Nummer 1!

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Bald schläft der Süße und wir verladen ihn in die Box. Es geht jetzt zu Dr. Diengs Platz, Bolt schlafend am Pickup. Der Weg ist ein elendeslanger, noch dazu nimmt der Verkehr Ausmaße an, welche wirklich unbeschreiblich sind!

Endlich in der kleinen Praxis angekommen, muss dem Hund noch ein bisschen Schlafmittel nachgegeben werden. Alles wird hergerichtet, ein kleiner Tisch in der Raummitte, die entsprechenden Medikamente fein säuberlich drapiert. An der Wand befestigen wir ein Transparent „Mauretaniea – Stop Killing Stray Dogs“. Das ist der Name der Kampagne, so viel steht fest. Mauretanien wird das Töten beenden, wie gesagt, wenn das Programm voll anläuft. Dann beginnt die Routine, welche Dr. Facharani – wie soll es auch anders sein – mit großer Bravour erledigt!Eine gute halbe Stunde später ist es passiert; ich verabreiche eine Ohrmarke mit der Nummer 1 – Bolt, der erste im Zuge eines Kastrationsprojektes kastrierte Hund Mauretaniens! Ein kleiner Anfang, zugegeben, aber der Beginn einer neuen Ära nichtsdestotrotz! Ein unfassbar cooler Moment!

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
Bolt - der erste im Projekt kastrierte Hund Mauretaniens
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Bolt - der erste im Projekt kastrierte Hund Mauretaniens

Letztendlich bringen wir den noch immer Schlafenden auch wieder nach Hause. Ich sitze nun hinten am Pickup, mit auf der Ladefläche, um ihn zu beobachten. Langsam wacht er auch auf, so schön, ihn erneut im Leben zu sehen!

Am Pickup ist die Impression nochmals eine andere. Verfallende Gebäude ziehen vorbei, Eselhalter mit ihren Tieren, dazu Autos so unfassbar kaputt, dass man nicht meinen möchte, solche fahren überhaupt nur einen einzigen Meter. Tun sie aber, zu tausenden sogar!!!

Bolts Frauchen ist richtig froh, den Armen zu Hause zu wissen. Bolt ist jetzt auch geimpft, vor der Tollwut geschützt und durch die Marke im Ohr vor den umherstreifenden Hundefängern mit ihren Gewehren. Als wir ihn auf eine Matratze legen, entfalten sich richtige Glückgefühle – ich kann es nicht oft genug wiederholen, Bolt ist Nummer 1, der erste je in Mauretanien im Zuge eines Kastrationsprojektes kastrierte Hund!

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Foto oben: Vor der kleinen Klinik haben sich Kinder versammelt, wo wir wieder mit Freude viele Süßigkeiten verteilen können! Rechts: Im Sandsturm am Pickup! Unten: Mr. Bolt ist zu Hause!

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Bolt - der erste im Projekt kastrierte Hund Mauretaniens

Mehr Hunde werden wir jetzt mal aber nicht operieren können; es war ein Piloteinsatz, um zu sehen, wie denn sowas überhaupt möglich ist und was wir für ein größeres Gelingen benötigen. Wo wir richtig ansetzen müssen. Mit der Erfahrung muss spätestens zu Hause überlegt werde wie nun weiter vorzugehen ist. Wir werden hoffentlich die richtigen Schlüsse zu ziehen wissen!

Dr. Bouscho aus Frankreich ist nun wieder zu uns gestoßen; gegen 15 Uhr sitzen wir am Straßenrand zusammen und beraten über die Zukunft; wie wir jetzt mit der gemachten Erfahrung umgehen, was künftig zu tun ist. Einschlafen darf die Sache nicht, so viel steht fest!

Anna bekommt von uns die nötigen Medikamente für weitere Kastrationen, welche sie für das Projekt durchführen wird.

Dort, wo sie vor allem hilft, ist am Strand; eine Gruppe von Männern hat ein Geschäft daraus gemacht, Menschen vor dem Hintergrund Sand und Meer auf ihren Kamelen und Pferden posieren zu lassen; gegen Entgelt natürlich. Frauen gefällt es, alleine auf dem Rücken zu sitzen und sich dabei ablichten zu lassen; Männer hingegen nutzen den Moment und treiben die Vierbeiner auf langen Strecken zum vollen Galopp. Auch Kamele sind in diese Art von Einkunft eingebunden. Allesamt hinterlässt die Nutzung Spuren; Sättel passen sowas von überhaupt nicht, Gebisstrensen sind aus Metall und Stricken grob zusammengebastelte Teile. Solche Voraussetzungen bringen es mit sich, dass Pferd und Kamel blutige aufgescheuerte Wunden rund um den Mund und auf dem Rücken trägt. Solange wird jedoch, wir kennen das von den Eseln, weiter gearbeitet, bis dass das arme Tier absolut nicht mehr kann. Dann – entlässt man es in die Wüste, wo es verhungert und verdurstet. Die Welt ist eine grausame, besonders in Mauretanien!

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Dr. Dieng holt uns ab; zusammen mit Anna, die neben anderen Sprachen auch gutes Deutsch spricht und so als Dolmetscher einspringt, fahren wir jetzt zur Landvermessungsstelle. Ihr erinnert Euch – und das wird die Weltpremiere Nr. 2!!! – wir haben tatsächlich ein Grundstück gekauft. Vor eineinhalb Jahren. Bis vor kurzem hat es letztendlich aber gedauert, um dazu auch die richtigen Papiere zu bekommen, ein langer Kampf, den wir schon fast verloren dachten. Doch Dr. Dieng hat es geschafft – endlich gibt es entsprechende Urkunden, welche RespekTiere als Landbesitzer in Nouakchott ausweisen. Auf jenem Flecken Erde – besser Sand – werden wir alsbald etwas Schöne entstehen lassen, Inshalla, so Gott will! Aber dazu später.

Jedenfalls, bei der Vermessungsstelle, welche die Grenzsteine setzen muss, bevor überhaupt nur mit dem Bau begonnen werden kann, ist der zuständige Politiker nicht anwesend. Anscheinend krank. Wir fahren ins Ministerium, aber, es ist bereits fast 5, auch dort empfängt uns niemand mehr.

Schließlich geben wir auf; wir fahren Dr. Bouscho zurück zu ihrer Unterkunft, und bei der Gelegenheit wollen wir dann auch die besagten Pferde sehen. Vielleicht kann daraus ja ein ganz neues Projekt entstehen.

Mauretanien, der Einsatz - Teil 2
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Fotos: Ohne Worte!

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Die Luft ist so voller Sand, dass die Sicht drastisch eingeschränkt ist. Bald haben wir den explosiven Stadtverkehr hinter uns, und es geht durch die Wüste. Auf asphaltierten Straßen, die schließlich auslaufen. Nun führt eine Piste direkt zum Strand, auf gut 2 Kilometern.

Ungläubig reiben wir uns die Augen – in der Tat existiert da ein Ressort, wer es nutzt, es ist ein kleines Rätsel. Städter wahrscheinlich, dann zum Wochenende, jetzt ist es jedenfalls nahezu leer. Soweit das Auge blickt, nur Sand und Meer. Und ein paar Pferde…

Die Tierhalter sehen uns, schwingen sich auf die Rücken der Tiere und brausen im vollen Galopp heran. Ein Geschäft witternd. Anna erkennen sie schließlich, die Tierärztin arbeitet schon seit Monaten mit den Menschen zusammen. Wir begutachten schließlich die Problematik; es stellt sich heraus, wie kann es anders sein, die Sachlage ist ähnlich wie bei den Eseln. Besonders ein Tier, dessen Trense alleine ein Folterinstrument ist, hat offene Stellen am Rücken. Offene Stellen? Der gesamte Rücke ist eine Fleischwunde… sooo schrecklich.

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Schließlich gehen wir zurück zum Wagen; ja, das wird wohl künftig auch ein Arbeitsort werden, so viel scheint festzustehen.

Einige junge Männer sitzen im offenen Café um einen Tisch; freundlich fragen sie, ob wir bereit wären mit ihnen zusammen ein Selfie zu machen. Sind wir natürlich.

Jetzt ist Abschiedszeit; Anna bleibt in der Umgebung, wir müssen zurück in die Stadt. Die Uhr zeigt inzwischen nach 6 Uhr.

Durch Sand und Staub bugsiert Dr. Dieng seinen Wagen zurück in die Stadt; auch er ist sichtlich müde. Wer nicht an diesem Tag?

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Fotos: Die Jungs wollen ein Selfie machen – und schicken selbiges dann gleich an uns zurück! 🙂 Unten: Die mauretanische Flagge im Wind!

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Gegen 19 Uhr ist das Motel erreicht; wie gerne würde ich gleich ins Bett, aber noch gilt es ein bestimmtes Kabel zu besorgen, um die Arbeit zu erledigen. Alleine mache ich mich auf den Weg und werde tatsächlich fündig – super! Hoffnung hatte ich nämlich kaum, diesen benötigten Spezialanschluss für ein Fotoübertragungsgerät zu finden!

Bis 10 Uhr arbeite ich schließlich. Dann ist es endlich genug für den Tag…

Noch ein paar Impressionen!

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Fotos, ganz oben: v.l.n.r., Moussa, Tom, Zappa, Matthias, Dr. Dieng, Mohamed; links: Katzen gefüttert auf der Straße – sehr cool! Unten: eine fast herzzerreißende Aufnahme: Der Junge gibt dem Straßenhund Wasser! Ein Bild der Hoffnung, Motivation pur!

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